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Marina am 14. Oktober 2018 22:51 Winterzeit ist Klassikerzeit in Münchens Kriminalbühne. Auch in dieser Saison zieht wieder die Krimikönigin Agatha Christie in das kleine Theater ein mit einem Werk, dessen – inzwischen politisch korrekter – Titel manchem Zuschauer vielleicht erst einmal fremd vorkommt. Doch spätestens, wenn eine junge Stimme das morbide Kinderlied “Zehn kleine Kriegerlein” zum Besten gibt, erkennt man den erfolgreichsten Krimi aller Zeiten.
Zehn verschiedene Personen werden für ein Wochenende auf eine einsame Insel eingeladen, wo sie sehe schnell feststellen, dass etwas nicht stimmt. Ihre Gastgeber, das Ehepaar Oddy, das eigentlich niemand kennt, sind nicht anwesend und plötzlich läuft eine Tonbandaufnahme, die jeden der Anwesenden des Mordes beschuldigt. Auch liegt eine umgedichtete Version des bereits genannten Kinderlieds an einer alten Hausorgel. Schnell müssen die Anwesenden feststellen, dass es sich um keinen Scherz sondern um tödlichen Ernst handelt und nach und nach sterben die Charaktere – wie im Lied vorausgesagt.
Foto: Volker Derlath
Agatha Christie ist manchmal ja in ihren Erklärungen sehr ausschweifend und langatmig, Regisseur Hardy Hoosman schafft es aber, das Stück trotzdem extrem spannend zu gestalten. Das liegt nicht nur an der dynamischen Inszenierung sondern auch an den interessanten und starken Charakteren, die von einem auserlesenen Ensemble verkörpert werden.
Der kleinen Bühne geschuldet entsteht unweigerlich eine große Spannung, wenn sich alle Charaktere in dem “Salon” drängen (wenn auch zusätzlich vor und hinter der Bühne gespielt wird). Je mehr von ihnen sterben, desto mehr steigen die Konflikte und die Anspannung der Figuren, unterstützt durch die teils unheimliche Lichtstimmung, Musik und Geräusche wie Gewitterdonnern und unaufhörliches Wellenrauschen.
Das zehnköpfige Schauspielerensemble schafft es, diese angespannte Atmosphäre über zweieinhalb Stunden aufrecht zu erhalten und trotzdem dabei jeder einzelnen Figur eine eigene Prägung und Geschichte zu geben. Christa Pillmann spielt die kaltblütige und arrogante Dame Emily Brent, die gerne ihre Mitmenschen herablassend beurteilt und keinerlei Anteilnahme an dem Tod anderer zeigt.
Foto: Volker Derlath
Weitaus gutmütiger wirkt da Konrad Adams als pensionierter Richter Sir Lawrence Wargrave, der versucht, die Gruppe moralisch zusammen zu halten. Dann ist da noch der scheinbar besonnene und erfolgreiche Nervenarzt Doctor Armstrong, gespielt von Florian Fisch, der in dieser Inszenierung jedoch schon zu Beginn mit zitternder Hand nicht sehr souverän wirkt. Das Ehepaar Rogers alias Katharina Friedl und Till Klewitz scheint auch vor der Anreise der Gäste der nicht sonderlich harmonisch. Er trinkt, sie ist genervt und beide kennen ihre Arbeitgeber nicht einmal persönlich, haben aus Geldmangel den Job jedoch angenommen. Deshalb müssen sie sich auch mit anstrengenden Besuchern wie dem penetranten Angeber Anthony Marston (Andreas Haun) und dem gezwungen unbekümmerten Lebemann Philip Lombard (Wolfgang Haas) herumschlagen, der mit der hübschen aber angespannt wirkenden Sekretärin Vera Claythorne (Irene Rovan) anbandeln möchte. Andere wie der vermeintliche Forscher Blore (Sebastian Sash) machen sich schon von Anfang an verdächtig, doch eigentlich stellt sich sehr schnell heraus, dass alle Anwesenden etwas zu verbergen haben. Ergänzt wird die Runde noch von dem pensionierten General Mackenzie, den Claus-Peter Damitz sehr gebrechlich und tattrig wirken lässt, dem Regisseur Hoosman in einem klaren Moment der Figur jedoch zusammen mit Irene Rovan einer der prägnantesten Szenen des Stückes gibt.
Christie hat mit der Vorlage wieder mal ein Werk geschaffen, in dem der Zuschauer bis zuletzt nicht weiß, was er von den Charakteren denken soll. Dieses Verwirrspiel treibt Hoosman in seiner Inszenierung auf die Spitze und trotz den kleinen Raums ist man im Publikum schnell versucht, jedes Detail aufnehmen zu wollen, was natürlich praktisch nicht möglich ist. Aber wäre es nicht auch langweilig, wenn man schon zur Pause erraten würde, wie das Stück ausgeht?
Die Wintersaison des Blutenburg-Theaters ist sehr häufig ausverkauft, wer also diesen perfekt inszenierten Klassiker sehen möchte, sollte sich beeilen!
Rogers: Till Klewitz
Mrs. Rogers: Katharina Friedl
Vera Claythorne: Irene Rovan
Philip Lombard: Wolfgang Haas
Anthony Marston: Andreas Haun
William Blore: Sebastian Sash
General Mackenzie: Claus-Peter Damitz
Emily Brent: Christa Pillmann
Sir Lawrence Wargrave: Konrad Adams
Dr. Armstrong: Florian Fisch
Regie / Sound: Hardy Hoosman
Kostüme: Andreas Haun
Bühne: Peter Schultze
Licht: Tom Kovacs
Regieassistenz: Melanie Kisslinger, Renée Schöfer
Weitere Vorstellungen bis 16. Februar 2019, Dienstag bis Samstag um 20 Uhr, Sonntags um 18 Uhr
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Marina am 17. Juni 2018 22:59 © Volker Derlath
Seit nunmehr 132 Jahren schwebt ein großes Mysterium durch die bayerische Geschichte: der Tod des Märchenkönigs Ludwig II.. Noch immer sind sich die Menschen nicht einig, ob der entmündigte Monarch freiwillig im Starnberger See sein Leben ließ oder ob nicht nachgeholfen wurde.
Die Autoren Otto Beckmann und Anatol Preissler – der auch das Stück in Deutschlands ältester Kriminalbühne inszenierte – haben sich unter den Decknamen Dogberry und Probstein diesen Mythos vorgenommen und ihn in eine hinreißend absurde Komödie eingewoben.
Dabei begegnen uns, wie der Titel schon verrät, der berühmte Meisterdetektiv Sherlock Holmes und sein Kamerad John Watson. Die beiden werden eines Tages in London von einer geheimnisvollen Dame besucht, die sich als Therese von Bayern entpuppt. Sie sucht Hilfe für ihren Vetter Ludwig, der nicht nur das merkwürdige Verschwinden der Besatzung seiner Ägypten-Expedition zu verkraften hat, sondern nun auch noch von einer sprechenden Mumie im Keller seines Schlosses tyrannisiert wird. Die Mumie ist alles, was von der Expedition übrig ist und der König fürchtet durch den nächtlichen Spuk seinen Verstand zu verlieren. Also machen sich Holmes und Watson per Schiff, Eisenbahn und Transrapid-Kutsche auf den Weg nach Bayern. Auf ihrer Reise begegnen ihnen allerhand merkwürdige Gestalten wie sprechende Bilder, weihrauchende Gottesmänner und aufmüpfige Statuen.
Das klingt nach vielen Figuren auf der Bühne und tatsächlich kommen fast vierzig Charaktere in dieser Komödie vor. Für die stehen jedoch nur vier Darsteller auf der Bühne. Holmes und Watson werden von Julian Manuel und Uwe Kosubek gespielt, alle anderen Damen, Herren und Sonstiges von Wolfgang Haas und Martin Dudek. Das klingt schräg und ist es auch definitiv, das Publikum – inklusive mir – hat bei der Premiere kaum eine Sekunde ohne Lachen verbracht.
© Volker Derlath
Das Konzept dieser Komödie würde natürlich nicht ohne das richtige Drumherum nicht funktionieren. Das Bühnenbild von Peter Schultze ist für das Blutenburgtheater ungewohnt minimalistisch, aber so kann sich die winizige Bühne innerhalb von Sekunden dank kleiner Details von der Baker Street in ein Schiff, ein Zugabteil, eine Kirche oder eine Gruft verwandeln. Die zahlreichen, aufwändigen Kostüme stammen von Andreas Haun, den das Publikum eher als Darsteller auf der Bühne gewohnt sind und der für diese Produktion viele Wochen im Kostümfundus und an der Nähmaschine verbracht hat. Dabei hat tatsächlich quasi jede Figur ein vollwertiges Kostüm, was für die beiden Darsteller natürlich nicht nur kuschelig warm wird, sondern auch zu lustigen, sekundenschnellen Umzügen auf der Bühne führt.
Aber das Highlight dieser Inszenierung sind aber auf jeden die vier Darsteller. Julian Manuel ist ein jugendlich-aufgedrehter Meisterdetektiv, der ganz im Sinne der Romanvorlage auch unter Einfluss von Kokain seine genialen Schlüsse zieht. Er leitet das Publikum temperamentvoll durch die herrlich absurde Geschichte. Sein Freund Watson wird von Uwe Kosubek als sympathisch-tollpatschiger Frauenheld gespielt, außerdem darf er in die Rolle des Märchenkönigs persönlich schlüpfen. Die größte Herausforderung haben jedoch Wolfgang Haas und Martin Dudeck mit jeweils rund einem Dutzend Rollen. Haas spielt nicht nur eine bezaubernde Therese, sondern auch den völlig irren ehemaligen Hofapotheker oder einen urigen Kuhhirten. Vor allem durch seine Fähigkeit, verschiedene Dialekte überzeugend nachzuahmen, gibt er jeder Figur etwas Besonderes. Martin Dudeck darf nicht nur die liebliche Haushälterin Mrs. Hudson und einen sehr verstoiberten Minister spielen, sondern ist auch ganz ohne Reden wundervoll als Mumie. Dudeck kann wieder sein komödiantisches Talent unter Beweis stellen, mit dem er regelmäßig die Lachmuskeln der Zuschauer strapaziert.
Dank der Regie von Anatol Preissler ist diese Komödie rasant und wird keine Sekunde langweilig. Es wird gesungen, getanzt, es gibt viel Slapstick und plötzlich kann es auch ganz still und ernst werden. Eine gute Mischung, bei der nicht nur Sherlock Holmes- und König Ludwig-Fans auf ihre Kosten kommen.
Fünfmal die Woche kann man die vier Herren auf der Bühne des kleinen Theaters erleben, Infos zum Kartenvorverkauf sind auf der Webseite zu finden.
http://www.blutenburg-theater.de/sitzplan.html
weitere Termine: bis 21. Juli und von 21. August bis 29. September, Dienstags bis Samstags um 20 Uhr
Julian Manuel: Sherlock Holmes
Uwe Kosubek: Dr. Watson
Wolfgang Haas: Therese von Bayern / Breznverkäuferin / Echo / Bauer / Kapitän / Amor / Apotheker / Pfarrer Blasius / Sekretär Huber / Hofnarr / Schauspieler / Agatha Christel / Fischer / Schulz
Martin Dudeck: Mrs. Hudson / Schaffner / Schwabe / Hercules Peugeot / Diener / Wirt / Gärtner / Waschweib / Pfarrer Dominikus / Mumie / Kutscher / Lutz / Ritter / Schauspieler / Dr. v. Gudden / Folterkeller-Ehrhardt
Regie: Anatol Preissler
Kostüme: Andreas Haun
Bühne: Peter Schultze
Sound: Andreas Harwath
Licht: Tom Kovacs
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Marina am 23. November 2017 10:43
Zeugin der Anklage, Blutenburg-Theater Foto: Volker Derlath
Agatha Christie hielt bereits vergangenen Monat Einzug in Münchens Kriminalbühne und endlich hatte ich die Gelegenheit die neue Inszenierung in dem Theater zu sehen, das mich durch 7 1/2 Jahre München begleitet hat.
Der erfolgreiche, doch betagte Anwalt Sir Wilfrid Robarts kehrt nach einem Herzanfall zurück in seine heimische Kanzlei, im Schlepptau die herrische Krankenschwester Miss Plimsoll. Er soll sich schonen, also kein Tabak, kein Alkohol und vor allem keine aufregenden Fälle. Doch natürlich kann er es nicht lassen und so überstützt Roberts seinen alten Freund Mr. Mayhew bei einem verzwickten Mordfall. Der mittellose Erfinder Leonard Vole wird verdächtigt, eine reiche ältere Dame erschlagen zu haben, der er gerne Gesellschaft geleistet und die ihn deshalb zum Alleinerben eingesetzt hatte. Sein einziges Alibi ist seine deutsche Frau Christine, die jedoch sehr schnell ihre Aussage widerruft und ihren Mann damit immer tiefer in die Bredouille reitet. Robarts und Mayhew setzen also alles daran, ihrem verzweifelten Mandanten zu helfen. Natürlich bietet der Krimi einige – für Agatha Christie typische – unerwartete Wendungen und ich möchte deshalb nicht zu viel verraten. Jedenfalls ist das Stück – trotz dem ein oder anderen langen Dialog – spannend bis zum Schluss.
Zeugin der Anklage, Blutenburg-Theater Foto: Volker Derlath
Zeugin der Anklage ist wohl eine der aufregendsten Geschichten aus der Feder der Königin des Krimis und Regisseur Uwe Kosubek zeigt eine gewohnt runde Inszenierung mit humorvollen Details und spannenden, dramatischen Momenten. Diesmal stehen mit zehn Darstellern sehr viele Personen auf der kleinen Bühne, die trotzdem sehr überraschend und kreativ genutzt wird. Bühnenbildner Peter Schultze machte den Umbau zwischen den beiden Bühnenbildern dank beweglicher Wand-Prismen sehr schnell und da der Vorhang ausnahmsweise permanent offen bleibt wirkt der Wechsel auch noch wie eine Choreografie. Der Gerichtssaal ist zwar wegen der stark schrägen Wände sehr klein, aber so werden die Zuschauer auch gleich zu den Geschworenen ernannt und bei den Verhandlungen mit einbezogen.
Ein komödiantisches Highlight ist vor allem Martin Dudeck als Robarts lethargischer Assistent Carter, der sich zu Beginn der Inszenierung erst einmal in Ruhe ein Sandwich macht, die Anwalts-Perücke seines Chefs als Serviette missbraucht und dabei das klingelnde Telefon ignoriert. Auch Sonja Reichelt als Miss Plimsoll im sexy-kurzen Krankenschwestern-Outfit sorgt für einige Lacher, wenn sie ihren Chef betüddelt wie ein Kleinkind.
Konrad Adams gibt einen sehr würde- und doch humorvollen Sir Robarts, der sich gekonnt an den Anweisungen seiner Ärzte vorbei mogelt, jedoch gerade in stressigen Situationen immer wieder von seiner Herzschwäche an sein Alter erinnert wird.
Andreas Haun wirkt als Tatverdächtiger Leonard Vole extrem sympathisch und stellt die Verzweiflung seiner Figur während der Gerichtsverhandlung sehr überzeugend dar. Ihm gegenüber ist Irene Roven als seine eiskalte und undurchschaubare Gattin Christine, der man als Zuschauer unweigerlich vom ersten Moment an misstraut.
Krimi-Fans oder alle, die einen unterhaltsamen und spannenden Theaterabend zu schätzen wissen, sollten sich diesen Klassiker nicht entgehen lassen. Dank des hervorragenden Schauspieler-Ensembles ist der Abend mehr als unterhaltsam und es ist interessant zu sehen, was man aus einer kleinen Bühne nicht alles machen kann.
Noch bis zum 17. Februar kämpft Sir Robarts in Neuhausen für die Wahrheit.
Carter / Richter Wainwright: Martin Dudeck
Miss Plimsoll: Sonja Reichelt
Sir Wilfrid Robarts: Konrad Adams
Mr. Mayhew: Sebastian Sash
Leonard Vole: Andreas Haun
Inspektor Hearne: Johannes Haag
Christine Vole: Irene Rovan
Mr. Myers: Wolfgang Haas
Janet Mackenzie: Christa Pillmann /
Christiane Blumhoff
Diana: Irmela Jane Purvis
Regie / Sound: Uwe Kosubek
Kostüme & Ausstattung: Nathalie Seitz
Bühnenbildentwurf & Bühnenbau: Peter Schultze
Licht: Tom Kovacs
Weitere Termine bis 17. Februar 2018
Dienstag bis Samstag, 20 Uhr
Sonntag, 18 Uhr
Karten zwischen 20€ und 32€
an der Abendkasse von Montag bis Samstag, 17 bis 19 Uhr
unter 089/123 43 00 oder online http://www.blutenburg-theater.de/kartenbestellung02.html
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Marina am 28. Juli 2017 21:12 ©Hilde Lobinger
Das erste mal seit viel zu langer Zeit, dass mich mein Weg einmal wieder in die Pasinger Fabrik führt, das Kulturzentrum direkt neben dem Pasinger Bahnhof. Heute stand nämlich ein Stück auf dem Spielplan, das sich so mancher wohl erst einmal gar nicht auf einer – nicht allzu großen – Bühne vorstellen kann: Ben Hur. Die Premiere musste leider zweimal verschoben werden, was jedoch für mich großes Glück war, da ich tatsächlich erst heute dafür Zeit hatte. Also saß ich mit großer Neugier und Vorfreude in dem zweigeteilten Zuschauerraum (zwei Tribünen links und rechts entlang der Bühne). Aber zunächst einmal ein bisschen zu der Geschichte des Titelhelden Ben Hur: Die Vorlage stammt aus dem Jahr 1880 von dem amerikanischen Autoren Lew Wallace und erzählt vom Kampf des jüdischen Fürsten Judah Ben Hur gegen seinen ehemaligen Jugendfreund, den Römer Messala. Dieser hatte ihn nämlich nach einem Attentat auf den Statthalter Judäas als Sklave auf eine Galeere geschickt. Aus Hass plant Ben Hur nach seiner Freilassung einen Aufstand gegen die Römer, besiegt Messala in einem Wagenrennen, nur um dann weitere Rachepläne auf Eis zu legen, da er sich zum Christentum bekehrt.
©Hilde Lobinger
Am berühmtesten ist der Stoff jedoch vermutlich durch den Monumentalfilm aus dem Jahr 1959 von William Wyler. Der unvergessliche Charlton Heston mimte hier (übrigens erstmals intensiv vor einem Bluescreen) den Helden und das mit großem Erfolg. Elf Oscars gewann das Werk, dass sich schließlich in den 90ern der Brite Rob Ballard zum Vorbild für sein Stück nahm. Doch auf der Bühne sieht man kein monumentales, opulentes Werk. Ganz im Gegenteil: alle Charaktere werden von nur 4 Darstellern gespielt und Ben Hur ist eine Frau, die sich mit einem Bart aus “Geierarschfedern” als Prinz von Judäa und großer Kämpfer tarnt. Und das beschreibt ziemlich genau den Weg, den diese 1996 in der Performance Theatre Company uraufgeführte Komödie nimmt. Die Geschichte wurde im Groben beibehalten, jedoch ins Absurde gezogen und ist an Schrägheit kaum zu übertreffen. Und hier muss ich auch eine Warnung aussprechen: wer keinen respektlosen, teils derben Humor, bösartige Witze und völlig überzeichnete Charaktere zu schätzen weiß, wird an diesem Stück und dieser Inszenierung vermutlich keine Freude haben. Ich als bekennender Monty Python-Fan habe jedoch Tränen gelacht! Die Komödie ist extrem gut geschrieben und verknüpft die Geschichte Ben Hurs mit der eines Propheten aus Nazareth, der leider im Laufe des Stücks an einem Kreuz seiner Schreinerei “Josef H. Christus & Sohn” endet. Schon in der ersten Szene werden Hirten in ihrer idyllischen Nachtruhe von einem durchgeistigten Engel namens Gabriel gestört und Messala lässt sich vor seinem Schloss knapp unter der Wasseroberfläche einen Steg von oben erwähnter Schreinerei bauen, der auch eine wichtige Rolle spielen soll. Auch dass der Titelheld eine Frau ist, stört nach wenigen Minuten nicht. Der Hass Messalas kommt von seiner unerwiderten Leidenschaft für seine Jugendfreundin und deshalb entführt er ihre Mutter und ihren Bruder und bringt sie durch einen Trick auf eine Galeere, die zwischen Judäa und Garmisch verkehrt. Ich will natürlich nicht alle großartigen Wendungen in der Geschichte verraten, nur soviel noch: das Wagenrennen ist ein absolutes Highlight!
©Hilde Lobinger
Die einzige Dame in der Inszenierung ist Katharina Friedel als selbstbewusste, starke Ben, die erst gegenüber Julius Cäsar ihre Weiblichkeit und Romantik entdeckt, zeigt er ihr doch den Sternenhimmel von Rom. Die ist auch die einzige mit (fast) nur einer Rolle, die drei Herren Wolfgang Haas, Armin Hägele und Philipp Weiche schlüpfen hingegen in alle anderen. Von Bens ordinärer Mutter über schräge Showmaster bis hin zum sexy Nummerngirl. Alle vier legen jedenfalls eine gigantische Spielfreude und einen großartigen Sinn für’s Absurde an den Tag. Dabei ist es nicht immer nur albern: Wolfgang Haas zeigt einen aggressiven und von Rachegelüsten schier zerfressenen Messala und verleiht dem Charakter trotz Besen auf dem Kopf und silbernem Röckchen etwas Bedrohliches. Armin Hägele mimte unter anderem einen sehr romantischen und liebenswerten Julius Cäsar und als besonderes Highlight einen sächselnden Auftragskiller der perfekt aus 100 Metern Entfernung einen Apfel trifft, jedoch eben auch nur Äpfel und nicht sein eigentliches Ziel Messala. Und das trotz Fußverletzung des Darstellers, die er wirklich sehr gut und lustig in das Spiel mit einbezog. Regisseur Philipp Weiche hatte dagegen eher die schrägeren Rollen wie den Galeerenchef Arrius, der sich herrlich naiv wundert warum dem Sklaven Ben nach dem Schiffbruch der Bart abgefallen und Brüste gewachsen sind. Und besonders grandios als in anderen Sphären schwebender Engel Gabriel oder als mystischer Begleiter von Jesus, der am Ende eine bedeutende Rolle einnehmen sollte. Besonders möchte ich noch die Kostüme von Johannes Schrödl loben, die ich wirklich zum Brüllen fand!
©Hilde Lobinger
So ist Messalas Helm aus einem Feuerwehrhelm und einem Handkehrer zusammen gebastelt, Cäsars Umhang ist eine Weihnachtstischdecke und Bens merkwürdiger Bruder trägt einen Barockmantel und die passende Perücke.
Also Freunde des britischen und schrägen Humors, lasst euch dieses herrlich schräge Theaterereignis auf keinen Fall entgehen! Noch bis 16. September kann man “Ben Hur” in Pasing sehen.
Mit
Katharina Friedl | Wolfgang Haas
Armin Hägele | Philipp Weiche
Regie Philipp Weiche
Raum Peter Schultze
Kostüm Johannes Schrödl
Klangdesign Kai Taschner
Lichtdesign Jo Hübner
Deutsch von Frank Sahlberger
http://m.kulturkurier.de/va_478000.html
Fotos: Hilda Lobinger
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