[singlepic id=1308 w=320 h=240 float=left]Selten hat ein Songtext auf eine Situation besser gepasst als dieser. Es war ja nicht nur ein Abschied von einem liebgewordenen Haus, sondern auch von vielen liebgewordenen Menschen. Meine Theaterleidenschaft begann im Mai 2007 und so konnte ich an diesem Abend viele Stücke noch mal Revue passieren lassen. In diesem Haus habe ich gelernt zu sehen, zu hören, zu fühlen und Gefühle zuzulassen. Ich bin sehr dankbar, dass ich so viel Neues kennenlernen durfte. Ich werde sicher noch viele Jahre davon profitieren.
Die musikalische Leitung dieses Galaabends hatten Lukas Beikircher, Andreas Kowalewitz, Jörn Hinnerk Andresen und Liviu Petcu inne. Die meisten Stücke wurden vom Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz begleitet, das damit mal wieder seine Vielseitigkeit und Ausdauer unter Beweis stellte. Die Choreografie des TTM stammte von Hans Henning Paar, der Chor wurde von Jörn Hinnerk Andresen einstudiert, die wahrlich nicht leichte Aufgabe der Programmkoordination hatte Gabriele Brousek zu bewältigen. Für die szenische Einrichtung und Spielleitung zeichnete Thomas Schramm verantwortlich, am Inspizientenpult saß Andreas Ehlers. Rolf Essers beleuchtete ganz ausgezeichnet und Dirk Buttgereit und Daniel Ployer betreuten den Ton hervorragend.
Der Abend begann mit einem Stück, mit dem ich auch meine erste aktive Erinnerung an das schönste Theater Münchens verbinde. Irgendwann in den Neunzigern hatte ich hier eine MY FAIR LADY gesehen und bis heute ist es eines meiner Lieblingsstücke. Marianne Larsen, die die Rolle der Eliza lange hervorragend verkörpert hat, trat im Kostüm ihrer anderen Glanzrolle auf: Mrs Lovett aus SWEENEY TODD. In diesen beiden Partien konnte sie ihr großartiges Musicaltalent voll ausspielen, wollte man mehr davon sehen, musste man ziemlich weit nach Osten fahren. Sie bot ihrer würdigen Rollennachfolgerin Milica Jovanovic dann auch Pasteten an, die erste war voll Alkohol (was da wohl drin war 😉 ), die letzte war marode und das war natürlich ganz klar das Gärtnerplatztheater. Unterstützt wurden die beiden von Sebastian Campione, Cornel Frey, Hans Kittelmann, Holger Ohlmann und dem Herrenchor.
Nach einem Prolog von Thomas Peters ging es weiter mit dem Überraschungserfolg DIE PIRATEN VON PENZANCE von Gilbert & Sullivan. Diese Stück hat bei mir das Interesse für die Musik des genialen Duos geweckt und seitdem beschäftige ich mich intensiv damit. Wenn das Kampfsignal ertönt schmetterten Thérèse Wincent, Frances Lucey, Ulrike Dostal, Martin Hausberg, der Chor und die Bobbies tanzten ein letztes Mal dazu. Als Schmankerl folgte dann noch das beliebteste Terzett im G&S-Kanon, Als Du uns schnöd verlassen hast, wie immer hinreißend vorgetragen von Rita Kapfhammer, Holger Ohlmann und Robert Sellier.
Sandra Moon sang Tschaikowsky, begleitet von Andreas Kowalewitz, und Neel Jansen und David Valencia zeigten Twin Shadow aus AUGENBLICK VERWEILE. Und weil so ein Dirigent auch wieder von der Bühne in den Graben muss, suchten in der kleinen Pause bis zum nächsten Stück drei fesche Herren im Bademantel die Sauna.
Das Warten hatte sich gelohnt, denn als nächstes stand Gary Martin mit To dream the impossible Dream aus DER MANN VON LA MANCHA an. Schade, dass ich das Stück nie live gesehen habe. Sebastian Campione brachte danach das Haus zum Kochen mit einer extralangen Version seiner Beatbox aus VIVA LA MAMMA. Im Anschluss unterlegte er dann auch noch den etwas abgewandelten Küchenrap aus der OMAMA IM APFELBAUM rhythmisch. Thérèse Wincent und Susanne Heyng zeigten nochmals, dass sie es drauf haben.
Der Chor sang danach Universal Good aus CANDIDE, noch ein Stück, bei dem ich mich ärgere, es nicht gesehen zu haben. Der nächste Programmpunkt, angekündigt durch Hans Henning Paar und Ursula Pscherer, hatte einige interessante Komponenten: konzipiert und einstudiert wurde das Stück von Artemis Sacantanis, ehemalige Solotänzerin und nun Probenleiterin am Haus. Ihr zur Seite standen ehemalige Tänzer des Gärtnerplatztheaters, die jetzt in anderen Berufen am Haus, zum Beispiel Orchesterwart, Probenleiterin oder Leiterin der Kinderstatisterie beschäftigt sind. Ihre Wandlung von „Auf der Bühne“ zu „Hinter der Bühne“ drückte sich sehr schön im Titel inVISIBLEs aus.
Thomas Peters, der am Haus in vielen, vielen Rollen glänzte (unter anderem Freddie in MY FAIR LADY, Dirigent in ORCHESTERPROBE, Toby in SWEENEY TODD und ganz besonders Frosch in der FLEDERMAUS) erinnerte nochmal an sein bezauberndes Stück SHOCKHEADED PETER mit dem Song Der fliegende Robert. Leider habe ich es nur einmal gesehen, anfangs war ich noch nicht ganz so süchtig, zuletzt war ich ja durchschnittlich an vier Abenden in der Woche im Gärtnerplatztheater. Ursache dafür war die Vielfalt und das interessante Programm des Hauses – und das wunderbare Ensemble.
Sehr bewegend war auch der persönliche Abschied von Gunter Sonneson mit Hier im Grandhotel. Ich bin sehr froh, diesen Ausnahmekünstler noch fünfmal als John Styx in ORPHEUS IN DER UNTERWELT erleben zu dürfen. Halt nur leider nicht in München, sondern in Heilbronn.
Im letzten Stück vor der Pause hatten die drei Herren endlich die Sauna gefunden. Das Schiff aus der L’ITALIANA IN ALGERI ist zwar schon vor ein paar Wochen gesunken, aber die beliebteste Szene hatte man offensichtlich retten können. Für Publikumsliebling Stefan Sevenich natürlich ein Heimspiel, für seine beiden Begleiter Cornel Frey und Juan Fernando Gutiérrez hätte ich mir jedoch einen etwas „würdigeren“ Abschied gewünscht.
Zu Beginn des zweiten Teiles erinnerten das Preludio und die Arie Tu del mio Carlo al seno, wunderbar vorgetragen von Elaine Ortiz Arandes, an die sehr gelungene Inszenierung von I MASNADIERI. Das Schlussbild von HÄNSEL UND GRETEL gibt zwar einen wunderbaren Auftritt des Kinderchores her, aber die Solisten Rita Kapfhammer, Ann-Katrin Naidu, Thérèse Wincent und Gary Martin standen etwas verloren herum. Ich kann nur hoffen, dass diese zauberhafte Produktion wiederaufgenommen wird und nicht zu Gunsten einer Eurotrashregie in der Versenkung verschwindet. Das Balkon-Duett aus ROMEO UND JULIA wurde von Hsin-I HUANG und Marc Cloot sehr ansprechend getanzt, wenn mal keine Blätter auf der Bühne rascheln oder unaufhörlich Schnee fällt, gefällt mir moderner Tanz sogar fast.
Der scheidende Staatsintendant Dr. Ulrich Peters hielt eine persönlich gehaltene Abschiedsrede und ich kann mich seinen Worten nur anschließen: das Ensemble in Zeiten der Heimatlosigkeit aufzulösen ist in meinen Augen ein schwerer Fehler. Damit und mit der anscheinend unvermeidlichen Ablösung des im Stadtbild mittlerweile fest verankerten Logos nimmt man der Institution zumindest einen Teil ihrer Identität.
Im Anschluss sangen Franziska Rabl und Ella Tyran mit Unterstützung des Chores die Barcarole aus HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN, auch ein Stück, dass schon länger zurück liegt und das ich nicht gesehen habe. Im FREISCHÜTZ war ich trotz der schrecklichen Inszenierung ziemlich oft, was für die Qualität der Sänger spricht. Christina Gerstberger und Sandra Moon sangen das Duett Ännchen-Agathe vom Beginn des zweiten Aktes. Das Duett Hans-Kezal gehört zu meinen Lieblingsstücken aus DIE VERKAUFTE BRAUT und es war schön, Derrick Ballard und Tilmann Unger damit noch einmal zu hören. Es folgte das Quintett aus der ZAUBERFLÖTE, gesungen von Sandra Moon, Ann-Katrin Naidu, Franziska Rabl, Daniel Fiolka und Robert Sellier. Danach kam noch ein Ausschnitt aus AUGENBLICK VERWEILE und da war ich dann doch ganz froh, dass ich es nicht gesehen habe, denn bei so schnell vorbeihuschenden Szenerien wird’s mir immer schlecht, ganz abgesehen davon, dass ich nicht verstehe, was im Kreis laufen mit modernem Tanz zu tun hat.
Im Anschluss gabs noch das schöne Duett Marie-Wenzel aus DIE VERKAUFTE BRAUT, Stefanie Kunschke und Hans Kittelmann wären auch ein prächtiges Paar gewesen, wenn sie sich nicht jeweils anders entschieden hätten. Der Weibermarsch aus DIE LUSTIGE WITWE machte nochmal so richtig Laune. Daniel Fiolka, Sebastian Campione, Mario Podrečnik, Robert Sellier, Gunter Sonneson, Tilmann Unger und Martin Hausberg mussten sich mit der geballten Weiblichkeit des Theaters zu einer schönen Choreographie von Fiona Copley auseinandersetzen. Thomas Peters hatte noch einen allerletzten Auftritt als Frosch, seine Paraderolle, bevor mit Tutto nel mondo è burla (Alles ist Spaß auf Erden) aus FALSTAFF ein positiver Schlusspunkt gesetzt wurde. Heike Susanne Daum, Sandra Moon, Christina Gerstberger, Ella Tyran, Ann-Katrin Naidu, Franziska Rabl, Gregor Dalal, Martin Hausberg, Hans Kittelmann, Gary Martin, Mario Podrečnik, Robert Sellier und der Chor machten Lust auf die nächste Premiere am 18.05., dann im Prinzregententheater. Am Ende winkten Publikum und Ensemble sich gegenseitig mit weißen Taschentüchern zu und nicht nur bei mir flossen ein paar Tränen.
Mir bleibt nur Danke zu sagen. Danke an alle Beschäftigten des schönsten Theaters Münchens, die für mich die letzten fünf Jahre zu etwas ganz Besonderem gemacht haben. Ich werde die Erinnerung an diese Zeit immer in einer ganz speziellen Stelle meines Herzens bewahren. Danke für viel Heiterkeit und viele Tränen. Danke für emotionale, aufwühlende Stunden und für Lehrreiches.
Danke für so viel Schönes, liebes Gärtnerplatztheater.
Oper und Kirche, geht das zusammen? Im Falle der Aufführung von Der Kaiser von Atlantis von Viktor Ullmann kann ich das mit ganzem Herzen bejahen. Oper und Location wirkten perfekt miteinander, ohne dass das eine das andere dominierte. Das Werk entstand 1943 in Theresienstadt, kam dort allerdings nur bis zur Generalprobe und wurde erst 1975 in Amsterdam uraufgeführt. Seitdem wird es überall auf der Welt gespielt, meist an kleineren Häusern, da es sich eher um eine Kammeroper handelt. Trotz seiner tragischen Entstehungsgeschichte, Ullmann, sein Librettist Petr Kien und ein großer Teil des Ensembles wurden nach Auschwitz deportiert und dort ermordet, ist das Werk nicht auf den Holocaust fixiert, sondern allgemeingültig, denn Diktatoren gibt es auch heute noch. So spielt diese Inszenierung der Greek National Opera von 2008 wohl eher im Müll einer modernen Konsumgesellschaft:
Der Kaiser Overall lässt durch seinen Trommler verkünden, dass alle Menschen in seinem Reich bewaffnet werden und in den Krieg ziehen müssen, um den Gegner bis aufs Blut zu bekämpfen. Das missfällt dem Tod, der sich zur Maschine degradiert sieht. Er tritt in einen Streik und fortan sterben keine Menschen mehr. Verwundete und Kranke ringen mit dem Leben (eine sehr schöne Formulierung aus dem Libretto), aber die erhoffte Erlösung tritt nicht ein. Kaiser Overall nützt die Situation vermeintlich aus und verspricht seinen Untertanen ewiges Leben, aber das Land versinkt im Chaos. Er bittet den Tod, sein Handwerk wieder aufzunehmen, der fordert allerdings, dass der Kaiser sein erstes Opfer sein soll. In einem zweiten Strang treffen ein Mädchen und ein Soldat, die auf unterschiedlichen Seiten kämpfen, aufeinander. Weil sie sich nicht töten können, verlieben sie sich ineinander und selbst der Trommler kann sie nicht trennen. Auch das ist eine sehr schöne Parabel für sich.
Der Abend begann mit Selig sind, die da Leid tragen aus dem Deutschen Requiem von Johannes Brahms. Der Chor der Kirchengemeinde St. Thomas, die Chaplains, wies damit den Weg zu einer sehr berührenden Aufführung. Währenddessen irrte ein Scheinwerfer durch den Raum und erinnerte an den Wachturm eines Konzentrationslagers. Judensterne an der Kleidung wiesen die Beteiligten als Insassen aus, so dass trotz einer spärlich bestückten Bühne der Kontext klar wurde. Spätestens bei der schnarrenden Stimme aus dem Lautsprecher (Hanspeter Plocher), der die Protagonisten vorstellte und die Handlung kommentierte, war sich jeder Zuschauer bewusst, zu welcher Zeit das Stück spielt. Der Kirchenraum wurde in seiner Gänze genutzt, vor dem Altar diente ein Podest als Bühne, die mit einem Vorhang abgetrennt war. Die szenische Umsetzung unterstützte die berührende Musik sehr, so dass der Abend ein, leider einmaliges, Erlebnis war.
Musikalisch war es ganz wunderbar. Tobias Peschanel am Klavier und Walter Freyn an der Orgel ließen durch ihre einfühlsame Begleitung andere Instrumente nicht vermissen. Eva Maria Amman als Mädchen, Cornel Frey als Soldat, Daniel Fiolka als Kaiser, Stefan Sevenich als Tod gefielen mir alle ausgezeichnet in der musikalischen und szenischen Umsetzung. Edda Sevenich als Trommler beeindruckte mich mit ihrem dramatischen Mezzosopran, ihre Stimme gefiel mir vom ersten Moment an.
Ein wirklich in jeder Hinsicht fantastischer Abend, vielen Dank an alle Beteiligten auf und hinter der Bühne, die ihn möglich gemacht haben.
[singlepic id=1078 w=320 h=240 float=left]Dieser Abend zeigte mal wieder deutlich, dass auch die elfte Vorstellung eines Stückes noch viel Neues bringen kann. In diesem Fall war es ein ungewöhnliches Rollendebüt. Innerhalb eines Tages arbeitete sich Sebastian Campione in die Partie des Mikado ein, normalerweise singt er die Rolle des Ministers für alles Andere Pooh-Bah in diesem Stück. Ohne ihn hätte die Vorstellung ausfallen müssen, wurde in der Ansage mitgeteilt. Da sieht man mal wieder einen der Vorteile des Ensembletheaters. Die Solisten sind mit Leib und Seele dabei und tun alles, damit Stücke gespielt werden können. Hätte die Besetzung nur aus Gästen bestanden, wäre das sicher nicht der Fall gewesen.
Und Sebastian Campione hat es richtig gut gemacht. Bis hin zur Choreografie gab er einen fast perfekten Mikado, das ist in Anbetracht der Kürze der Vorbereitungszeit wirklich bewundernswert. Ich hoffe, die Theaterleitung hat sich ihm gegenüber erkenntlich gezeigt. Auch das restliche Ensemble war bis auf eine Ausnahme wunderbar, lediglich Ko-Ko kiekste sich durch den Abend wie ein pubertierender Oberschüler im Stimmbruch, das sollte vielleicht witzig sein, passt aber überhaupt nicht zu der Rolle. Frances Lucey sang die Arie der Yum Yum The Moon and I an diesem Abend besonders innig, Robert Sellier überzeugte als Nanki-Poo mit Spielwitz und schönem Tenor. Rita Kapfhammer begeisterte wie immer als resolute Katisha, sie spielt und singt, was das Zeug hält und doch trieb ihr Alone and yet alive die Tränen in die Augen. Franziska Rabl und Milica Jovanovic bezauberten als Pitti-Sing und Peep-Bo, Holger Ohlmann und Daniel Fiolka als Pooh-Bahh und Pish-Tush ergänzten das bestens aufgelegte Ensemble hervorragend und Thomas Peters glänzte in der undankbaren Rolle des Erzählers.
Der Chor zeigte, wie immer, Spielfreude kombiniert mit präzisem Gesang und Benjamin Reiners kitzelte aus dem Orchester noch ein bisschen mehr Schwung heraus und unterstützte die Sänger wo es ging.
Ich bin sehr zu haben für traditionelle Stücke im neuen Gewand, es muss nur passen. Das war so bei der Butterfly von Doris Dörrie, und auch die Orangen haben mir sehr, sehr, sehr gefallen. Hier jedoch passt nichts. Da ist zum einen die Fassung. Die Übersetzung ist lieblos, der feine Witz, für den Gilbert so bekannt ist, kommt nicht heraus. Der durch die Übersetzer eingeführte Erzähler gehört nicht ins Stück. Er bringt es weder voran, noch muss das Publikum von 2011 an die Hand genommen werden. Damit will ich nichts gegen Thomas Peters sagen, der in dieser Rolle das, was er tun muss, ganz hervorragend macht. Aber hier werden dem Librettisten Gilbert Worte in den Mund gelegt, die er nie geschrieben hat und die ihn, wie ich meine, in einem schlechten Licht erscheinen lassen. So ist zum Beispiel die Szene, in der Yum-Yum und Nanki-Po sich unsinnige und schlecht geschriebene Liebesschwüre an den Kopf werfen und der Erzähler gefühlte 35 Mal sagt: “…und dann sagt wieder er…und dann sagt wieder sie…”, im Original wirklich witzig und vor allem wesentlich kürzer:
NANK. Yum-Yum, at last we are alone! I have sought you
night and day for three weeks, in the belief that your guardian
was beheaded, and I find that you are about to be married to him
this afternoon!
YUM. Alas, yes!
NANK. But you do not love him?
YUM. Alas, no!
NANK. Modified rapture! But why do you not refuse him?
YUM. What good would that do? He’s my guardian, and he
wouldn’t let me marry you!
NANK. But I would wait until you were of age!
YUM. You forget that in Japan girls do not arrive at years
of discretion until they are fifty.
NANK. True; from seventeen to forty-nine are considered
years of indiscretion.
YUM. Besides—a wandering minstrel, who plays a wind
instrument outside tea-houses, is hardly a fitting husband for
the ward of a Lord High Executioner
Zitat aus “The complete plays of Gilbert & Sullivan”
Da fragt man sich dann schon, wie intensiv man sich mit dem Originallibretto beschäftigt hat. Oder mit den Wünschen Gilberts zur Umsetzung:
Gilbert told a journalist, “I cannot give you a good reason for our … piece being laid in Japan. It … afforded scope for picturesque treatment, scenery and costume,…
Gilbert, W. S. “The Evolution of The Mikado”, New York Daily Tribune, 9 August 1885
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Bühne und Kostüme sind irgendwie lieblos. Die bedruckten Anzüge der Männer sind von weiter weg nicht mehr zu erkennen, und auch von ihnen tragen manche weiß. Das mag zwar zu Ko-Ko als Farbe der Trauer passen, aber bei den Adeligen, die der Männerchor am Anfang ja darstellen soll, passt es nun mal überhaupt nicht. Ebenso wie die gelben Ärmel später, gelb ist die Farbe des Kaisers. Wenn man das Stück nicht im farbenprächtigen Originalsetting spielen lassen will, muss man vermutlich ganz weg von Japan. Die English National Opera hat eine relativ erfolgreiche Inszenierung in den Zwanzigern in einem englischen Badeort spielen lassen. Russland könnte ich mir auch gut vorstellen. Aber nicht dieses Japan, das so nicht existiert. Gilbert hatte den Ort möglicherweise zufällig ausgesucht, in der Umsetzung wollte er aber akkurat sein und hat unter anderem eine Japanerin damit beauftragt, den Sängern die richtigen Bewegungen beizubringen. Davon ist man hier leider meilenweit entfernt. Außerdem ist die Bühne nicht ungefährlich. Der rote “Teppich” wackelt wie ein Kuhschwanz, wenn sich zwei Menschen darauf bewegen, bietet wenig sichere Standfläche und ist bei der Premiere auch schon zur Seite gekippt. Die Kästen sind nicht standfest und rutschen, wenn die Sänger mit etwas Schwung darauf steigen.
Am allerschlimmsten ist aber die letzte Szene von Ko-Ko und Katisha. Wie man in diese Worte eine “perverse Sexualität” hinein interpretieren kann, ist mir ein absolutes Rätsel. Abgesehen davon, dass man vielleicht mal den Gebrauch des Wortes “pervers” überdenken sollte. Es gibt einige Stücke im G&S-Kanon, die sich unterschwellig mit Sexualität beschäftigen, DER MIKADO gehört jedoch nicht dazu. So wird man sicher keine Gilbert&Sullivan-Tradition in Deutschland wiederbeleben können.
Musikalisch war es mal wieder sehr, sehr gut. Mario Podrečnik als Nanki-Po und Thérèse Wincent als Yum-Yum ergänzten die Premierenbesetzung aufs Beste. Besonders Stefan Sevenich, der den Mikado mit ironischer Distanz und der Beweglichkeit singt und spielt, die die ihm zugeordnete Musik erfordert, und Rita Kapfhammer, die der Katisha mehr Tiefe verleiht, als der Übersetzer ihr zugebilligt hat. Wie schön wäre es, wenn sie ihr Schulterblatt selbst anpreisen dürfte! Gunter Sonneson ist eine Idealbesetzung für den Ko-Ko, das kann man sicher nicht besser machen. Aber auch die restlichen Solisten, Chor und Orchester waren an diesem Abend fast noch besser als bei der Premiere und tatsächlich sprang ein Funke auch schon vor der Pause zum Publikum über.
Adieu, mon amour! Dabei haben wir uns gar nicht so oft gesehen, wir zwei, nur dreizehn Mal, aber es war Liebe auf den ersten Blick. Dabei bist Du gar nicht so traditionell daher gekommen, wie ich es eigentlich gerne mag, sondern warst immer ein bisschen schrill, ein bisschen laut, ein bisschen bunt. Aber eben nie zu schrill, zu laut, zu bunt. Im Gegenteil, Du warst unglaublich sinnlich und hast mir immer das Gefühl gegeben, dass alles richtig ist. Du hast mich gefangen genommen mit Deinen wunderschönen Bildern, hast mir die Musik Prokofjews nahe gebracht und mich für Otto Dix interessiert. Du hast mich fasziniert mit Deiner Ausstrahlung und in Atem gehalten mit deiner Spannung. Du bist das schönste, was am Gärtnerplatz in den letzten viereinhalb Jahren gespielt wurde.
Am 10.12.2011 kannst Du Dich ein letztes Mal in voller Pracht zeigen, aber ich werde nicht dabei sein, deshalb habe ich jetzt schon Abschied von Dir genommen. Danach wirst Du in der Versenkung verschwinden. Was für eine Verschwendung.
Zuerst mal muss ich ein wenig meckern: auch wenn es diesmal wesentlich besser verkauft war als beim ersten Mal Anfang Juni, das Durchschnittsalter war jenseits von Gut und Böse. Und auch wenn sich meine 80-jährige Theaterfreundin beharrlich verweigert, scheint es im fortgeschrittenen Alter in Mode zu kommen, bei Liedern, die einem vage bekannt vorkommen, mitzuklatschen. Und weil das mit dem Hören oft nicht mehr so gut funktioniert, haut das halt auch mit dem Takt nicht immer ganz so hin. An diesem Abend wars ganz besonders schlimm. Und der Boden des Orchestergrabens, der hochgefahren zur Vorbühne wird, ist schon arg schäbig. Kann man da nicht was drüber tun? Dann tanzt es sich bestimmt auch besser.
Aber genug des Gemaules, der Rest war fabelhaft. Angefangen bei der Stückauswahl, die halt nicht das übliche Repertoire einer Operettengala abspulte, sondern Highlights aus bekannten, aber nicht ganz so oft wie die Fledermaus gespielten Operetten bot. So gab es zum Beispiel drei Lieder aus “Wie einst im Mai”, auch der “Ball im Savoy” war mit zwei Stücken vertreten, “Paganini”, “Die Zirkusprinzessin”, “Das Feuerwerk” und die “Hochzeitsnacht im Paradies” ergänzte die ungewöhnliche Stückauswahl. Und selbst bei den drei Liedern aus “Im weißen Rössl” standen die nicht ganz so bekannten Stücke am Beginn, bevor das titelgebende Lied den Schlusspunkt setzte. Diese Auswahl hört man nicht alle Tage, schade, dass das Operettenkonzert nur zweimal auf dem Spielplan des schönsten Theater Münchens stand.
Fabelhaft agierte das Orchester unter dem jungen, enorm talentierten und leider, leider scheidenden Dirigenten Benjamin Reiners. Fabelhaft waren auch die Solisten, die nicht nur ganz hervorragend sangen, sondern auch, wie es in der Operette halt so üblich ist, tanzten und sich den Stücken entsprechend verkleiden. So sang die famose Rita Kapfhammer, die sich hier einmal mehr für das Genre empfohlen hat, “Spiel auf Deiner Geige” aus “Venus in Seide” in einem wirklich atemberaubenden Kleid und Christina Gerstberger gab eine barocke Primadonna bei dem entsprechenden Lied aus “Der arme Jonathan”. Für Heiterkeitsausbrüche beim Publikum sorgte auch das Kostüm von Marianne Larsen als “Julischka aus Budapest”. Die männlichen Solisten nutzten ihre Möglichkeiten ebenfalls und so trug Daniel Fiolka bei dem Gassenhauer “Mein Mädel ist nur eine Verkäuferin” einen passenden gestreiften Anzug. Stimmlich waren alle Solisten, noch nicht genannt sind Stefanie Kunschke, Tilmann Unger, Dirk Lohr und Mario Podrečnik, in allerbester Form und trugen die genau auf sie zugeschnittenen Stücke hervorragend vor. Besonders Frau Kunschke, die am nächsten Tag die Premiere vor sich hatte, und Frau Gerstberger, die am Sonntag “dran” ist, ist es hoch anzurechnen, dass sie den Wechsel von Barockoper zur Operette (und hoffentlich auch wieder zurück) spielend geschafft haben.
Ein sehr schöner Abend, der mit der Zugabe “Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände” aus “Viktoria und ihr Husar” ein bisschen wehmütig zu Ende ging.
[singlepic id=1134 w=320 h=240 float=left]Die letzte Fledermaus, glücklicherweise nur in dieser Spielzeit. Ich halte die Inszenierung nach wie vor für gelungen, einzig die Herren Balletttänzer könnten in der Sommerpause mal bei Stefan Sevenich in die Lehre gehen, damit der ihnen zeigt, wie man einen Spagat richtig macht.
Das Publikum taute leider erst im dritten Akt richtig auf, der hatte es aber auch wieder in sich. Thomas Peters brachte wieder einen topaktuellen Bezug zum Tagesgeschehen, einen neuen Witz des Tages und war auch sonst als Frosch unschlagbar mit pointiertem Spiel und genialem Witz. Franziska Rabls Prinz Orlofsky war meiner Meinung nach der beste, den ich bisher gehört habe, Ella Tyran überzeugte mich als Adele, auch Juan Fernando Gutièrrez gefiel mir als Dr. Falke sehr gut.
Mein persönliches Highlight war das Terzett im dritten Akt zwischen Mario Podrečnik, der wieder einen Alfred zu Dahinschmelzen sang, Daniel Fiolka, dessen Eisenstein für mich in Spiel und Gesang zu den Besten gehört, und Heike Susanne Daum als Rosalinde, deren Sopran von innen leuchtet und die dem Czárdás so viel Feuer verleiht, dass dort gut und gerne eine echte ungarische Gräfin stehen könnte. Auch der Chor war wieder sehr präsent und spielfreudig. Es lohnt sich, einen ganzen Abend mal nur diese Damen und Herren zu beobachten, wie viele kleine liebenswerte Details da gespielt werden, da lässt sich auch beim fünften Mal ansehen noch etwas Neu entdecken.
[singlepic id=951 w=320 h=240 float=left]Auch bei seiner zweiten Inszenierung am schönsten Theater Münchens hat Regisseur Immo Karaman und sein Team eine hervorragende künstlerische und sehr sinnliche Arbeit abgeliefert. Die Handlung spielt in der Entstehungszeit, die Figuren sind von Otto Dix und anderen Künstlern dieser Zeit geprägt. Und tatsächlich hat jede Figur eine eigene Persönlichkeit, eine bestimmte Art, sich zu bewegen. Hier merkt man sehr deutlich, dass Choreograf Fabian Posca nicht nur mit dem Extraballett, sondern auch mit den Solisten und dem Chor viel und erfolgreich gearbeitet hat.
Die Bühne vom Ausstattungsteam Timo Dentler und Okarina Peter besteht nur aus einem Kasten, der ein aufgeschnittenes Zimmer, einen Salon oder Foyer, darstellt. Dieser Kasten wird nicht nur durch die Drehbühne, sondern auch durch Bühnenmitarbeiter bewegt, teilweise mit 60 Personen darauf, dafür hätten diese eigentlich am Ende einen Sonderapplaus verdient gehabt. Die teilweise gegenläufigen Bewegungen erzeugen vor allem im ersten Teil sehr viel Dynamik und Spannung. Die Kostüme sind zeit- und typgerecht. Applaus brandete bereits auf, als sich der Vorhang zu Beginn hob und den Kasten, der in diesem Fall wie ein Bilderrahmen wirkt, der bis auf den letzten Zentimeter mit Menschen gefüllt ist, enthüllte.
Das Orchester unter Anthony Bramall beeindruckte mit präzisem Spiel, dass es öfter ziemlich laut war, ist sicher der schieren Anzahl an Musikern im Graben geschuldet.
Bewundernswert waren die Tänzer, die sich in vielen verschiedenen Rollen präsentierten und jeder Figur ein anderes “Gesicht” gaben.
Der Chor verstand es wie immer, ausgezeichneten Gesang mit ebensolcher Darstellung zu verbinden und hatte einen erheblichen Anteil am Erfolg des Abends. Zwei seiner Mitglieder, die kurzfristig für die erkrankte Solistin als Linetta eingesprungene Brigitte Lang und Marcus Wandl als Herold zeigten, dass sie nicht nur in der Gemeinschaft eine gute Figur machen, sondern durchaus auch solistisch einsetzbar sind. Zwei Gäste, Stephan Klemm als König und Kouta Räsänen als Tschelio erwiesen sich als gute Wahl. Hochkarätig aus dem Ensemble besetzt waren alle weiteren Rollen, ob groß oder klein. Robert Sellier, Christina Gerstberger und Sebastian Campione überzeugten ebenso wie Franziska Rabl, Sibylla Duffe und Tilmann Unger. Holger Ohlmann als Köchin bewegte sich auf schwindelerregend hohen Absätzen, als ob es sein normales Schuhwerk wäre und zog darstellerisch und musikalisch alle Register von dämonisch bis schmeichlerisch. Daniel Fiolka spielte und sang den Pantalone sehr überzeugend und Frances Lucey wechselte gekonnt zwischen den verschiedenen Facetten der Smeraldine. Cornel Frey als Truffaldino war ein Spassmacher der anderen Art, anfangs erinnerte mich seine Gestik an die Bauchrednerpuppe aus “Death in Venice”, das gab sich aber im Laufe des Abends. Die Rolle ist ihm quasi auf den Leib geschrieben. Gary Martin als Leander verwandelte sich in einen selbstverliebten Schönling mit präzisen Bewegungen und Gesang. Last but not least zeigte sich Rita Kapfhammer als Idealbesetzung der Fata Morgana, sie beeindruckte mit Stimmumfang und Darstellung.
Ein fantastische Premiere, die noch viele Blicke wert ist, besonders vor der Pause kann man immer wieder neue Details entdecken. Das Publikum jubelte lange und einhellig allen Beteiligten zu.
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