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Premiere Ein Maskenball, 20.04.2012, Südthüringisches Staatstheater Meiningen

Riccardo liebt Amelia, die Frau seines besten Freundes und Ratgebers. Die liebt ihn zwar auch, fühlt sich aber an ihr Eheversprechen gebunden. Um sich diese verbotene Liebe auszutreiben, sucht sie den Rat der Wahrsagerin Ulrica. Diese empfiehlt ihr ein bestimmtes Kraut, das um Mitternacht am Galgenberg gesammelt werden müsste. Die verängstigte Amelia macht sich auf und wird beim Pflücken des Krautes von Riccardo bedrängt. In diese Situation platzt Renato, der erst mal seine Frau für schuldig hält und sie umbringen will. Er überlegt es sich aber dann doch anders und verbündet sich mit Verschwörern, die Riccardo schon lange nach dem Leben trachten. Auf einem Maskenball sticht er Riccardo nieder, der inzwischen aber erkannt hat, dass es falsch ist, sich in die Ehe der beiden hineinzudrängen. Riccardo stirbt, nachdem er Renato davon überzeugt hat, dass sich Amelia nichts zu Schulden hat kommen lassen. Renato seinerseits wird von seinen Mitverschwörern als unliebsamer Zeuge ebenfalls getötet.

Verdi wollte ursprünglich das Attentat auf den schwedischen König Gustav III 1792 auf einem Maskenball in dieser Oper behandeln, dies wurde ihm jedoch weder in Neapel noch in Rom gestattet. Während die Zensur in Neapel die Oper komplett umschreiben wollte, begnügte man sich in Rom mit einer Umbenennung der Protagonisten und der Verlegung der Handlung von Stockholm nach Boston. In neuerer Zeit wird die Oper gerne wieder in ihrer ursprünglichen Fassung gespielt.

Regisseur Ansgar Haag entschied sich für die Bostoner Fassung. Mir erschien es etwas surreal, dass eine Oper von Verdi in Amerika spielt, aber es fühlte sich richtig an. Laut seiner Inhaltsangabe spielt das Stück 1862. Das prächtige Bühnenbild und die historischen Kostüme von Klaus Hellenstein verdeutlichen diese Zeitangabe, bei der Ausstattung sind jedoch ein paar kleine Fehler unterlaufen. So wies die Flagge Amerikas zu diesem Zeitpunkt erst 33 Sterne auf und damit deutlich weniger als die auf den verteilten Jubelfähnchen. Die Freiheitsstatue, die hier als Losurne benutzt wird, wurde erst 1886 eingeweiht. Solche Details mögen bedeutungslos erscheinen, lenken mich aber ab, weil ich dann während des Stückes darüber nachdenke. Ansonsten hat mir die Regie aber sehr gut gefallen, für mich war alles schlüssig. Besonders interessant fand ich den Einfall, den Pagen Oscar, normalerweise eine Hosenrolle für eine Sopranistin, als Frau zu konzipieren, die hoffnungslos in Riccardo verliebt ist.

Musikalisch war dieser Abend ein Hochgenuss. Xu Chang sang den Riccardo fabelhaft und überzeugte mich besonders in der Sterbeszene. Dae-Hee Shin als Renato klang fast überirdisch schön, ich kannte die Musik vorher zwar nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man die Arien inniger und berührender singen kann. Bettine Kampp ging ganz in der Rolle der Amalia auf und Sonja Freitag überzeugte als Oscar auf der ganzen Linie. Francis Bouyer (Silvano) und Stephanos Tsirakoglou (Samuel) fielen mir in ihren Partien positiv auf. Einen Glanzpunkt setzte, wie schon so oft, Rita Kapfhammer in der Rolle der Wahrsagerin Ulrica. Bei ihr kommen eine starke Bühnenpräsenz und eine Stimme mit großer Ausdruckskraft und schier unglaublichem Umfang zusammen. Gesungen wurde übrigens, trotz des deutschen Titels, in Italienisch. Der Chor sang und spielte ebenfalls hervorragend. Das Orchester unter Alexander Steinitz brachte Verdi zum Glänzen. Am Ende euphorischer Jubel für alle Beteiligten.

Ein Abend, der mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

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