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Premiere Der Kleine Prinz, 12.07.2018, Hofspielhaus

Foto Hofspielhaus

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Man sieht nur mit dem Herzen gut. Dieser Satz ist wohl eines der berühmtesten Zitate der Literaturgeschichte und stammt aus der nicht minder bekannten Erzählung Le pétit prince von Antoine de Saint-Exupéry, die 1943 in New York erschien.
Das Hofspielhaus zeigt nun im kleinen, stillen Hinterhof des Theaters die prominente Geschichte als berührendes Zweipersonenstück.
Ferdinand Schmidt-Modrow gibt den kindlichen Titelhelden, der von einem winzigen Planeten stammt und von seiner geliebten Rose auf die Reise geschickt wurde, nur um schließlich mitten in der Wüste der Erde zu landen. Dort begegnet ihm nicht nur eine Giftschlange, die ihm anbietet, ihm zurück nach Hause zu helfen, sondern vor allem der griesgrämige Pilot, gespielt von Martin Halm. Der hat eine Bruchlandung in der Wüste hingelegt und muss sein Flugzeug reparieren, bevor ihm das Wasser ausgeht.
Der Prinz findet den schlafenden Mann und bittet ihn darum, ein Schaf zu zeichnen. Der Pilot ist über die naive Art des Fremden und die Tatsache, dass er offenbar weder Nahrung noch Wasser braucht irritiert, die beiden freunden auch jedoch schnell an und der Prinz erzählt von seiner abenteuerlichen Reise. Dabei interagiert er mit Personen, die als Video überlebensgroß auf die Wand des Hinterhofs projeziert und von den namenhaften Schauspielern Veronika von Quast, Christiane Blumhoff, Stefan Murr, Gerd Lohmeyer und der Hofspielhaus-Chefin Christiane Brammer verkörpert werden. Dies funktioniert tatsächlich hervorragend, das Timing von Schmidt-Modrow passt wunderbar zu den Videos und durch kleine

Foto Hofspielhaus

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Animationen und die runde Projektion fühlt man sich auf die kleinen fremden Planeten versetzt, auf denen der Prinz landet.
Aber das Highlight sind definitiv die beiden Darsteller auf der Bühne. Ferdinand Schmidt-Modrow spielt den Prinzen mit viel kindlicher Neugier und Begeisterungsfähigkeit. Trotzdem zeigt er den Charakter sehr mystisch, man weiß nicht genau, ob er nur ein Verrückter ist oder tatsächlich von einer anderen Welt stammt. Martin Halm, der mir bisher nur als Stimme bekannt war, gibt im Gegensatz dazu einen sehr raubeinigen und wütenden Piloten, der jedoch bald von der Geschichte und der Persönlichkeit des Prinzen fasziniert ist und ihn bis zum Ende unter- und beschützt. Das Spiel der beiden Darsteller und vor allem ihre Interaktion ist großartig und gerade zum Schluss des Stücks sehr bewegend. Auch musikalisch wird es an diesem Abend. Der Prinz spielt Ukulele und singt, was der Pilot nach der “Heimkehr” des Titelhelden weiterführt. Besonders schön fand ich die Idee, dass Halm eigentlich den ganzen Abend an einem hölzernen Modellflugzeug baut, um es am Ende dann in den Sternenhimmel zu hängen.
Der Kleine Prinz ist alles in allem ein wundervolles, bewegendes Märchen für Erwachsene, das vor allem durch die hervorragenden Darsteller von der ersten Minute an fesselt. Im Juli sind bereits alle Termine ausverkauft, allerdings wird die Produktion nach der Sommerpause im September nochmals aufgenommen.
https://www.hofspielhaus.de/spielplan/detailansicht/der-kleine-prinz.html

Regie und Musik: Sascha Fersch
Der Kleine Prinz: Ferdinand Schmidt-Modrow
Der Pilot: Martin Halm
Die Rose: Christiane Brammer
Der Geograf: Christiane Blumhoff
Der Fuchs: Gerd Lohmeyer
Der Geschäftsmann: Stefan Murr
Die Königin: Veronika von Quast

Weitere Vorstellungen im September:

Donnerstag, 13. September, 20:00

Freitag, 14. September, 20:00

Sonntag, 16. September, 20:00

Donnerstag, 20. September, 20:00

Samstag, 29. September, 20:00

Sonntag, 30. September, 20:00

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Linda Castillo – A Gathering of Secrets (Kate Burkholder 10)

©Macmillan Audio

©Macmillan Audio

ungekürzte Lesung

9:58 Stunden

Sprecherin Kathleen McInerney

Hörprobe bei audible.de

Leseprobe beim Verlag

 

 

Zur Autorin

Linda Castillo wurde in Ohio geboren und arbeitete lange Jahre als Finanzmanagerin, bevor sie sich der Schriftstellerei zuwandte. Ihre Thriller, die in einer Amisch-Gemeinde in Ohio spielen, sind ein internationaler Erfolg.

Zur Sprecherin

Kathleen McInerney ist in den USA als Schauspielerin tätig, u.a. auf Bühnen in New York, sowie als Sprecherin von Radio-Hörspielen, Hörbüchern und Cartoons.

Zum Inhalt (freie Übersetzung des amerikanischen Klappentextes)

Als die Scheune eines amischen Hofs in Painters Mill mitten in der Nacht abbrennt, werden Kate Burkholder und ihre Kollegen eingeschaltet. Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Unfall – bis der Leichnam des 18-jährigen Daniel Gingrich gefunden wird. Er wurde in der Sattelkammer eingesperrt und verbrannte bei lebendigem Leib. Wer wollte ihn so grausam töten?

Die Polizei stürzt sich in die Ermittlungen, stößt bei den Amischen jedoch auf eine Mauer des Schweigens. Daniel Gingrich war allseits beliebt, galt als aufrichtig und hilfsbereit und wollte bald heiraten. Warum trachtete ihm jemand nach dem Leben? Umso intensiver Kate ermittelt, desto komplizierter wird dieser Fall. Wer sind hier die Guten und wer der Täter?

Sie wird mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert, muss sich ihren eigenen Geistern stellen und hofft, auf der falschen Spur zu sein…

Meine Meinung

There is some soul of goodness in things evil,

Would men observingly distil it out.

(Es ist ein Geist des Guten in dem Übel,

Zög’ ihn der Mensch nur achtsam da heraus.

Shakespeare, König Heinrich V., 4. Aufzug, 1. Szene)

Dieses Zitat hat Linda Castillo „A Gathering of Secrets“ vorangestellt. Es geht diesmal um Schuld, Scham, Schweigen und Selbstjustiz. Der zehnte Band einer Serie, bei der jeden Sommer eine neue Folge erscheint, könnte langweilig oder überkonstruiert sein. Linda Castillo hingegen gelingt es wieder, ihre Leser von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln.

Im Mittelpunkt steht natürlich Chief of Police Kate Burkholder, der Schauplatz ist diesmal wieder Painters Mill in Ohio und somit spielen auch ihre Kollegen und ihr Partner John Tomasetti eine größere Rolle. Natürlich geht es wieder um einen Fall bei der amischen Bevölkerung, die wie gewohnt ihre Probleme lieber auf ihre eigene Weise ohne die Polizei lösen möchte oder wegschauen (Sieh nichts Böses, hör nichts Böses, sprich nichts Böses.). Der grausame Tod von Daniel Gingrich erschüttert seine Familie, Freunde und Kollegen. Er nutzte die Zeit zwischen Schule und Heirat zum “Rumspringa”, arbeitete in einem nicht-amischen Geschäft, kaufte ein Auto und traf sich mit jungen Frauen. Alle schätzten ihn sehr, was den genau geplanten Mord umso mysteriöser erscheinen lässt.

Man merkt deutlich den Reifeprozess von Kate Burkholder in ihrem Leben. Bei der Arbeit tritt sie gegenüber ihren Kollegen und anderen souveräner auf. Auch ihre Beziehung zu John Tomasetti ist stabiler geworden, beide sind ruhiger und geduldiger, können besser auf den Anderen eingehen und stellen die Beziehung nicht mehr in Frage. Ganz im Gegenteil. Auch Kates Schwester spielt wieder eine kleine Rolle, die beiden nähern sich in jedem Band wieder etwas mehr an

Spoiler
Ich könnte mir gut vorstellen, dass Kate im nächsten Band schwanger wird, denn hier sind reichlich Hinweise gestreut, wie kinderlieb sie gerade Säuglingen gegenüber ist.
Einige der Figuren gehören der mir zuvor unbekannten Gruppe der Beachy-Amischen Diese Gruppe ist auch tief religiös, viele der Regeln sind so, wie man es von amischen Gemeinden erwartet. Andererseits könnten sie zum Beispiel Autos und Handys besitzen, Computer und das Internet nutzen, Kleidung kaufen statt selbst zu nähen.

Zum Fall selbst möchte ich nicht allzu viel schreiben, außer dass Kates bekannte Vergangenheit, der Grund für ihren Austritt aus der Gemeinschaft ihren Blickwinkel bei den Ermittlungen deutlich beeinflussen. Das spielte auch in früheren Bänden schon eine Rolle, jedoch lässt Linda Castillo ihre Hauptfigur auch in dieser Hinsicht reifen während Kate sowohl den Fall als ihren persönlichen moralischen Konflikt lösen muss. Die Autorin greift ein Thema auf, das im letzten Jahr international viele Wellen schlug und auch bei den Amischen leider noch sehr aktuell ist.

Spoiler
Die #me too Debatte.

Wie geht die amische Gemeinschaft damit um, wenn eines ihrer Mitglieder Schande über sich und somit auch seine Familie bringt? Wie unterschiedlich die Vorstellungen von Schande und deren Ursachen sind, in Kates alter und neuer Welt, das steht im Mittelpunkt von „A Gathering of Secrects“. Kate Burkholder muss sich der Frage stellen, ob sie diesen Mord wirklich restlos aufklären möchte, ob das möglichweise die Falschen treffen würde. Andererseits ist ihr deutlich bewusst, dass der Mantel des Schweigens der Amischen für viele Probleme insbesondere hier nicht der richtige Weg ist. So harmonisch die vermeintlich heile Welt der Amischen wirkt, so deutlich wird vor allem in diesem Band, dass der Preis in diesem System für einige sehr hoch ist.

Kate McInerney liest in den ersten Kapiteln teilweise etwas stockend, ab dem 5. Kapitel dann wieder souverän mit eigenen Stimmen für die verschiedensten Figuren und vermittelt die Stimmungen perfekt. Eine andere Sprecherin könnte ich mir nach zehn Bänden allerdings auch kaum vorstellen.

Für den nächsten Band wünsche ich mir nur, dass Kate nicht wieder alleine in Lebensgefahr gerät und ihre eigene Vergangenheit zur Abwechslung keine so große Rolle spielt.

 

Fazit

Kaum erschienen, schon durchgehört und gespannt auf den nächsten Band. So fällt das kurze Fazit für den zehnten Band der Reihe um Kate Burkholder aus. Man lernt wieder Neues über das Leben der Amischen inmitten der modernen Welt um sie herum. Die Serie bleibt spannend, die Haupt- und Nebenfiguren entwickeln sich deutlich weiter, der Fall selbst und das überraschende Ende waren wieder überzeugend und die Sprecherin Kathleen McInerney gehört einfach dazu.

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Uraufführung La Strada, 12.07.2018, Gärtnerplatztheater

La Strada – Gefühle unterwegs

 Verónica Segovia © Marie-Laure Briane

Verónica Segovia
© Marie-Laure Briane

 Alessio Attanasio, Verónica Segovia © Marie-Laure Briane

Alessio Attanasio, Verónica Segovia © Marie-Laure Briane

Am Vorabend der Premiere las ich die Vorberichte in der Süddeutschen Zeitung. Da stand, dass man, wenn man den Film nicht kennt, sich die Handlung vor der Vorstellung anlesen könnte oder auf der Fahrt mit der S-Bahn den halben Film auf YouTube sehen könnte. Das war der Auslöser keine weiteren Vorbereitungen für meinen Besuch zu treffen und alles einfach wirken zu lassen.

Auf der schwarzen Bühne, im Hintergrund ein Meer? oder ein Kornfeld. Davor die Tänzerinnen und Tänzer des Gärtnerplatztheaters. Eine abwechslungsreiche Musik, die ihre Herkunft aus der Begleitung eines Films nicht versteckte. Das sind die Zutaten, die mich berührten. Relativ schnell kam in mir die Vorstellung hoch, dass es hier ein Hörspiel für die Augen gibt. Bilden sich bei einem Hörspiel Bilder im Kopf aus, entstanden hier Assoziationen und Erinnerungsmomente. La Strada habe ich nie gesehen, also nährten sie sich aus anderem: nächtliche Straßenszenen aus Don Camillo, Revuefilme mit Caterina Valente, West Side Story, Duracell,… also vielfach Dinge, die schon meine Eltern in der Jugend kannten und die mich auch in Kindheit und Jugend begleiteten. Es fühlte sich gut an. Warum passierte das? Ich weiß es nicht. Passt das zur Geschichte, die der Film erzählt? Ich weiß es nicht. Aber es fasziniert mich. Dazu trägt insbesondere bei, dass mich die Bewegungen irritierten. Wie geht das? Viele schnelle, harte Bewegung, gleichzeitig leicht und fließend. Dazu gibt es Körperhaltungen, die ich für unmöglich hielt, die aber auch unheimlich ausdrucksstark sind. Mir stellt sich die Frage, soll ich beim nächsten Besuch die Bilder auf mich noch einmal so wirken lassen oder sollte ich mich doch mit der Handlung beschäftigen, und versuchen sie auf der Bühne nachzuvollziehen? Vielleicht lasse ich mir noch ein paar Vorstellungen Zeit dazu.

Termine

14.07.2018 19.30 Uhr
15.07.2018 18.00 Uhr
17.07.2018 19.30 Uhr
23.07.2018 19.30 Uhr

Tickets

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Die stillen Nächte des Ludwig Rainer, 07.07.2018, SteudlTenn Uderns

Traditionen sind wichtig. Das ist nicht nur meinen Kollegen vom Feldmochinger Volkstheater und mir bewusst, sondern hat auch allgemein in der Kulturlandschaft mehr Aufmerksamkeit verdient, als es aktuell der Fall ist. Zu einer persönlichen Tradition ist es für uns inzwischen quasi geworden, dass wir bei unseren Kurzurlauben im Zillertal auch einen Abend der regionalen Theaterkultur widmen. Bei unserem letzten Ausflug gibt es zu den Theatertagen in Stumm, dieses mal verschlug es uns zum Kulturfestival SteudlTenn in Uderns.
Ist das Zillertal im Winter vor allem für Skitourismus bekannt, so hat es in den warmen Monaten tatsächlich eine großartige Vielfalt an Amateur- und Profitheater zu bieten. Auf die Empfehlung eines befreundeten Schauspielers hin fuhren wir am vergangenen Wochenende also hinunter ins Tal, um das musikalsiche Theaterstück Die stillen Nächte des Ludwig Rainer von Hakon Hirzenberger anzusehen. Der Name Ludwig Rainer sagte uns Bayern nichts, in Tirol scheint der Volkssänger jedoch auch heute noch berühmt und beliebt zu sein. Die Rainer-Sänger brachten im 19. Jahrhundert das Liedgut der Region in die ganze Welt, unter anderem machten sie das berühmte Weihnachtslied Stille Nacht (das in diesem Jahr sein 200-jähriges Jubiläum feiert) auch in Amerika bekannt. Das Stück des Festival-Organisators Hirzenberger hat eben Rainer selbst im Zentrum und erzählt seine Lebensgeschichte mit schlichten Mitteln aber dafür mit viel wundervoller Musik.

Foto: Christian Wind

Vier Darsteller und ein kleiner Chor sind fast permanent auf der Bühne, spielen Szenen aus der Biografie des Sängers, kommentiere diese Ereignisse jedoch im nächsten Moment oder zeigen eine alternative Version. Das sorgt immer wieder für viel Humor, der sich auch durch den Theaterabend zieht. Trotzdem spiegelt das Werk doch auch wider, wie schwer es in diesen Zeiten gerade in abgelegeneren Regionen für die Menschen war, sich irgendwie über Wasser halten zu können. Die ersten Rainer-Sänger schlossen sich aus dem Titelhelden, seiner Nichte Helene, Rainers späterer Frau Margarethe Sprenger und Simon Hollaus zusammen und traten anfangs vor allem in Europa auf. Nach den großartigen Versprechungen eines französischen Geschäftsmanns zogen die Sänger arglos in die USA, wo der Erfolg zunächst ausbleibt. Erst durch das bereits bekannte Weihnachtslied kam ein erster finanzieller Erfolg, trotzdem müssen sie nach einigen Jahren wieder in die Heimat zurückkehren. Zwar wird ihr Erfolg mit der traditionellen Musik ihrer Heimat weltweit immer größer, doch verraten sie mit Kitsch-Trachten und viel Show auch immer weiter ihre Kultur.
Das Konzept mag vielleicht nach viel österreichischem Heimat-Kitsch klingen, doch so sehr Ludwig Rainer allgemein geschätzt wird, so wird in diesem Stück auch deutlich gezeigt, dass er wohl ein sehr getriebener und schwieriger Mensch war. Er kann sich nie für einen Lebensweg entscheiden, schiebt die Schuld für Misserfolge gerne auf seine Kollegen, hat Probleme mit emotionalen Bindungen und zeigt allgemein eine cholerische Ader. Roland Jaeger spielt diesen launischen Patriarchen sehr emotional und vielschichtig und schafft es so, das Publikum von der ersten Minute an zu packen, obwohl man dem Charakter manchmal gerne eine Ohrfeige verpassen würde. Große Wandlungsfähigkeit zeigen die beiden Damen Juliana Haider und Caroline M. Hochfelner, die die verschiedenen Ehefrauen und Reisegefährtinnen Rainers darstellern. Hochfelner wandelt sich im Laufe des Stücks von der schüchternen Nichte Helene zur aufgekratzten Wirtstochter Anna. Haider spielt mit Margarethe Sprenger eigentlich einen etwas traurigen Charakter, schließlich wurde sie dem Stück zufolge nur von Rainer geheiratet, weil er enttäuscht über das Auflösen seiner Gruppe war. Obwohl sie die Geschichte ihrer Charaktere eher locker und beiläufig erzählt schwingt doch manchmal sehr viel Melancholie in allem mit. Der vierte im Bunde ist Andreas Haun – der dem Münchner Publikum unter anderem vom Blutenburgtheater bekannt sein könnte – als Simon Hollaus. Dieser scheint wie der ewige Kontrahent Rainers, widerspricht ihm gerne und macht im Laufe des Stücks sogar seine eigene Gesangsgruppe auf. Dieser Konflikt zwischen den beiden Herren wird zwar nicht in Aggressionen gezeigt, wird jedoch in Kleinigkeiten wie Mimik oder dem Verlassen der Hauptbühne sehr deutlich.

Foto: Christian Wind

Die vier Darsteller zeigen durchweg eine großartige darstellerische und gesangliche Leistung. Unterstützt von einem kleinen Chor und ein paar Instrumenten wird neben aller Historie vor allem die Tiroler Musik und Tradition zur Hauptfigur dieses Abends. Manche älteren Herrschaften im Publikum sangen die alten Lieder gerührt mit und auch, wenn ich bis auf eines kein einziges dieser Werke kannte, so berühren den Zuschauer die Texte und Melodien sehr. Das Bühnenbild ist sehr schlicht gehalten. An der Stallwand gibt es ab und zu Projektionen von Landschaften oder Gebäuden um die verschiedenen Reisestationen der Sänger zu zeigen, auf einer kleinen Erhöhung stehen ein paar Kisten und Bänke, auf dem sich der Chor und am Anfang auch drei der Schauspieler niederlassen, bevor sie nach und nach als Figuren in das Stück einsteigen.
Und auch uns „Fremden“ zeigt sich in der Musik wie im Stück, dass die Zillertaler Kultur scheinbar das Melancholische mit großer Lebensfreude perfekt vereinen kann. Ich und meine Begleiter waren jedenfalls hellauf begeistert von diesem Theaterabend und hoffen sehr, dass diese Produktion auch im nächsten Jahr wieder aufgenommen wird. Wir können nämlich auch außerhalb der Skisaison ein Wochenende im Zillertal mit ein wenig Kultur am Abend durchaus empfehlen.

DIE STILLEN NÄCHTE DES LUDWIG RAINER VON HAKON HIRZENBERGER / DI 3. JULI / MI 4. JULI / SA 7. JULI / SO 8. JULI

Autor/Regie: Hakon Hirzenberger
Bühne: Gerhard Kainzner
Kostüm: Andrea Bernd
Videoinstallation: Bernd Kranebitter
Licht: Sabine Wiesenbauer
Regieassistenz: Nadja Prader
Musikalische Leitung: Gerhard Anker
Chor: Anna Geisler, Sabine Lechner, Monika Lechner, Monika Pfister, Gerhard Anker, Martin Waldner und Sebastian Egger
Mit: Roland Jaeger, Juliana Haider, Caroline M. Hochfelner, Andreas Haun und Johannes Rhomberg

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Elisabeth Herrmann – Die Mühle

Die Mühle von Elisabeth Herrmann Cover ©cbt HC

Die Mühle von Elisabeth Herrmann
Cover ©cbt HC

ungekürzte Lesung
10:56 Stunden
Sprecherin: Laure Maire
Hörprobe beim Verlag

Zum Inhalt (vom Verlag)
“The Court” – das waren die Coolen. Die Angesagten, die Unerreichbaren, die Helden von Lanas Schulzeit. Wie kann es sein, dass ausgerechnet Lana an eine Einladung zu einem Kurztrip mit der Überflieger-Clique kommt? Jahre, nachdem sie alle ihre alte Schule verlassen haben? Der Trip führt die Clique in eine alte Mühle, umgeben von wilder Natur. Alles hier scheint für sie vorbereitet zu sein. Nur wer hat eigentlich die Einladungen verschickt? Wer begrüßt sie mit schriftlichen Botschaften, hat seltsame Spiele für sie organisiert? Als dann der erste der Freunde verschwindet, wird Lana klar, dass sie in der Falle sitzt. Denn es geht um Leben und Tod…

Zur Autorin (vom Verlag)
Elisabeth Herrmann, geboren 1959 in Marburg/Lahn, ist eine der aufregendsten Thrillerautorinnen unserer Zeit. Zum Schreiben kam sie neben ihrer Tätigkeit als Journalistin erst über Umwege – und hatte dann sofort durchschlagenden Erfolg mit ihrem Thriller “Das Kindermädchen”, der von der Jury der KrimiWelt-Bestenliste als bester deutschsprachiger Krimi 2005 ausgezeichnet wurde und vom ZDF verfilmt wurde. Seitdem macht Elisabeth Herrmann Furore mit ihren Thrillern und Romanen. 2012 erhielt sie den Deutschen Krimipreis für “Die Zeugin der Toten”, die ebenfalls vom ZDF verfilmt wird. “Die Mühle” ist ihr vierter Thriller für jugendliche Leser.

Zur Sprecherin (vom Verlag)
Laura Maire, geboren 1979 in München, absolvierte ihre Ausbildung an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt. Bekannt wurde sie durch eine Hauptrolle in der ARD-Vorabendserie “Verdammt verliebt”. Sie synchronisierte u. a. Brie Larson in “Raum” (2016 mit einem Oscar ausgezeichnet) und Ashley Greene (als Alice Cullen) in der “Twilight”-Reihe. Daneben war sie immer wieder in “How I Met Your Mother” zu hören. Maire erhielt 2011 den Deutschen Hörbuchpreis als Beste Interpretin. 2014 las sie für den Hörverlag den Thriller “Schattengrund” von Elisabeth Herrmann und erhielt für ihr “virtuoses Sprach-Spiel” noch einmal den Deutschen Hörbuchpreis als Beste Interpretin.

Meine Meinung
Nachdem „Zartbittertod“ von Elisabeth Herrmann war ich neugierig auf ein weiteres ihrer Jugendhörbücher, nicht zuletzt, weil Laura Maire eine meiner Lieblingssprecherinnen ist.

Die Grundidee ist zwar nicht originell, trotzdem spannend: Eine Gruppe von Menschen, die sich in einem abgeschlossenen Raum befindet und in Lebensgefahr schweben. Hier ist es eine abgelegene alte Mühle, wo ihnen jemand nach dem Leben trachtet. Die alte Elite-Clique wird einige Jahre nach dem Abitur für ein Wochenende nach Karlsbad eingeladen. Alle gehen davon aus, dass einer von ihnen die Einladungen verschickt hat. Johnny, ein ehemaliges Mitglied der Gruppe, kann aufgrund eines Unfalls nicht selbst fahren und fragt Lana, ob sie fahren möchte. In Karlsbad werden sie auf einen Ausflug in die Berge gelockt und landen in der alten Mühle, in der schon alles für ihren Aufenthalt und ihr Ableben vorbereitet zu sein scheint.

Lana ist die klassische Außenseiterin. Ihr Vater arbeitete viel im Ausland, die Familie zog oft um und Lana hatte nie irgendwo die Möglichkeit, enge Freunde zu finden. Als die Familie sich dann im Ort L niederlässt, bleibt sie an der Schule eine Außenseiterin, so wie auch später an der Uni. So gerne würde sie zur Clique gehören, kann es aus den verschiedensten Gründen jedoch nicht. Zufällig landet sie an der gleichen Uni wie Johnny aus ihrer alten Schule. Er wirkt inzwischen eher zurückgezogen und geheimnisvoll. Die beiden haben keinerlei Kontakt, bis Johnny ihr an einer Treppe buchstäblich vor die Füße fällt und später im Krankenhaus die Einladung nach Karlsbad gibt. Danach ist Lana mit der Clique und einem Mörder allein. Die Geschichte wird aus ihrer Perspektive erzählt, ihre Gedanken und Motive sind nachvollziehbar.

Die anderen Figuren sind klischeehaft und mehr oder weniger überzeugend gezeichnet. Der Anführer, das Modell, der eher Zurückhaltende usw. Seit dem Abitur haben sich die Mitglieder der Clique nicht mehr gesehen und schnell wird klar, dass ein dunkles Geheimnis der Grund sein muss – über das natürlich niemand in Hörweite der fremden Lana sprechen möchte. Die schüchterne und unbeholfene Lana gerät schnell in Verdacht, mit dem abwesenden Johnny hinter der Einladung zu stecken. Anfangs ist es für die früheren Mitglieder der Clique schwierig, die alten Freunde zu treffen, dann rutschen alle schnell wieder in ihre alten Rollen. Alte Rivalitäten flammen wieder auf während alle in der Mühle zusammenhalten und gemeinsam einen Rettungsplan schmieden sollten.

Die erste Hälfte gefiel mir sehr gut, zumal Laura Maire meiner Meinung nach die perfekte Sprecherin für dieses Buch ist. Sie verleiht den Figuren eigenen Stimmen ohne es zu übertreiben, vermittelt die Gefühle von Lana und auch den anderen. Ich hatte das Gefühl, Lana selbst zuzuhören. Kopf Kino vom Feinsten. Sicherlich ist die Handlung insgesamt sehr konstruiert, aber das passt zum Genre und zur Grundidee, tat der Spannung für mich keinen Abbruch.

Geschickt lässt Elisabeth Herrmann die Hauptfigur Lana von allen anderen nur in der Vergangenheit sprechen, so dass man sich immer fragt, ob und wer überlebt. Lana und somit die Zuhörer erfahren nach und nach ein wenig mehr über die Vergangenheit der Clique, die Szenenwechsel sind nicht allzu abrupt und gewollt spannungserzeugend gestaltet.

In der zweiten Hälfte wurde es dann noch spannender. Leider gab es einige unglaubwürdige Stellen und insbesondere das Ende verdarb mir den Hörspaß. Auch wenn die Motive nachvollziehbar sind, hinter dem dunklen Geheimnis eine realistische Begebenheit steckt, die ausführlich dargestellt wird, hakte es in einem Punkt massiv für mich.

Ein spannender Jugendthriller, rasant erzählt und genial vorgetragen von Laura Maire, mit einer glaubwürdigen Hauptfigur und einem lebendig dargestellten Schauplatz. Leider ein teilweise verkorkstes Ende und einige Logiklücken, die mich vermutlich auch schon mit 14 gestört hätten. Karlsbad und seine Umgebung hingegen sind auf der Liste der Wunschurlaubziele gelandet.

https://de.wikipedia.org/wiki/Karlsbad

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Premiere “Der tapfere Soldat”, 14.06.2018, Gärtnerplatztheater

Wenn es auch gerne in alten Filmen und Bühnenstücken so dargestellt wird, ist das Leben als Soldat alles andere als idyllisch. Das zeigt uns Regisseur Peter Konwitschny bereits in den ersten Minuten seiner Version des Tapferen Soldaten, die am 14. Juni im Gärtnerplatztheater Premiere feierte. Im Schlafzimmer der jungen Nadina schlagen schon zu Beginn Granaten ein, die Wand hat Brandspuren und der Herrenchor robbt in Uniform durch ihr Zimmer und nimmt dabei das Bett der jungen Frau auseinander. Trotzdem träumt das junge Mädchen von ihrem heroischen Verlobten Alexius, ebenso wie die verarmte Cousine Macha, die als Zofe schuften muss.
Als in Nadinas Zimmer eines nachts der feige, übermüdete und hungrige Schweizer Bumerli landet, der für die feindlichen Truppen kämpfte, wird ihre Zuneigung zu Alexis durch die Erzählungen des Flüchtlings jedoch schnell erschüttert. Nadina, ihre Mutter Aurelia und Mascha geben ihm Nahrung und Asyl und stecken ihm Fotos von sich zu, die im späteren Verlauf des Abends noch für allerhand Verwirrungen sorgen sollen.
Nach dem Verschwinden Bumerlis träumt Nadina vor einem Matterhorn-Plakat nun doch von einem idyllischen Leben mit dem scheinbar friedliebenden Schweizer und steht den heroischen Allüren ihres aus der Schlacht zurückgekehrten Vaters und ihres Verlobten eher abweisend gegenüber. Schließlich scheint sie im letzten Teil, in dem der Krieg draußen als auch im Hause Popoff eskaliert ist und Alexis sich mit Mascha verlobt hat, endlich mit ihrem Schweizer vereint. Der hat jedoch eine unerwartete Überraschung für sie und ihre skeptische Familie parat.

Foto: Christian POGO Zach


Regisseur Konwitschny geht an den Stoff, der auf den deutschen Bühnen nicht so häufig zu finden ist, mit viel Augenzwinkern und schwarzem Humor heran. Nadina, gespielt von Sophie Mitterhuber, ist anfangs eigentlich recht verträumt und naiv, da ihr die Vaterlandsliebe von allen Seiten eingetrichtert wurde. Dass sie sich schnell mit dem gestrandeten Bumerli anfreundet, zeigt jedoch deutlich, wie weit her es mit ihrem Patriotismus tatsächlich ist. So entwickelt sich Mitterhubers Charakter von dem idealistischen jungen Mädchen schnell zur selbstbewussten Frau, die nun eher zickig auf ihre militärversessene Familie reagiert und desillusioniert bemerkt, wie dumm ihr Verlobter eigentlich ist. Den gibt Maximilian Mayer herrlich hohl und zackig, mit dem sprichwörtlichen Stock im Hintern. Trotzdem ist Alexis ein Meister des Versteckspiels mit seiner eigentlich Geliebten Mascha, die er anfangs nur wegen ihrer verarmten Familiensituation nicht heiraten will, ihr aber in Nadinas Armen verliebte Seitenblicke zuwirft. Und seien wir einmal ehrlich, wirklich treu ist niemand an diesem Abend. Oberst Popoff baggert seine Nichte an, dessen Frau Aurelia den jungen Schweizer und trotzdem scheinen – fast – alle am Ende irgendwie glücklich zu werden.

Foto: Christian POGO Zach

Bei all dem Militarismus ist tatsächlich Daniel Prohaska als Bumerli mit schweizer Akzent und Toblerone in der Tasche wohl für die meisten der Sympathieträger der Inszenierung. Er hat es aber auch schwer in Konwitschnys Inszenierung, erst muss er vom Krieg fliehen, dann bedrohen ihn die Damen mit Gewehren und zuletzt wird er noch von seiner Liebsten gequält. In der Beziehung von Bumerli und Nadina lässt der Regisseur aber auch wirklich keinen Kitsch aufkommen, lieber legt er im dritten Akt die ganze Welt in Schutt und Asche und aus den zarten Spitzenkleidern in Pastelltöne werden schmutzige Fetzen. Die Kostüme von Johannes Leiacker werden so vom Rüschentraum zu einem düsteren Fundus, der eher an einen Tim Burton-Film erinnert. Das Bühenbild bleibt dabei mit wenigen Versatzstücken eher schlicht, mit Bett und Blumenfeld, die jedoch auch schon in den ersten beiden Akten schnell zerstört werden.

Ganz viel Absurdes und Slapstick bekommt man beim Tapferen Soldaten im Gärtnerplatztheater vorgesetzt. Das wirkte auf manche Zuschauer – inklusive mich selbst – vielleicht erstmal sogar ein bisschen viel, man muss die Inszenierung auf sich wirken und sie sich vielleicht auch nochmal durch den Kopf gehen lassen. Der schwarzhumorige Ton im dritten Akt setzt dem optischen Kitsch der ersten beiden jedoch einiges entgegen und aus der romantischen Liebesgeschichte wird eine gekonnte Kritik an der Verherrlichung des Soldatentums, die ja in manchen Ländern wie den USA durchaus heute noch betrieben wird.

Das Orchester unter der Leitung von Anthony Bramall lässt die Musik von Oscar Straus rasant vorangaloppieren, was perfekt zum Tempo der Inszenierung passt. Die Darsteller und der Chor zeigen gesanglich und darstellerisch wieder einmal, was sie können und sorgen so, trotz vereinzelter Verwirrung um die Inszenierung, durchaus für viele Lacher und begeisterten Applaus im Publikum. Spielerisch ist diese Inszenierung mit ihren Gegensätzen sicher nicht einfach, trotzdem darf man sich bestens unterhalten fühlen.

In dieser Saison ist Der tapfere Soldat noch am 29. Juni sowie dem 4., 7. und 8. Juli zu sehen, in der nächsten Spielzeit dann nochmals im April.

https://www.gaertnerplatztheater.de/de/produktionen/tapfere-soldat.html/m=279


Musikalische Leitung: Anthony Bramall
Regie: Peter Konwitschny
Bühne / Kostüme: Johannes Leiacker
Licht: Michael Heidinger
Choreografische Beratung: Karl Alfred Schreiner
Choreinstudierung: Karl Bernewitz
Dramaturgie: Bettina Bartz, Michael Alexander Rinz

Oberst Kasimir Popoff: Hans Gröning
Aurelia, seine Frau: Ann-Katrin Naidu
Nadina, beider Tochter: Sophie Mitterhuber
Mascha, eine junge Verwandte: Jasmina Sakr
Major Alexius Spiridoff: Maximilian Mayer
Bumerli: Daniel Prohaska
Hauptmann Massakroff: Alexander Franzen

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Interview mit Saimir Pirgu

Foto © Paul Scala

Foto © Paul Scala

Saimir Pirgu (*1981) ist ein albanisch-italienischer Sänger, der zurzeit in München an der Bayerischen Staatsoper den Duca di Mantova in Verdis Rigoletto singt. Pirgu ist als lyrischer Tenor mit den großen Partien seines Fachs an allen großen Bühnen der Welt zu Gast und hat mit namhaften Dirigenten und Regisseuren gearbeitet.

Das Gespräch fand am 16. Juni 2018 in der Rheingoldbar der Bayerischen Staatsoper statt.

PS: Hallo, Herr Pirgu, es freut mich, dass Sie sich die Zeit nehmen für unser Gespräch.

SP: Gerne.

PS: Als Zuschauer hat man ja unterschiedlichste Vorstellungen von dem Beruf des Opernsängers. Was ist für Sie persönlich das Schönste an Ihrem Beruf?

SP: Das ist das Reisen. In welchem anderen Beruf hat man schon die Möglichkeit, die ganze Welt zu sehen? Schauen Sie, es gibt kaum eine Stadt auf der Welt, die ich noch nicht besucht habe. In den meisten mache ich gar kein Sightseeing mehr, weil ich sie schon kenne. [lacht] Und überall komme ich schnell in Kontakt mit dem Land, den Gebräuchen, den Menschen, finde Freunde. Das ist toll. Die Kunst der Musik ist international und überall sind Menschen, die sie berührt.

PS: Sind Sie es, der mit der Musik die Menschen berührt?

SP: Es ist die Musik selbst, ich bin ja nur Ausführender. Das kommt ja auch auf den Dirigenten und die Inszenierung bzw. die Regie an.

PS: Inwieweit können Sie denn bei so vielen unterschiedlichen Inszenierungen Ihre eigene Vorstellung von einer Rolle, hier in München zurzeit den Duca di Mantova in Verdis Rigoletto, umsetzen?

SP: Ich bin ja sozusagen als Sänger das Material, durch das ein Regisseur seine Vorstellung umsetzt, das istmein Job. Wenn der eine sagt „mach es so“ und der andere „mach es so“, dann mache ich es halt. Ich singeeben, es ist letztlich die Musik, die das transportiert. Ich stehe schließlich jeden Abend im Löwenkäfig und manchmal gewinnt man und manchmal verliert man auch. Das ist normal.

PS: Wie gehen Sie an das Rollenstudium heran?

SP: Zuerst schaue ich mir natürlich die Noten an, aber als junger Sänger höre ich mir auch Aufnahmen von anderen Sängern, die das schon gemacht haben, an. Ich lese viel über das Stück, aber die Musik ist schon das wichtigste.

PS: Was ist der Duca di Mantova für eine Persönlichkeit?

SP: Der Duca ist ein gewissenloser Mensch, er hat ja auch nie Armut kennengelernt. Er ist reich geboren und wenn ihm jemand nicht passt, dann macht er ihn einen Kopf kürzer. Ihn oder einen anderen, das ist ihm egal. Viele meinen, er liebt die Frauen. Ja, das auch, aber das ist ein Nebenaspekt. Dem geht es um seine Interessen und er gewinnt am Schluss auch. Anders als Rigoletto. Der ist arm geboren, kommt an den Hof und am Schluss verliert er alles. Der macht eine Entwicklung durch. Der Duca di Mantova bleibt der, der er war.

PS: Sie meinen, das ist ganz unabhängig vom Regiekonzept?

SP: Ja. Das Gute kann man nicht schlecht machen, aber ich verstehe nicht, wieso dieses Grau in Grau auf der Bühne inzwischen überall so verbreitet ist – und damit meine ich überhaupt nicht moderne Inszenierungen allgemein. Ich habe schon sehr moderne Inszenierungen gespielt, die eine tolle Aussage hatten. Aber manchmal kommt es mir so vor, als ob mit dem Grau in Grau das Nichts zum Inhalt erhoben wird und das ist nicht OK. Wahrscheinlich dürfte ich das jetzt gar nicht sagen, weil man mich sonst an manchen Orten nicht mehr einlädt, aber es ist eine Wahrheit, die kaum einer gerne hört. Wie viele Buhrufe erleben Sie denn so bei Premieren?

PS: Immer mal wieder, aber tendenziell eher wenige.

SP: Sehen Sie. Wenn keiner hinginge, dann würden sich solche Inszenierungen auch nicht halten können. Ein Intendant würde eine Produktion absetzen, wenn sie sich nicht verkauft. Aber solange die Leute hingehen, passiert nichts.

PS: Sie haben ja mit vielen sehr unterschiedlichen Regisseuren gearbeitet.

L'Elisir d'Amore, Wiener Staatsoper - Foto ©Michael Pöhn

L’Elisir d’Amore, Wiener Staatsoper – Foto ©Michael Pöhn

SP: Ja, wenn ich noch an Zefirelli denke … da habe ich in dem Kostüm des Duca – so ein richtiges, opulentes! – ordentlich geschwitzt. [lacht] Nicht, dass das jetzt das einzig Wahre gewesen ist – die Münchner Inszenierung ist zum Beispiel modern, aber schlüssig und überzeugend. Auch in Zürich hatten wir eine sehr gute moderne Inszenierung. Ich weiß aber nicht so recht, was die Aussage ist, wenn ich in Unterhosen auf der Bühne stehe… Ich meine, es ist ja doch ein Herzog … Da wäre es manchmal besser, man würde eine Oper konzertant geben.

PS: Sie hatten in Ihrem Leben sehr wichtige Mentoren und künstlerische Vorbilder. Wie haben die Sie beeinflusst und wie ist Ihr Verhältnis zu Dirigenten allgemein?

SP: Als junger Sänger schaut man ja immer „wie machen es die anderen“. Was dann am Schluss in die eigeneEntwicklung eingeht, kann ich wahrscheinlich erst in vielen Jahren rückblickend sagen. Claudio Abbado war sicherlich sehr wichtig für mich. [Abbado hat Saimir Pirgu 2003 entdeckt und als 22jährigen als Ferrando in Mozarts Così fan tutte nach Ferrara eingeladen, Anm. d. Verf.] Aber auch Harnoncourt und viele andere. Ein Dirigent bildet ja sozusagen mit dem Orchester einen Teppich für mich, auf dem ich dann erst fliegen kann. Ja, eine Art Fliegender Teppich, das ist wie Zauberei. Wenn der Dirigent nicht passt, dann stehen Sie als Sänger allein auf weiter Flur und im Angesicht der Löwen.

PS: Das klingt sehr anstrengend… Was ist denn an Ihrem Beruf das weniger Schöne?

SP: Das ist sicher auch das Reisen. Wenn ich in einer Stadt bin und Freundschaften schließe und dann nach sagen wir zwei oder drei Jahren wieder dort hinkomme, dann kennen mich die meisten noch recht gut, ich umgekehrt aber nicht. Das ist manchmal schade, aber es gehört eben dazu. Und das Reisen selbst und das Herumkommen in der Welt ist ja toll.

PS: Eine Studie besagt, dass Berufsmusiker einem erhöhten Stressrisiko ausgesetzt sind. Hat das vielleicht damit zu tun? Oder ist es eher der Perfektionismus der Künstler?

SP: [schaut überrascht] Ja? Ich weiß nicht, ich glaube, das ist normal und gehört dazu. Es ist eben nicht ein Job für jeden und es hält sich langfristig nur der, der damit klarkommt. Mit dem Reisen und mit dem Löwenkäfig, meine ich. Und mit Perfektionismus habe ich es nicht so. Klar, man strebt schon irgendwie nach Perfektion, aber was wäre denn dann, wenn man dort angekommen wäre? Dann gäbe es ja nichts mehr.

PS: Ist das Ihr Rezept gegen Stress?

SP: Ich weiß nicht, vielleicht. Ich bin ein sehr ausgeglichener Mensch und wenn ich morgens aufstehe und mich im Spiegel anschauen kann, dann ist das doch schon was!

PS: Herr Pirgu, ganz herzlichen Dank für das interessante Gespräch, ich freue mich, Sie am Mittwoch in der Vorstellung erleben zu dürfen.

SP: Dankeschön und eine gute Vorstellung.

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Premiere “Sherlock Holmes und der Tod des Bayernkönigs”, 09.06.2018, Blutenburg-Theater München

© Volker Derlath

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Seit nunmehr 132 Jahren schwebt ein großes Mysterium durch die bayerische Geschichte: der Tod des Märchenkönigs Ludwig II.. Noch immer sind sich die Menschen nicht einig, ob der entmündigte Monarch freiwillig im Starnberger See sein Leben ließ oder ob nicht  nachgeholfen wurde.
Die Autoren Otto Beckmann und Anatol Preissler – der auch das Stück in Deutschlands ältester Kriminalbühne inszenierte – haben sich unter den Decknamen Dogberry und Probstein diesen Mythos vorgenommen und ihn in eine hinreißend absurde Komödie eingewoben.
Dabei begegnen uns, wie der Titel schon verrät, der berühmte Meisterdetektiv Sherlock Holmes und sein Kamerad John Watson. Die beiden werden eines Tages in London von einer geheimnisvollen Dame besucht, die sich als Therese von Bayern entpuppt. Sie sucht Hilfe für ihren Vetter Ludwig, der nicht nur das merkwürdige Verschwinden der Besatzung seiner Ägypten-Expedition zu verkraften hat, sondern nun auch noch von einer sprechenden Mumie im Keller seines Schlosses tyrannisiert wird. Die Mumie ist alles, was von der Expedition übrig ist und der König fürchtet durch den nächtlichen Spuk seinen Verstand zu verlieren. Also machen sich Holmes und Watson per Schiff, Eisenbahn und Transrapid-Kutsche auf den Weg nach Bayern. Auf ihrer Reise begegnen ihnen allerhand merkwürdige Gestalten wie sprechende Bilder, weihrauchende Gottesmänner und aufmüpfige Statuen.
Das klingt nach vielen Figuren auf der Bühne und tatsächlich kommen fast vierzig Charaktere in dieser Komödie vor. Für die stehen jedoch nur vier Darsteller auf der Bühne. Holmes und Watson werden von Julian Manuel und Uwe Kosubek gespielt, alle anderen Damen, Herren und Sonstiges von Wolfgang Haas und Martin Dudek. Das klingt schräg und ist es auch definitiv, das Publikum – inklusive mir – hat bei der Premiere kaum eine Sekunde ohne Lachen verbracht.

© Volker Derlath

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Das Konzept dieser Komödie würde natürlich nicht ohne das richtige Drumherum nicht funktionieren. Das Bühnenbild von Peter Schultze ist für das Blutenburgtheater ungewohnt minimalistisch, aber so kann sich die winizige Bühne innerhalb von Sekunden dank kleiner Details von der Baker Street in ein Schiff, ein Zugabteil, eine Kirche oder eine Gruft verwandeln. Die zahlreichen, aufwändigen Kostüme stammen von Andreas Haun, den das Publikum eher als Darsteller auf der Bühne gewohnt sind und der für diese Produktion viele Wochen im Kostümfundus und an der Nähmaschine verbracht hat. Dabei hat tatsächlich quasi jede Figur ein vollwertiges Kostüm, was für die beiden Darsteller natürlich nicht nur kuschelig warm wird, sondern auch zu lustigen, sekundenschnellen Umzügen auf der Bühne führt.
Aber das Highlight dieser Inszenierung sind aber auf jeden die vier Darsteller. Julian Manuel ist ein jugendlich-aufgedrehter Meisterdetektiv, der ganz im Sinne der Romanvorlage auch unter Einfluss von Kokain seine genialen Schlüsse zieht. Er leitet das Publikum temperamentvoll durch die herrlich absurde Geschichte. Sein Freund Watson wird von Uwe Kosubek als sympathisch-tollpatschiger Frauenheld gespielt, außerdem darf er in die Rolle des Märchenkönigs persönlich schlüpfen. Die größte Herausforderung haben jedoch Wolfgang Haas und Martin Dudeck mit jeweils rund einem Dutzend Rollen. Haas spielt nicht nur eine bezaubernde Therese, sondern auch den völlig irren ehemaligen Hofapotheker oder einen urigen Kuhhirten. Vor allem durch seine Fähigkeit, verschiedene Dialekte überzeugend nachzuahmen, gibt er jeder Figur etwas Besonderes. Martin Dudeck darf nicht nur die liebliche Haushälterin Mrs. Hudson und einen sehr verstoiberten Minister spielen, sondern ist auch ganz ohne Reden wundervoll als Mumie. Dudeck kann wieder sein komödiantisches Talent unter Beweis stellen, mit dem er regelmäßig die Lachmuskeln der Zuschauer strapaziert.
Dank der Regie von Anatol Preissler ist diese Komödie rasant und wird keine Sekunde langweilig. Es wird gesungen, getanzt, es gibt viel Slapstick und plötzlich kann es auch ganz still und ernst werden. Eine gute Mischung, bei der nicht nur Sherlock Holmes- und König Ludwig-Fans auf ihre Kosten kommen.
Fünfmal die Woche kann man die vier Herren auf der Bühne des kleinen Theaters erleben, Infos zum Kartenvorverkauf sind auf der Webseite zu finden.

http://www.blutenburg-theater.de/sitzplan.html

weitere Termine: bis 21. Juli und von 21. August bis 29. September, Dienstags bis Samstags um 20 Uhr

Julian Manuel: Sherlock Holmes
Uwe Kosubek: Dr. Watson
Wolfgang Haas: Therese von Bayern  / Breznverkäuferin / Echo / Bauer / Kapitän / Amor / Apotheker / Pfarrer Blasius / Sekretär Huber / Hofnarr / Schauspieler / Agatha Christel / Fischer / Schulz
Martin Dudeck: Mrs. Hudson / Schaffner / Schwabe / Hercules Peugeot / Diener / Wirt / Gärtner / Waschweib / Pfarrer Dominikus / Mumie / Kutscher / Lutz / Ritter / Schauspieler / Dr. v. Gudden / Folterkeller-Ehrhardt

Regie: Anatol Preissler
Kostüme: Andreas Haun
Bühne: Peter Schultze
Sound: Andreas Harwath
Licht: Tom Kovacs

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Lesung Andreas Izquierdo, 08.06.2018, Düsseldorf

Cover Insel Verlag

Cover Insel Verlag

Die Lesung fand im ausverkauften Gemeindesaal in Düsseldorf-Rath statt und zu Beginn wurde Andreas Izquierdo kurz vorgestellt. Er ist als Autor und Drehbuchautor tätig, seine Romane erschienen seit 1995 bei verschiedenen Verlagen. Seine bekanntesten Bücher sind „Apocalypsia“, „Das Glückbüro“ und „Der Club der Traumtänzer“.

„Fräulein Hedy träumt vom Fliegen“ ist sein neuestes Werk und er las sehr ausführlich aus den ersten Kapiteln.

Die Zuhörer lernten die sehr resolute 88-jährige Hedy von Pyritz kennen, die keinen Widerspruch duldet und in einem kleinen Ort im Münsterland lebt. Das Echo auf ihre Anzeige in den „Westfälischen Nachrichten“ (»Dame in den besten Jahren sucht Kavalier, der sie zum Nacktbadestrand fährt. Entgeltung garantiert.« ) in der Zeitung ist enttäuschend. Also sucht sie in ihrem Umfeld nach einem passenden Begleiter und entscheidet sich für ihren neuen Physiotherapeuten Jan, den sie gerne fördern möchte. Jan auf der anderen Seite versucht sich so gut wie möglich gegen Fräulein Hedys Methoden zu wehren.

Es folgte eine kurze Pause, danach ging es weiter mit den nächsten Kapiteln, die gekonnt gelesen das Publikum gut unterhielten. Fräulein Hedy merkt, dass Jan direkte Anweisungen nicht befolgt und beginnt, ihm gezielt Geschichten aus ihrem Leben zu erzählen, um ihn in die von ihr gewünschte Richtung zu lenken. Die Spannungen zwischen den sehr unterschiedlichen Hauptfiguren, ihre so unterschiedlichen Biographien und Fräulein Hedys Vorstellungen sorgen für viel Situationskomik.

Im Anschluss an den Leseteil forderte Andreas Izquierdo das verdutzte Publikum zum Fragen auf: Die Tür sei abschlossen, er sei offen für Fragen und könne aber auch mit Stille gut leben. Es folgte eine gute halbe Stunde voller Fragen und ausführlicher, mal humorvoller, mal ernster Antworten.

Wie er auf das Thema Frauen und Flugzeuge gekommen sei?

Jene Frauen in den 1920er und 1930er Jahren hätten ihn schon immer fasziniert, die Emanzipation schon gelebt hätten bevor es das Wort gab. Sicherlich gäbe es auch heute noch einige gläserne Decken für Frauen, aber Elly Beinhorn, Beate Uhse und viele andere hätten damals eigentlich Unmögliches getan.

Irgendwann sei Hedy in seinem schreibenden Leben aufgetaucht. Damit er über diese Zeit erzählen konnte, musste sie Pilotin sein. Auf dem Titelbild des Buchs ist Emilia Earhart abgebildet, deren Schicksal ihn sichtlich berührte. Ausgerechnet über einer unbewohnten Insel abzustürzen sei besonders übel. Mit seinem Buch habe er den verrückten Frauen in ihren fliegenden Kisten ein Denkmal setzen wollen.

Die Recherche sei schnell gegangen. Der Ort Pyritz liege heute in Polen und sei damals ein pommersches Rothenburg ob der Tauber gewesen. Leider wurde es 1945 dem Erdboden gleichgemacht und bei seiner Reise dorthin habe er nur sozialistische Nachkriegsbauten gesehen. Vom alten Flair sei nichts mehr übrig gewesen und die Reise hätte er sich eigentlich sparen können. Im Militärhistorischen Museum in Berlin habe er viel von Experten gelernt. Über die Flieger selbst, die Munition und was in einer Luftschlacht im Cockpit passiert sei.

Er sei ein visueller Mensch, arbeite auch als Drehbuchautor und oft hätte schon ein Bild aus jener Zeit ausgereicht um einen Film bei ihm ablaufen zu lassen. So zum Beispiel Fotos des Berliner Varietés “Die weiße Maus” mit nur 99 Plätzen, in dem die Gäste Augenmasken trugen, um die Vergangenheit draußen zu lassen. (Laut Andreas Izquierdo waren es weiße Masken, auf den Fotos hier sind es schwarze.)

Ob die Figuren authentisch seien und Hedy seine Großmutter?

Nein, es habe zwar ein optisches Vorbild gegeben, aber kein charakterliches. Seine alte Tante im Rollstuhl in Spanien sei das optische Vorbild und die Ausgangsituation mit der Anzeige sei durch einen Zufall entstanden. Eine Haushälterin habe in Spanien von einer Dame erzählt, die zum Nacktbadestrand wollte. Er habe das Wort „annunzio“ als „Anzeige“ verstanden und schon Bilder vor seinem inneren Auge gehabt. Erst später habe er erfahren, dass „Werbung“ mit alten Damen gemeint war – doch da war die Idee schon geboren und plötzlich sei Hedy dagewesen. Die so geöffnete Tür müsse man als Autor ganz aufmachen und die Ideen hereinlassen.

Die ungekürzte Hörversion erscheine am 28.6., gelesen von Michael Schwarzbach. Zu seinem Bedauern ausschließlich über audible, nicht im Buchhandel verfügbar. Die Lesung gefalle ihm sehr gut, die Figuren würden lebendig. (Nein, diese Frage war nicht von mir. ;-) )

Sein nächstes Buch werde den Titel „Der Therapeut“ tragen. Zum Inhalt könne er noch nicht viel sagen, bisher habe er nur die Grundidee. Seiner Meinung nach wir nirgendwo so viel gelogen wie beim Therapeuten und vielleicht bei der Polizei. Beide seien auf der Suche der Wahrheiten, die eventuell wehtut. Er sei sich noch nicht sicher, ob es vielleicht Krimielemente geben werde.

Ob er beim Beginn des Schreibens schon das Ende kennen würde?

Ja, das stehe dann schon fest. Er finde es etwas respektlos dem eigenen Beruf gegenüber, wenn er ohne das Ende zu kennen beginnen würde. Er glaube, es brauche Vorbereitung und zum Beispiel Gehirnchirurgen oder Pianisten würden auch nicht ohne einen Plan und ein Ziel anfangen. Er habe immer ein akribisch ausgearbeitetes Exposé, die Spannungsbögen seien genau geplant. Wenn er unvorbereitet durch eine Szene stolpere, könne er nicht das Meiste rausholen. So habe er vielleicht sechs Wochen mehr Vorarbeit, spare sich aber sechs Monate Nacharbeit. Eigentlich sei es eine Form der Faulheit und für seinen Kopf besser, so gründlich vorbereitet zu sein.

Aufgrund von atmosphärischen Störungen habe er von Dumont zu Suhrkamp gewechselt. Beide Verlage hätte schon lange belletristische Programme und er fühle sich bei Suhrkamp wohl.

Im Anschluss an die Lesung nahm er sich beim Signieren auch noch viel Zeit für weitere Fragen.

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Franz fischt frische Fische – ein gelungenes Experiment

© Christian POGO Zach

© Christian POGO Zach

Zum Kammerkonzert am 13. Mai lud das Gärtnerplatztheater an einen besonderen Ort und öffnete den futuristischen Orchesterprobensaal für die Konzertbesucher.

Johannes Overbeck, Fagottist des Gärtnerplatzorchesters und Organisator der Kammerkonzerte begrüßte das Publikum und wies auf den experimentellen Charakter des Konzerts hin. An der Akustik des Saales werde noch getüftelt und er würde sich über Feedback freuen. Gerne, lieber Herr Overbeck!

Als erfahrene Konzertbesucherin aber Nicht-Profi kann ich nur sehr subjektiv urteilen, aber ist nicht Akustik überhaupt großenteils Geschmackssache? Kurz: Mir haben Atmosphäre und Akustik hervorragend gefallen! Im Foyer war die Akustik schon immer recht “hallig”, aber seit keine Vorhänge mehr da sind überschlägt sich der Klang geradezu, insbesondere wenn ein Flügel oder Bläser beteiligt sind. Der Teppich unter den Musikern hat da nicht viel verbessert. Nun, man mag einwenden, dass Komponisten wie Mozart oder Schubert genau für solche Räume komponiert haben (Kirchen, Säle in Adelspalästen), aber wir haben heute auch andere Hörgewohnheiten.

So konnte ich von meinem Platz (in der momentan üblichen Orchesteraufstellung dürfen da die Hörner sitzen…) hervorragend und transparent die einzelnen Stimmen hören. Ein wenig “gnadenlos” ist die Akustik schon, das gebe ich zu – auch jede winzige Ungenauigkeit kommt glasklar beim Zuhörer an. Ich persönlich mag das – für mich gehört es dazu, wenn Menschen und nicht Maschinen am Werk sind. Nicht nur, es gehört dazu, nein, das macht für mich den Reiz von Konzerten aus! Ich weiß, das hören Musiker, die alten Perfektionisten, nicht gern… aber sonst könnte ich mir ja auch gleich eine CD-Einspielung anhören, da ist alles perfekt. Bloß halt steril und unpersönlich und damit irgendwie tot. Ich liebe sozusagen kleine Schönheitsfehler!

Als erstes auf dem Programm stand Mozarts Divertimento Es-Dur KV 563. Ein spätes Werk, das – anders als die Bezeichnung Divertimento vermuten lässt – überaus komplex ist. Da werden – wie so oft bei Mozart – kleine volksliedhafte Melodien kunstvoll zu einem großen Klangteppich gewoben und sind dann auf einmal gar nicht mehr so banal wie es anfangs scheint. Ich habe es genossen, die einzelnen Stimmen diesmal so transparent zu erleben. Danke an die spielfreudigen Kollegen vom Orchester, denen man anmerkt, dass sie im wahrsten Sinn des Wortes seit langem aufeinander “eingespielt” sind.

Auf Wunsch des Kontrabassisten, Thomas Hille, kam als zweites Werk das Forellenquintett von Franz Schubert zu Gehör – kein Wunder, ist es das wohl berühmteste Klavierquintett, bei dem zugunsten einer Violine ein Kontrabass mitspielen darf 🙂 Der Funke der Begeisterung sprang auch hier sofort über, es sprudelte nur so vor Spielfreude. Das ist für mich das Schönste an Kammermusik: Dass man so nah dran und quasi mittendrin ist statt als distanziertes Publikum auf eine entfernte Bühne zu schauen.

Ich freue mich auf weitere Kammerkonzerte – hoffentlich weiterhin im Orchesterprobensaal!

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