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Mein Spielzeitstart am Gärtnerplatztheater

Nach zaghaften Versuchen Theater in Coronazeiten möglich zu machen, startete jetzt die neue Spielzeit mit bekannten Inszenierungen in angepassten Fassungen. Wie wirkte es auf mich? Eine kurze Rückblick auf die ersten zweieinhalb Wochen.

1. Akt – Die Zauberflöte

Spielzeitpause vorbei, wieder inszenierte Vorstellungen. Trotzdem eine traurige Sache. Anstatt 3 Stunden Ablenkung von der Pandemie gab es den Tanz um sie herum. Der Zauberflöte wurde der Zauber genommen. Das Bühnenbild verschwand, Flöte und Glockenspiel kamen vom Himmel, Papageno hat sich das Knebelschloss selbst verpassen und entfernen müssen. So ging es immer weiter. Jeder entfernte sich von jedem. Notwendig, aber nicht gut fürs Abschalten vom Alltag, was ich gern im Theater mache. Es bleibt aber ein wunderbarer Genuss für die Ohren und wenn man jeden auf der Bühne allein betrachtet, dann kann man mit viel Mühe an jeder Sängerin und jedem Sänger noch viel Vergnügen haben. Jetzt heißt es warten auf den Bus. Wer entfernt sich da von wem?

2. Akt – Priscilla, Königin der Wüste

Auf zum Wüstentripp… Hipp, hipp… Mit dem Bus durch Australien. Auch der Königin der Wüste, Priscilla, hat Corona ein paar Zacken aus der Krone gebrochen. Trotzdem ist der Spaß nicht verloren gegangen. Bühnenbild, Auftritte und Text wurde angepasst. Es sind auch teilweise weniger Darsteller*innen gleichzeitig auf der Bühne. Aber es wirkt sehr normal. Emotionen werden genauso geweckt. Man sieht eine richtige Inszenierung. Das tut sehr gut. Danke dafür.

3. Akt – Im weißen Rössl

Doch man sieht allmählich ein,

Man muss hübsch bescheiden sein.

Schweige und begnüge dich,

Lächle und füge dich.

Das singt der Kaiser ins Bücherl der Rössl-Wirtin. Wenigstens ein Politiker sagt etwas zur Kultur, denn die Minister sind da oft schon schwer zu verstehen. Aber wie war es jetzt, das erste Corona-Im weißen Rössl am Gärtnerplatztheater?

Ich würde sagen:

Doch kann man wieder fröhlich sein,

Man kommt hübsch bescheiden rein,

Schwelge und vergnüge dich,

Lächle und singe nicht…

Ja, es gibt eine reduzierte Fassung auf der Bühne zu sehen. Alles auf Abstand. Körperlich. Aber die Gefühle sind ganz nah. Ob es die Liebe ist oder der Schmerz der vielen Ohrfeigen. Es kommt alles über den Orchestergraben rüber. Das Risikogebiet St. Wolfgang meistert es. Alle sind großartig aufgelegt. Die ganze Welt wird himmelblau, wenn ich auf diese Bühne schau. Und da merkt man wirklich wie toll diese Operette ist, man kann sie in jeder Größe spielen. Ob in der Bar jeder Vernunft-Fassung total reduziert, in dieser mittleren Besetzung oder hoffentlich bald wieder in der größeren Revuefassung – in Originalgröße wie 1930 werden wir sie wohl nicht mehr in einem Theater erleben. Aber zurück ins Gärtnerplatztheater. Hier erlebt man, dass durch die Fülle der Ideen, die diese Inszenierung trägt, die Reduzierung immer noch vollständig ist. Man schaut, und sieht wahrscheinlich immer noch nicht alles. In 15 oder mehr Vorstellungen dieser Inszenierung habe ich jedesmal Neues entdeckt. Und wer sie jetzt das erste Mal sieht, auch der kann das nicht alles erfassen. So musste ich mich jetzt auch auf einige Details beschränken. Das Schöne dabei, man konnte sogar etwas entdecken, was in der letzten Aufführungsserie verschwunden war. Man konnte über die nun mobilitätseingeschränkte Kuh lachen. Ich suchte den Bären vergebens. Dafür sah ich erstmals, was so auf Bergwanderungen noch alles passieren kann. Weniger Menschen mit Schirmen eröffnen also neue Sichtweisen. Dann kommt noch hinzu, dass einige neue Besetzungen dabei waren. Wenn man diese mit anderen Rollen verbindet, fällt es mir schwer sich zu lösen. Andererseits macht es richtig Spaß, wie die „Neuen“ auch ihre Szenen ganz neu wirken lassen. Auf jeden Fall bleibt auch so Im Weißen Rössl einfach großartig. Und vielleicht können wir bald auch wieder einmal im Publikum davon singen, wie lustig es im Salzkammergut ist.

Die Zauberflöte

Musik von Wolfgang Amadeus Mozart
Text nach Emanuel Schikaneder

Adaptierte Fassung mit kammermusikalischer Besetzung von Andreas Tarkmann

Besetzung

Musikalische Leitung Oleg Ptashnikov / Andreas Partilla
Choreinstudierung Felix Meybier
Sarastro Sava Vemić
Sprecher / Erster Priester Holger Ohlmann
Zweiter Priester / Erster Geharnischter Alexandros Tsilogiannis
Zweiter Geharnischter Martin Hausberg
Königin der Nacht Aleksandra Jovanovic / Emma Posman / Ilia Staple
Dritter Knabe Matthias Thomas / Anna Fiona Metzger
Papageno Ludwig Mittelhammer / Daniel Gutmann

Chor, Extrachor und Ballett des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz

Bis Ende November keine weiteren Vorstellungen angekündigt.

Priscilla – Königin der Wüste

Buch von Stephan Elliott und Allan Scott
Nach dem Kinofilm von Latent Image / Specific Films
In Zusammenarbeit mit Nullarbor Productions und MGM On Stage und outside eye Wien
Mit den Discohits der 70er und 80er
Musikalische Arrangements und Orchestration von Stephen ›Spud‹ Murphy
Für die Bühne entwickelt von Simon Phillips | Deutsch von Michael Alexander Rinz

In Kooperation mit dem Theater St. Gallen

Adaptierte Fassung

Weitere Vorstellungen:
04.10.2020 18.00 Uhr
09.10.2020 19.00 Uhr

Tickets

Im Weißen Rössl

Frei nach dem Lustspiel von Blumenthal und Kadelburg, von Hans Müller und Erik Charell
Musik von Ralph Benatzky
Texte der Gesänge von Robert Gilbert
Vier musikalische Einlagen von Bruno Granichstaedten, Robert Gilbert und Robert Stolz
Bühnenpraktische Rekonstruktion der Originalfassung von Matthias Grimminger und Henning Hagedorn unter Mitarbeit von Winfried Fechner

Adaptierte Fassung

Besetzung

Musikalische Leitung Andreas Partilla
Choreografie Karl Alfred Schreiner
Bühne / Kostüme Rainer Sinell
Choreinstudierung Felix Meybier
Josepha Vogelhuber, »Rössl«-Wirtin Sigrid Hauser
Leopold Brandmeyer, Zahlkellner Daniel Prohaska
Wilhelm Giesecke, Fabrikant Erwin Windegger
Ottilie, seine Tochter Andreja Zidaric
Dr. Otto Siedler, Rechtsanwalt Maximilian Mayer
Sigismund Sülzheimer Boris Pfeifer
Prof. Dr. Hinzelmann Eduard Wildner
Klärchen, seine Tochter Florine Schnitzel
Der Kaiser Wolfgang Hübsch
Ketterl, sein Kammerdiener Wolfgang Schubert
Frl. Weghalter, Ehrenjungfrau u.a. Angelika Sedlmeier
Piccolo Josef Ellers
Franz, Kellner Christian Weindl / Maximilian Berling
Kathi, Briefträgerin Ulrike Dostal
Reiseleiterin Dagmar Hellberg
Kreszenz, Stallbursche u.a. Christian Schleinzer
Lois, Stallbursche u.a. Stefan Bischoff
Hias, Stallbursche u.a. Peter Neustifter
Bartholomä, Stallbursche u.a. Frank Berg

ChorKinderchor und Ballett des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz

Weitere Vorstellungen:

11.10.2020 18.00 Uhr
24.10.2020 19.00 Uhr
25.10.2020 18.00 Uhr
31.10.2020 19.00 Uhr

Tickets

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Tosca, 06.02.2013, Pasinger Fabrik – Zweite Rezension

[singlepic id=1455 w=320 h=240 float=left]Ich arbeite beruflich mit einem Programm, das so wie diese Oper heißt. Das ist keine Abkürzung wie “Elster”, weil der Erfinder des Testtools diese Oper so liebt. So ähnlich geht es mir auch, nur hab ich leider keine Erfindung gemacht, die ich nach der Oper benennen könnte.

Die Tosca-Version in Münchens kleinstem Opernhaus, der Pasinger Fabrik gefällt mir ausgesprochen gut. Die Idee von Regisseur Nilufar K. Münzing, den Angelotti von einer Frau singen zu lassen, hat mir ausgesprochen gut gefallen. Besonders, wenn die Rolle dann so bezaubernd gespielt und ausgesprochen gut gesungen wird wie von Stephanie Firnkes an diesem Abend. Allerdings stellt das auch die Motivation von Cavaradossi in Frage, denn zwischen den beiden knisterte es ganz gewaltig. So hatte Tosca doch Grund zur Eifersucht, weil ihr Mario halt doch in erster Linie Frauenheld und erst in zweiter ein Freiheitskämpfer ist. Das tat mir ein wenig leid um ihn. Das Bühnenbild von Uta Gruber-Ballehr nutzt den Raum optimal aus, ihre Kostüme versetzten die Handlung in eine Zeit nahe der Gegenwart, was aber ganz gut passte. Nicht gefallen hat mir allerdings ihr Kostüm ab dem zweiten Akt für die Tosca. Diese mörderischen High Heels schränkten Irina Solomatina Tissot zu sehr ein, sie konnte damit nur wenig Bühnenpräsenz entwickeln, was schade war, denn sie sang gut.

[singlepic id=1456 w=320 h=240 float=right]Das autoaggressive Verhalten von Scarpia sollte wohl zeigen, dass auch er letztlich nur ein Mensch ist, allerdings meine ich, dass Menschen, die sich so verhalten, eher nicht aggressiv bis sadistisch anderen gegenüber sind, insofern hat das für mich nicht wirklich Sinn gemacht. Tibor Brouwer gestaltete die Rolle mit kraftvollem Bariton trotzdem dämonisch und versprühte die prickelnde Erotik der Macht. Andreas Stauber liess als Cavaradossi nicht nur Toscas und Angelottis Herz höher schlagen, man könnte meinen, er würden jeden Tag “Vittoria” rufen. Adrian Sandu als ASpoletta und Philipp Gaiser unter anderem als Mesner ergänzten das tolle Ensemble sehr gut.

Das Arrangement von Maximilian Fraas und Andreas Pascal Heinzmann hat mir ausgezeichnet gefallen, die Grundstimmung der Oper war auch in der kammermusikalischen Besetzung spürbar und Tonio Shiga leitete Musiker und Sänger souverän. Ein sehr schöner Abend!

Tosca. Oper von Giacomo Puccini in einem Arrangement von Maximilian Fraas und Andreas Pascal Heinzmann. Regie und Textfassung: Nilufar K. Münzing. Bühnenbild und Kostüme: Uta Gruber-Ballehr. Licht: Jo Hübner. Dirigent: Tonio Shiga. Floria Tosca: Irina Solomatina Tissot. Cavaradossi: Andreas Stauber. Scarpia: Tibor Brouwer. Caecilia Angelotti: Stephanie Firnkes. Spoletta: Adrian Sandu. Mesner, Scarrione, Schliesser: Philipp Gaiser.

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Premiere La Cenerentola, 23.08.2012, Kammeroper München im Hubertussaal

[singlepic id=1373 w=320 h=240 float=left]Über die wirklich sehr gelungene Premiere der Kammeroper München habe ich wieder drüben bei mucbook geschrieben.

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Premiere Ein Maskenball, 20.04.2012, Südthüringisches Staatstheater Meiningen

Riccardo liebt Amelia, die Frau seines besten Freundes und Ratgebers. Die liebt ihn zwar auch, fühlt sich aber an ihr Eheversprechen gebunden. Um sich diese verbotene Liebe auszutreiben, sucht sie den Rat der Wahrsagerin Ulrica. Diese empfiehlt ihr ein bestimmtes Kraut, das um Mitternacht am Galgenberg gesammelt werden müsste. Die verängstigte Amelia macht sich auf und wird beim Pflücken des Krautes von Riccardo bedrängt. In diese Situation platzt Renato, der erst mal seine Frau für schuldig hält und sie umbringen will. Er überlegt es sich aber dann doch anders und verbündet sich mit Verschwörern, die Riccardo schon lange nach dem Leben trachten. Auf einem Maskenball sticht er Riccardo nieder, der inzwischen aber erkannt hat, dass es falsch ist, sich in die Ehe der beiden hineinzudrängen. Riccardo stirbt, nachdem er Renato davon überzeugt hat, dass sich Amelia nichts zu Schulden hat kommen lassen. Renato seinerseits wird von seinen Mitverschwörern als unliebsamer Zeuge ebenfalls getötet.

Verdi wollte ursprünglich das Attentat auf den schwedischen König Gustav III 1792 auf einem Maskenball in dieser Oper behandeln, dies wurde ihm jedoch weder in Neapel noch in Rom gestattet. Während die Zensur in Neapel die Oper komplett umschreiben wollte, begnügte man sich in Rom mit einer Umbenennung der Protagonisten und der Verlegung der Handlung von Stockholm nach Boston. In neuerer Zeit wird die Oper gerne wieder in ihrer ursprünglichen Fassung gespielt.

Regisseur Ansgar Haag entschied sich für die Bostoner Fassung. Mir erschien es etwas surreal, dass eine Oper von Verdi in Amerika spielt, aber es fühlte sich richtig an. Laut seiner Inhaltsangabe spielt das Stück 1862. Das prächtige Bühnenbild und die historischen Kostüme von Klaus Hellenstein verdeutlichen diese Zeitangabe, bei der Ausstattung sind jedoch ein paar kleine Fehler unterlaufen. So wies die Flagge Amerikas zu diesem Zeitpunkt erst 33 Sterne auf und damit deutlich weniger als die auf den verteilten Jubelfähnchen. Die Freiheitsstatue, die hier als Losurne benutzt wird, wurde erst 1886 eingeweiht. Solche Details mögen bedeutungslos erscheinen, lenken mich aber ab, weil ich dann während des Stückes darüber nachdenke. Ansonsten hat mir die Regie aber sehr gut gefallen, für mich war alles schlüssig. Besonders interessant fand ich den Einfall, den Pagen Oscar, normalerweise eine Hosenrolle für eine Sopranistin, als Frau zu konzipieren, die hoffnungslos in Riccardo verliebt ist.

Musikalisch war dieser Abend ein Hochgenuss. Xu Chang sang den Riccardo fabelhaft und überzeugte mich besonders in der Sterbeszene. Dae-Hee Shin als Renato klang fast überirdisch schön, ich kannte die Musik vorher zwar nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man die Arien inniger und berührender singen kann. Bettine Kampp ging ganz in der Rolle der Amalia auf und Sonja Freitag überzeugte als Oscar auf der ganzen Linie. Francis Bouyer (Silvano) und Stephanos Tsirakoglou (Samuel) fielen mir in ihren Partien positiv auf. Einen Glanzpunkt setzte, wie schon so oft, Rita Kapfhammer in der Rolle der Wahrsagerin Ulrica. Bei ihr kommen eine starke Bühnenpräsenz und eine Stimme mit großer Ausdruckskraft und schier unglaublichem Umfang zusammen. Gesungen wurde übrigens, trotz des deutschen Titels, in Italienisch. Der Chor sang und spielte ebenfalls hervorragend. Das Orchester unter Alexander Steinitz brachte Verdi zum Glänzen. Am Ende euphorischer Jubel für alle Beteiligten.

Ein Abend, der mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

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Der Kaiser von Atlantis, 31.03.2012, St. Thomas Augsburg

Oper und Kirche, geht das zusammen? Im Falle der Aufführung von Der Kaiser von Atlantis von Viktor Ullmann kann ich das mit ganzem Herzen bejahen. Oper und Location wirkten perfekt miteinander, ohne dass das eine das andere dominierte. Das Werk entstand 1943 in Theresienstadt, kam dort allerdings nur bis zur Generalprobe und wurde erst 1975 in Amsterdam uraufgeführt. Seitdem wird es überall auf der Welt gespielt, meist an kleineren Häusern, da es sich eher um eine Kammeroper handelt. Trotz seiner tragischen Entstehungsgeschichte, Ullmann, sein Librettist Petr Kien und ein großer Teil des Ensembles wurden nach Auschwitz deportiert und dort ermordet, ist das Werk nicht auf den Holocaust fixiert, sondern allgemeingültig, denn Diktatoren gibt es auch heute noch. So spielt diese Inszenierung der Greek National Opera von 2008 wohl eher im Müll einer modernen Konsumgesellschaft:

Der Kaiser Overall lässt durch seinen Trommler verkünden, dass alle Menschen in seinem Reich bewaffnet werden und in den Krieg ziehen müssen, um den Gegner bis aufs Blut zu bekämpfen. Das missfällt dem Tod, der sich zur Maschine degradiert sieht. Er tritt in einen Streik und fortan sterben keine Menschen mehr. Verwundete und Kranke ringen mit dem Leben (eine sehr schöne Formulierung aus dem Libretto), aber die erhoffte Erlösung tritt nicht ein. Kaiser Overall nützt die Situation vermeintlich aus und verspricht seinen Untertanen ewiges Leben, aber das Land versinkt im Chaos. Er bittet den Tod, sein Handwerk wieder aufzunehmen, der fordert allerdings, dass der Kaiser sein erstes Opfer sein soll. In einem zweiten Strang treffen ein Mädchen und ein Soldat, die auf unterschiedlichen Seiten kämpfen, aufeinander. Weil sie sich nicht töten können, verlieben sie sich ineinander und selbst der Trommler kann sie nicht trennen. Auch das ist eine sehr schöne Parabel für sich.

Der Abend begann mit Selig sind, die da Leid tragen aus dem Deutschen Requiem von Johannes Brahms. Der Chor der Kirchengemeinde St. Thomas, die Chaplains, wies damit den Weg zu einer sehr berührenden Aufführung. Währenddessen irrte ein Scheinwerfer durch den Raum und erinnerte an den Wachturm eines Konzentrationslagers. Judensterne an der Kleidung wiesen die Beteiligten als Insassen aus, so dass trotz einer spärlich bestückten Bühne der Kontext klar wurde. Spätestens bei der schnarrenden Stimme aus dem Lautsprecher (Hanspeter Plocher), der die Protagonisten vorstellte und die Handlung kommentierte, war sich jeder Zuschauer bewusst, zu welcher Zeit das Stück spielt. Der Kirchenraum wurde in seiner Gänze genutzt, vor dem Altar diente ein Podest als Bühne, die mit einem Vorhang abgetrennt war. Die szenische Umsetzung unterstützte die berührende Musik sehr, so dass der Abend ein, leider einmaliges, Erlebnis war.

Musikalisch war es ganz wunderbar. Tobias Peschanel am Klavier und Walter Freyn an der Orgel ließen durch ihre einfühlsame Begleitung andere Instrumente nicht vermissen. Eva Maria Amman als Mädchen, Cornel Frey als Soldat, Daniel Fiolka als Kaiser, Stefan Sevenich als Tod gefielen mir alle ausgezeichnet in der musikalischen und szenischen Umsetzung. Edda Sevenich als Trommler beeindruckte mich mit ihrem dramatischen Mezzosopran, ihre Stimme gefiel mir vom ersten Moment an.

Ein wirklich in jeder Hinsicht fantastischer Abend, vielen Dank an alle Beteiligten auf und hinter der Bühne, die ihn möglich gemacht haben.

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Faschingskonzert, 21.02.2012, Gärtnerplatztheater

Andreas Kowalewitz und das Orchester eröffneten den Abend mit dem Hauptthema des Te Deums in D-Dur von Marc-Antoine Charpentier, weithin bekannt als sogenannte Eurovisionsmelodie. Danach gab es ein Uraufführung eines Werkes von Charles Kalman, der anwesend war. La Parisienne hieß der Walzer und lies tatsächlich so etwas wie Pariser Frühlingsluft durch das schönste Theater Münchens wehen.
Danach folgte das fast schon obligate Musikquiz, diesmal allerdings in neuer Form: Nationalhymnen sollten erkannt werden, ganz ehrlich, ich hätte keine einzige gewusst. Erschreckt haben mich allerdings die Leute, die um mich rum sassen. Da wurde debattiert und sich unterhalten, als würde man sich im Café befinden und im Hintergrund klimpert einer auf dem Klavier. Ich finde so ein Verhalten respektlos gegenüber denjenigen, die vielleicht viel Arbeit in so einen Abend gesteckt haben und auch in diesem Moment arbeiten.
Ähnlich wie mir ging es wohl den Kandidaten. Bei der Auflösung kamen teilweise die Botschaftsvertreter des jeweiligen Landes auf die Bühne und Marianne Larsen sang die Hymne ihres Heimatlandes Dänemark. Sozusagen außer Konkurrenz sang Cornel Frey dann noch den Schweizer Psalm, ziemlich anspruchsvoll für eine Nationalhymne. Nachdem es einen Gleichstand bei den Punkten der Kandidaten gab – oder auch nicht, ich bin da nicht so ganz durchgestiegen – sollte passend zum Thema Fußball EM ein Torwandschießen das Quiz entscheiden. Hier bekam Andreas Kowalewitz neben seinen beiden bezaubernden Assistentinnen prominente Unterstützung: Sepp Maier, die Katze von Anzing, stand ihm zur Seite und versorgte die Kandidaten mit Profitipps. Nicht nur ein toller Fußballer, sondern auch ein begnadeter Entertainer. Ich habe bisher nicht gewusst, dass Torwandschießen so unterhaltsam sein kann. Nachdem er dann auch mal dirigieren durfte, natürlich den Bayerischen Defiliermarsch, ging es nach einer unterhaltsamen ersten Hälfte in die Pause.
Den zweiten Teil eröffneten die beiden reizenden Assistentinnen, die sich als Geigerinnen entpuppten. Danach spielte eine Putzfrau mit fesche Wadln auf einer roten Posaune und Rita Kapfhammer sang eine herrliche Parodie der Schönheitskönigin von Schneizlreuth. Es folgten weitere Musikstücke wie das Katzenduett von Rossini, Casta Diva aus Norma von Cornel Frey, die Arie von Frau Fluth aus den Lustigen Weibern von Windsor von Stefanie Kunschke und das Couplet der Herzogin von Gerolstein von Rita Kapfhammer. Geleitet wurde das Orchester in diesem Teil von Lukas Beikircher, die Solisten begleitete teilweise Martin Steinlein am Flügel. Das war ein herrlicher Spaß, am Ende gab es viel Applaus und eine Zugabe, den Galop Infernal aus “Orpheus in der Unterwelt”, das man ja diese Spielzeit leider nur noch außerhalb Bayerns zu Gesicht bekommt.
Leider war dies auf absehbare Zeit das letzte Faschingskonzert im schönsten Theater Münchens. Aus is und gor is, und schad is, daß wor is!

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Auftakt Joseph Süß, 19.02.2012, Gärtnerplatztheater

Die nächste und zugleich letzte (I stand corrected: vorletzte) Premiere im Gärtnerplatztheater vor dem großen Umbau ist eine Oper von Detlev Glanert mit einem Libretto von Werner Fritsch und Uta Ackermann. Sie handelt von Joseph Süß Oppenheimer, Geheimer Finanzrat am Hofe des württembergischen Herzogs Karl Alexander, wurde 1999 in Bremen uraufgeführt. Die Premiere wird die 6. Inszenierung dieses Stückes sein, was für eine moderne Oper schon ganz beachtlich ist.

Hört man den Namen des Protagonisten, so muss man fast unweigerlich an den unsäglichen Propagandafilm von Veit Harlan denken. Doch nicht erst im 3. Reich ist der markanten Figur Unrecht getan worden. Er fiel einem Justizmord zum Opfer, ausgelöst durch Intrigen und seine Prunksucht und dem Wunsch, geadelt zu werden. Glanert und seine Librettisten versuchen nicht, ihn zu idealisieren, sondern ihn als Menschen mit Licht- und Schattenseiten zu zeigen. Die Oper beginnt mit der Kerkerszene, zu der sie auch immer wieder zurückkehrt. Dazwischen gibt es Rückblicke ins Leben Joseph Süß’. Dies greift auch das Bühnenbild des bekannten Bühnenbildners Peter Sykora auf. Er unterteilt die Bühne mit Stelen, die die verschiedenen Räume begrenzen und gleichzeitig aber Durchblicke erlauben. So soll man, auch wenn die Handlung zum Beispiel in der Wunderkammer von Süß spielt, immer an den Kerker erinnert werden. Das Bühnenbild ist wohl eher zeitlos, während die ebenfalls von Sykora stammenden Kostüme eindeutig der Zeit des Geschehens zuzuordnen sind. Der Regisseur Guy Montavon, gebürtiger Schweizer und derzeit Intendant in Erfurt, kann sicher als die beste Wahl angesehen werden. Einerseits kann er als Nichtdeutscher unbefangener an den Stoff gehen, andererseits wird in seinem Opernhaus seit 10 Jahren jedes Jahr ein Werk uraufgeführt, er ist also mit neuer Musik bestens vertraut. Trotzdem habe er gezögert, berichtete er, nicht wegen Glanert, den er als einen der größten lebenden Komponisten bezeichnet hat, sondern wegen der schwierigen Thematik. Er zeigte sich begeistert von Komposition und Libretto, insbesondere die Chorteile hob er hervor. Aber auch Joseph Süß, der inmitten all der Hektik lyrisch und nobel seinem Ende entgegen gehe. Gary Martin, der die Partie übernommen hat, sang begleitet von Anke Schwabe am Flügel, zwei wirklich sehr schöne Beispiele. Ein weiterer musikalischer Beitrag kam von Karolina Andersson, die die Graziella singt. Montavon bezeichnete sie als comic relief, als Hofopernsängerin zeige sie die Relation zum Theater. Bezüge zum 3. Reich habe er weitgehend vermieden, die Ausgrenzung wegen Religionszugehörigkeit sei nicht zeitgebunden. Deutlich werde dieser Bezug allerdings beim Blick in den Orchestergraben, dort fehlen ganze Instrumentengruppen wie Hörner oder Streicher. Dies war nach 1933 ein häufiges Bild, da die Musiker jüdischer Abstammung Berufsverbot hatten und deshalb im Graben fehlten.

Der Komponist Detlev Glanert wird die Endproben begleiten und auch zur Premiere anwesend sein. Nach anfänglicher Skepsis hat mich dieser Vormittag überzeugt, dass es ein spannender Theaterabend wird. Die Vorstellung dauert rund 90 Minuten, außer bei der Premiere gibt es eine halbe Stunde vor Beginn eine Einführung, die man wohl nicht versäumen sollte.

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Don Giovanni, 12.02.2012, Pasinger Fabrik

Über diesen tollen Abend habe ich mal wieder drüben bei mucbook geschrieben.

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L’Italiana in Algeri, 05.02.2012, Gärtnerplatztheater

[singlepic id=1129 w=320 h=240 float=left]Ein Mann, der viele Frauen haben kann, aber die eine, die er will, die bekommt er nicht. Eine Story, wie aus dem Leben gegriffen. Sie ist zwar in diesem Fall schon etwas älter, nämlich knapp zweihundert Jahre, aber durchaus noch aktuell. Deshalb macht es auch Sinn, dass Regisseur Thomas Enzinger das Stück quasi in die Gegenwart verlegt, es spielt auf einem Kreuzfahrtschiff des Bey Mustafa. Verschiebbare Wände (Bühne und Kostüme Toto) schaffen intime Räume wie das Boudoir der Isabella genauso wie das Sonnendeck des Schiffes.

Die Inszenierung besticht vor allem durch witzige Einfälle und die totale Übereinstimmung mit der Musik. Dadurch gelingt es, die Geschichte auch ohne Worte zu erzählen. Das hilft ungemein, denn entgegen der Tradition des Gärtnerplatztheaters wird diese Oper von Gioachino Rossini in der Originalsprache mit deutschen Übertiteln, die leider teilweise sehr schlecht lesbar sind, aufgeführt. So, wie Thomas Enzinger das Stück auf die Bühne gebracht hat, könnte es auch in  Mandarin gesungen werden und man würde die Handlung trotzdem verstehen.

Bereits zu Beginn stellt sich der Zuschauer die Frage, warum der Bey eine so bezaubernde Elvira wie Ella Tyran links liegen lässt, mit zuweilen aufblitzendem strahlendem Lächeln und glockenhellem Sopran zieht sie jeden Zuschauer auf ihre Seite. Nach dem Willen von Mr Großkotz soll sie mit dem Sklaven Lindoro (hervorragend Cornel Frey) verheiratet und in dessen Heimat Italien abgeschoben werden. Der möchte da zwar gerne hin, allerdings nicht mit einer Frau im Schlepptau, wünscht er sich doch nichts sehnlicher als wieder mit seiner geliebten Isabella zusammen zu sein. Die ist allerdings eine Frau mit Tatkraft und Energie und macht sich selbst auf die Suche nach ihm und landet Mary-Poppins-Like just auf dem Schiff des Bey. Hier zieht sie alle Register und tanzt nicht nur dem verliebten Bey auf der Nase herum, sondern auch Taddeo, der sie verehrt, sie in die Ferne begleitet und sich durch Lindoros Abwesenheit Chancen bei ihr ausgerechnet hat. Der Schluss ist etwas überraschend, passt aber ausgezeichnet zur Deutung von Enzinger.

[singlepic id=1128 w=240 h=320 float=right]Besonders gut hat mir an diesem Abend Juan Fernando Gutiérrez gefallen. Seine Stimme ist im Vergleich zur letzten Spielzeit noch voller und runder geworden und sein Spielwitz passt genau zur Rolle. Wenn er eine klitzekleine Pause zwischen “Grazie” und “obbligato” macht, weiß man, was man von dem Dank zu halten hat. Gleichermaßen beliebt beim Publikum sind Stefan Sevenich als Bey und Rita Kapfhammer als Isabella. Bei der kultigen Saunaszene zeigt Herr Sevenich sein ganzes tänzerisches und akrobatisches Können. Bei allem Applaus dafür darf man aber nicht vergessen, dass er quasi nebenbei noch eine umfangreiche und schwierige Partie meistert.  Die Rolle des Mustafa ist mit ihm wirklich optimal besetzt. Das gleiche gilt für die Isabella von Rita Kapfhammer. Neben enormen Stimmumfang zeigt sie auch unglaubliche Bühnenpräsenz. Wer von den Herren im Zuschauerraum möchte da nicht mit dem Bey tauschen, wenn er sich mit ihr mit ihr zum “Kaffeetrinken” trifft, nachdem sie sich zuvor in lasziv-erotischer Weise für das Treffen fein gemacht hat.

Die Rollen des Haly und von Elviras Vertrauten Zulma sind mit Derrick Ballard und Carolin Neukamm luxuriös besetzt. Dem Herrenchor merkt man an, dass sie Spass an dieser Produktion haben, sie singen, tanzen und wirbeln über die Bühne, dass eine Lust ist. Das Orchester unter Lukas Beikircher lief zu gewohnter Höchstform auf und rundete diesen ausgezeichneten Opernabend ab.

Leider kommt diese hervorragende Produktion nur noch viermal, dann verschwindet sie wohl für immer. Also schnell los und Karten sichern!

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Interview with Brenda Rae

[singlepic id=1125 w=240 h=320 float=left] ZUR DEUTSCHEN ÜBERSETZUNG

Thank you for taking the time to speak with us today, Ms. Rae. Could you begin by telling us something about your professional background?

It started with Frankfurt, actually. I started my professional career right after school with Frankfurt. I’ve only been singing professionally for three and a half years. Only last season, when I went to Bordeaux, that was my first guest engagement. So, really, it was a kind of safe place in Frankfurt, I mean, it’s a great house, but safe because I was so – I was planted there. I could learn a lot of roles. In my first year I did eight or nine roles, completely new. I just jumped right in. My first role was Pamina in Die Zauberflöte. I had eight days of rehearsal, with German dialogue, you know, so I just had to be really prepared before I got there. That’s my background so far. I am travelling more now. Obviously I am here in Munich now, and in February I will go to Italy to sing in Verona. But other than France and England, Germany has been my home base as a professional. I haven’t even sung – well, I have sung in America, but that was while I was still a student, so it doesn’t really feel like it was part of my professional life. I will go back to America first in 2013. That will be my first professional engagement there – after I have been singing for almost five years I finally get to go home and sing in America (laughs).

What inspired you to become an opera singer?

I didn’t really decide I wanted to be an opera singer until I was about – twenty? Yeah, I was twenty. I have been taking voice lessons since I was fifteen. I always loved singing, ever since I was five or six, around there. Anyway, I loved music, but I really didn’t think I wanted to go strictly into classical music. I loved writing music, I loved singing jazz, so I thought it would be a little more into the popular area. But then my second year of university I sang in the “Opera Scenes” program, and I sang the sleepwalking scene from La Sonnambula. And I fell in love with it so much. I was obsessed with it. I listened to about fifteen different recordings, anything I could find. So then I remember talking with my mother, and she said: “You know, I know you love all kinds of music, but what you can do with your voice, that’s special. And I think you need to realize that, that, you know, Opera is not something that every singer can do.” And I said: “Yeah, that’s true, okay.” And I found that I loved the Belcanto music so much that it became a real passion for me. And I kind of said: “Alright. I’ll focus.”

You sang the title-role in Lucia di Lammermoor in Frankfurt.

I will be doing more Belcanto things in Frankfurt, I’ll just say that (laughs). Yes. Look at the schedule for the next season when it comes out. But there is not a huge history, I find, in Germany of this Belcanto music. It’s hard for – I don’t know. There is not a huge tradition, so finding a director who has a good idea to make something interesting of these pieces – it’s difficult. I think a lot of houses are a little scared to do the more unknown pieces. Everyone does Lucia, everyone loves Lucia, but all these other pieces – I mean, Donizetti, he wrote so many operas, and it’s all beautiful music. We’ll see. Maybe we can find a passion for it. We just have to show people.

You have been a member of the ensemble at Oper Frankfurt since 2008/2009 (your first permanent engagement). Your first role was in a Mozart opera. Would you tell us about the roles that followed?

I’ve sung a big mixture of roles in Frankfurt. I feel really lucky in Frankfurt because I have gotten to sing some of my favourite operas already. Someone recently asked me: “Okay, what are your dream roles and when can you do them?” I said: “I’ve done Lucia, I’ve done Violetta, I’ve done Konstanze.” These are all things that when I was a student I would study, and I said: “Oh, I can’t wait to sing those!” Also, my first year, that was the second production I did: The Turn of the Screw by Benjamin Britten. The Governess actually is one of my favourite roles. I don’t know if you like Britten opera at all, but I love this piece. I would like to do that again some day because it is one of my favourite operas. This atmosphere that Britten creates – it’s so haunting. I love it. But she is a very different character than Violetta or Lucia.

When I did Lucia I only had five days to rehearse. It was a “Wiederaufnahme” (i.e., they had done this production before), but it was the second “Wiederaufnahme” in that season, even. So they had already rehearsed earlier, with two weeks of rehearsals. So I had to fight to get a “Sitzprobe” (sitting orchestra rehearsal). I had that one orchestra rehearsal. No day off between the last rehearsal and the performance. I remember one of the coaches took a picture of me on the set the night before the show because the director’s assistant brought me to the stage – because we didn’t get to go on the stage at all. But there is this big staircase that you sing the mad scene on. She said: “I think it will be good for you to just walk the stairs, see how it feels when you sing out there.” It was something like ten thirty at night, and the next day … I was also sick, so … (laughs). It was a very exciting Lucia debut. But Joseph Calleja was my Edgardo. That’s kind of a dream tenor to do your first Lucia with, an Edgardo like that. Unfortunately the production wasn’t so popular in Frankfurt. I don’t know when it will get brought back – if it will, even. I don’t know if I can sing Lucia again in Frankfurt. It’s too bad. They hadn’t done Lucia for 100 years in Frankfurt. Too bad that it wasn’t a little more exciting. Let’s see, what else? Did you see the Hoffmann? Hoffmanns Erzählungen? Yeah? Okay. I think the next time I sing Olympia I won’t dance. No more dancing. It was fun in rehearsals, but then when we got in the costume it felt so different. Because I was in fitness outfits, and then I had to wear this gold leather kind of costume and I couldn’t move very well. It just changed (laughs). The director of that show is from my home town in Wisconsin. He is a wonderful singer, too, Dale Duesing.

Let us talk about Die Entführung aus dem Serail: You performed your first Konstanze in Frankfurt as well, in the very well received production by Christof Loy. Many felt this production was reminiscent of “crime fiction”. What were your feelings about it?

I didn’t know that people thought this was like crime fiction. – My feelings about Christof Loy’s production? I think it’s wonderful because he makes something more interesting out of the piece. It’s not just: Konstanze is strictly faithful to Belmonte, and … I don’t know, Christof Loy explores her feelings for Bassa Selim and I think that makes Konstanze a much more interesting character. Because she is, you can tell in her music. She is a very strong woman, but she also is tender and she has a lot of deep emotions, so, yeah, to make her multi-faceted it’s really interesting to play with her emotions. I mean, this ending that Christof Loy staged … Now when I do it in another show, I say: “Oh, right. This is actually a happy ending. I am in love with Belmonte and happy about it.” Because in the Loy one we were all: “Maybe I should have been with Bassa Selim. Oh God, what have I done?” But crime fiction? I don’t know. The whole piece, it seems to just work. I don’t even think of comparing it to anything, just because I just look at it and it is its own complete package.

Because of the way tension is built up, and the emotions, which are really strong in this production.

Yeah. And Christoph Quest, this actor – I mean, he does it every time, I think. It’s so great because he IS this character. He was in the first show, when they did it in Belgium, I think. The Theatre Royal de la Monnaie, in Brussels, in 1999. It wasn’t first in Frankfurt. – He’s been with this piece for 13 years now. Apparently it keeps changing, because Christof Loy will come back to the piece sometimes. In Barcelona he was there and Christoph Quest said that he was changing even more. It’s always growing.

How do you see Konstanze’s role, and what is special about her music?

It’s very virtuosic, Konstanze’s music. It’s like Mozart wrote a concerto for the voice. There is so much power to her music. But also in her opening aria “Ach, ich liebte” it is fragile as well. She never gets frantic. She misses Belmonte desperately and wants to be with him again, but I don’t feel like Mozart really wrote it to be desperate. She is not a crazy woman. She has her sensibilities about her. She is very noble, and I think that’s really shown in the music.

In the current Munich production directed by Martin Duncan, the dialogues have been removed and replaced by a female speaker. Is it difficult to create a relationship with your stage partner or to create the necessary tension, for example leading up to the “Martern” aria?

I was just talking to Rebecca about how I miss the dialogue with Blonde because then we don’t react that much to each other if we don’t have the dialogue. I miss the dialogue between “Traurigkeit” and “Martern”. It’s hard to end that aria just lying on the couch and then I think she (the narrator) says one line of dialogue, and then: Up! – Okay! So I have to find it in my head. In this case you just have to look at the production and take it for what it is and don’t think about what it is missing. You have to make it work in whatever way they have staged it. I don’t think it is as strong. I don’t feel the sense of defiance as much when I look at Bassa Selim, and I feel like it is too general, the feelings: Okay? – Yeah. So in that case I kind of thought: “I’ll just try to sing this well!” (laughs) With only three days of rehearsal you didn’t get to create the relationships as deeply as you might if you had six weeks. I am sure the production, when they first did it, it was different. It’s always hard to re-create that in a “Wiederaufnahme” when you are not working with the director. I mean, you know what movements to do, but you don’t know what the thought was behind the movement. So you just have to take the creativity into your own hands and say: Okay, I am going to make this work for me. Sorry, director, if that’s not what you were thinking, but I don’t know what you were thinking, so: Here it is!

What are the differences in character between Konstanze and Blonde?

The way Blonde is written – “Welche Wonne, welche Lust”, lalala, she is more excitable. I don’t think she thinks as much about everything. Not as much as Konstanze. Blonde is very practical: “Well, this is my fate.”

Would you care to share with us a brief list of your role models, or those who have been particularly inspiring to you?

Let’s see. For a vocal role model? This is actually – I probably shouldn’t even say this, because she had some vocal problems, but: Anna Moffo. When I first started listening to the Belcanto music I had a CD that she recorded when she was very young, I think between the ages of 22 and 25. It was the La Bellissima CD, and it had things from Lucia, Rigoletto, Traviata, Puritani, I think, and some Mozart as well, and Boheme. I loved her voice. She had such a beautiful voice when she was younger. There were some problems, but when I was in school still sometimes if I would say: “Aargh, I’m having a problem, I don’t know what to do,” and I would just listen to Anna Moffo for a minute, I’d say: “Okay. Alright. This is fine. Remember to sing beautifully.”

Role models? Hmm. I’ve always been pretty individualistic. I like to be myself. I don’t really like being compared to other people. Even if it’s a great compliment. If someone would say: “Oh, you are the next so-and-so!”, and I say: “Well, thank you, but – I just want to be Brenda Rae.” I had, I mean, obviously I sing a lot of the same roles that Diana Damrau sings, and she is a fantastic singer. And I had a friend, a musical coach, say once: “Oh, you are the next Diana Damrau!” And I said: “No, I’m not at all!” I don’t have a voice like hers, I think, and as amazing as she is, I don’t want to be like her, I want to be myself. I admire a lot of my colleagues who are kind of along the same level that I am, you know, starting off in their careers as well, and I am so excited to see where they go. There is a soprano, Elza van den Heever. I don’t know if you have seen her in Frankfurt. She sang Antonia in some of the Hoffmann performances. I heard her sing Anna Bolena in concert a few years ago, in Frankfurt. And listening to that, it’s like – not to make a comparison, but it’s like she is the next Joan Sutherland. She has an enormous voice but she can be really delicate and she sings coloratura really well. It’s amazing, and she is a good friend of mine, and it’s really exciting to just be surrounded by other singers that are so great and good colleagues. So I think we all take pride in being grounded as people, not just singers, and I really appreciate that, when I meet singers who have a good attitude. That’s important to me: To have a good attitude, to be a good person.

You have a very full schedule currently. Where might we hear you perform this year, and in which roles?

Where am I singing this year? Frankfurt, a lot. This season I have already sung – what did I sing? Traviata was my first role in Frankfurt this season, and then there was Olympia again, and Giunone in La Calisto. Obviously Konstanze here in Munich. I am singing the soprano solos in Elias, by Mendelssohn, in Verona. I am going back to Frankfurt to sing Pamina and Ann Trulove in a new production of The Rake’s Progress. I sing in Die Walküre, I’m singing Helmwige. I don’t really want to be singing that, but I do it because I love Frankfurt and they needed someone. I said: “Okay, it will be my debut and my farewell from the role.” It will be fun to sing that – hoiateho! – for once in my life, I suppose (laughs). I wouldn’t consider myself a Wagner singer. I sang the role of Lora in Die Feen, an early Wagner opera last season. There are some pretty moments in there, some beautiful moments. It will come out on a recording, I believe, that will be exciting. I don’t know when. I think this season I am not away as much. Next year I will go and do a concert tour of a Händel opera. Then I will go back to Bordeaux, and I am going to sing in Santa Fe in America.

Makropulos?

No. Christiane Karg is singing in that. She is also great. Everyone always thinks that we should be enemies because we are both sopranos. No, we are friends. I think she is great. It’s a really great ensemble in Frankfurt, I have to say. The colleagues are really great, and we don’t really compete with each other. I think our boss also is pretty good about sharing the roles. Most of us have really good things to do. That is good.

Are there any roles which you would especially like to perform in the future?

I already did so many. What else? Anything with Belcanto, really. I do want to sing the role of Amina in La Sonnambula, and I will, in the future. I won’t say where or when, but – (laughs). Oh! I really want to sing Manon. Massenet’s Manon. That is definitely a role I am looking forward to singing. I like the French repertoire, but it doesn’t get done so often in Germany it seems … Another Belcanto role: Elvira in I Puritani, it’s beautiful. – I am going through all the arias that I used to sing in school. Yeah. Let’s just go with Manon. I really want to sing Manon. There is The Barber of Seville, Rossini: Rosina. That would be very fun. But I would feel bad picking that role away from mezzosopranos because I have a lot of really wonderful mezzosoprano friends who sing that role really well. Why not leave it to them, I will sing the other, higher stuff, it’s okay. – But she is feisty, that would be fun to sing, the role of Rosina. My friend Isabel Leonard just sang Rosina at the Met. I didn’t get to see that production, though. Oh, Isabel sang here, actually, she sang Cherubino in Le Nozze di Figaro. Do you know Isabel Leonard? We went to school together. Good friends. She is amazing. She is in Vienna right now, Wiener Staatsoper, to sing Rosina.

I want to sing anything that’s interesting, really. I love learning new repertoire. I haven’t done a lot of modern opera in my professional career. I used to sing a lot of modern music when I was in school. But now I am mainly singing kind of “the hits of opera”. I have to say I like what the modern music can do in a production. Usually I like seeing it, but I have to say I am not always a fan of the music. It has to be good. I work with a composer in New York, Lowell Liebermann. I love his music. He has an interesting – I don’t know, I like the way he sets music. It still has beauty to it. It’s not just – you know, a lot of modern music, I find, can be too harsh and almost … I don’t want to say anything, but … (laughs.) Oh, I am excited to sing Fiordiligi some day, actually. I am looking forward to that. I might sing it in a couple of years. I might also sing Donna Anna in a couple of years, adding more Mozart to the list. When I listen to Mozart, it’s like: This is perfect. It just seems like perfect music, I don’t know. When you listen to it, everything seems right with the world.

Thank you very much! All the best to you in your coming endeavours!

Thank you!

(Brenda Rae talked to us on January 20, 2012 – Munich, Germany)

 

 

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Interview mit Brenda Rae am 20. Januar 2012 (München, Deutschland) – Übersetzung

Liebe Frau Rae, danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, uns ein Interview zu geben. Könnten Sie uns einen Einblick in Ihren Werdegang geben?

Mit Frankfurt hat es angefangen. Ich habe meine Sängerlaufbahn direkt nach meiner Ausbildung begonnen, und zwar in Frankfurt. Ich stehe erst seit dreieinhalb Jahren als Sängerin auf der Bühne. In der vergangenen Spielzeit war ich mal in Bordeaux, das war mein erstes Gastengagement. Es war also wirklich eine Art sicherer Hafen in Frankfurt. Ich meine, es ist ein großartiges Opernhaus, aber ich sage sicher, weil ich so – ich war dort verwurzelt. Ich konnte viele Partien lernen. In meinem ersten Jahr sang ich acht oder neun Partien, ganz neu. Ich bin einfach ins kalte Wasser gesprungen. Meine erste Rolle war Pamina in Die Zauberflöte. Ich hatte acht Probentage, mit deutschen Dialogen, also musste ich richtig gut vorbereitet sein, bevor ich anfing. Das ist mein bisheriger Werdegang. Ich reise jetzt mehr. Jetzt bin ich also hier in München, und im Februar werde ich in Italien singen, in Verona. Aber neben Frankreich und England habe ich meine berufliche Basis in Deutschland. Ich habe nicht einmal – doch, ich habe in Amerika gesungen, aber das war noch zu Studienzeiten, also betrachte ich das nicht als Teil meines beruflichen Werdegangs. Ich werde erst 2013 wieder nach Amerika gehen. Das wird mein erstes Engagement als Sängerin dort sein – nachdem ich dann also fünf Jahre auf der Bühne gestanden bin, komme ich endlich nach Hause und singe in Amerika (lacht).

Was gab den Ausschlag, Opernsängerin zu werden?

Ich hatte mir erst überlegt, dass ich Opernsängerin werden wollte, als ich ungefähr – zwanzig Jahre alt war? Ja, ich war zwanzig. Ich habe Gesangsunterricht, seit ich fünfzehn war. Ich habe immer schon gerne gesungen, schon seit ich so fünf oder sechs Jahre alt war. Jedenfalls, ich liebte Musik, aber ich dachte eigentlich nicht, dass ich mich strikt auf klassische Musik verlegen wollte. Ich habe sehr gerne komponiert und ich liebte es, Jazz zu singen, also dachte ich, es würde etwas mehr in den Nicht-Klassik-Bereich gehen. Aber dann, in meinem zweiten Jahr an der Universität, nahm ich an dem sogenannten “Opera Scenes Program” teil: Ich sang die Szene aus La Sonnambula, in der Amina schlafwandelt. Und ich habe mich so sehr in dieses Stück verliebt, ich war wie besessen davon. Ich habe mir ungefähr fünfzehn verschiedene Aufnahmen angehört, alles, was ich nur finden konnte. Als ich dann mit meiner Mutter darüber sprach, sagte sie: “Hör mal, ich weiß, dass du alle möglichen Musikstile liebst, aber diese Stimme, die du hast, das ist etwas Besonderes. Weißt du, du solltest dir im Klaren darüber sein, dass nicht jeder Sänger in der Lage ist, Opern zu singen.” Ich sagte: “Ja, das stimmt, okay.” Ich stellte dann fest, dass mir die Belcanto-Musik so gut gefiel, dass sie zu einer wirklichen Leidenschaft wurde. Da sagte ich dann gewissermaßen: “Ja, gut, ich werde mich darauf konzentrieren.”

Sie haben die Titelrolle in Lucia di Lammermoor in Frankfurt gesungen.

Ich werde in Zukunft noch weitere Belcanto-Stücke in Frankfurt singen, mehr verrate ich noch nicht (lacht). Ja. Sehen Sie sich den Spielplan für die kommende Spielzeit an, wenn er herauskommt. Aber ich habe festgestellt, dass diese Belcanto-Musik in Deutschland historisch nicht so verbreitet ist. Es ist schwierig für – ich weiß nicht. Es gibt keine große Tradition, also ist es schwierig, einen Regisseur zu finden, der Zugang zu diesen Stücken hat und etwas Interessantes daraus machen kann. Ich glaube, viele Häuser haben ein wenig Angst davor, die unbekannteren Stücke aufzuführen. Alle machen Lucia, alle lieben Lucia, aber all diese anderen Stücke – ich meine, Donizetti, er schrieb so viele Opern, und alle mit wunderschöner Musik. Mal sehen. Vielleicht können wir die Leidenschaft dafür wecken. Wir müssen es dem Publikum nur zeigen.

Sie sind Ensemblemitglied an der Oper Frankfurt seit 2008/2009 (Ihr erstes Festengagement). Ihre erste Rolle war in einer Mozart-Oper. Würden Sie uns etwas über die Partien erzählen, die Sie danach gesungen haben?

Ich habe in Frankfurt sehr viele ganz unterschiedliche Partien gesungen. Ich bin in Frankfurt wirklich glücklich, weil ich bereits einige meiner Lieblingsopern singen konnte. Vor kurzem hat mich jemand gefragt: “Also, was sind Ihre Traumrollen, und wann können Sie die singen?” Ich sagte: “Ich habe Lucia gesungen, ich habe Violetta gesungen, ich habe Konstanze gesungen.” Das sind alles Rollen, die ich während des Studiums einstudiert habe, und damals konnte ich es kaum erwarten, diese Partien zu singen. – In meinem ersten Jahr habe ich als meine zweite Produktion in The Turn of the Screw von Benjamin Britten gesungen. Die Gouvernante gehört wirklich zu meinen Lieblingsrollen. Ich weiß nicht, ob Sie Britten-Opern überhaupt mögen, aber ich liebe dieses Stück. Ich würde es gerne einmal wieder singen, denn das ist eine meiner Lieblingsopern. Diese Atmosphäre, die Britten erzeugt – das ist so unheimlich. Ich liebe es. Aber die Gouvernante ist vom Charakter her ganz anders als Violetta oder Lucia.

Als ich die Lucia sang, hatte ich nur fünf Tage Zeit für die Proben. Es war eine Wiederaufnahme gewesen, und sogar die zweite Wiederaufnahme in der Spielzeit. Das heißt, die anderen hatten zuvor schon geprobt, zwei Wochen lang. Erst nach einigem Hin und Her bekam ich eine Sitzprobe. Ich hatte also nur diese eine Sitzprobe, mit Orchester, und keinen freien Tag zwischen der letzten Probe und der Vorstellung. Ich weiß noch, dass am Abend vor der Vorstellung ein Foto von mir auf dem Set gemacht wurde, weil die Regieassistentin mich zur Bühne brachte – denn wir kamen da überhaupt nicht auf die Bühne. Aber da war diese große Treppe, auf der die Wahnsinnsarie gesungen wird. Sie sagte: „Ich glaube, es ist eine gute Idee, wenn du einfach mal diese Treppe auf- und abgehst, damit du sehen kannst, wie es sich anfühlt, wenn du dort singst.“ Es war ungefähr halb elf Uhr abends, und am nächsten Tag … Außerdem war ich krank, also … (lacht). Es war ein sehr spannendes Lucia-Debüt. Aber Joseph Calleja war mein Edgardo. Das ist traumhaft, wenn eine Sängerin mit so einem Tenor ihre erste Lucia singen kann, mit so einem Edgardo. Leider kam diese Produktion in Frankfurt nicht so gut an. Keine Ahnung, wann sie wieder aufgenommen wird – oder ob sie das überhaupt wird. Ich weiß nicht, ob ich Lucia in Frankfurt noch einmal singen kann. Das ist zu schade. Sie hatten hundert Jahre lang keine Lucia in Frankfurt gemacht. Zu schade, dass es nicht ein wenig spannender war. – Mal sehen, was gibt es noch? Haben Sie den Hoffmann gesehen? Hoffmanns Erzählungen? Ja? Okay. Ich denke, wenn ich das nächste Mal Olympia singe, werde ich nicht tanzen. Kein Tanzen mehr. In den Proben hat das Spaß gemacht, aber als wir dann die Kostüme trugen, fühlte es sich ganz anders an. Zuvor hatte ich dabei Fitness-Kleidung angehabt, und dann musste ich dieses Kostüm aus einer Art goldenem Leder tragen, und ich konnte mich nicht so gut darin bewegen. Es war einfach ganz anders (lacht). Der Regisseur dieser Inszenierung ist aus meiner Heimatstadt in Wisconsin. Er ist auch ein wunderbarer Sänger, Dale Duesing.

Sprechen wir doch mal über Die Entführung aus dem Serail: Ihre erste Konstanze haben Sie auch in Frankfurt gesungen, in der hochgelobten Produktion von Christof Loy. Viele Zuschauer fanden, diese Inszenierung war wie ein Krimi. Wie sehen Sie das?

Ich hatte keine Ahnung, dass man das als eine Art Krimi betrachtet hat. Wie ich diese Produktion von Christof Loy sehe? Ich finde sie wunderbar, weil er das Stück interessanter macht. Es ist nicht nur: Konstanze ist Belmonte treu ergeben, und … Wie soll ich sagen, Christof Loy erkundet ihre Gefühle für Bassa Selim, und ich finde, das macht Konstanze zu einer viel interessanteren Figur. Denn das ist sie, das merkt man an der Musik, die sie zu singen hat. Sie ist eine sehr starke Frau, aber sie ist auch sensibel, und sie hat viele tiefe Gefühle. Also, ja, um ihrer Figur viele Facetten zu geben, ist es wirklich interessant, mit ihren Emotionen zu spielen. Ich meine, dieses Ende, so wie es Christof Loy inszeniert hat … Wenn ich es in einer anderen Inszenierung spiele, sage ich: “Okay, das ist tatsächlich ein Happy-End. Ich liebe Belmonte und bin damit glücklich.” Denn in der Loy-Inszenierung war es so nach dem Motto: “Vielleicht wäre doch Bassa Selim der richtige Mann für mich gewesen. O Gott, was habe ich getan?” Aber ein Krimi? Ich weiß nicht. Diese ganze Inszenierung, sie funktioniert einfach. Ich komme nicht einmal auf die Idee, sie mit irgendetwas zu vergleichen, weil ich sie einfach nur ansehe und finde, sie ist einfach in sich geschlossen.

Wegen des Spannungsaufbaus, und der starken Emotionen in dieser Inszenierung.

Ja. Und Christoph Quest, der Schauspieler – ich meine, er macht es jedes Mal, glaube ich. Es ist so toll, denn er IST diese Figur. Er war von Anfang an dabei, als sie diese Produktion in Belgien auf die Bühne gebracht haben, glaube ich. Im Theatre Royal de la Monnaie, in Brüssel, 1999. Es war nicht zuerst in Frankfurt. – Er spielt jetzt seit 13 Jahren in diesem Stück mit. Anscheinend verändert es sich ständig, denn Christof Loy kommt manchmal zu diesem Stück zurück. In Barcelona war er da, und Christoph Quest sagte, dass er sich noch mehr verändern würde. Es wächst immerzu.

Wie sehen Sie Konstanzes Rolle, und was sind die musikalischen Besonderheiten dieser Partie?

Sie ist sehr virtuos, Konstanzes Musik. Es ist, als ob Mozart ein Konzert für die Singstimme geschrieben hätte. In ihrer Partie liegt so viel Kraft. Aber in ihrer Anfangsarie, “Ach, ich liebte” ist sie auch fragil. Sie wird nie panisch. Sie vermisst Belmonte ganz schrecklich und möchte wieder mit ihm zusammensein, aber ich glaube nicht, dass Mozart in ihrer Partie Verzweiflung ausdrücken wollte. Sie ist nicht verrückt. Sie ist sehr empfindsam. Sie ist sehr vornehm, und ich finde, das hört man in der Musik wirklich deutlich.

In der aktuellen Münchener Produktion des Regisseurs Martin Duncan wurden die Dialoge durch eine Erzählerin ersetzt. Macht es das schwierig, eine Beziehung zu Ihrem Partner auf der Bühne herzustellen oder die erforderliche Spannung aufzubauen, z.B. vor der “Martern”-Arie?

Ich habe mich gerade mit Rebecca darüber unterhalten, wie sehr ich die Dialoge mit Blonde vermisse, weil wir ohne Dialog nicht so gut aufeinander eingehen. Ich vermisse den Dialog zwischen “Traurigkeit” und “Martern”. Es ist schwierig, diese Arie zu beenden, wenn man einfach auf dem Sofa liegt, und dann sagt die Erzählerin eine Dialogzeile, glaube ich, und dann: Auf! – Okay! Also muss ich das in meinem eigenen Kopf finden. In diesem Fall muss man einfach die Produktion anschauen und so nehmen, wie sie ist, und nicht darüber nachdenken, was fehlt. Man muss dann dafür sorgen, dass sie eben so funktioniert, wie der Regisseur sie inszeniert hat. Ich finde, sie hat nicht so viel Kraft. Ich spüre dieses Gefühl von Trotz nicht so stark, wenn ich Bassa Selim ansehe, und ich finde, die Gefühle sind zu allgemein: Okay? – Ja. – Also dachte ich in diesem Fall einfach: “Ich werde nur versuchen, das gut zu singen!” (lacht) Mit nur drei Probetagen kann man die Beziehung der einzelnen Figuren zueinander nicht so intensiv gestalten wie man das kann, wenn man sechs Wochen zur Verfügung hat. Ich bin mir sicher, dass diese Inszenierung anders war, als sie zum ersten Mal erarbeitet wurde. Es ist immer schwierig, das in einer Wiederaufnahme zu reproduzieren, wenn man nicht mit dem Regisseur arbeitet. Ich meine, du weißt, was für Bewegungen du machen musst, aber du weißt nicht, welcher Gedanke hinter der Bewegung steckte. Also muss man die Kreativität einfach in die eigenen Hände nehmen und sagen: Okay, ich werde das so machen, dass es für mich funktioniert. Tut mir leid, lieber Regisseur, wenn du dir das nicht so gedacht hattest, aber ich weiß nicht, was du gedacht hattest, also: Hier ist es!

Was sind die Charakterunterschiede zwischen Konstanze und Blonde?

So, wie Blonde geschrieben ist – “Welche Wonne, welche Lust”, lalala, ist sie leichter abzulenken und zu begeistern. Ich glaube nicht, dass sie so viel nachdenkt. Nicht so viel wie Konstanze. Blonde ist sehr praktisch veranlagt: “Nun, das ist eben mein Schicksal.”

Haben Sie Vorbilder, oder gibt es Künstler, die Sie besonders inspiriert haben?

Mal sehen. Welche Sängerin ich als Vorbild habe? Das ist eigentlich – ich sollte das wahrscheinlich gar nicht sagen, weil sie teilweise Probleme mit der Stimme hatte, aber: Anna Moffo. Als ich anfing, mir Belcanto-Musik anzuhören, hatte ich eine CD, die sie aufgenommen hatte, als sie sehr jung war, zwischen 22 und 25 Jahre alt, glaube ich. Es war die La Bellissima CD, und darauf waren Ausschnitte aus Lucia, Rigoletto, Traviata, Puritani, glaube ich, auch ein bisschen Mozart, und Boheme. Ich habe ihre Stimme geliebt. Sie hatte so eine wunderschöne Stimme, als sie jünger war. Da gab es ein paar Probleme, aber trotzdem: Manchmal, wenn im Studium Schwierigkeiten auftraten, und ich nicht wusste, wie ich sie lösen sollte, hörte ich mir nur für eine kurze Weile Anna Moffo an, und dann ging es besser: „Okay. In Ordnung. Das ist gut so. Denke daran, schön zu singen.”

Vorbilder allgemein? Hmm. Ich war immer schon ziemlich individualistisch. Ich möchte ich selbst sein. Ich mag es eigentlich nicht so gerne, wenn man mich mit anderen vergleicht. Auch nicht, wenn es ein großes Kompliment ist. Wenn jemand mir sagt: “Oh, Sie sind die nächste Soundso!”, dann sage ich: “Danke vielmals, aber – ich möchte einfach Brenda Rae sein.” Einmal sagte – ich meine, ich singe natürlich viele derselben Rollen, die Diana Damrau singt, und sie ist eine fantastische Sängerin. Und einmal sagte eine Freundin, eine Gesangslehrerin, zu mir: “Oh, du bist die nächste Diana Damrau!” Und ich sagte: “Nein, das bin ich überhaupt nicht!” Meine Stimme ist nicht wie ihre, finde ich, und so großartig wie sie ist, ich möchte nicht wie sie sein, ich möchte ich selbst sein. Ich bewundere viele meiner Kolleginnen, die mehr oder weniger so weit sind wie ich, deren Karriere auch gerade am Anfang steht, und ich finde es superspannend, zu sehen, was aus ihnen wird. Da ist beispielsweise die Sopranistin Elza van den Heever. Ich weiß nicht, ob Sie sie in Frankfurt gesehen haben. Sie hat in einigen Hoffmann-Vorstellungen die Antonia gesungen. Ich hörte sie vor ein paar Jahren in Frankfurt, wo sie Anna Bolena konzertant sang. Und wenn man sich das anhört, dann ist es – also, ich will jetzt keine Vergleiche anstellen, aber sie singt wie die nächste Joan Sutherland. Sie hat eine sehr kraftvolle Stimme, aber sie kann auch ganz zartes Pianissimo singen, und sie ist eine sehr gute Koloratursängerin, das ist wirklich toll. Sie ist eine gute Freundin von mir. Es ist wirklich aufregend, wenn man einfach andere Sänger um sich hat, die so tolle und gute Kollegen sind. Ich denke, wir sind alle stolz darauf, dass wir mit beiden Beinen auf dem Boden stehen, als Menschen, nicht nur als Sänger. Ich weiß es wirklich zu schätzen, wenn ich Sängern begegne, die menschlich ein Vorbild sind. Das ist mir wichtig: Charakter und Menschlichkeit.

Sie haben einen vollen Terminplan. Wo können wir Sie in diesem Jahr singen hören, und in welchen Rollen?

Wo singe ich dieses Jahr? Ich singe oft in Frankfurt. In dieser Spielzeit habe ich schon – was habe ich gesungen? Traviata war in dieser Spielzeit meine erste Rolle in Frankfurt, und dann habe ich wieder Olympia gesungen, und Giunone in La Calisto. Hier in München also jetzt Konstanze. Ich singe die Sopransolos in Mendelssohns Elias, in Verona. Dann bin ich wieder in Frankfurt, um Pamina zu singen, und Ann Trulove in einer Neuinszenierung von The Rake’s Progress. Ich singe in Die Walküre, da singe ich Helmwige. Ich wollte diese Partie eigentlich nicht singen, aber ich habe doch zugesagt, weil ich Frankfurt liebe, und sie brauchten eine Sängerin. Ich sagte: “Okay, das wird gleichzeitig mein Debüt und mein Abschied von dieser Rolle.” Ich denke, einmal in meinem Leben wird es wohl ganz lustig sein, das zu singen – hoiateho! (lacht). Ich sehe mich nicht als Wagner-Sängerin. In der letzten Spielzeit habe ich Lora in Die Feen gesungen, eine frühe Wagner-Oper. Es gibt ein paar nette Momente darin, ein paar sehr schöne Momente. Es wird eine Aufnahme davon veröffentlicht, glaube ich, das wird interessant. Ich weiß aber nicht, wann. Ich denke, in dieser Spielzeit werde ich nicht so viel unterwegs sein. Nächstes Jahr werde ich mit einer Händel-Oper auf Konzertreise gehen. Dann geht es zurück nach Bordeaux, und ich werde in Santa Fe in Amerika singen.

Makropulos?

Nein. Christiane Karg singt das. Sie ist auch toll. Alle denken immer, dass wir verfeindet sein müßten, weil wir beide Soprane sind. Nein, wir sind Freundinnen. Ich finde sie großartig. Wir haben ein wirklich tolles Ensemble in Frankfurt, das muss ich sagen. Die Kollegen sind wirklich große Klasse, und wir konkurrieren eigentlich nicht miteinander. Ich finde, unser Boss ist auch ziemlich gut darin, die Rollen zu verteilen. Die meisten von uns haben wirklich gute Partien zu singen. Das ist gut.

Welche Rollen würden Sie gerne noch singen?

Ich habe schon so viele Partien gesungen. Was möchte ich noch singen? Eigentlich alle Belcanto-Partien. Ich möchte wirklich sehr gerne Amina in La Sonnambula singen, und das werde ich auch, in der Zukunft. Ich sage jetzt nicht, wo oder wann, aber – (lacht). Oh! Ich würde wirklich gerne Manon singen. Massenets Manon. Das ist definitiv eine Rolle, die ich gerne einmal singen möchte. Ich mag das französische Repertoire, aber das wird anscheinend in Deutschland nicht so oft aufgeführt … Noch eine Belcanto-Rolle: Elvira in I Puritani, das ist eine schöne Partie. – Ich gehe gerade alle Arien durch, die ich im Studium gesungen habe. Ja. Bleiben wir einfach bei Manon. Ich würde wirklich gerne Manon singen. – In Rossinis Barbier von Sevilla gibt es die Rolle der Rosina. Die würde mir großen Spass machen. Aber ich möchte den Mezzosopranen diese Rolle nicht wegnehmen, weil ich viele Freundinnen habe, die wunderbare Mezzosoprane sind und die diese Partie wirklich gut singen. Also lasse ich ihnen diese Rolle, ich singe dann die höheren Partien, das ist okay. – Aber Rosina ist eine lebhafte Frau, das würde mir schon Spaß machen, diese Rolle zu singen. Meine Freundin Isabel Leonard hat gerade Rosina an der Met gesungen. Ich bin aber nicht dazugekommen, diese Inszenierung zu sehen. Oh, Isabel hat übrigens auch hier gesungen, sie sang Cherubino in Le Nozze di Figaro. Kennen Sie Isabel Leonard? Wir haben zusammen studiert. Wir sind gute Freundinnen, sie ist toll. Jetzt ist sie gerade in Wien, an der Wiener Staatsoper, um Rosina zu singen.

Ich möchte eigentlich alles singen, was interessant ist. Ich liebe es, neues Repertoire zu lernen. Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn nicht viele moderne Opern gesungen. Im Studium habe ich viel moderne Musik gesungen. Aber jetzt singe ich hauptsächlich die “Opernhits”, gewissermaßen. Ich muss sagen, es gefällt mir, was man mit moderner Musik in einer Produktion machen kann. Normalerweise sehe ich mir das gerne an, aber ehrlich gesagt bin ich nicht immer ein Fan der Musik. Sie muss gut sein. Ich arbeite mit einem Komponisten in New York zusammen, Lowell Liebermann. Ich liebe seine Musik. Er hat eine interessante – ich mag einfach die Art, wie er komponiert. Die Musik hat immer noch etwas Schönes an sich. Es ist nicht nur – wissen Sie, viele moderne Musikstücke sind oft zu ungefällig und fast … ich will jetzt nichts sagen, aber … (lacht). Oh, und ich freue mich wirklich schon darauf, eines Tages Fiordiligi zu singen. Vielleicht in ein paar Jahren. Vielleicht singe ich in ein paar Jahren auch Donna Anna; damit hätte ich dann noch mehr Mozart auf meiner Liste. Wenn ich Mozart höre, habe ich das Gefühl: Das ist perfekt. Es klingt einfach wie perfekte Musik, ich weiß auch nicht. Wenn man Mozart hört, ist die Welt in Ordnung.

Vielen Dank für dieses Interview! Ich wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft!

Danke schön!

 

 

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