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Corinna Klimek am 1. April 2014 23:29 [singlepic id=1850 w=320 h=240 float=left] Die Liebe zu den drei Orangen ist zwar ein oft gespieltes Werk, am Stadttheater Klagenfurt wurde es aber noch nie gezeigt. Jetzt hatte es in einer umjubelten Inszenierung von Starregisseur Immo Karaman Premiere, die bereits am Gärtnerplatztheater in München große Erfolge feierte.
König Treff ist verzweifelt. Sein Sohn und Nachfolger leidet an hypochondrischen Zuständen, die ihn unfähig zum Regieren machen. Einst wurde geweissagt, dass der Prinz geheilt wird, wenn man ihn zum Lachen bringt. So beauftragt der König den Spaßmacher Truffaldino mit der Organisation von Festen, die den Prinzen aufheitern sollen. Das misslingt, aber als der Hexe Morgana ein Missgeschick passiert, lacht der Prinz schadenfroh. Die Hexe verflucht ihn daraufhin, und er muss sich auf die Suche nach drei Orangen machen. Diese werden von einer fürchterlichen Köchin im Hause der Kreonta bewacht. Es gelingt, sie zu stehlen, aber Truffaldino missachtet die Warnung, die Orangen nur am Wasser zu öffnen. Zwei der verwandelten Prinzessinnen verdursten, die dritte wird vom Prinzen mit einem Kuss gerettet. Eine Intrige von Treffs Nichte Clarisse und dem Premierminister Leander kann abgewendet werden, und so steht dem jungen Glück nichts mehr im Wege.
Dem Libretto von Sergej Prokofjew liegt eine Erzählung von Carlo Gozzi zugrunde. Dieser galt als Gegenspieler Goldonis und setzte weiter auf die Typen der Commedia dell’Arte. Prokofjew setzt noch eins drauf und lässt die Zuschauer, verkörpert durch den Chor, das Geschehen kommentieren und gibt damit dem Ganzen einen Rahmen. Die Musik erinnert fast an Filmmusik, es gibt keine formgebenden Arien, aber eingängige Leitmotive. Zudem unterlegt er einzelne Figuren mit bestimmten Instrumenten, so wird zum Beispiel die Köchin von einer Tuba begleitet. Das gibt dem Stück eine ungeheuere Farbigkeit, die man durchaus auf mehreren Etappen entdecken kann. Die Liebe zu den drei Orangen hatte am 30.Dezember 1921 in Chicago Uraufführung in französischer Sprache. Die gespielte deutsche Übersetzung ist nach einer Fassung der Komischen Oper Berlin.
Regisseur Immo Karaman hat sich für eine Interpretation der Oper in der Entstehungszeit entschieden. Das Bühnenbild und die Kostüme von Timo Dentler und Okarina Peter zeigen deutlich den Einfluss des Malers Otto Dix. Ein großer Kasten, einem aufgeschnittenen Zimmer nachempfunden, dominiert die Bühne. Dieser wird durch die Drehbühne und kräftige Bühnenarbeiter in Bewegung und Gegenbewegung gebracht, so dass sich immer wieder faszinierende neue Einblicke ergeben. Wenn der Vorhang sich öffnet, wirkt es fast wie ein Gemälde, aus dem die Figuren entspringen. Obwohl die Orangen nur normale Größe haben, betont die Inszenierung das Märchenhafte der Geschichte. Der Chor als Zuschauer kommentiert und greift auch schon mal ins Geschehen ein. Mir war nur nicht ganz klar, warum sowohl eine der Prinzessinnen als auch Farfarello als Teil des Chores die ganze Zeit auf der Bühne waren. Hier hätte man durch unterschiedliche Kostüme die verschiedenen Rollen betonen müssen.
[singlepic id=1851 w=320 h=240 float=right]Das Kärntner Sinfonieorchester unter dem zu Recht hochgelobten Chefdirigenten Alexander Soddy hatte einen vollen, schnörkellosen Klang, der dem Stück mehr als gerecht wurde. Die Begleitung des Auftritts der Köchin durch die Tuba war ein ungewöhnlicher Genuss, überhaupt waren die Blechbläser die herausragendste Gruppe an diesem Abend. Der Chor war an diesem Abend wohl nicht ganz vollständig, zeigte sich aber bestens einstudiert von Günter Wallner. Stephan Klemm mit seinem sonoren Bass bildete den musikalischen Grundpfeiler des Abends. Seinem König Treff nahm man die Verzweiflung über den maladen Sohn jederzeit ab. Patrick Vogel als der Spaßmacher Truffaldino konnte schauspielerisch nicht ganz überzeugen, zudem klangen seine Höhen etwas eng. Die Fata Morgana von Stefanie C. Braun überzeugte mit warmen Stimmklang und starker Bühnenpräsenz. Die Gleichheit von Prinzessin Clarisse und Fata Morgana war hier sehr auf die Spitze getrieben, so dass man sich nicht immer sicher sein konnte, wer da tatsächlich auf der Bühne stand, bis gesungen wurde. Von den Prinzessinnen beeindruckte Golda Schultz mit mühelosem, glockenhellen Sopran. Leider war sie durch eine Knieverletzung gehandicapt und konnte nur vom Bühnenrand singen. Bereits in der nächsten Spielzeit wird sie wieder an der Bayerischen Staatsoper auftreten, unter anderem in der Partie der Micaela, worauf man sehr gespannt sein darf. Holger Ohlmann hatte die Köchin bereits in München gesungen und verlieh ihr auch in Klagenfurt seine starke Präsenz. Ilken Arcayürek war ein eher unauffälliger Prinz. Einen großen Anteil am Erfolg des Abends hatte das Tanzensemble. Sie setzten die Choreografie von Fabian Posca perfekt um.
Sicher ein ungewöhnlicher Abend, der aber Lust auf mehr Musik von Prokofjew und auf mehr Inszenierungen von Immo Karaman machte.
Die Liebe zu den drei Orangen. Oper in vier Akten mit einem Prolog. Musik: Sergej Prokofjew. Libretto vom Komponisten nach Carlo Gozzi. Deutsche Übersetzung nach einer Fassung der Komischen Oper Berlin. Regie: Immo Karaman. Choreographie: Fabian Posca. Bühne und Kostüme: Timo Dentler, Okarina Peter. Lichtdesign: Immo Karaman, Helmut Stultschnig. Dauer: 2 Stunden / eine Pause.
Musikalische Leitung: Alexander Soddy. Choreinstudierung: Günter Wallner. Besetzung: König Treff: Stephan Klemm. Der Prinz, sein Sohn: Ilker Arcayürek. Prinzessin Clarisse: Bea Robein. Leander, Premierminister: Zoltan Nagy. Truffaldino, ein Spaßmacher: Patrick Vogel. Pantalon, Vertrauter des Königs: Tim Kuypers. Tschelio, der Zauberer: David Steffens. Fata Morgana, die Hexe: Stefanie C. Braun. Linetta: Lucy Williams. Nicoletta: Sun Mi Kim. Ninetta: Golda Schultz. Die Köchin: Holger Ohlmann. Smeraldine: Aleksandra Krizan. Farfarello: Michael Schober. Zeremonienmeister: Thomas Tischler. Der Herold: Gregor Einspieler. Tanzensemble: Franziska Angerer, Ziv Frenkel, Bettina Fritsche, Michael Kitzeder (Dance Captain), Elodie Lavoignat, Toralf Vetterick, Jochen Vogel.
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Andreas M. Bräu am 30. März 2014 21:47 Das Durchhalten
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„Monsieur Wagner a de beaux moments, mais de mauvais quart d’heures.“
Nicht, dass er selber, der Signore Rosssini dagegen gefeit wäre, doch er hat recht. Ja manchmal – und bei Gott eben nicht nur beim Bayreuther Marathon – zieht es sich und selbst als größter Enthusiast spürt man die Längen gerade auf den Stehrängen und in den Schenkeln. Den Oberkörper auf die Brüstung geladen, ein Bein auf dem Tritt, das andere voll belastet und der Sopran will und und will noch immer nicht sterben…
Ausdauer und theatrale Sportivität sind natürlich Voraussetzung für den Begeisterten, doch manches Mal könnte es einem die Regie wirklich einfacher machen. Müssen die Nonnen denn ohne Umbau und Unterbau stundenlang in diesem Bunker verharren und die Serailbewohner auf diesen abwechslungslosen Sofas dahinsimmern und –singern?
Würd nicht ein bisserl Licht und Bums und Nebel und Feuerwerk alles ein bisserl aufpeppen? Meister Goethe hat doch die richtige Einkaufsliste fürs Spektaktel, dass bitte nicht nur beim Vorspiel sondern allüberall am Theater Verwendung finde:
„Drum schonet mir an diesem Tag
Prospekte nicht und nicht Maschinen.
Gebraucht das groß, und kleine Himmelslicht,
Die Sterne dürfet ihr verschwenden;
An Wasser, Feuer, Felsenwänden,
An Tier und Vögeln fehlt es nicht.
So schreitet in dem engen Bretterhaus
Den ganzen Kreis der Schöpfung aus,
Und wandelt mit bedächt’ger Schnelle
Vom Himmel durch die Welt zur Hölle.“
(natürlich Vorspiel, Faust I)
Aber bitte zur rechten Zeit!
Nicht nur ewig Hölle und ein Hauch Himmel am Ende. Das ko(s)mische Feuerwerk und Wasserspiel am Ende des Münchner Liebestrankes (Verzeihung: Elisirs) konnte mich nicht mehr aus der Einödenstimmung von zwei Akten in postzivilisatorischem Grau samt Mähdrescher und Endzeitstimmung reißen. Musste das ganze Budget auf dreißig Sekunden Schlussbammbamm aufgespart werden, wo man schon bei der Ouvertüre ein paar Sterne werfen könnte?
Bei einer 3D-Turandot kürzlich war die ganze Eishockeymannschaft zumindest samt Schlittschuhen und Eisfläche schon im ersten Akt auf der Bühne. Die haben sie sich nicht (auf)gespart. Und kurzweilig wars zumindest. Auch was für den Sportschaufan.
Bei einer Zauberflöte am Gärtner dacht ich gar im Rang, ich sei eingenickt und zu lang geblieben, als eine Putzfrau über die Bühne kehrte. Aber nein, keine Sorge, es war die Pamina im, …äh mit Eimer.
Es muss ja nicht immer Bregenz mit Wackelkopf und Schifferlfahrt und Stunt und Feuer und Wasserballett sein. Wir sind ja auch im Kleinen geduldig und duldsam. Wenn die Qualität stimmt, dann stehen wir es durch und denken gar nicht ans Bein, weil Bass und Bariton und und und uns schweben ließen.
Na ja spätestens zum Applaus kann man sich ja kräftig ausschütteln und gymnastisch rhythmisch ein Bewegungsintermezzo hinlegen. Einige ölen ja sogar schon zwischen den Akten ihre Stimmbänder neu, vom langen Schweigen mit gutturalen Buhu-Lauten. Dazu zähle ich aber nicht. Viele müssen dann halt auch – wohl wegen Arthritis früher gehen. Verständlich vielleicht, wenn man am regem Wehnenleiden oder wehem Regieweinen leidet.
Wieder andere nutzen ein Zwischennickerchen um sich fürs Finale neu zu erwecken. Nur ein Herr verschnarchte leider kürzlich das lucevan le stelle, weil halt da das Vorspiel zu leise war. Das konnte bei der himmelschreiend lauten und lauteren Lola in Cuv nicht passieren, da heizten die Pollyestersounds so lautstark ein, dass einige Abonnenten ihr eigenes Kopfschütteln nicht mehr hören konnten. Dafür waren sie wach. Und durften im Sprechtheater noch dazu sitzen oder manchmal aussitzen bis diese verquaste Reise ans Ende der Geduld und in die frühen Morgenstunden am Resi sein schwer identifizierbares Ende nahm. In der Oper steht Sänger und Stehplatzender bis zum Abbruch oder Zusammenbruch, wie Wotan zu Zeiten der ersten Krampfader weiß:
Zusammenbreche,
was ich gebaut!
Auf geb’ ich mein Werk;
nur Eines will ich noch:
das Ende,
das Ende! – Walküre II.,2.
Na Meister Wälse, das kommt doch dann auch 2 Stunden bzw. 2 Tage später. Aber was soll’s Vergessen wir nicht:
Tja, die Oper hat die großartigste Stunden, doch einige zähe, wehe Momente.
Corinna Klimek am 21. März 2014 23:26 [singlepic id=1834 w=320 h=240 float=left]Die Zusammenarbeit des norwegischen Choreografen Jo Strømgren mit dem Gärtnerplatztheater versprach spannend zu werden, ist der Norweger doch dafür bekannt, genreübergreifend zu arbeiten. Herausgekommen ist ein Handlungsballett, das meine Erwartungen weit übertroffen hat, ich habe noch nie einen so unterhaltsamen Ballettabend erlebt.
Zur Zeit Max III Joseph – eine sehr schöne Referenz an den Spielort, das Cuvilliéstheater wurde in seinem Auftrag erbaut – vertreibt man sich im Schloß und Parks von Baron und Baronin die Zeit mit mal lustigen, mal weniger lustigen Spielchen und ausufernden Festen. Die Adeligen sind bunt gemischt und kommen aus vieler Herren Länder. Als jedoch ein Paar aus Ungarn anreist, das ein bisschen anders ist, wird es ausgegrenzt. Bals darauf stirbt die Baronin unter ungeklärten Umständen und die höfische Gesellschaft bekommt es mit der Angst zu tun. Seelischen Beistand können sie von dem etwas kopflos agierenden Pfarrer auch nicht erwarten. Bald geht man jedoch wieder zur Tagesordnung über, bis das Böse erneut zuschlägt.
[singlepic id=1831 w=240 h=320 float=right]Jo Strømgren gelingt ein fast schon genialer Mix aus Schauspiel und Tanz, es ist lustig, es ist böse, manchmal werden Grenzen überschritten und dann bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Er hält uns einen Spiegel vor, wir erkennen uns selbst, wollen es aber nicht wahrhaben. Das spielt doch im Rokoko, was kann das mit unserer Zeit zu tun haben? Sehr viel.
Da kommen zwei, die aus dem Rahmen fallen. Die eingeschworene Gemeinschaft beobachtet sie kritisch, lässt sie außen vor, zerreißt sich das Maul über sie, lässt sie auflaufen, imitiert sie dabei heimlich. Höfische Schreittänze gegen modernen Tanz. Dabei sind sie doch alle nur Versuchskaninchen. Da werden Menschen als Sklaven gehalten, dürfen nur Lendenschürze tragen. müssen die anderen bedienen unter menschenunwürdigen Bedingungen. Es sind die Gastarbeiter aus dem Osten, es fehlt eigentlich nur das “Ferner” und schon sind wir in der heutigen Zeit, wo Menschen in Fabriken sterben, damit wir billige Kleider kaufen können.
Da wird Blinde Kuh gespielt und als nächstes Weiber abknallen im Stile einer Schießbude. Ich zumindest fühle mich da an einige Verbrechen auch in letzter Zeit erinnert. Die Kunst von Jo Strømgren, der im letzten Jahr bereits mit dem Ballettensemble einen Akt von Minutemade erarbeitet hat, ist es, dies alles mit leichter Hand zu servieren, man merkt gar nicht, was sich da eigentlich vor einem abspielt. Sicher, ich hab auch nicht alles verstanden und einiges verpasst, denn es ist meistens ziemlich viel los auf der Bühne. In einem entscheidenden Moment gibt es einen Rewind und man kann sich die Szene dann nochmal in Zeitlupe ansehen. Und für alles andere gibt es einen zweiten und dritten Besuch, der sich auf alle Fälle lohnt. Es sind einige tolle Gags dabei, die sicher auch bei einer Wiederholung zünden. Da werden Tänzer als Statuen weggetragen, da gibt es eine orientalische Version des höfischen Schreittanzes, da wird viel gemordet, nicht nur mit Arsen, und wieder auferstanden. Der Abend lebt von der Situationskomik, die das Ensemble präsentiert als ob sie nie etwas anderes machen würden. Ganz großes Kino.
[singlepic id=1825 w=320 h=240 float=left]Die Bühne, ebenfalls von Jo Strømgren, bezaubert mit federleichten Umbauten von der Kapelle zum Schloss und wieder zum Garten, die Kostüme von Bregje van Balen lassen Rokokopracht erkennen, ohne die Tänzer allzu sehr einzuschränken.
Die Tänzer zeigen, dass sie nicht nur ausgezeichnet Tanzen, sondern auch sehr gut Schauspielern können, ohne das hätte der ganze Abend nicht funktioniert. Denn es wird beileibe nicht nur getanzt, sondern auch sehr viel gespielt. Eine tolle Leistung des Ensembles, die auch noch zusammen mit Strømgren die Choreografie entwarfen. Ich empfinde den Abend als ideal geeignet für den Ballettneuling, aber bitte nicht zu jung, das Theater empfiehlt einen Besuch ab 13 Jahre. Einerseits wird toll getanzt, zum Beispiel wirklich wunderbare Pas de Deux, andererseits kann man auch herzhaft Lachen. Man verbringt einen sehr unterhaltsamen Abend, dessen Tiefgang sich erst auf den zweiten Blick offenbart. Einzig am Ende plätscherte es mir etwas zu sehr dahin, hier hätte mir ein Schlussakkord mit einem Paukenschlag besser gefallen.
[singlepic id=1832 w=320 h=240 float=right]Unterlegt ist das Ganze mit Stücken von Antonio Vivaldi, Tomaso Albinoni, Arcangelo Corelli, Heinrich Ignaz Franz Biber und Rabih Abou-Khalil, präzise dargeboten vom Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz unter dem musikalischen Leiter Jürgen Goriup. Besonders gefallen haben mir die Cello-Soli von Hans-Peter Besig. Es war nichts dabei, was wirklich ins Ohr ging, aber es passte immer hervorragend zu dem Geschehen auf der Bühne.
Weitere Vorstellungen am Sa. 22. März 2014 19.30 Uhr*, So. 23. März 2014 18.00 Uhr, Di. 1. April 2014 19.30 Uhr, Do. 3. April 2014 19.30 Uhr, Mo. 7. April 2014 19.30 Uhr, Mi. 9. April 2014 19.30 Uhr*, Fr. 11. April 2014 19.30 Uhr * KiJu-Vorstellung es gibt noch Restkarten für alle Vorstellungen von 14€ bis 50€ online oder unter 089 21 85 19 60
Musikalische Leitung Jürgen Goriup, Choreografie Jo Strømgren mit den Tänzerinnen und Tänzern des Staatstheaters des Gärtnerplatz, Bühne Jo Strømgren, Kostüme Bregje van Balen, Licht David Bofarull (aai), Dramaturgie David Treffinger, Tanz Rita Barão Soares, Anna Calvo, Ariella Casu, Aina Clostermann, Marta Jaén, Natalia Palshina, Roberta Pisu, Sandra Salietti, Lieke Vanbiervliet, Francesco Annarumma, Alessio Attanasio, Matteo Carvone, Davide Di Giovanni, Giovanni Insaudo, Neel Jansen, Javier Ubell, Russell Lepley, Filippo Pelacchi, Morgan Reid, Isabella Pirondi, Sprecher Patrick Teschner
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Andreas M. Bräu am 15. März 2014 12:54 Garderoben
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Es ist erstaunlich, wie viel Zeit man mit und in der Vorbereitung zum eigentlichen Auftritt verbringt. Ähnlich wie beim Gepäckbank am Flughafen oder im Wartezimmer des Arztes nimmt dabei die Garderobe des Künstlers – neben der Kantine und der Hinterbühne – den zentralen Aufenthaltsraum vor dem Auftritt ein. Allerseltenst bewohnt man diese allein. Was auch sehr einsam sein kann. Meist und vor allem auf Gastspielen drängt sich dort auf engen Raum das ganze Ensemble oft auch nicht geschlechtergetrennt zusammen, um übereinandergestapelt mit einem Teilblick auf den Spiegel noch kurz das Gesicht und den Kragen für das Stück zu richten. Besonders liebe Veranstalter bessern die Stimmung gescheiterweise mit Butterbrezen oder selbstgemachten Keksen auf, in guten Stätten liegen dort alle Necessaires der Maske schon zur freien Verfügung aus. In besonderen Locations sitzt man allerdings auch schon mal zu siebt in einem Baucontainer vor dem Hallentor zum sympathischen Summen des Elektroheizgeräts und dem penetranten Regenprasseln auf dem Blechdach oder noch schlimmer in Hörweite offen hinter der Bühne, was jegliche private Unterhaltung oder Freizeitgestaltung zwischen entfernteren Auftritten konsequent unterbindet. Bei einem Festengagement wird einem typischerweise ein fester Platz mit festem Maskenkoffer zugewiesen, der nicht selten neidisch und stringent gegen Neulinge, die auch gerne einmal im Koffer herumwühlen, verteidigt wird. Zweimal gelang mir der große Clou aufgrund von massivem Herrenüberhang in das versteckte, vorhangverdeckte, geheimnisvolle Elysium der Damengarderobe hinübergebucht zu werden. In Gedanken schweben dort nicht bekleidete Akteursschönheiten umher, kichern und stauben mit Puder. Es roch so fein, allerlei Tand, Perücke und Stola breitete sich über die Kostümständer und der Hauch des Exklusiven, Verbotenen umgarnte das Männerherz. Einmal schmuggelte mich sogar die Soubrette ins Allerheiligste, dem Manne ansonsten niemals Zugängliche, wo Strumpfhalter und beidseitiges Klebeband mit Rouge und falschen Wimpern den Divenzauber bereiten. Den eigenen, männlichen wie weiblichen Fleck stattet man nach Möglichkeit gemütlich aus. Die Nippes-Sammlung aus vielerlei Toitoitoipackerln, die vielen Erinnerungsfotos – gerade älterer Kollegen oft der eigenen jugendlichen Vergangenheit – rahmen oft ein mehrstöckiges Papiertheater um den fleckigen Schminkspiegel herum. Daneben die kahlen oder behaarten Perückenköpfe mit ihrem immer gleichen kalten Styroporausdruck, hat sich niemand erbarmt und ihnen ein Gesicht gemalt. An diesem kleinen Flecken kann ich dann noch einmal ernst mit mir zu Gericht gehen, die Grundierung für den Abend anlegen, die Pointen am Wangenknochen nachziehen, die Dramenfalten glätten oder furchen und oftmals eine Rolle mit ein paar Pinselstrichen erschaffen. Dann überprüfe ich meinen Charakter, steige in mein Kostüm, ver(un)gewissere mich und verlasse das Buben- oder Mädchenstübchen über die Treppe oder Ecke zum Auftritt und das Warten am Band, im Zimmer, vorm Garderobentürl hat ein Ende. Dann muss man hinaus und danach wieder zurück in die Heimat vor dem Schminkspiegel oder die große weite Welt an der Rampe.
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Corinna Klimek am 8. März 2014 11:41 [singlepic id=1802 w=320 h=240 float=left]Kann man einen Klassiker wie Kabale und Liebe von Friedrich Schiller und das damit verbundene Lebensgefühl auch heute noch vermitteln? Das Ensemble Südsehen hat es auch ohne brachiale Modernisierungen geschafft.
Ferdinand liebt Luise und Luise liebt Ferdinand. Dummerweise kommen sie nicht aus der gleichen Schicht und deshalb sind beide Eltern aus unterschiedlichen Gründen gegen die Verbindung. Luises Vater, weil er seine Tochter beschützen möchte vor einer Enttäuschung, Ferdinands Vater, weil er seinen Sohn für seine politischen Zwecke einspannen möchte. Und dann ist das noch der Sekretär mit dem passenden schleimigen Namen Wurm, der ein Auge auf Luise geworfen hat und fleißig mitintrigiert. Am Ende erreicht keiner sein Ziel und zwei Familien sind zerstört.
[singlepic id=1806 w=320 h=240 float=right]Das Bühnenbild von Aylin Kaip bietet mit wenigen Mitteln eine ausgezeichnete wandlungsfähige Spielfläche. Die schräg verlaufenden Holzbalken, die mit Papierbahnen bespannt sind, erlauben scherenschnittartige Bilder wie die Eingangssequenz, die mir ganz großartig gefallen hat, genauso wie die Symbolisierung von Standesgrenzen. Ein Steg bringt die Spielenden nahe ans Publikum. Die Kostüme sind der Entstehungszeit angelehnt.
Regisseur Robert Ludewig hat sich etwas wirklich Geniales einfallen lassen, um den Standesunterschied zu betonen: die Familie Miller spricht untereinander bayerisch, mit dem Hochgestellten wie dem Präsidenten und Lady Milford aber Hochdeutsch. Dabei wirkt das aber keinesfalls bäuerlich oder einfältig, sondern ganz natürlich. Es schärft die Grenzen zwischen den Familien, überspringt sie aber auch gleichzeitig, denn im Umgang mit den Höhergestellten spricht die Familie Miller durchaus Hochdeutsch. Zusammen mit einer hervorragenden Personenregie ergibt sich ein spannender Abend, der den Zuschauer mitten ins Herz trifft und den Atem raubt. Hier zeigt sich, dass eine intelligente, behutsame Bearbeitung viel mehr in die heutige Zeit transportieren kann als so manche Kopftotgeburt des sogenannten Regietheaters.
[singlepic id=1805 w=320 h=240 float=left]Die schauspielerischen Leistungen sind grandios. Ulrike Dostal spielt die beiden gegensätzlichen Charaktere Lady Milford und Frau Miller einfach großartig. Sie schreit, sie wimmert, sie bettelt, sie lässt den Zuschauer direkt teilhaben an ihren Gefühlen und Gedanken. Ebenso präsent ist die zarte Désirée Siyum in der Rolle der Luise Miller. Sie ist gleichzeitig Geliebte, Tochter und Untertanin, vereint diese Personen in einer Figur, aber verleiht ihnen auch eigene Persönlichkeiten.
[singlepic id=1804 w=320 h=240 float=right]Robert Ludewig gibt dem Wurm eine Schleimigkeit, die ausgezeichnet zur Rolle passt. Da fliegen Blicke, die töten könnten und viel vom Inneren preisgeben. Amadeus Bodis ist ein starker Präsident, aber ihm ist auch der Schmerz über den Tod seines Sohnes nicht fremd. Erwin Brantl ist der ideale liebevolle Vater, der alles riskiert, um seine Tochter zu schützen, nur sie am Ende doch zu verlieren. Das hochkarätige Ensemble wird von Thomas Trüschler ideal ergänzt, der als Ferdinand erst Liebender ist und sich dann in seiner Seelenqual nicht mehr anders zu helfen weiß als mit der Geliebten gemeinsam zu sterben.
Eine wirklich frische, entstaubte Version von Schillers Klassiker, die man unbedingt gesehen haben sollte.
Ulrike Dostal – Lady Milford, Frau Miller, Désirée Siyum – Luise, Amadeus Bodis – Der Präsident, Erwin Brantl – Miller, Hofmarshall von Kalb, Thomas Trüschler – Ferdinand, Robert Ludewig – Wurm, Regie: Robert Ludewig, Bühnenbild und Kostüm: Aylin Kaip, Dramaturgie, Mitarbeit am Text: Nikolai Steinhart, Erwin Brantl, Regieassistenz: Constanze Hörner
Weitere Vorstellungen: 08.03.2014, 09.03.2014, 23.03.2014, 24.03.2014, 26.03.2014, 27.03.2014, 28.03.2014, 29.03.2014, 30.03.2014, 28.05.2014, 29.05.2014, 30.05.2014, 31.05.2014, 01.06.2014 jeweils 19:30 Uhr im Einstein Kultur, Kartenreservierung online, Tickets von 12 bis 17€, Dauer 110 Minuten ohne Pause
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Corinna Klimek am 4. März 2014 23:17 Kennen Sie schon unsere Facebook-Seite? Dort gibt es nicht nur Hinweise auf die neuesten Posts, sondern auch erste Reaktionen noch Premieren, kurze Einschätzungen von Repertoire-Vorstellungen, interessante Links und vieles mehr. Folgen lohnt sich!
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Andreas M. Bräu am 28. Februar 2014 15:15 Jäger und Sammler
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Ein guter Führer ist notwendig. Auf der Straße, in der Fremde und in der Kultur erst recht. Auch zu Zeiten des schnellen Googlens und der langsamen Wikileserei braucht es einen Standardwälzer, der knapp vor der Oper konsultiert werden darf, um die Rheintöchternamen zum vierzehnten Mal zu memorieren, die wirre Trovatorehandlung nachzuzeichnen (am besten mit einem Generationenschema) und um die Mozartdamen nicht erneut zwischen allen Donnen durcheinanderzubringen.
Dem Kulturenthusiasten dient dazu ein vererbter, alter Knaurs Opernführer der schon etwas ausgeleiert doch regelmäßig genutzt immer griffbereit steht. In den Führer – bei den Verlägen seien da keine Präferenzen genannt – sind alle Karten eingelegt, die der stolze Enthusiast besuchen durfte. Bei einer Carmen wird es da schon dicker, beim Ödipus Rex eher schlanker. Das Schmökern im beträchtlich angewachsenen Schinken offenbart ein jedes Mal die eigene Kunstbiographie und erwärmt das Herz. Vertraute Karten der Stammhäuser schmiegen sich an Raritäten von Reisen. Die Karte in der Seite weckt dann die damit verbundene Geschichte jenseits des Kunstinhalts…
Vielleicht von einem lieben Menschen, oder einer Liebe geschenkt, vielleicht mit einer besonderen Erinnerung verbunden? Karten repräsentieren stellvertretend für die Abende in der Oper wie im Theater immer mehr, als nur den einmaligen, produktionsgebundenen Genuss, sondern einen Teil des eignen Lebens; für viele gar einen Höhepunkt der Jahres.
Chenier in Bregenz, Elektra Open Air in Oberammergau, Traviata im Innenhof in Rom; das sind nur Auszüge der Ticketbiographie des Enthusiasten. Er denkt dabei zurück an römische Luft, an die Wiener Philharmoniker zur Elektra, an den Kopf aus dem Bodensee ragend – die Bühne für den Giordano. Er denkt auch an die Tage, die wundervolle Begleitung, das gemeinsame Erleben und sammelt alle diese Erinnerung behelfsweise in seinem Führer.
Das Sammeln aber macht Lust auf die nächste Jagd nach einer neuen Karte, in eine neue Seite, eine neue Erfahrung und einen neuen Schatz für ein Kulturleben. Bis der Führer platzt und erfüllt zugleich.
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Corinna Klimek am 26. Februar 2014 23:54 [singlepic id=1789 w=320 h=240 float=left]Ich habs glaube ich schon mal erwähnt, Ballett ist nicht so meins, auch wenn ich gerade in letzter Zeit sehr schöne Abende mit Stücken von John Neumeier (Ein Sommernachtstraum, Der Nussknacker) hatte, aber ich hab halt auch genauso oft Abende erlebt, die mir nicht gefallen haben. Wenn ein Ballettabend jedoch immer so wäre wie Geschichten aus dem Wiener Wald in der Inszenierung und Choreographie von Xin Peng Wang, müsst man mich vermutlich an den Haaren rausschleifen, um mich loszuwerden. Zum allerersten Mal fand ich eine Aufführung nicht nur schön, sondern auch berührend. Sehr. Tief.
[singlepic id=1787 w=320 h=240 float=right]Chefdramaturg Christian Baier hat ein rundherum stimmiges Szenario nach dem Volksstück von Ödön von Horváths geschaffen. In seiner Fassung verwebt er die Geschichte um Marianne, Oscar, Alfred und Valerie mit einer alten Wiener Legende, nach der jeder, der auf der Erde eine Chance ungenützt gelassen hat, an einem Tag des Jahres zurückkehren und versuchen muss, den Lauf der Dinge zu ändern. Der Tod schickt die vier Protagonisten zurück ins Leben. Das entpuppt sich jedoch als Kreislauf, keine Figur schafft es wirklich, daraus auszubrechen. Einzig das kleine Mädchen, in unschuldiges Weiß gekleidet, lebt, stirbt und wird wiedergeboren.
Eigentlich kann ich diesen Abend nur mit Superlativen beschreiben. Da ist zum einen das unglaublich schöne Bühnenbild von Frank Fellmann. Da schält sich aus dem Dunkel eine Ansicht von Wien im Nebel, als nächstes gibt der schwarze Rahmen sehr plastisch wirkende Blätter als Hintergrund für die Szene im Strandbad frei. Großes Kompliment an die Malerwerkstatt. Das sah fotorealistisch aus. Auch die Lichtgestaltung von Carlo Cerri lässt einen mehr als einmal mit offenenem Mund dasitzen. Die tiefrot ausgeleuchtete Szene im Ballettsaal war für mich einer der Höhepunkte des Abends. Die Kostüme (Alexandra Schiess) passten sich nahtlos in das Konzept ein, besonders gefallen haben mir die schwarz-weiß geringelten Badeanzüge “with a twist”.
[singlepic id=1788 w=320 h=240 float=left]Und dann die Musik! So wunderbar passend und feinfühlig zusammengestellt, Johann Strauß lässt Wiener Charme und und Morbidität zugleich über die Bühne wehen und Alban Berg begleitet das Publikum in das Innerste der Figuren. Wunderschöne Cello- und Klarinetten-Soli lassen das Leid spürbar werden, das die Protagonisten aushalten müssen. Motonori Kobayashi leitet die Dortunder Philharmoniker mit der genau richtigen Balance zwischen Walzerseligkeit, Polka und Innigkeit.
Die Inszenierung und Choreographie von Ballettdirektor Xin Peng Wang lässt sowohl Raum für Heiterkeit (köstlich die Szene im Bad, als Valerie dösend Fliegen verscheucht, die in Wahrheit Untote sind) als auch für tiefe Traurigkeit. Innige Pas De Deux wechseln sich mit Tritsch-Trasch-Polka tanzenden Zombies ab, die auch mal Walzer ohne Walzerschritt tanzen. Ein wirklich außergewöhnlicher Abendbend.
[singlepic id=1786 w=320 h=240 float=right]Monica Fotescu-Uta tanzte die Partie der Marianne so eindringlich, dass jede Gefühlsregung, sei es nun die flatterhafte Verliebtheit in Alfred, die tiefe Trauer beim Tod ihres Kindes oder die Resignation, mit der sie Oscar begegnet, spürbar und erlebbar waren. Fantastisch auch Dmitry Semionov, der den Hallodri Alfred so lässig tanzt, als würde er sich nur mit den Händen in den Hosentaschen fortbewegen. Mark Radjapov wirbelte mit sehr viel Ausdruck als Tod über die Bühne. Ergänzt wurde das sehr gute Solistenensemble Howard Quintero Lopez als Oscar, Emilie Nguyen als Valerie und Stephanine Ricciardi als Das kleine Mädchen. Das Corps de Ballet zauberte packende Bilder auf die Bühne.
Am Ende dieses denkwürdigen Abends feierte das Publikum die Mitwirkenden enthusiastisch und ich hatte den für mich ungewöhnlichen Wunsch, diesen Abend noch einmal zu erleben.
Marianne: Monica Fotescu-Uta, Oscar: Howard Quintero Lopez, Valerie: Emilie Nguyen, Alfred: Dmitry Semionov, Der Tod: Mark Radjapov, Das kleine Mädchen: Stephanine Ricciardi, Corps de Ballett: Tiffany Byrd, Stephanine Ricciardi, Sayo Yoshida, Shirley-Cordula Meissner, Taela Tiffany Williams, Julia Vargas Gil, Denise Chiarioni, Madeline Andrews, Eugeniu Cilenco, Alysson Rocha, Gal Mahzari, Yuri Polkovodtsev, Jie Qu, Giuseppe Ragona, Yuto Ideno, Francesco Nigro
Mit den: Dortmunder Philharmonikern, Musik: Johann Strauss (Sohn) und Alban Berg, Musikalische Leitung: Motonori Kobayashi, Choreografie/Inszenierung: Xin Peng Wang, Bühne: Frank Fellmann, Kostüme: Alexandra Schiess, Lichtdesign: Carlo Cerri, Idee, Konzept, Szenario, Dramaturgie: Christian Baier
Weitere Vorstellungen: 09., 15., 21., 26. März, 16., 26. April, 03., 09., 25., 31. Mai, 14. Juni 2014, Dauer 2 1/2 Stunden mit einer Pause
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Corinna Klimek am 21. Februar 2014 12:30 [singlepic id=1782 w=320 h=240 float=left] Die Bajadere dürfte den meisten Kulturbegeisterten als Ballett begegnet sein, es gibt aber auch eine Operette von Emmerich Kálmán, die zwar nicht durch eine stringente Handlung besticht, dafür aber zauberhafte Melodien bereithält.
Der indische Prinz Radjami ist ein rechter Macho und sehr von sich überzeugt. Als er sich in die Sängerin Odette Darimonde verliebt, ist er davon überzeugt, diese alleine durch seinen Willen von sich zu überzeugen. Odette, die als Bajadere, eine indische Tempeltänzerin, in einem Pariser Theater auftritt, lässt sich als emanzipierte Frau aber nicht so leicht um den Finger wickeln und spielt dem Prinzen ihre Liebe nur vor, um ihn kurz vor der Hochzeit sitzen zu lassen. Nun ist der Prinz in argen Nöten, weil er eigentlich schon längst hätte heiraten sollen und ihm nun die Braut abhanden gekommen ist, die ihn eigentlich so ganz insgeheim ja auch liebt, aber halt erobert werden will. Nachdem sich das Paar 90 Vorstellungen lang angeschmachtet hat, sie auf der Bühne und er in der Loge, erbarmt sich der Theaterdirektor und schmuggelt den Prinzen in den dritten Akt, wo sich das Paar glücklich in die Arme fällt. Und wenn sie nicht gestorben sind usw usw.
Ein weiterer Strang ist der oberflächlichen Marietta gewidmet, die mit dem Schokoladenfabrikant La Tourette verheiratet ist. Der gefällt ihr aber nicht mehr, denn eigentlich steht si ja auf knackige Männer. Nach einigem Zieren lässt sie sich auf Napoleon St. Cloche ein, der gut aussieht und ihr anscheinend ein Leben in Luxus bieten kann. Ihr Exmann erholt sich von seiner anstrengenden Frau und erreicht binnen kürzester Zeit wieder Idealgewicht. Damit ist er für Marietta wieder attraktiv und St. Cloche wird sie gerne wieder los.
So weit, so schlecht das Libretto von Julius Brammer und Alfred Grünwald. Regisseurin Sabine Müller hat daraus das Beste gemacht. Die Musik von Emmerich Kálmán reißt die eher flache Geschichte doch raus. Andererseits könnte ich mir diese Operette als opulente Ausstattungsrevue auch sehr gut szenisch vorstellen. Die Musik ist eine Mischung von ungarischem Feuer mit amerikanischem Jazz, garniert mit einem Tüpfelchen exotischen Flair. Die Melodien sind schwungvoll und mitreissend und haben Ohrwurmqualitäten. Zu den bekanntesten zählen sicher Fräulein, bitte woll’n Sie Shimmy tanzen (ironischerweise wird dazu aber gerade kein Shimmy getanzt) und Oh Bajadere, wenn Dein Bild mich berauscht.
Die Besetzung dieser konzertanten Aufführung war auf höchstem Niveau. Heike Susanne Daum sang die schwierige, weil sehr viel im Passaggio liegende und auch hohe Koloraturen erfordernde, Titelpartie mit enormem Ausdruck. Besonders ihr Auftrittslied, das sie von einer Empore sang, war beeindruckend. Die temperamentvolle Sängerin verlieh der Partie den nötigen Biss, um die Odette glaubwürdig darzustellen. Dabei verstand sie es aber auch, den Zuschauer mit weichen Tönen zu berühren.
Rainer Trost, der kurzfristig die Partie des Prinzen Radjami übernommen hatte, war ihr ein kongenialer Partner. Er meisterte die Partie scheinbar mühelos. Auch Anke Vondung als Marietta sowie Stephan Genz als St. Cloche und Miljenko Turk als La Tourette glänzten in ihren Rollen. Bei allen kam aber auch die Komik nicht zu kurz, so dass sich das Publikum knapp drei Stunden lang köstlich amüsierte. Richard Bonynge leitete das WDR Rundfunkorchester mit leichter Hand und auch der WDR Rundfunkchor Köln war glänzend einstudiert von Robert Blank.
Wer jetzt Lust bekommen hat auf die mitreißende Musik kann sich selbst ein Bild machen, denn ein Mitschnitt des Abends wird am 26.4.2014 um 20.05 Uhr auf WDR 4 gesendet.
Heike Susanne Daum Sopran (Odette Darimonde), Rainer Trost Tenor (Prinz Radjami von Lahore), Stephan Genz Bass (Napoleon St. Cloche), Miljenko Turk Bariton (Louis-Phillip La Tourette), Anke Vondung Alt (Marietta, seine Frau), Christian Sturm Tenor (Graf Armand/Oberst Parker), Ulrich Hielscher Erzähler, Gesang, Yvonne Kálmán Sprechrolle (Frau des Theaterdirektors), WDR Rundfunkchor Köln, Robert Blank Einstudierung, WDR Rundfunkorchester Köln, Richard Bonynge Dirigent, Sabine Müller Regie
Emmerich Kálmán Die Bajadere (1921)
Operette in drei Akten. Libretto von Julius Brammer und Alfred Grünwald
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Andreas M. Bräu am 15. Februar 2014 16:44 Lass uns was machen…
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Wie oft man diesen Satz zu hören bekommt. Scheiß auf die blöden Vorsprechen und die Wurzen, lass und selber was machen, den Text am besten selber schreiben. Ich kenn wen, der macht Musik, vielleicht macht der auch mit, die hat eh nix zu tun. Dann tun wir uns zusammen und machen was.
Was? Egal, aber ich hätte ne Idee für ne Inszenierung: Kürzlich hab ich so Luftpolsterfolie gesehen und mir gedacht: Wie geil wäre denn das, damit mal die ganze Bühne auszulegen. Damit es ständig so knistert und knackt. Das is‘ doch ne super Atmo.
Welches Stück? Das such‘ ma gemeinsam aus. Tasso, oder so. Und du kannst auch Regie machen, wenn du magst. Des müsst eh einer übernehmen. Dafür könnt ma die Kostüme bei ner Verwandten leihen, die hat endlos viel im Keller. Ja wie ein Fundus. Und Technik mach ma ganz einfach: Anlage vom Haus, und hast du nicht noch nen Scheinwerfer mit dem Rot? Den nehm ma.
Ich hab einfach keinen Bock mehr, für Andere Schmarrn zu machen. Lass uns selber was aufziehen. Wie könnten da im Keller auftreten und du kennst doch genug Leute, die wir dann reinholen und ein Spezl hat ein Praktikum bei der SZ gemacht, der schreibt dann noch drüber und ein anderer, der macht Fotos, das ist seine Leidenschaft und vielleicht macht der dann auch den Flyer und dann ist das ja schon die halbe Miete.
Geld? Du wir teilen alles was übrigbleibt und vielleicht setzt jeder so zum Start für die Technik was ein. Spiel ma halt was Rechtefreies. Schiller ist immer gut, wegen Schulen und so und vielleicht gibt’s dann ja ne Förderung. Du könntest doch so nen Antrag schreiben, dafür reservier ich was für die Premierenfeier. Und ich kenn da noch wen, wenn wir nen Typen bräuchten, der hat schon mal statiert und wirkt total super, den müssen wir mit reinnehmen und der bräuchte eh die Kohle. Wir teilen dann einfach. Vielleicht auch gleich die Arbeit. Ne die lieber nicht, die zickt grundsätzlich bei den Endproben, die Eine dafür, gut die ist älter und nimmer so gut, kocht aber echt klasse. Außerdem mag ich die sehr.
Also wenn du dir die Stücke anschauen könntest. Ich bin da komplett offen. Ich spiel alles. Also wir die Hauptrollen, denn wir haben das Ding ja angestoßen und dann machen wir ne Facebookgruppe und dann läuft die Werbung von selber. Ich stell’s dann auch auf meine Seite. Und Du auf Deine vielleicht auch.
Was? Ne, der hat kein Internet, kennt aber viel Leute. Vielleicht schaut ja dann auch wer Wichtiges zu. Könntest du nicht wen einladen? Dann haben wir ja im Endeffekt alle was davon. Und dann stehen wir beide auf den Flyer vorn drauf und das mit dem Layouten, da kenn ich – glaub ich – auch wen. Das muss ja auch nicht perfekt sein. Werbewirksam halt. Proben könnten wir übrigens ja bei dir, wenn dein Mitbewohner nicht da ist? Dann schieben wir halt die Sachen ein bisschen zur Seite. Wir brauchen ja nicht viel Platz.
Was? Ne Bühne halten wir minimal. Und, ja genau, mit der Luftpolsterfolie. Das findest du auch, nicht wahr? Das ist auch mal was Neues. Vielleicht kriegen wir die irgendwo gebraucht her. Oder kann man da die Post fragen? Klärst du das? Ich mach dafür ne Skizze. Also keine Möbel und Kram, das kriegen wir eh nicht in dein kleines Auto.
Aber vielleicht was mit Video? Das wär sicher cool, wenn das so auf der Folie reflektiert wird. Das können wir auch mit dem Handy machen. Du hast doch ein Neues?
Das wird echt geil. Ach komm, wir können auch was aus verschiedenen Stücken zusammennehmen, dann kann man auch mehr zeigen. Nur so die Essentials. Und vielleicht auf bayerisch? Dann kriegen wir auch die Einheimischen rein. Und es lernt sich leichter! Du könntest doch auf was Singen, oder der eine Spezl mit der Klarinette, der bräuchte auch dringend ne Chance zum Auftreten, den könnte man so an die Rampe setzen, so wie kürzlich bei den …dings. Das wär auch mal was Anderes.
Und es muss ja nicht lang sein. Ohne Pause neunzig Minuten, das reicht und so zwölf Termine am Wochenende, wenn ich Zeit hab. Es muss ja nicht immer ganz voll sein und deine Familie kommt ja vielleicht zweimal?
Ich seh’s das wird super. Und mal ganz was Eigenes und was Neues und echt was Professionelles.
Lass uns das machen.
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