Kategorien

Die Liebe zu den drei Orangen, 29.03.2014, Stadttheater Klagenfurt

[singlepic id=1850 w=320 h=240 float=left]Die Liebe zu den drei Orangen ist zwar ein oft gespieltes Werk, am Stadttheater Klagenfurt wurde es aber noch nie gezeigt. Jetzt hatte es in einer umjubelten Inszenierung von Starregisseur Immo Karaman Premiere, die bereits am Gärtnerplatztheater in München große Erfolge feierte.

König Treff ist verzweifelt. Sein Sohn und Nachfolger leidet an hypochondrischen Zuständen, die ihn unfähig zum Regieren machen. Einst wurde geweissagt, dass der Prinz geheilt wird, wenn man ihn zum Lachen bringt. So beauftragt der König den Spaßmacher Truffaldino mit der Organisation von Festen, die den Prinzen aufheitern sollen. Das misslingt, aber als der Hexe Morgana ein Missgeschick passiert, lacht der Prinz schadenfroh. Die Hexe verflucht ihn daraufhin, und er muss sich auf die Suche nach drei Orangen machen. Diese werden von einer fürchterlichen Köchin im Hause der Kreonta bewacht. Es gelingt, sie zu stehlen, aber Truffaldino missachtet die Warnung, die Orangen nur am Wasser zu öffnen. Zwei der verwandelten Prinzessinnen verdursten, die dritte wird vom Prinzen mit einem Kuss gerettet. Eine Intrige von Treffs Nichte Clarisse und dem Premierminister Leander kann abgewendet werden, und so steht dem jungen Glück nichts mehr im Wege.

Dem Libretto von Sergej Prokofjew liegt eine Erzählung von Carlo Gozzi zugrunde. Dieser galt als Gegenspieler Goldonis und setzte weiter auf die Typen der Commedia dell’Arte. Prokofjew setzt noch eins drauf und lässt die Zuschauer, verkörpert durch den Chor, das Geschehen kommentieren und gibt damit dem Ganzen einen Rahmen. Die Musik erinnert fast an Filmmusik, es gibt keine formgebenden Arien, aber eingängige Leitmotive. Zudem unterlegt er einzelne Figuren mit bestimmten Instrumenten, so wird zum Beispiel die Köchin von einer Tuba begleitet. Das gibt dem Stück eine ungeheuere Farbigkeit, die man durchaus auf mehreren Etappen entdecken kann. Die Liebe zu den drei Orangen hatte am 30.Dezember 1921 in Chicago Uraufführung in französischer Sprache. Die gespielte deutsche Übersetzung ist nach einer Fassung der Komischen Oper Berlin.

Regisseur Immo Karaman hat sich für eine Interpretation der Oper in der Entstehungszeit entschieden. Das Bühnenbild und die Kostüme von Timo Dentler und Okarina Peter zeigen deutlich den Einfluss des Malers Otto Dix. Ein großer Kasten, einem aufgeschnittenen Zimmer nachempfunden, dominiert die Bühne. Dieser wird durch die Drehbühne und kräftige Bühnenarbeiter in Bewegung und Gegenbewegung gebracht, so dass sich immer wieder faszinierende neue Einblicke ergeben. Wenn der Vorhang sich öffnet, wirkt es fast wie ein Gemälde, aus dem die Figuren entspringen. Obwohl die Orangen nur normale Größe haben, betont die Inszenierung das Märchenhafte der Geschichte. Der Chor als Zuschauer kommentiert und greift auch schon mal ins Geschehen ein. Mir war nur nicht ganz klar, warum sowohl eine der Prinzessinnen als auch Farfarello als Teil des Chores die ganze Zeit auf der Bühne waren. Hier hätte man durch unterschiedliche Kostüme die verschiedenen Rollen betonen müssen.

[singlepic id=1851 w=320 h=240 float=right]Das Kärntner Sinfonieorchester unter dem zu Recht hochgelobten Chefdirigenten Alexander Soddy hatte einen vollen, schnörkellosen Klang, der dem Stück mehr als gerecht wurde. Die Begleitung des Auftritts der Köchin durch die Tuba war ein ungewöhnlicher Genuss, überhaupt waren die Blechbläser die herausragendste Gruppe an diesem Abend. Der Chor war an diesem Abend wohl nicht ganz vollständig, zeigte sich aber bestens einstudiert von Günter Wallner. Stephan Klemm mit seinem sonoren Bass bildete den musikalischen Grundpfeiler des Abends. Seinem König Treff nahm man die Verzweiflung über den maladen Sohn jederzeit ab. Patrick Vogel als der Spaßmacher Truffaldino konnte schauspielerisch nicht ganz überzeugen, zudem klangen seine Höhen etwas eng. Die Fata Morgana von Stefanie C. Braun überzeugte mit warmen Stimmklang und starker Bühnenpräsenz. Die Gleichheit von Prinzessin Clarisse und Fata Morgana war hier sehr auf die Spitze getrieben, so dass man sich nicht immer sicher sein konnte, wer da tatsächlich auf der Bühne stand, bis gesungen wurde. Von den Prinzessinnen beeindruckte Golda Schultz mit mühelosem, glockenhellen Sopran. Leider war sie durch eine Knieverletzung gehandicapt und konnte nur vom Bühnenrand singen. Bereits in der nächsten Spielzeit wird sie wieder an der Bayerischen Staatsoper auftreten, unter anderem in der Partie der Micaela, worauf man sehr gespannt sein darf. Holger Ohlmann hatte die Köchin bereits in München gesungen und verlieh ihr auch in Klagenfurt seine starke Präsenz. Ilken Arcayürek war ein eher unauffälliger Prinz. Einen großen Anteil am Erfolg des Abends hatte das Tanzensemble. Sie setzten die Choreografie von Fabian Posca perfekt um.

Sicher ein ungewöhnlicher Abend, der aber Lust auf mehr Musik von Prokofjew und auf mehr Inszenierungen von Immo Karaman machte.

Die Liebe zu den drei Orangen. Oper in vier Akten mit einem Prolog. Musik: Sergej Prokofjew. Libretto vom Komponisten nach Carlo Gozzi. Deutsche Übersetzung nach einer Fassung der Komischen Oper Berlin. Regie: Immo Karaman. Choreographie: Fabian Posca. Bühne und Kostüme: Timo Dentler, Okarina Peter. Lichtdesign: Immo Karaman, Helmut Stultschnig. Dauer: 2 Stunden / eine Pause.

Musikalische Leitung: Alexander Soddy. Choreinstudierung: Günter Wallner. Besetzung: König Treff: Stephan Klemm. Der Prinz, sein Sohn: Ilker Arcayürek. Prinzessin Clarisse: Bea Robein. Leander, Premierminister: Zoltan Nagy. Truffaldino, ein Spaßmacher: Patrick Vogel. Pantalon, Vertrauter des Königs: Tim Kuypers. Tschelio, der Zauberer: David Steffens. Fata Morgana, die Hexe: Stefanie C. Braun. Linetta: Lucy Williams. Nicoletta: Sun Mi Kim. Ninetta: Golda Schultz. Die Köchin: Holger Ohlmann. Smeraldine: Aleksandra Krizan. Farfarello: Michael Schober. Zeremonienmeister: Thomas Tischler. Der Herold: Gregor Einspieler. Tanzensemble: Franziska Angerer, Ziv Frenkel, Bettina Fritsche, Michael Kitzeder (Dance Captain), Elodie Lavoignat, Toralf Vetterick, Jochen Vogel.

Ähnliche Artikel

Premiere Die Liebe zu den drei Orangen, 06.05.2011, Gärtnerplatztheater

[singlepic id=951 w=320 h=240 float=left]Auch bei seiner zweiten Inszenierung am schönsten Theater Münchens hat Regisseur Immo Karaman und sein Team eine hervorragende künstlerische und sehr sinnliche Arbeit abgeliefert. Die Handlung spielt in der Entstehungszeit, die Figuren sind von Otto Dix und anderen Künstlern dieser Zeit geprägt. Und tatsächlich hat jede Figur eine eigene Persönlichkeit, eine bestimmte Art, sich zu bewegen. Hier merkt man sehr deutlich, dass Choreograf Fabian Posca nicht nur mit dem Extraballett, sondern auch mit den Solisten und dem Chor viel und erfolgreich gearbeitet hat.
Die Bühne vom Ausstattungsteam Timo Dentler und Okarina Peter besteht nur aus einem Kasten, der ein aufgeschnittenes Zimmer, einen Salon oder Foyer, darstellt. Dieser Kasten wird nicht nur durch die Drehbühne, sondern auch durch Bühnenmitarbeiter bewegt, teilweise mit 60 Personen darauf, dafür hätten diese eigentlich am Ende einen Sonderapplaus verdient gehabt. Die teilweise gegenläufigen Bewegungen erzeugen vor allem im ersten Teil sehr viel Dynamik und Spannung. Die Kostüme sind zeit- und typgerecht. Applaus brandete bereits auf, als sich der Vorhang zu Beginn hob und den Kasten, der in diesem Fall wie ein Bilderrahmen wirkt, der bis auf den letzten Zentimeter mit Menschen gefüllt ist, enthüllte.
Das Orchester unter Anthony Bramall beeindruckte mit präzisem Spiel, dass es öfter ziemlich laut war, ist sicher der schieren Anzahl an Musikern im Graben geschuldet.
Bewundernswert waren die Tänzer, die sich in vielen verschiedenen Rollen präsentierten und jeder Figur ein anderes “Gesicht” gaben.
Der Chor verstand es wie immer, ausgezeichneten Gesang mit ebensolcher Darstellung zu verbinden und hatte einen erheblichen Anteil am Erfolg des Abends. Zwei seiner Mitglieder, die kurzfristig für die erkrankte Solistin als Linetta eingesprungene Brigitte Lang und Marcus Wandl als Herold zeigten, dass sie nicht nur in der Gemeinschaft eine gute Figur machen, sondern durchaus auch solistisch einsetzbar sind. Zwei Gäste, Stephan Klemm als König und Kouta Räsänen als Tschelio erwiesen sich als gute Wahl. Hochkarätig aus dem Ensemble besetzt waren alle weiteren Rollen, ob groß oder klein. Robert Sellier, Christina Gerstberger und Sebastian Campione überzeugten ebenso wie Franziska Rabl, Sibylla Duffe und Tilmann Unger. Holger Ohlmann als Köchin bewegte sich auf schwindelerregend hohen Absätzen, als ob es sein normales Schuhwerk wäre und zog darstellerisch und musikalisch alle Register von dämonisch bis schmeichlerisch. Daniel Fiolka spielte und sang den Pantalone sehr überzeugend und Frances Lucey wechselte gekonnt zwischen den verschiedenen Facetten der Smeraldine. Cornel Frey als Truffaldino war ein Spassmacher der anderen Art, anfangs erinnerte mich seine Gestik an die Bauchrednerpuppe aus “Death in Venice”, das gab sich aber im Laufe des Abends. Die Rolle ist ihm quasi auf den Leib geschrieben. Gary Martin als Leander verwandelte sich in einen selbstverliebten Schönling mit präzisen Bewegungen und Gesang. Last but not least zeigte sich Rita Kapfhammer als Idealbesetzung der Fata Morgana, sie beeindruckte mit Stimmumfang und Darstellung.
Ein fantastische Premiere, die noch viele Blicke wert ist, besonders vor der Pause kann man immer wieder neue Details entdecken. Das Publikum jubelte lange und einhellig allen Beteiligten zu.

Ähnliche Artikel