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Die Fledermaus, 27.12.2013, Neue Oper Austria in der Tonhalle Zürich

[singlepic id=1697 w=320 h=240 float=left]Wie könnte man das alte Jahr besser ausklingen lassen als bei der genialen Musik von Johann Strauss? In der halbszenischen Aufführung der Neuen Oper Austria machte der Abend besonders Spaß.

Eine halbszenische Aufführung, noch dazu auf einer Konzertbühne, ist ja immer etwas heikel, weil nur wenig Platz zur Verfügung steht. Regisseur Wolfgang Gratschmaier, den ich bisher nur als Sänger kannte (zuletzt als Sigismund im Weißen Rössl am Staatstheater Nürnberg), löste das Dilemma sehr gut. Der Salon der Eisensteins bestand aus Stühlen und einem Tisch und ein paar Palmen, verwandelte sich wenig später in den Ballsaal des Prinzen Orlofskys und selbst das fidele Gefängnis lies sich damit gut abbilden. Dabei agierten alle Beteiligten immer sehr natürlich und mit tollem Ausdruck. Ein paar Besonderheiten hatte er sich einfallen lassen, die das Ganze noch zusätzlich aufpeppten. All zu viel sei hier für eventuelle zukünftige Vorstellungen nicht verraten, aber das Publikum sollte sich schon darauf einstellen, auch mal mitmachen zu dürfen – oder müssen.

Bereits bei der Ouvertüre merkte man, dass die Philharmonie Baden-Baden unter dem musikalischen Leiter Thomas Rösner in Höchstform ist. Da stimmte jede Nuance, es klang sehr frisch und knackig von der Bühne. Die Besetzung an diesem Abend war absoluter Luxus. Angefangen bei Sigrid Hauser, die als Dr. Blind, Ida und Frosch nicht nur komische Akzente setzte, sondern sich auch harmonisch in die Ensembles einfügte. Wolfgang Gratschmaier selbst trat als Erzähler und in verschiedenen anderen, meist stummen Rollen auf und verstärkte die Ensemble. Die Chorszenen wurden damit wirkungsvoll präsentiert, so weit sie beibehalten wurden. César Augusto Gutiérrez verlieh dem Alfredo einen passenden glutäugigen Latinocharme sowie einen sehr ansprechenden Tenor. Mit Renée Schüttengruber war der Prinz Orlofsky mit einem wohlklingenden Sopran besetzt, sie zeichnete auch ein außerordentlich Rollenportrait. Ihre Schweizer Wurzeln spielte die junge Sopranistin Marysol Schalit aus, als Adele agierte sie sehr kokett, ihre Stimme ist aber schon ein bisschen weiter. Bei Carlo Hartmann war der Gefängnisdirektor Frank in den besten Händen und Mathias Hausmann als Dr. Falke sprühte vor Witz, guter Laune und prächtigem Bariton. Mit Paul Armin Edelmann sang ebenfalls ein Bariton den Eisenstein. Ich ziehe diese Variante dem Tenor vor und an diesem Abend war es das Tüpfelchen auf dem i. Er harmonierte stimmlich und schauspielerisch prächtig mit der Berliner Kammersängerin Michaela Kaune als Rosalinde.

Alles in allem ein wundervoller Abend. Leider war es die letzte der bisher geplanten Vorstellungen der Fledermaus in dieser Fassung und mit dieser Besetzung. Im stürmisch applaudierenden Publikum mag sich so mancher eine Wiederholung gewünscht haben.  

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Wiederaufnahme Im weißen Rössl, 06.10.2013, Staatstheater Nürnberg

[singlepic id=1618 w=320 h=240 float=left]Im weißen Rössl am Wolfgangsee, da steht das Glück der Tür – wer denkt da nicht an kitschige Operettenseligkeit mit Peter Alexander. Das es auch anders geht, zeigte das Staatstheater Nürnberg bei der Wiederaufnahme des Erfolgsstückes.

Leopold, Oberkellner im weißen Rössl, liebt seine Chefin, die Josepha Vogelhuber, aber die ist in einen Stammgast aus Berlin, einen Dr. Siedler, verschossen. Der wiederum verliebt sich auf den ersten Blick in Ottilie, die Tochter von Wilhelm Giesecke. Dieser grantelnde Berliner mag den Dr. Siedler ja gar nicht, vertritt er doch die Gegenseite in einem Patentstreit mit Papa Sülzheimer aus Sangershausen. Lange wähnt er seine Tochter auf eine Verlobung mit dem Sohn Sülzheimer zusteuernd, der aber ein Auge auf Klärchen, die Tochter des Privatgelehrten Hinzelmann geworfen hat. Um das Chaos komplett zu machen, steigt auch noch der Kaiser im Rössl ab, und er ist es, der Josepha den Schubs in die richtige Richtung gibt.

Die Bühne von Toto besteht aus zwei verschiedenen Elementen: ein sehr schön gerahmtes Gemälde vom Wolfgangsee, vor dem sich einige Szenen abspielen und dahinter ein Kubus, der vorne Wirtschaft und hinten Kuhstall ist, aber irgendwie sieht beides gleich aus. Und obendrauf wahlweise ein Berggipfel oder das ominöse Balkonzimmer. Dazu noch ein paar Fenster von oben, die je nach Bedarf nach unten gefahren werden können, fertig ist die Idylle am See. Dazu Kostüme, die durchaus als passend angesehen werden können, wenn man auf Tüllrüschen unterm Dirndl steht. Also beides weder zu realistisch noch zu entfremdet.

Thomas Enzingers Regie setzt auf viele kleine komische Elemente, ohne in den Klamauk abzurutschen. Da muss man schon genau hinsehen, um alles mitzubekommen. Wie die Postbotin die zweite Maß Bier auf ex trinkt zum Beispiel. Oder man dem wackligen Kaiser (sehr souverän Richard Kindley) vom Pferd helfen will und ihn dabei erst mal in Schieflage bringt. Überhaupt: das Pferd! Und die Kühe! Und die steppenden Schwimmer! Und überhaupt. Das sprüht geradezu vor guter Laune. Lediglich mit der Jodlerin und dem Hahn und ihrem überzogenen Gekreische konnte ich mich nicht anfreunden, aber das ist sicher eine Gewöhnungssache. Er lässt aber genauso die leisen Elemente zu, etwa wenn Josepha mit dem Kaiser spricht.

[singlepic id=1619 w=320 h=240 float=right]Das Staatstheater Nürnberg spielt eine Rekonstruktion der Originalfassung, die erst 2009 in Zagreb wieder aufgetaucht war. Da wechselt sich die Zither mit jazzigen Elementen ab, Slowfox, Walzer, Watschentanz beleben nicht nur die Bühne, sondern auch den Graben. Gábor Káli findet sich in diesem musikalischen Dschungel bestens zurecht und hält Orchester und Bühne immer schön in Einklang. Das ist bei dieser Revueoperette von Ralph Benatzky besonders wichtig, denn sie bezieht viel Komik aus dem exakten Timing. Der Chor zeigt sich spielfreudig und ist gut einstudiert von Tarmo Vaask.

Ein besonderer Coup gelungen ist dem Staatstheater bei der Verpflichtung von Volker Heißmann als Leopold. Der weit über die fränkischen Grenzen hinaus bekannte Kabarettist ist der Publikumsliebling dieser Vorstellung, kein Wunder, er singt nicht nur, sondern wirft auch noch immer wieder scheinbar mühelos tagesaktuelle Pointen in den Raum. Lediglich beim schönsten Liebeslied des Abends Es muss was wunderbares sein lässt er ein bisschen den Schmelz vermissen, den dieses Lied braucht, um authentisch zu sein. An seiner Seite spielt und singt Heike Susanne Daum die Josepha mit Bravour, sie zeigt die empfindliche Seite der resoluten Wirtin, dass es mich fast zu Tränen gerührt hat. Ein besonderes Highlight ist auch Uwe Schönbeck als Giesecke, der polternde Berliner hat das Herz auf dem rechten Fleck. Ein schönes Paar sind Martin Platz als Siedler und Isabel Blechschmidt als Ottilie, rührend schüchtern Monika Reinhard als Klärchen und passend galant-schlüpfrig Wolfgang Gratschmaier als Sigismund. Bis in die kleinste Nebenrolle wurde sehr genau auf den Typ geachtet und so zeigt sich ein homogenes Ganzes, das einen ganzen Abend voller Spaß verschafft. Am Ende verlässt man pfeifend oder summend das Opernhaus.

Musikalische Leitung Gábor Káli, Inszenierung Thomas Enzinger, Bühne und Kostüme Toto, Choreographie Markus Buehlmann, Chor Tarmo Vaask, Dramaturgie Sonja Westerbeck
Heike Susanne Daum (Josepha Vogelhuber, Wirtin zum “Weißen Rößl”), Volker Heißmann (Leopold Brandmeyer, Zahlkellner), Uwe Schönbeck (Wilhelm Giesecke, Fabrikant), Isabel Blechschmidt (Ottilie, seine Tochter), Martin Platz (Dr. Otto Siedler, Rechtsanwalt), Wolfgang Gratschmaier (Sigismund Sülzheimer), Richard Kindley (Kaiser Franz Joseph I), Erik Raskopf (Professor Dr. Hinzelmann), Monika Reinhard (Klärchen, seine Tochter), André Sultan-Sade (Piccolo Gustl), Stefanie Gröschel-Unterbäumer (Kathi), Andrea Jörg (Jodlerin), Tobias Link (Fremdenführer), Adolf Pivernetz (Bergführer)

Weitere Vorstellungen: Sonntag, 13.10.2013 19:00 Uhr • Samstag, 09.11.2013 19:30 Uhr • Montag, 11.11.2013 20:00 Uhr • Freitag, 06.12.2013 20:00 Uhr

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Der Bettelstudent, 20.05.2013, Gärtnerplatztheater (in der Philharmonie Köln)

[singlepic id=1536 w=320 h=240 float=left]Nach Boccaccio in 2009 und Viva la Mamma! in 2011 war das die dritte konzertante Aufführung eines Gärtnerplatz-Stückes, das ich in der Philharmonie Köln erlebt habe. Wieder gelang es allen Beteiligten, die Atmosphäre des Stückes einzufangen und auch bei einer konzertanten Aufführung das Schauspielerische nicht zu kurz kommen zu lassen.

Dazu genügten die Kostüme und ein Möbelstück. Und ein Ensemble, das mit Lust dabei war. Ich gestehe, mir hat Der Bettelstudent anfangs nicht gefallen, ich fand die Melodien irgendwie doof und bis auf den Schulterkuss kannte ich nichts. Das hat sich nach dem zweiten Mal sehen und hören aber schon geändert und nun haben sich die Melodien in meinem Kopf festgesetzt und spuken da von Zeit zu Zeit rum. Musikalisch war es sehr schön und durch den weitgehenden Wegfall des Szenischen (lediglich die Auftritte und Abgänge und, soweit es die Platzverhältnisse zuließen, choreographische Elemente wurden gespielt) konnte ich mich ganz auf den Text konzentrieren und habe diesmal wirklich alles bis ins kleinste verstanden 😉

Elvira Hasanagic ist wirklich eine ganz fantastische Laura. Ihr glockenheller Sopran überstrahlte bereits im Prinzregententheater mit Leichtigkeit auch große Ensembles, hoffentlich gibt es ein Wiedersehen mit der talentierten jungen Sängerin. Zusammen mit ihrem Bühnenpartner Daniel Prohaska, der wieder dem Symon Symonowicz sehr schön Stimme und Gestalt verlieh, sang sie das Liebesduett Ich setz den Fall ausgesprochend berührend. Auch das zweite Paar, Simona Eisinger als Bronislava und Mathias Hausmann als Jan Janicki, glänzten in ihrem Duett besonders, beide sind wirklich hervorragende Sänger und Darsteller. Besonders gut gefallen hat mir übrigens die Kombination von Tenor mit Bariton; die eigentlich vorgeschriebene Tenor/Tenor-Variante kann ich mir insbesondere in den Duetten von Symon und Jan gar nicht richtig vorstellen. Köstlich auch wieder die vier sächsischen Offiziere, angeführt von Holger Ohlmann. Der Ollendorf bekam für die extra für Köln gedichtete Strophe des Couplets rauschenden Applaus. Torsten Frisch sächselte den Enterich akustisch sehr verständlich und machte die Rolle damit zu einem kleinen Höhepunkt. Susanne Heyng bei ihrem wirklich letzten Auftritt für das Gärtnerplatztheater vor dem Ruhestand, Franz Wyzner, Frances Lucey und Martin Hausmann komplettierten das bestens aufgelegte Ensemble.

Der Chor zeigte, dass er auch singen kann, wenn er nicht spielt, und Florian Wolf, Stefan Thomas und Marcus Wandl erfüllten ihre kleinen Soli mit Leben.
Ein sehr schöner Abend, der nicht nur mir Spaß gemacht hat. Schade, dass die Vorstellung gleichzeitig die Dernière war.

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Spielplan Gärtnerplatztheater 2013-2014, vorgestellt von Josef E. Köpplinger, 21.3.2013 (Pressekonferenz)

[singlepic id=1484 w=320 h=240 float=left]über die Pressekonferenz vom Vormittag habe ich drüben bei mucbook geschrieben. Die Pressekonferenz war gut besucht, allerdings finden sich bisher nur wenige Artikel online, zB. bei der SZ, bei der AZ und dem BR. Jakobine Kempkens Beitrag ist beim Neuen Merker leider total versteckt. Leider hatte ich einen sehr unangenehmen Sitznachbarn, der nicht nur abwechselnd nach Fußschweiß und kaltem Rauch stank und total verdreckte und dem Geruch nach urteilen schon länger nicht gewaschene Klamotten anhatte, sondern sich auch noch beständig mit seiner Nachbarin unterhielt. Nächstes Jahr suche ich mir einen Platz, von dem ich flüchten kann, ohne drei Leute aufzuscheuchen.

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Premiere Die Csárdásfürstin, 12.01.2013, Theater Dortmund

[singlepic id=1445 w=240 h=320 float=left]Die Csárdásfürstin ist ein gern gespieltes Werk und Emmerich Kálmáns erfolgreichste Operette. An der Oper Dortmund hatte jetzt eine umjubelte Neuproduktion mit der fabelhaften Heike Susanne Daum in der Titelrolle Premiere.

Das Theater Dortmund ist in vieler Hinsicht ein ungewöhnliches Haus. Der typische Bau der Sechziger Jahre bietet fast 1200 Zuschauern Platz. Die Sessel mit stärker zurück geneigter Lehne als üblich sind gewöhnungsbedürftig, aber auf die Dauer doch erstaunlich bequem. Es war nur, sowohl im Foyer wie auch im Zuschauerraum, über weite Strecken viel zu kalt. Dass die Zuschauer dies gewöhnt sind, konnte man an den vielen Schals und Jacken erkennen, die auch im Zuschauerraum getragen wurden. Ebenfalls ungewöhnlich sind die Garderobenschränke wie im Freibad. Dieses System hat sicher auch Vorteile, aber aus eigener Erfahrung weiß ich, wie wichtig für Stammbesucher ein vertrautes Gesicht an der Garderobe ist. Das Programmheft, eigentlich nur ein Flyer, ist sehr dürftig ausgefallen. Man findet weder die Biografien der Beteiligten noch eine über einen kurzen Artikel und die Inhaltsangabe hinausgehende Beschäftigung mit dem Werk.

Die Csárdásfürstin ist eine Operette über Standesunterschiede und die Überwindung derselben durch die wahrhaftige Liebe. Obwohl, hätte sich Edwin wirklich am Ende gegen seinen Vater gestellt, wenn der ihm die Heirat nicht doch noch erlaubt hätte? Der hatte Standesdünkel ohne Ende und knickt erst ein, als er erkennen muss, dass er selbst schon seit langem mit einer Varietéhure, wie er die Chansonette Sylva Varescu mal abfällig genannt hat, verheiratet ist. Sein Sohn Edwin liebt Sylva zwar, aber er ist schwach und kann das Heiratsversprechen nicht einlösen, dass er ihr gegeben hatte. Da müssen halt wieder die Frauen die Sache in die Hand nehmen und so erzwingt Anhilte, seine Mutter, die Einwilligung des Vaters zur Heirat. Dazwischen gibt es sehr schöne, weit über diese Operette hinaus bekannt gewordene, Melodien. Kálmán spannt den musikalischen Bogen von Budapest nach Wien, von Csárdás bis Walzer, ohne in Operettenseligkeit zu versinken. Vielmehr spiegelt sein Werk ebenso wie das Libretto von Leo Stein und Béla Jenbach die Entstehungszeit 1914/15 wieder.

Die Inszenierung von Ricarda Regina Ludigkeit nach einem Regiekonzept von Josef Ernst Köpplinger (eine Übernahme vom Staatstheater Nürnberg) greift diese Zeit auf, da marschieren am Ende die Soldaten in eine ungewisse Zukunft. Die Hinterbühne des Orpheums, der Salon der Lippert-Weilersheims, Edwins Eltern, selbst die Hotellobby, in dem der letzte Akt spielt, alles besteht aus den gleichen Mauern, von denen der Putz abblättert, mit mal mehr, mal weniger luxuriösem Interieur (Bühne Rainer Sinnell). Wenig Sinn habe ich in den Tanzeinlagen gesehen. Was sollten uns schwarz maskierte Edwin/Sylva-Doubles sagen? Ober Clowns, die die Sänger bewegen wie Puppen? Ohne diese hätte man den Fokus noch mehr auf die ganz ausgezeichneten Sängerdarsteller legen können und noch ein bisschen mehr Temperament rauskitzeln können. Die Kostüme von Marie-Luise Walek sind sehr schön und passend zur Zeit, vor allem die Kleider der Damen.

Musikalisch und szenisch blieben keine Wünsche offen. Hier hat man wirklich nur die besten verpflichtet. Heike Susanne Daum ist die Rolle der Sylva Varescu auf den Leib geschneidert. Mit ihrer ebenso temperamentvollen wie anrührenden Darstellung und mit makellosem Gesang feierte sie eine umjubelte Rückkehr an ihr früheres Stammhaus. Die Duette mit Edwin waren die Höhepunkte des Abends, denn in Peter Bording fand sich ein kongenialer Partner. Aber auch die anderen zwei Paare, Stasi und Boni und Edwins Eltern, waren echte Traumpaare. Tamara Weimerich und Philippe Clark Hall sowie Johanna Schoppa und Andreas Ksienzyk zeichneten tolle Rollenportraits, ebenso Hannes Brock als Feri Bácsi. Der Chor bestach durch Spielfreude und war von Granville Walker sehr gut einstudiert. Philipp Armbruster leitete die Dortmunder Philharmoniker mit genau der richtigen Mischung von Temperament und Zurückhaltung. Am Ende großer Jubel für alle Beteiligten.

Choreinstudierung: Granville Walker, Leopold Maria, Fürst von und zu Lipper-Weylersheim: Andreas Ksienzyk, Anhilte, seine Gemahlin: Johanna Schoppa, Edwin, beider Sohn: Peter Bording, Stasi, seine Cousine: Tamara Weimerich, Graf Boni Káncsiánu: Philippe Clark Hall, Sylva Varescu, Varieté Sängerin: Heike Susanne Daum, Feri von Kerekes, genant Feri Bácsi: Ks. Hannes Brock, Eugen von Rohnsdorff: Bastian Thurner, Musikalische Leitung: Philipp Armbruster, Inszenierung und Choreografie: Ricarda Regina Ludigkeit, Regiekonzeption: Josef Ernst Köpplinger, Bühne: Rainer Sinell, Kostüme: Marie-Luise Walek

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Neujahrskonzert, 04.01.2013, Pfarrzentrum Aichach

Gutes Neues Jahr!München hat zwar kulturell viel zu bieten, aber hochkarätig besetzte Operettenkonzerte sind doch eher die Ausnahme. Da muss man schon in die Provinz fahren um sage und schreibe vier fünf ehemalige Ensemblemitglieder des Gärtnerplatztheaters zu hören.
Los gings mit dem schwungvollen Galop infernal, der allerdings in der kammermusikalischen Besetzung des philharmonischen Orchester Augsburg unter der Leitung von Andreas Lübke, das mir ansonsten gut gefallen hat, etwas dünn klang. Da konnte mich Wolfgang Schwaninger mit dem Auftrittslied des Barinkay aus dem Zigeunerbaron schon mehr begeistern. Ich denke immer wieder gerne an sein kurzfristiges Einspringen in der Gräfin Mariza am Gärtnerplatz zurück.Weiter gings mit einer Liedfolge, die ich für mich Weiber-Medley getauft habe, alles sehr gefällige, bekannte Operettenmelodien. Hier hatte ich das erste Mal den Eindruck, in einer Singalongvorstellung gelandet zu sein, ich hörte das Publikum leise mitsingen. Barbara Schmidt-Gaden lud als Prinz Orlofsky zum Fest nach ihren Regeln, eine sehr schöne Interpretation. Elisabeth Artmeier stellte dann fest Meine Lippen, die küssen so heiß, während Marko Kathol gestand, dass er alle Frauen liebe, egal welche Haarfarbe. Stefan Sevenich gab den konsternierten Oberst Ollendorf wieder so köstlich wie man ihn kennt, szenisch und musikalisch ausdrucksstark. Torsten Frisch sang von der Schüchternheit, während Wolfgang Schwaninger bekannte Gern hab ich die Fraun geküsst. Zurück zum Zigeunerbaron ging es dann nochmal mit Stefan Sevenich und Zsupans Ja, das Schreiben und das Lesen. Bevor die Pause eingeläutet wurde gab es noch bekannte Melodien aus der Fledermaus. Torsten Frisch sang, wie schon so oft am Gärtnerplatz, ein wunderbares Brüderlein und Schwesterlein, und auch der Champagner durfte natürlich nicht fehlen. Gut gelaunt ging es in die Pause.
Wenn ich einmal reich wär philosophierte Stefan Sevenich zu Beginn des zweiten Teils und glänzte gleich danach in einer seiner Paraderollen als Alfred P. Doolittle in den nun folgenden Ausschnitten aus My fair Lady. Barbara Schmidt-Gaden sang eine bezaubernde Eliza im Dirndl mit der bayerischen Version von Wäre det nich wunderschön und Elisabeth Artmeier präsentierte die gleiche Rolle ganz anders mit Ich hätt getanzt heut Nacht. Jeder im Publikum hätte Wolfgang Schwaninger zu diesem Zeitpunkt wohl zugestimmt, als er Freunde, das Leben ist lebenswert anstimmte. Man konnte die gute Laune des Publikums förmlich in der Luft vibrieren spüren. Zum Abschluss gab es einen Querschnitt aus dem Singspiel Im weißen Rössl zu hören. Das scheint ja momentan en Vogue zu sein, gibt es doch unter anderem am Gärtnerplatztheater, in Münster, Kaiserslautern, Nürnberg und der Komischen Oper Berlin aktuelle Inszenierungen. Allerdings kamen mir, nach der schmissigen Urfassung des Gärtnerplatztheaters, die walzerseligen Melodien an diesem Abend doch etwas zu süßlich vor. Aber immerhin gab es eine Blaskapelle und eine herrliche Kaiserparodie von Günter Schulzke. Torsten Frisch glänzte als Siedler, Marko Kathol verlieh dem Leopold a bisserl Schmäh und Barbara Schmidt-Gaden und Elisabeth Artmeier teilten sich die Frauenrollen.
Ein schön zusammengestelltes Programm mit vielen gesanglichen Höhepunkten, das mit dem unvermeidlichen Radetzky-Marsch endete. Das Publikum dankte mit lang anhaltendem Applaus für alle Künstler. Manchmal lohnt es sich wirklich, ins Umland zu fahren.

 

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Neujahrs-Konzert, 01.01.2013, Veranstaltungsforum Fürstenfeld

Einen schönen musikalischen Start ins Jahr 2013 bescherte die Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck zusammen den Solisten Christina Gerstberger, Christian Bauer und Torsten Frisch sowie mit dem Leipziger Symphonieorchester unter der Leitung von Klaus Linkel dem zahlreich erschienenen Publikum am Neujahrstag.

Durch das sorgfältig zusammengestellte Programm führt charmant und kenntnisreich Lilli Linkel. Im ersten Teil gab es Melodien aus Jacques Offenbachs selten außerhalb Frankreichs gespielter Operette Die schöne Helena. Schon bei der Ouvertüre zeigte sich das Orchester bestens disponiert. Die Melodien waren sehr spritzig und mehr als einmal an diesem Abend habe ich mich gefragt, warum dieses Stück nicht zum Standardrepertoire gehört. Allerdings zeigte es sich, dass die Gesangspartien musikalisch sehr anspruchsvoll sind. Christina Gerstberger in der Titelrolle überzeugte mit glockenhellem Soran ebenso wie Christian Bauer als Paris und Torsten Frisch mit wohlklingendem Bariton als Menelaus. Quasi ganz nebenbei spielten die drei auch noch die Szenen an, die sie sangen.

Ebenfalls bestens vorbereitet waren die Damen (sehr schön: einheitlich gekleidet im ersten Teil, ein buntes Bild im zweiten Teil) und Herren der Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck. Teils sangen sie Chorstücke, teils begleiteten sie die Solisten, das war wirklich alles perfekt. Beschwingt durch das Finale 2. Akt ging es in die Pause.

Eine Nacht in Venedig präsentierte das Ensemble im zweiten Teil und glänzte auch mit den bekannten Melodien von Johann Strauss. Besonders gefallen haben mir jedoch die Ausflüge in andere Operetten. Das Duett von Boccaccio und Fiametta Mia bella fiorentina (leider auf deutsch, in der Operette wird es meist italienisch gesungen). Christina Gerstberger empfand ich schon am Gärtnerplatztheater in dieser Rolle als ideal, Torsten Frisch übernahm die Mezzorolle des Boccaccio. Zuvor sang er noch Dunkelrote Rosen aus der Operette Gasparone mit herrlichem Schmelz, da wunderte es einen dann doch, dass immer nur die Tenöre die hübschen Soprane abbekommen. Christian Bauer konterte mit einem traumhaften Lagunenwalzer. Der Aufzugsmarsch Horch, von San Marco der Glocken Geläut setzte einen schönen Schlusspunkt, bei dem nochmal alle auf der Bühne ihr Bestes gaben.

Am Ende gab es stürmischen Applaus für alle Beteiligten und das Publikum entliess Solisten, Chor und Orchester erst nach nicht weniger als drei Zugaben. Ein musikalisches Jahr, das so anfängt, muss ja gut weitergehen!

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Interview mit Tanja Ariane Baumgartner

[singlepic id=1367 w=240 h=320 float=left]Sehr geehrte Frau Baumgartner, vielen Dank für dieses Interview. Zum Einstieg möchte ich Sie bitten, etwas über Ihren Werdegang zu erzählen.

Ich war zuerst Geigerin; ich habe Geige studiert, obwohl ich immer als Kind sehr gerne gesungen habe, aber das war so ganz selbstverständlich. Dann ging es darum, ein Instrument zu lernen. Da habe ich mir die Geige ausgesucht – ich glaube, auch aus dem Grund, weil die Farbe der Geige der einer Stimme am nächsten ist. Irgendwann hatte ich dann einen sehr guten Lehrer und fing an, sehr viel zu üben, da ich auch merkte: Musik muss in meinem Leben doch eine zentrale Rolle spielen. Ich habe dann Violine studiert, in Freiburg, bis zum Diplom. Ich habe im Orchester als Aushilfe gespielt, im Theater Freiburg und der Jungen Deutschen Philharmonie. Ich habe aber schon während des Studiums auch meine Stimme entdeckt, und es hat immer so ein kleines weinendes Auge zu den Sängern herübergeschaut. Ich habe dann beschlossen, danach Gesang zu studieren. So kam das.

Wie kam dann der berufliche Einstieg auf der Bühne?

Am Anfang war ich Sopran. Ich habe also ganz hoch begonnen; ich habe wirklich zur Aufnahmeprüfung die erste Arie der Königin der Nacht gesungen, und “Exsultate, Jubilate”. Man glaubt es jetzt nicht mehr. (Beide lachen.) Ich habe dann aber als Sopran hauptsächlich Konzerte gesungen, auf der Opernbühne hat man mir den lyrischen Sopran nicht geglaubt. Ich war einfach immer Mezzo, schätze ich, allerdings mit einem sehr großen Stimmumfang, der viel ermöglicht. Aber es war auch schön, die Schöpfung, Jahreszeiten, Elias und die wunderbaren Oratorien und Passionen als Sopran zu singen. Eine meiner ersten Opernpartien war an der Jungen Oper in Stuttgart, in einer Kinderoper. Danach kam der Wechsel, und mein Debüt als Mezzo war in Wien an der Kammeroper als Rosina.

Wann war das?

Das war 2002. Danach kam sofort das erste Teilzeit-Engagement in Luzern.

Luzern, genau, bis 2008. Da gibt es ja bestimmt auch viele Erinnerungen an diese Zeit?

Ja, es war eine schöne Zeit. Ich meine, in so einem Ensemble – am Anfang ist es aufregend. Aber dann lebt man ja relativ ruhig an einem kleinen Haus. Man hat zwar viel zu tun, aber man singt 25 Mal die Zauberflöte, dritte Dame und solche Partien. Einige größere Partien, aber auch viele kleine und unbekannte Partien, bei denen man sich ganz ruhig frei spielen und singen kann.

Und größere Rollen kamen dann auch schon?

Doch, doch, es kam Charlotte (Werther), es kam eine Mrs. Quickly (Falstaff) – es gab eine Giulietta in Hoffmanns Erzählungen, Baba the Turk (The Rake’s Progress), usw. Aber die größeren Fachpartien habe ich dann eigentlich in Basel gemacht, mit Penthesilea, Prinzessin Eboli (Don Carlo).

Wie erarbeiten Sie sich eine Rolle, wenn Sie neu an eine Rolle herangehen?

Ich lese erst einmal die Noten und den Text, dann gehe ich an die Hintergründe und historischen Zusammenhänge. Dann gehe ich zu meinem Pianisten. Ich gehe meistens relativ früh und lerne gerne mit meiner eigenen Aufnahme dann das Stück. Ich versuche, mir so eine Master-Aufnahme zu machen. Am liebsten eigentlich so. Denn ich finde, dann hat man auch einen freieren Kopf. Ich lerne es auch am besten mit meiner eigenen Stimme. (Lacht.)

Singen Sie lieber Neuproduktionen oder Repertoire?

Ich finde beides spannend. Ich finde, eine Neuproduktion ist immer etwas Tolles, denn natürlich hat man sehr viel Zeit für die Rolle. Auf der anderen Seite, in einer Repertoire-Vorstellung, wenn das Stück schon sehr lange läuft, kann es auch sehr spannend sein, sich da hineinzufinden. Es muss eben dann sehr schnell gehen und man muss sehr viel Interpretationsarbeit zu Hause machen. Es wird mehr von einem selber gefordert.

Man kann sich auch besser einbringen?

Es kommt darauf an, manchmal hat man in einer neuen Produktion einen Regisseur, der einem viele Freiheiten lässt, manchmal nicht. Dasselbe gilt auch für die Assistenten in einer Wiederaufnahme.

Seit der Spielzeit 2009/10 sind Sie in Frankfurt am Haus. Wie kam es zu dem Engagement?

Der Intendant der Oper Frankfurt war in einer Repertoire-Vorstellung im Luzerner Theater und hat mich als Mrs. Quickly gehört, und hat mir am nächsten Tag schon einen Vertrag angeboten. Dann kam er noch zur Penthesilea in Basel, danach war alles klar. Zwei Jahre später habe ich dann in Frankfurt begonnen.

Hatten Sie vorher schon Verbindungen nach Frankfurt?

Außer, dass ich dort einmal eine Vorstellung von Faust gesehen habe, keine.

Und vom Ensemble her fühlen Sie sich da auch sehr wohl, vom Ausprobieren her, oder von …?

Ja, sehr! Ich habe tolle Kollegen, und das Opern- und Museumsorchester ist ein fantastischer Klangkörper, was ich sehr, sehr wichtig finde, wenn man irgendwo fest ist. Dann finde ich es schön, weil wir so viel Repertoire spielen – es gibt ca. 30 oder 32 Opern und davon 14 oder 16 Neuproduktionen, ich weiß die Zahlen nicht ganz genau. Aber es ist eine gute Mischung. Und es ist doch viel drin: italienisches, deutsches, auch französisches Repertoire. – Sie kennen die Oper Frankfurt?

Ich bin öfters in Frankfurt, ich habe auch ein Abonnement für die Oper Frankfurt.

Das freut mich. Gefällt es Ihnen?

Ja. Gerade das Ensemble in Frankfurt ist eine tolle Sache. Die Grund-Qualität ist so hoch, dass es immer wieder interessant ist und Spaß macht.

Ja, das macht auch Spaß. Ich finde es schon wichtig, wenn die Kollegen toll sind. Ich hatte jetzt gerade ein Kammermusik-Konzert hier in Salzburg, mit dem Bennewitz-Quartett. Ich war so berührt, mit dem Quartett Musik machen zu dürfen. Das funktioniert natürlich auch in einem guten Ensemble genauso. Wir kennen uns und wissen, obwohl wir alle Solisten sind und natürlich oft die rein solistische Fähigkeit gefragt ist, so sind wir doch auch Teamplayer.

Und dann das sehr gute Orchester noch – das macht bestimmt auch den Sängern immer wieder Spaß, die Unterstützung von dem Orchester zu haben.

Ja die unterstützen uns sehr, sie geben uns oft ein Feedback und man merkt, dass sie jedem Sänger auch zuhören und ihn begleiten und unterstützen wollen.

Gibt es Vorlieben bei Ihnen für eine bestimmte Richtung?

Dem italienische Repertoire, dem gehört schon meine besondere Liebe. Wobei – Wagner ist auch für mich sehr, sehr spannend, und im französischen Repertoire gäbe es auch noch sehr viel zu entdecken: Gerade diese Meyerbeer-Sachen, die sehr selten gespielt werden, die sehr viel Virtuosität erfordern – also, das würde mich sehr reizen. Carmen habe ich ja jetzt gerade gesungen, das werde ich immer wieder gerne machen. Aber eben mal so was Außergewöhnliches…

Gibt es da im italienischen Fach eine Lieblingsrolle? Ich glaube, Verdi-Partien liegen Ihnen auch sehr am Herzen?

Ja, schon Prinzessin Eboli (Don Carlo), Amneris (Aida) auch, die zwei, ja. Eboli vielleicht sogar noch mehr.

In Frankfurt und in Basel, Sie haben es schon erwähnt, haben Sie die Titelrolle in Othmar Schoecks Penthesilea gesungen, in der Inszenierung von Hans Neuenfels – ein großer Erfolg. Wie ist es denn, auf der Bühne alleine das Ganze zu gestalten, da einzutauchen, quasi?

In diesen Wahnsinn? (Beide lachen.) Am Anfang, die erste Produktion, also in Basel diese Rolle zu erarbeiten, das war unglaublich, wirklich sehr viel Arbeit, und es ging an physische und psychische Grenzen. Denn das ist schon eine Rolle, die einen einfach sehr mitnimmt. Sowohl sängerisch, sie liegt extrem unsanglich in vielen Teilen, als auch physisch, denn natürlich, jede Sekunde muss da gefüllt und konzentriert sein, und psychisch. Diese Spannung, und dieser Wahnsinn, in den die Figur sich begibt, das ist nicht ganz leicht auszuhalten. Denn man hat ja auch keine Pause – ich glaube, ich gehe einmal ab, für fünf Minuten. Oder vielleicht sind es sieben oder so, aber das war es dann eigentlich. Und davor geht es Schlag auf Schlag.

Wie war die Zusammenarbeit mit Hans Neuenfels?

Spannend. Also, ich muss sagen, Neuenfels war einer, der hat bei mir Türen geöffnet, die noch kein anderer vorher so geöffnet hat. Ein künstlerischer Durchbruch.

In Salzburg haben Sie 2010 als Gräfin Geschwitz in Alban Bergs Oper Lulu debütiert. Wie ist die Atmosphäre in Salzburg, wie ist es, in der Festspielzeit hier zu arbeiten?

Aufregend! Es ist toll. Ich finde es wirklich schön. Am Anfang, bevor die Festspiele begonnen haben, ist es sehr, sehr familiär.

Wenn noch keiner da ist …

Genau. Es sind dann doch aber alle Künstler da. Sie haben ein schönes Künstlerfest gemacht, kurz vor der Eröffnung, wo dann alle zusammen noch mal gegessen und gefeiert haben. Das ist schon so richtig Familien-Treffen. Ich würde es ein bisschen vergleichen – also, ohne die Kompetition, aber es ist eine Art Olympiade, vom Treffen her. (Nicht, dass jetzt hier Sport oder Wettkämpfe ausgetragen werden, um Gottes Willen.) Aufregend. Toll. Ja, ich bin sehr gerne hier. Das ganze Festspielhaus atmet die Vergangenheit, und hier haben die größten Sänger gesungen und die größten Dirigenten und Orchester dirigiert respektive gespielt. Ich freue mich unglaublich, dass ich dabei sein darf.

[singlepic id=1366 w=240 h=320 float=right]Die Atmosphäre; die ganze Vergangenheit, die hier in dem Bau steckt.

Genau.

Jetzt in der Festspielzeit singen Sie in Die Soldaten von Bernd Alois Zimmermann die Charlotte – würden Sie uns einen Einblick in das Stück geben, und wie Ihre Rolle da angelegt ist?

Ich bin die Schwester der Soldaten-Marie. Marie hat einen Freund, fängt dann mit einem anderen etwas an, dann kommt der Nächste, immer auf der Suche nach dem Glück und besseren Lebensumständen, bis sie als Soldatenhure endet… ich bin die mahnende Schwester, ich bin auch manchmal ein bisschen neidisch, weil Marie natürlich auch sehr viel Erfolg bei den Männern hat und das Ganze am Anfang etwas leichter nimmt, was ich nicht schaffe.

Wie ist da die Zusammenarbeit, mit dem Regisseur Alvis Hermanis, dem Dirigenten Ingo Metzmacher, den Kollegen, so kleine Eindrücke?

Es ist ein fantastisches und auch nettes Cast, die Kollegen sind so toll und gut. Dieses Stück gilt, glaube ich, als das schwerste Stück der Moderne. Ich dachte, Reimanns Medea sei schwer, aber das toppt es noch. Und das gilt für alle Partien. Der Dirigent hat immer wieder Geduld mit uns, und wir machen wieder Proben, und der Regisseur ist toll. Er gibt sehr viel darstellerische Freiheit und greift nur ein, wenn er denkt, dass man in eine falsche Richtung läuft.

Würden Sie uns einen Ausblick in Ihre nächste Spielzeit geben, bzw. was in Zukunft noch kommt?

Jetzt kommt die Wiederaufnahme von Adriana Lecouvreur in Frankfurt, ein Verdi-Requiem in Straßburg, ein erster Akt Tristan in Glasgow/Edinburgh mit Donald Runnicles, Nina Stemme und Scottish BBC. Meine erste Santuzza in Düsseldorf, Cornelia in Giulio Cesare in Frankfurt, meine ersten Frickas in Frankfurt, die erste Ortrud in Frankfurt, Eboli wieder, dann gibt es einen Opernabend an der Staatsoper in Berlin mit Purcells Fairy Queen Kompositionen von Öhring. 2014 meine erste Brangäne an der Deutschen Oper. Das sind so die Highlights. Eine CD mit Pfitzner-Liedern nehme ich im Dezember auf.

Dann sage ich herzlichen Dank für dieses Interview!

Danke!

(Das Interview wurde geführt am 29. Juli 2012 in Salzburg, Fotos von Luigi Caputo.)

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Interview mit Holger Seitz

[singlepic id=1150 w=240 h=320 float=left]Herr Seitz, vielen Dank, dass Sie die Zeit gefunden haben für ein Interview mit uns. Würden Sie uns als erstes etwas über Ihren Werdegang erzählen?

Ich komme aus der Pfalz, aus dem Pfälzer Wald. Schule und so weiter war alles ganz normal, wie es sich gehört. Ich habe sehr früh angefangen als Statist und im Kinderchor im Theater meiner Heimatstadt Kaiserslautern und habe dort auch erste kleine Rollen gespielt. Dort wurde ich quasi entdeckt von unserer damaligen Oberspielleiterin. Dann habe ich so nebenher Ausbildung gemacht und danach über zehn Jahre an verschiedenen Theatern als Schauspieler gearbeitet. Seit knapp 20 Jahren führe ich hauptsächlich Regie: Kaiserslautern, Coburg, Baden-Baden, Wien, Stuttgart, Annaberg-Buchholz, Leipzig, Landshut und noch einige andere Stationen; ich bin ziemlich viel herumgekommen in meinen inzwischen etwas mehr als 30 Berufsjahren.

Gibt es Vorbilder für Sie in den Regiearbeiten oder von den Regisseuren her?

Nein. – Nein. Ich bewundere alle Kollegen, die aus einem Stück heraus, mit ihrer eigenen Phantasie dazu, größere Gedanken als unsereins sie denken kann auf die Bühne bringen und die das Publikum berühren oder unterhalten. Ich habe kein direktes Vorbild. Ich bewundere Menschen, die – wie soll ich sagen –auf der Suche nach einer Wahrheit sind. Ob das jetzt Regiekollegen sind, Darsteller, Schriftsteller, oder ein Pfarrer, ein Lehrer. Die Suche nach irgendeiner Art von Wahrheit, ob das eine politische, eine gesellschaftliche, eine emotionale ist: Je besser Leute es schaffen, das auf die Bühne zu bringen, egal in welcher Funktion, um so größer ist meine Bewunderung. Was ich auch noch sehr bewundere ist, wenn zum Beispiel Regisseure es schaffen, auch in einer menschlichen Art und Weise mit ihren Darstellern umzugehen. Was das angeht, habe ich, als ich noch selber Regie-gequälter Darsteller war, immer mal wieder so ein paar Tyrannen oder menschliche Wracks erlebt, die auf einen losgelassen werden und eigentlich nicht dem Ganzen dienen, einer Idee oder auch den Menschen, die auf der Bühne stehen – solche Selbstdarsteller, die waren eigentlich nie so mein Fall. Wenn ich Regiekollegen bewundert habe, dann die, die es schaffen, klug und menschlich vernünftig mit anderen umzugehen. Da gibt es doch einige. Darunter wären auch einige, die könnte man durchaus Vorbild nennen. Und Leute, die sich selbst treu bleiben und nicht irgendeiner Mode verfallen.

Wie bereiten Sie sich auf eine Produktion vor?

Das ist ganz verschieden. Als ich mal den Faust gemacht habe, da habe ich mich wirklich zwei Jahre intensiv damit beschäftigt, mit Sekundärliteratur, mit diesem, mit jenem. Da habe ich sehr wissenschaftlich auch gearbeitet. Das habe ich dann alles wieder vergessen und versucht, Theater zu machen. Theater soll ja in erster Linie spannend sein. Neben lehrreich und was weiß ich soll es wirklich spannend sein. Wenn man zu sehr akademisch und wissenschaftlich herangeht, dann kann der Unterhaltungswert ein bisschen auf der Strecke bleiben. Zum Beispiel so ein Stück wie Faust bereite ich sehr genau vor. – Hier am Musiktheater hat natürlich die Vorbereitung viel mit der Musik zu tun. Was sagt die Musik, was löst die Musik in mir aus, passend zum Text. Man sollte dann schon die Musik gut kennen. Bevor man anfängt, über ein Bühnenbild nachzudenken, sollte man sich überlegen: Aha, da ist das so besetzt; da kommt die Musik gewaltig, da muss das so und so sein; da auf der Schiene läuft dieses und jenes ab. Und dann gibt es Stücke, die fliegen einem zu. So ähnlich ist es ja bei Darstellern manchmal auch. Oder du liest ein Stück einmal und sagst: “Wow! Dafür habe ich DIE Idee. Das Stück will ich aus diesem bestimmten Grund machen.” Da ist, sagen wir mal, die Vorbereitung nicht so aufwendig. Wenn ich ein Stück inszeniere wie Omama im Apfelbaum, die Kinderoper – und ich würde mich selbst als Menschen bezeichnen, der mit knappen 50 Jahren noch sehr nah am Kind ist – dann fühle ich einfach die Figuren. Mit der Musik zum Beispiel auch. Dann fühle ich diese Figuren, und dann brauche ich nicht sehr nachzudenken. Da weiß ich: ich will in die Erlebniswelt eines Kindes eintauchen, ich mache mich auch dafür offen – dafür muss ich aber nicht tonnenweise Literatur wälzen. Was ich zum Beispiel für Mikado oder Die Piraten von Penzance getan habe. Um mir Hintergründe zu erarbeiten, um es dann ins Heute quasi zu übertragen.

Wie läuft dann die Zusammenarbeit mit Bühnenbildner und Kostümbildner ab? Ab welchem Zeitpunkt?

Das ist auch ganz verschieden. Hier am Gärtnerplatztheater – für Heimatlos, das Musical, mit dem wir jetzt im März Premiere haben, war die Bauprobe im Juli. Das heißt, der Bühnenbildner Herbert Buckmiller und ich haben im vergangenen April, also fast ein Jahr vorher, angefangen, darüber nachzudenken, welchen Stil wir machen und wie das Ganze aussehen soll. Es gibt ja immer noch Änderungen, aber so im Groben wussten wir ein Jahr vorher, wie die Ästhetik von dem Ganzen sein sollte. Und ähnlich ist es mit den Kostümen auch.

Wie gehen Sie auf Vorschläge ein, die von den Sängern kommen? Wie läuft da die Zusammenarbeit?

Das ist von Sänger zu Sänger verschieden. Es gibt Sänger, die von sich aus irrsinnig viel anbieten. Solange das in mein Konzept passt oder in mein Bild von Ästhetik … Ich meine, wir haben komische Talente, und ich fände es furchtbar, wenn ein Regisseur erst mal in diesem Bereich ein Talent unterdrückt und sagt: “Nein, nein, nein, das wird so und so gemacht.” Also ich lasse immer erst mal den Kollegen einen gewissen Vorlauf bei einer ersten Probe. Man redet so ein bisschen, und dann lasse ich sie mal loslegen. Dann versuche ich, die Angebote, die von den Kollegen kommen, in Bahnen zu lenken, wo wir alle gut damit leben können. Zum Beispiel im Bereich Komik kann es durchaus sein, dass mir der eine mal zuviel macht. Wenn ich dann sage: “Oh, das wird dann aber doch ein bisschen arg operettig!” – dann muss man ihn etwas einbremsen. Und auf der anderen Seite Darsteller, die (in Anführungszeichen) etwas seriöser sind, mal ermutigen, eine völlig bekloppte Figur zu spielen. Ich bin offen für jeden Vorschlag. Ich habe für fast alles eine Lösung – das ist auch mein Job. Aber oft haben andere Leute bessere Lösungen, und ich wäre ja völlig bescheuert, wenn ich nicht bessere Lösungen akzeptiere. Da muss man auch ganz uneitel sein. Wenn wir bei Heimatlos bleiben: hier habe ich eine wunderbare Kooperation mit unseren Solisten, zum Beispiel. Da habe ich das Gefühl, wir arbeiten Hand in Hand, wir sind auf eine Schiene gekommen und die fahren wir dann auch, und innerhalb dieser Grenzen arbeiten wir super zusammen. Das ist nicht immer so, aber im Augenblick ja.

Bei dem Musical Heimatlos ist ja das Junge Theater am Gärtnerplatz jtg dabei und das Seniorentheater stg und noch die Solisten …

Neben der Regie umfasst meine Arbeit hier am Gärtnerplatztheater ja auch alles, was mit Kindern, Jugendlichen und so weiter zu tun hat. Was jetzt passiert, ist eigentlich – ein Traum wäre vielleicht zuviel gesagt, aber: Es ist ein mögliches, erstrebenswertes Ziel, dass man zum Beispiel bei jtg und stg Generationen ein bisschen verbindet. Oder dass man durchaus auch sagen kann: Die Kids können profitieren, wenn sie zugucken: Hey, so machen das die Profis, so schnell können die was herstellen, wozu die Kids viel länger brauchen. Auf der anderen Seite: manchmal, wenn ich meine Jugendlichen sehe, mit welchem Einsatz die da herangehen, da kann sich ab und zu auch ein Profi was davon abschneiden. Da nehme ich mich persönlich auch gar nicht aus. Gerade wenn man den Beruf länger macht – Routine ist etwas Wunderbares, es kann aber auch eine erstarrende Routine sein, und da ist zum Beispiel für so einen alten Hasen wie mich das Zusammenarbeiten mit den Jugendlichen durchaus erfrischend. Natürlich sind die Profis gesanglich weiter, da brauchen wir gar nicht darüber reden. Aber das macht ja auch, finde ich, den Charme von so einer Arbeit aus. Wirklich, dass man lernen kann, dass man Ziele hat, dass man sagt: Hey, so möchte ich auch mal auf der Bühne stehen wie zum Beispiel Daniel Fiolka oder Milica Jovanovic. Also, es hat sich, denke ich, bewährt, und es gab vor allen Dingen auch keine Berührungsängste, keine Befindlichkeiten oder sowas seitens der acht Solisten vom Haus, die dabei sind. Könnte ja durchaus sein, dass … aber wir haben bei der Besetzung auch darauf geachtet, und ich habe jeden Kollegen, der mitspielt, gefragt: “Hast du Lust, dieses Abenteuer/Risiko mit den Jugendlichen einzugehen?” Also, es wurde keiner dazu verdonnert. Es hat auch ein Kollege abgelehnt, der wollte das nicht.

Bei dem Musical Heimatlos – gibt es da Besonderheiten, so wie es jetzt gestaltet ist?

Es ist sehr emotional, das Ganze. Der Stück-immanenten Gefühlsduselei versuche ich manchmal ein bisschen entgegenzuwirken, so dass es nicht kitschig wird. Ich finde, die Musik ist toll – das ist ja mit der Hauptgrund, warum ich dieses Stück ausgesucht habe: die Musik hat für mich fast “Les Miserables“-Qualitäten, durchaus ein bisschen was Bombastisches an manchen Strecken. Es hat eine tolle Mischung zwischen beschwingten und komischen Nummern, auch wirklich tollen Arien und tollen Chorszenen, und genau richtig dosiert Szenen, die man vertanzt. Was den Inhalt angeht: Man kann durchaus auch ein bisschen nachdenken bei dem Stück. Wenn ich sehe, der Kleine wird verkauft für 30 Francs. Ich denke automatisch, also ohne dass ich jetzt hinten einblende auf der Opera-Folie: “Arbeitende Kinder in Indien, die für den Westen Billig-Klamotten herstellen.” Also, wer will, der kann so Gedankengänge haben. Oder: was passiert mit einer Kinderseele? Was können da für Welten sich auftun? Wie kann man so ein zartes Pflänzchen Kind zertreten? Wie sind Kinder Spielbälle von anderen Interessen? Das wird alles nicht genau ausgesprochen. Wie gesagt, ich mache da kein modernistisches Theater, dass ich die Handlung jetzt nach Sri Lanka verfrachte oder so. Aber wer genau zuhört … Für mich ist das eine Werbung für: Geht gut mit Kinderseelen um. Gebt ihnen Heimat, gebt ihnen Liebe.

Es ist auch ein mutmachendes Stück. Es ist manchmal an der Grenze zum Kitsch, wie gesagt, aber: Was ist Kitsch? Ich meine: Eltern wissen, wie tief empfunden eine Liebe zu einem Kind sein kann. Und wenn dann plötzlich der Junge “bin vaterlos, bin mutterlos” singt und woanders bei Tieren und bei einem Komödianten, also einem Außenseiter der Gesellschaft eigentlich, wieder Liebe und Geborgenheit findet, das ist schon … Mir persönlich passiert es da immer wieder, dass ich durch die Stadt gehe und zum Beispiel das Verhältnis von Eltern zu ihren Kindern beobachte, und denke: “Hey, die waren ganz toll!” Theater kann da manchmal auch sensibilisieren, würde ich sagen. Das versuche ich dann auch zuzulassen. Das ist übrigens auch eine Art von Vorbereitung (um auf Ihre Frage zurückzukommen, wie ich mich auf Stücke vorbereite). Wenn ich zum Beispiel weiß: ich mache ein Stück über Umweltverschmutzung. Dann filtriere ich Informationen, die in den Nachrichten kommen oder die ich lese, die filtriere ich dann ganz anders. Oder wenn ich ein Stück mache, wo es um Krankheiten geht, sei es jetzt Aids oder – ich habe mal ein Stück über Alzheimer gemacht. Und plötzlich bin ich ganz anders wach, was so eine Problematik angeht. Was für mich dann auch zu der Vorbereitung für so ein Stück gehört. Das läuft teilweise unbewusst ab. Ich gehe dann durch die Stadt und denke da, also wenn es um Umweltverschmutzung geht: Hoppla, muss man denn mit diesem 8000 PS-Auto durch München fahren? Oder: Muss der so schnell an der Ampel anfahren, wo er da dreimal soviel Sprit verbraucht? So laufen auch meine Vorbereitungen ab. Neben der Arbeit am Schreibtisch gehört es auch dazu, mit einem veränderten Fokus durch die Welt zu gehen.

Sie haben ja viele Inszenierungen hier am Haus gemacht. Gibt es da eine, die Ihnen besonders gefällt oder besonders viel Spass gemacht hat?

Es ist immer – oder meistens – die aktuellste. Sagen wir mal, von meinem politischen Bewusstsein war es das Stück, das ich mit der Jugendgruppe gemacht habe: Ab heute heißt du Sara, oder auch was ich ganz am Anfang mit denen gemacht habe, dieses chorische Sprechstück Das Dreivierteljahr des David Rubinovicz oder die literarischen/musikalischen Programme, das war von meinem politischen Engagement her mein Lieblingsding. Oder wenn ich dann etwas mache wie Zauberer von Oz, sage ich: Hey, das ist gute Unterhaltung für die Familie, oder auch mal mit einem höheren Blödsinn umzugehen wie Die Piraten von Penzance, das habe ich auch irrsinnig gerne gemacht. Aber so richtige Favoriten habe ich jetzt eigentlich nicht, wohl auch, weil ich gerade in einer aktuellen Produktion bin. Vielleicht ist in zwei Jahren zurückblickend Heimatlos mein Lieblingsstück, das kann ich jetzt noch nicht sagen.

Welches Stück würden Sie denn gerne mal inszenieren? Gibt es da ein ganz spezielles Stück, wo Sie sagen: Das würde ich gerne mal machen!

Eines wird man mir höchstwahrscheinlich erfüllen: Als Gastvertrag 2014 ist zum Beispiel König Lear von Shakespeare im Gespräch. Ich habe schon Shakespeare inszeniert. Ich liebe Klassiker. Da sage ich sofort Ja. Ich liebe auch Stücke, die ein bisschen was mit anderen Theaterformen zu tun haben. Ich würde zum Beispiel irrsinnig gerne mal ein japanisches Stück inszenieren und mich da befruchten lassen von anderen theatralen Formen. Oder was ich auch immer gerne gemacht habe ist italienisches oder französisches Theater. Im Bereich Oper würde mich durchaus einmal interessieren, wie zum Beispiel jetzt unser Joseph Süß, mal einen Glanert zu machen. Auch mit der ein bisschen kaputten Musik (lacht). Gerade nach fünf Jahren Gärtnerplatztheater, wo ich ja immer versucht habe, auch eine gewisse Wahrheit in den komischen Stoffen zu finden, drängt es mich jetzt ein bisschen nach ernsthafteren Stoffen und nach “großen Tragödien”. Wobei es Stücke gibt, zu denen hat man Zugang – also wenn man mir jetzt den Sommernachtstraum anbietet, um bei Shakespeare zu bleiben. Oder, wie gesagt, König Lear oder Richard III, da sage ich: Mache ich sofort. Ich könnte zum Beispiel mit dem Kaufmann von Venedig nichts anfangen, da müsste ich Nein sagen. Beim Musiktheater geht es genauso. Ich mache auch gerne Operette. (Es gibt dann aber bestimmt ein paar Operetten, die wären mir einfach zu blöd.) Sowas wie das Rößl, in dem Bereich. Die Zirkusprinzessin, sowas würde ich auch gerne mal machen. In der Oper würde ich mich langsam auch mal an ein paar ernstere Stücke trauen – muss nicht Wagner sein. Verdi oder so. So allmählich. Aber Wunsch-Stücke – nun, es gibt Stücke, die ich nicht mache, sagen wir mal so, weil ich sie inhaltlich teilweise nicht mehr vertreten kann oder keinen Zugang dazu habe. Aber ansonsten – Man verliebt sich in jeden Auftrag, würde ich mal sagen. Das muss auch so sein. Wenn man ein Stück angeboten bekommt – jetzt wo ich wieder gastieren gehen muss – man muss ja das Stück dann lieben, und das tut man dann auch.

Können Sie uns schon einen kleinen Ausblick auf die nächste Spielzeit geben?

Ich werde Die Piraten von Penzance machen in Hof. Ansonsten bin ich mit ein paar Leuten noch in Verhandlungen. Wie gesagt, König Lear oder Vogelhändler. Ansonsten bin ich ganz banal am Bewerben und Job-Suchen. Regisseure gibt es ja wie Sand am Meer. Wenn es nicht über Beziehungen oder Kontakte geht, oder Glücksfälle … Wie gesagt, ich habe jetzt 30 Jahre fast durchgearbeitet. Ich bin arbeitssuchend, aber ein kleiner Sabbatical, eine kleine Pause tut mir auch ganz gut. Ich habe ziemlich rangeklotzt die letzten 13 Jahre, eben auch durch die Jugendarbeit, weil ich da ganz viele Sonntage und Wochenenden gearbeitet habe. Ich bin da nicht abgeneigt, einfach mal ein bisschen durchzuschnaufen. Gärtnerplatztheater war auch sehr anstrengend jetzt die Jahre. Aber wenn Sie einen Intendanten kennen, der Gastregisseure sucht, der darf sich ruhig bei mir melden.

Ja. Vielen Dank für das Gespräch!

Gerne!

(Das Interview wurde geführt am 9. März 2012 in München.)

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Liebe Frau Lucey, herzlichen Dank, dass Sie sich bereiterklärt haben für ein Interview auf dem Blog „Nacht-Gedanken“. Erzählen Sie uns doch bitte etwas von Ihrem Werdegang.

Also erst mal: Vielen Dank für die Einladung! – Ich bin gebürtige Irin, in Dublin geboren, und kam mit 22 Jahren nach Deutschland. Vorher hatte ich schon einen Bachelor-Abschluss in Musik und Sprachen gemacht, ich hatte an der Universität in Dublin studiert, und Gesang nebenbei. Aber mein Ziel war, Sängerin zu werden. Ich hatte die Möglichkeit bekommen, ein Vorsingen für das Opernstudio der Bayerischen Staatsoper zu machen. Es war erfolgreich, zu meiner Überraschung. Ich wusste gar nicht, was das wirklich hieß. Deswegen kam ich nach München, war zweieinhalb Jahre im Opernstudio, wurde dann übernommen ins Ensemble der Staatsoper, und nach neun Jahren als Ensemblemitglied habe ich dann gewechselt und kam dann ins Gärtnerplatz-Ensemble.

Gab es dafür Gründe? Das Repertoire im Gärtnerplatztheater?

Ja. Zum einen das Repertoire, weil Musical mich sehr reizt, und mir wurde versprochen, dass ich „West Side Story“ singen könnte, und das finde ich ein tolles Stück. Außerdem wusste ich, dass es schwer sein könnte, in der Staatsoper länger als zehn Jahre zu bleiben. Das war zur Zeit von Peter Jonas. Er hat mich sehr, sehr gemocht. Aber manchmal ist man dann plötzlich nicht mehr so beliebt. Ich fühlte mich dann nicht mehr so wohl, und deswegen habe ich ein bisschen geschaut. Ich hatte zu der Zeit Vorstellungen als Despina in „Cosi fan tutte“ und konnte Herrn Schulz zu einer Vorstellung einladen. Er war begeistert, und das hat mir dann die Möglichkeit verschafft, hierher zu kommen.

Wie sind Sie zu dem Beruf der Opernsängerin gekommen?

Eine gute Frage, weil: Mein Vater war gar nicht glücklich. Er hat sich große Sorgen gemacht. Ich bin eines von fünf Kindern, und er wollte eigentlich fünf Ärzte haben. Meine Mutter ist Ärztin, er war Ingenieur, und er hat es so weit gebracht, dass drei von den fünf Ärzte wurden. Ich bin die Jüngste, ich habe tatsächlich immer gesungen. Auch als vierjähriges Kind stand ich vor der Schule und habe für viele Leute gesungen. Es war immer ein Hobby. In Irland ist es dann schwierig, sich ein Leben als Opernsänger vorzustellen. Man muss natürlich Irland verlassen – obwohl, das ist nicht das Problem, das machen viele sowieso. Es war überhaupt nicht selbstverständlich, aber ich habe dann meinen Vater überzeugt, dass ich wenigstens Musik studieren sollte und Gesang. Und ja, dann hat er gesehen, dass ich wirklich Ehrgeiz hatte. Es war nicht so, dass er gesagt hat: „Auf keinen Fall!“ Ich habe ihn verstanden. Er wollte nur, dass ich nicht plötzlich auf der Straße lande. Ich glaube wirklich, die Möglichkeit, nach Deutschland zu kommen, hat es für mich möglich gemacht. Sonst, wahrscheinlich, wäre es nicht gegangen. Aber – ja, der Traum war immer da. Aber ich habe durchaus auch an Jura und ganz viele andere Sachen gedacht. Aber die Bühne kannte ich gottseidank von Schulaufführungen, ehrlich gesagt. Und auch Gesangswettbewerben. In Irland haben wir eine Tradition von Musikfestivals, die heißen auf Gälisch „Feis Ceol“, „Ceol“ ist das Wort für „Musik“. Da habe ich im Alter von zehn bis achtzehn Jahren jedes Jahr mitgemacht und verschiedene Preise und Pokale gewonnen, es war immer ein ganz großes Interesse. Und dann mit 17 Jahren, glaube ich, traf ich meine erste Gesangslehrerin. Eine ganz verrückte, große Persönlichkeit, aber sie hatte tatsächlich eine Karriere in Covent Garden gehabt. Und sie konnte einem wirklich zeigen, was es bedeutet. Ich habe schon sehr viel von ihr gelernt. Und zur Zeit hat meine ehemalige Lehrerin, Veronica Dunne, in der Staatsoper noch eine Schülerin: Tara Erraught.

Welche Musik haben Sie als Kind gehört?

Das war sehr gemischt. Da war Klassik dabei, auch sehr viel Musicals, sehr viel Gilbert & Sullivan (lacht), weil fast alle in meiner Familie singen. Auch sehr viel traditionelle irische Musik. Bei Familienfesten oder Familientreffen, da wurde musiziert. Und so hatte ich eigentlich zu der Zeit eine sehr lockere Einstellung zum Singen: Jeder musste singen, also meine Tante hat immer dieses Lied gesungen, oder mein Onkel jenes Lied. Dann kamen Freunde mit traditionellen irischen Instrumenten wie bodhran und uilleann pipes, das war schon toll. Es passierte nicht jedes Wochenende, aber schon öfters, so 6-7 Mal im Jahr. Dann habe ich auch Klavier gespielt, mein Bruder auch. Ja, dann haben wir auch natürlich klassische Musik gehört, aber, Singen, das war irgendwie schon immer im Haus. Einer von uns hat immer gesungen. Es war für mich dann ein bisschen ein Problem, als ich nach Deutschland kam, und plötzlich musste ich sagen, in welchem Fach. Und ich sagte: „Ja, Sopran.“ (Kichert) Punkt. Vorher habe ich an so etwas nicht wirklich gedacht. Ich habe einfach alles gesungen, was mir gefiel. Aber Tosca nicht, das gebe ich zu. Oder Brünnhilde. (Lacht)

Sie spielen Klavier. Spielen Sie auch noch ein anderes Instrument?

Leider nein. Ich hätte sehr gerne die irische Harfe gelernt oder studiert, das ist eine sehr schöne Kombination. Die ist kleiner als eine Konzertharfe. Oder Orgel fand ich auch ganz toll, aber kam leider nicht dazu. Das Singen hat dann schon mit 17, 18 Jahren die Oberhand gewonnen. Und das Klavierspiel wurde auch vernachlässigt, muss ich sagen. Ich kann noch spielen, aber ich möchte nicht als Pianistin auftreten (Lacht).

Haben Sie das absolute Gehör?

Nein, das würde ich nicht sagen. Ich habe ein sehr gutes Gedächtnis. Wenn ich ein Stück gelernt habe, dann kann ich es. Ich weiß nicht, ob das ein Segen ist oder nicht, manchmal muss man sich einfach anpassen innerhalb des Ensembles oder so. Und man muss sowieso kontrollieren, denn oft ist es so, dass man wirklich nicht weiß, wie es da draußen klingt. Aber ich bin froh, dass ich, wie gesagt, ein sehr gutes Gedächtnis habe. Wenn ich etwas wirklich gut studiert habe, dann weiß ich: Das ist der Ton. Und ich singe sehr viel a-capella, aber das kommt eher von der irischen Kultur. Da singen wir sehr viel a-capella.

Sie sprechen sehr gut Deutsch.

Oh, danke! Ich weiß nicht, ob meine elfjährige Tochter einverstanden wäre.

Englisch sicher auch, und vermutlich auch Irisch. Sprechen Sie noch weitere Sprachen, und singen Sie auch in weiteren Sprachen?

Ja. Ursprünglich für meinen Bachelor habe ich Französisch und Italienisch auch studieren müssen, und gar kein Deutsch. Ich kam ohne Deutsch nach Deutschland. Ich fürchte, dass Deutsch natürlich jetzt auch viel stärker präsent ist in meinem Gehirn. Mit Gälisch – leider habe ich das nicht so gemocht in der Schule. Das war vielleicht ein bisschen wie Latein hier ist für manche Kinder, es war ein Pflichtfach, und das bereue ich wirklich. Aber ich singe schon auf Gälisch. Für mich die schwerste Sprache – ich habe Xenia in „Boris Godunov“ auf Russisch gemacht an der Staatsoper, und das fand ich sehr schwer. Wenn es wirklich kyrillisch geschrieben ist, erkennt man gar nichts. Das fand ich schwer. Aber Französisch, Italienisch, Spanisch, Deutsch, Englisch – das ist so quasi leicht.

Haben Sie musikalische oder szenische Vorbilder?

Musikalische Vorbilder? Ja, auf jeden Fall. Von Sängern? Das auf jeden Fall. Janet Baker kommt mir da sofort in den Sinn. Wir haben sehr viel von ihr gehört als Kinder, und auch Victoria de los Angeles. Die mochte meine Mutter sehr. Von der jetzigen Generation finde ich Garancha super. Jetzt habe ich zwei Mezzi erwähnt. Das ist tatsächlich ein bisschen ein Dilemma. Ich liebe diese dunklen Stimmen. Und das ist immer so ein Zwiespalt, denn – ja. Ich glaube nicht, dass ich wirklich sehr dunkel bin. Musikalische Vorbilder? Blasinstrumente imponieren mir immer sehr. Wenn eine Oboe ein schönes Legato hat, finde ich das wunderschön. Klaviermusik ist natürlich wunderbar. Aber es ist perkussiv. Die ganz Großen schaffen auch wunderbare Legati, aber ich glaube, von Blasinstrumenten und Sängern hoffe ich am meisten zu lernen.

Und szenische Vorbilder? Ich denke da an diese wunderbare Venus in „Orpheus in der Unterwelt“.

Da fällt mir eigentlich kein Name ein. Ich mag sehr viele Comedians. Lachen finde ich immer das Beste.

Welche Opern-Aufnahmen hören Sie privat am liebsten?

Hmm. Komischerweise höre ich am liebsten zu Hause Lieder, da fühle ich mich sehr wohl. In den 90er Jahren, bevor meine Tochter geboren ist, habe ich auch sehr viele Liederabende machen können, das war super. Aber von Opern – ooch, da so die ganze Palette. Sehr gerne Barock. Natürlich die Bach-Passionen, wunderbar. Das ist natürlich nicht Oper. Aber dann auch bei einer Puccini-Oper hinzuschmelzen, das ist wunderbar. Schwer zu sagen. Aber ich höre sehr gerne Klavier und Lieder in Kammermusik. So die kleinere Besetzung.

Hatten Sie schon internationale Auftritte?

Ja, ich habe einen sehr guten Agenten in Amerika, und durch ihn habe ich das Glück gehabt, in der Carnegie Hall aufzutreten, und auch in New York sehr viel, und dann auch mit der Seattle Opera und in Washington. In Amerika kam so einiges. Zuhause in Irland natürlich auch. Das war es eigentlich. Und sonst – o doch, in Spanien auch, da habe ich auch Oratorien gemacht und so. Aber wie Sie wissen, seit zehn Jahren bin ich eher Mutter, würde ich sagen, als Sängerin. Da bin ich sehr dankbar für das deutsche System hier. An ein Haus gebunden zu sein, gibt einer Sängerin große Sicherheit.

Sie haben ja gerade schon erwähnt, dass Sie Familie haben. Was für Komplikationen ergeben sich aus dem Lebensrhythmus eines Opernsängers an einem Ensembletheater?

Ja. Das Theater an sich ist nicht für Leute mit Familie gedacht. Komischerweise, das hat meine Mutter, als ich noch Studentin war, und noch an gar kein Theater gebunden war, auch gesagt: Meine Güte, du hast immer eine Probe, wenn wir essen müssen. – Das ist wirklich wahr! Wir arbeiten vormittags und dann hauptsächlich abends. Hier zumindest in Deutschland, das ist nicht überall so. Und ja, das ist genau die Zeit, wo man sonst denkt, dass die Familien zusammenkommen. Essenszeiten, die Abende natürlich, wir sind sehr viele Abende weg. Oder dass ich jetzt aufpassen muss und nicht zuviel reden oder nicht zu laut werde. Inzwischen versteht das meine Familie schon, wenn ich schweige oder meine Stimme schone, aber manchmal denken sie: „O mein Gott, jetzt spinnt sie wieder.“ Ich nehme an, wir erscheinen ziemlich eigen manchmal für Leute, die nicht verstehen, dass die Stimme doch für die meisten Leute fragil ist. Es gibt schon Sänger, Dennis O’Neill, vielleicht kennen Sie ihn noch, ein Waliser Tenor, der hat immer voll gesungen, bei jeder Probe, alles. Und ich habe ihn bewundert. Das konnte ich nie. Ich muss schon schauen – ich muss meine Stimme einteilen. Und das macht manchmal das Zusammenleben schwer. Man muss egoistisch sein und sich zurückziehen, und das fällt mir auch schwer, denn ich bin eigentlich gesellig. Deswegen sind Gastspiele, auch wenn sie manchmal ein bisschen einsam sind, plötzlich, was weiß ich, sechs Wochen in Seattle alleine zu sein – aber man hat den Luxus, sich nur auf sich zu konzentrieren. Super.

Was tut denn Ihrer Stimme gut, außer, sich ein bisschen zurückzunehmen, und was ist gar nicht gut für sie?

Reden. Reden, und ich rede viel. (Lacht.) Ja. Da muss ich aufpassen, wenn ich innerhalb einer Gruppe bin, dass ich nicht versuche, dem Lautstärkepegel zu entsprechen und auch lauter werde. Feiern, zuviel reden. Gottseidank trinke ich sowieso nicht. Das dehydriert, und das wäre nicht gut. Schlafen ist natürlich auch, finde ich, sehr erholsam, wenn man vielleicht ein bisschen länger schlafen kann. Man muss natürlich auch diese Balance finden zwischen Zuviel, oder dass man rechtzeitig aufsteht, bevor die Vorstellung losgeht oder so. Aber ich versuche auch, normal zu sein. Als ich im Opernstudio angefangen habe – und man muss natürlich auch noch bedenken, ich komme aus einer Arztfamilie, und als Kind musste ich wirklich dem Tode nahe sein, wenn ich die Schule nicht besuchen durfte. Und das, glaube ich, war gar nicht schlecht. Denn für mich war das Opernstudio plötzlich wie die Schwarzwaldklinik. Die kamen alle: „Oh, heute ist das. – Oh, ich glaube, jetzt spüre ich was.“ Und ich dachte: „Mein Gott, was haben die alle?“ Und das kann ansteckend sein. Ich verstehe es auch: Wenn man nervös ist, kann man sehr schnell was kriegen, tatsächlich. Oder man bildet sich das ein. Es ist so viel Psychologie dahinter. Und ich glaube, es ist ganz gut, dass ich diese harte Schule in der Kindheit hatte: Krank sein ist was anderes. Und da muss man diszipliniert mit sich selber umgehen: Nein, komm, es ist okay. Es wird schon gehen. Und es gibt natürlich ein-, zweimal im Jahr, wo man unbedingt dann absagen muss. Ich habe es einmal erlebt, lange her, bei „Die Sache Makropulos“ mit Hildegard Behrens in der Staatsoper. Ich hatte irgendeine Magen-Darm-Geschichte und fühlte mich wirklich nicht wohl. Ich bin sogar umgekippt in meiner Wohnung vorher und ich dachte: „O Gott, schaffe ich die Vorstellung heute Abend?“ und habe eine Ansage gemacht. Und da kamen einige Sänger auf mich zu und sagten: „Ja, was ist los? Aber die Stimme ist in Ordnung!“ Ich habe gesagt: „Es war eigentlich nicht die Stimme!“ – Also für Sänger gibt es nur eine Möglichkeit. (Lacht.) Ich fühlte mich sonst schrecklich unwohl. Am besten, wenn man krank ist, dann einfach ganz absagen. Ansagen finde ich etwas problematisch.

Was tun Sie für Ihre Kondition? Oder brauchen Sie überhaupt Kondition als Opernsängerin?

Ja, doch, doch, schon. Oh, ich habe schon Fitness-Studios und alles mögliche gemacht. Seit einem halben Jahr habe ich einen Hund (lacht), und ich bin tatsächlich eineinhalb bis zwei Stunden mit ihm draußen, und das finde ich super, die frische Luft. Ich habe wirklich auch nichts gehabt, seit ich Lucky habe. Das ist ganz gut. Natürlich, selber üben, dann hofft man, dass die richtige Muskulatur gestärkt und entwickelt wird. Aber man muss schon fit sein. Glaube ich schon. Ja.

Wie bereiten Sie sich auf eine neue Rolle vor?

Als erstes geht man einfach mit dem Highlighter durch, ganz banal. Dann lese ich es, und ich versuche zuerst den Rhythmus, und Text. Ich spreche den Rhythmus zuerst vor. Ich versuche es dann, in kleine Abschnitte für mich aufzuteilen, so, dass es leichter ist zu lernen, und dass ich auch genau sehe, wo es ein Problem geben könnte. Ich versuche, ziemlich weit zu kommen ohne Repetition. Natürlich, hier im Theater ist das anders, man hat sehr früh Repetition. Aber wenn ich etwas außerhalb des Theaters lernen muss, mache ich das so. Und dann arbeite ich dann doch intensiv, aber ich möchte das Gefühl vorher haben, ich habe wirklich so viel wie möglich alleine gemacht. Und dann aufnehmen, natürlich, viel aufnehmen und selber hören, was manchmal schwer fällt. Denn du denkst: Oh, das war bestimmt toll! Und dann bist du manchmal so etwas von enttäuscht von dem Ergebnis. Aber das muss sein. Ja, und natürlich viel üben!

Sie haben vorhin gesagt, Sie haben in der Kindheit schon Gilbert & Sullivan gehört. Sie sind damit vermutlich die Gilbert & Sullivan-Expertin an diesem Theater.

O nein, das möchte ich nicht sagen!

Haben Sie denn schon mal vor den PIRATEN VON PENZANCE, in denen Sie ja auch mitgewirkt haben, schon mal Gilbert & Sullivan gesungen?

Jaa, ja, ja. Yum-Yum hatte ich gemacht, Mabel hatte ich gemacht, natürlich. „Trial by Jury“ und auch „Iolanthe“.„Pinafore“ habe ich selber nicht gemacht, aber innerhalb meiner Familie waren „Pinafore“, MIKADO und die PIRATEN die beliebtesten Stücke.

Wird es eine traditionelle Inszenierung?

Halb-halb, würde ich sagen. Ich war nicht sicher, denn die PIRATEN waren sehr traditionell, und ich hatte das Gefühl, der Regisseur wollte sich vielleicht nicht selber wiederholen. Ich bin angenehm überrascht zu sehen, dass er das nicht tut, und trotzdem – Es ist eine gute Balance, würde ich sagen, zwischen modern, von der Ausstattung, und trotzdem japanisch. Und dass wir auch Gilbert & Sullivan entsprechend spielen. Ich bin zufrieden, wirklich. Ich war am Anfang nicht sicher: Wird es wieder gut klappen? Aber ich fühle mich wohl, es ist jetzt traditionell genug. Wir müssen nicht an irgendetwas kleben, natürlich, das wäre auch falsch.

Sie übernehmen die Partie der Yum-Yum. Erzählen Sie uns ein bisschen davon.

Yum-Yum ist das junge Mädchen, das jetzt aus dem Internat kommt. Sie ist schon Koko, dem Schneider, versprochen, mit ihm verlobt. Da ist sie nicht begeistert, weil Koko viel älter ist als sie. Sie will leben, sie will etwas erleben. Eine sehr angenehme Partie zu singen. Insgesamt finde ich, Mikado hat sehr schöne Melodien. Sie soll auch spritzig sein, aber sie hat eine sanfte, runde Seite. Aber ist, ja, hoffentlich auch witzig. Das ist mein Ziel.

Welche Freiheiten haben Sie bei der Interpretation dieser Rolle gehabt?

Ich konnte mit dem Regisseur Holger Seitz schon darüber reden, wie ich es schon erlebt habe. Das ist natürlich nicht immer der Fall. Viele Regisseure wollen das nicht wissen. Das war sehr schön. Auch mit Benjamin Reiners, dem Dirigenten. Das war sehr schmeichelhaft, dass er zuhören wollte, was ich schon gehört hatte. Ansonsten – Ich fühle mich sehr als ein Teil von einer Gruppe. Es ist nicht so, als ob ich plötzlich sage: Ich will unbedingt zwei Schritte vor den anderen stehen. Das entspricht nicht meinem Wesen. Ich will mich eigentlich anpassen und trotzdem der Rolle gerecht werden.

Was ist das Schönste an Ihrer Partie – Sie haben gerade schon erwähnt, dass sie sehr rund ist und sanft – und was ist das Schwierigste daran?

Ja, manches scheint sehr leicht und sehr einfach. Ich glaube, das ist eine Binsenweisheit: Was leicht scheint, ist meistens nicht so. Man muss es trotzdem machen wie der Schwan auf dem See, so elegant oben: Man sieht überhaupt keine Mühe, aber unter dem Wasser arbeitet er wie verrückt. So muss es bei uns auch sein. Das Lied von Yum-Yum liegt mir sehr am Herzen, und das muss mühelos und schwebend klingen. Das ist manchmal leichter, und manchmal nicht.

Yum-Yum ist, wie Sie vorhin schon gesagt haben, ein junges Mädchen, das gerade aus dem Internat kommt und sich in Nanki-Poo verliebt. Aber als sie dann hört, dass sie, wenn er stirbt, mit verbrannt werden soll, da flacht die Liebe dann schon ein bisschen ab. Ist sie wankelmütig?

Nein, ich sehe das nicht so: Koko hat auch vorher im Finale eins gesagt, dass er bereit ist, Yum-Yum aufzugeben. Und er liebt Yum-Yum sehr, keine Frage! Aber er liebt sich selber mehr. Da, finde ich, ist Gilbert einfach vernünftig. Let’s be honest! Wie viele wollen wirklich lebendig begraben werden, auch für den schönsten Adonis der Welt? Ein brutaler Tod! Das verzeihe ich ihr. Ich sehe das nicht als wankelmütig, aber das ist schon viel verlangt, oder? Nicht realistisch. Und vor allem glaube ich, das ist auch das Schöne an Gilbert und Sullivan: Die zeigen die Ideale, und wichtige Leute, Autoritäten, und sagen: Komm. Let’s look at what it really is like. Schauen wir es uns an, wie es wirklich ist: Die meisten Leute, die wichtige Positionen haben, haben keine Ahnung. Die meisten Leute, die sagen, dass sie verliebt sind – naja, also: Was ist Liebe?

Aber Nanki-Poo und Yum-Yum werden glücklich am Ende.

Genau. Jaaa. Es gibt ein Happy-End. Das war lange vor Walt Disney!

Waren Sie schon mal in Japan?

Ja, das war ich, insgesamt dreimal. Ah, das habe ich vergessen bei der Frage vorher. Ja, da war ich mit Sawallisch, da war ich mit einem Projekt, in der Münchner Partnerstadt Sapporo. Da war ich mit einer Tournee für eine Kinder-Aufführung der „Zauberflöte“. Und noch einmal. In der Santori Hall habe ich auch die „Schöpfung“ gemacht.

Ist Ihnen dabei auch das traditionelle Japan begegnet?

Es war eine Augenweide. Denn es ist so voll, so viele Leute da auf kleiner Fläche. Sehr modern, sehr amerikanisch. Und tatsächlich dann doch diese Punkte von einer ganz anderen Kultur. Auf den ersten Blick denkst du: Oh, die haben zuviel von Amerika übernommen. Und dann siehst du: Nein, das stimmt nicht. Eine Hochzeit zum Beispiel. In einem Hotel, wo ich übernachtet habe, da gab es sehr viele Hochzeiten. Da war ich tatsächlich acht Wochen lang. Und, oh meine Güte, wie sie sich schmücken, Kimonos und Obis, das ist wirklich fantastisch! Ich glaube, da müsste man längere Zeit da bleiben, um es wirklich zu verstehen. Ich glaube, es ist immer noch schwierig, eine Frau zu sein dort. Als ich nach der ersten Tournee wieder zurückgeflogen und in Frankfurt gelandet bin, dachte ich: „Ja, jetzt bin ich wieder in meiner Welt, meiner Kultur.“ Obwohl ich Irin bin! Aber das war so ganz anders in Japan. Es war faszinierend.

Im MIKADO ist Kritik an der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts in Großbritannien verpackt – sehen Sie da auch aktuelle Bezüge?

O ja. Komisch, als Sie gesagt haben: 19. Jahrhundert – ja, das stimmt. Ich meine, mein Gott, mit Berlusconi oder – ja, vielleicht sollte man nicht zu viel sagen. Aber Pooh-Bah ist natürlich ein fantastisches Beispiel für Korruption in Regierungen. Ja, aktuell auf jeden Fall. Ich glaube, das ist ein Teil des Reizes von Gilbert & Sullivan, oder? Nicht nur, dass die Musik hübsch ist, aber dass es immer noch so auf den Punkt trifft.

Können Sie uns erklären, warum der MIKADO das erfolgreichste Stück von Gilbert & Sullivan ist?

Hmm. Ich finde, es hat durchweg die stärkste Musik. Fast jede Nummer ist gut. Aber das ist vielleicht zu einfach, ich weiß es nicht. Ich glaube auch, dass es dieser Kontrast zwischen Japan und der westlichen Welt ist, das ist es auch vielleicht, eine gelungene Handlung, gelungener Text. Aber, gute Frage, denn, ich meine, PIRATEN hat auch starke Nummern. Aber es gibt so viele „winners“ in MIKADO, und so viele, die umgangssprachlich bekannt sind, immer noch, in der englischen Sprache. Ich glaube, das muss es sein, oder?

Ist der Humor dieses Stückes ein englischer, oder ist es ein allgemeingültiger?

Ich behaupte, guter Humor ist dann vielleicht doch allgemein. Aber es hat natürlich diese englischen Nuancen. Wie dieses berühmte Understatement. Ja.

Noch ein paar abschließende Fragen: Haben Sie Lampenfieber, und wenn ja, was tun Sie dagegen?

Es kommt darauf an. Ich bin schon lange dabei, aber wenn es etwas Neues ist, insbesondere wenn es ein neues Stück ist oder vielleicht ein neuer Spielort, kann es mir auch passieren. Nicht in der Art wie viele Leute, dass ich da schwitze und flattere, nein, ich merke, dass meine Konzentration vielleicht nicht fokussiert ist oder dass ich das Gefühl habe: O Gott, jetzt bin ich müde. – Und das ist natürlich Quatsch: Das bin ich nicht. – Was tue ich? Ja, vor vielen, vielen Jahren hat eine Lehrerin mir gesagt: „The antidote to nerves is a clear conscience.“ (Gegen Nervenflattern hilft ein reines Gewissen.) Und das stimmt. Wenn man das Gefühl hat, ich habe wirklich meine Hausaufgaben gemacht, ich habe alles gecheckt, ich bin rechtzeitig ins Bett gegangen, ich habe wirklich dieses Stück in mir drin, dann muss man, auch wenn das Herz klopft, sagen: „Beruhige dich. Es wird gut.“ Und auch bei Stressbewältigung sagt man sowieso: „Denk nicht zu weit voraus!“ Denk nur an die nächste Nummer, oder den nächsten Takt, oder das, was als Nächstes passiert. Und das versuche ich.

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Was ist das Schönste an Ihrem Beruf, und was ist das Nervigste?

Ich empfinde es schon als sehr schön – auch wenn ich vorher gelästert habe über die Arbeitszeiten, aber die Tatsache, dass ich nicht irgendwo um 8 Uhr sein muss, oder jeden Tag das gleiche habe. Es gibt schon viel Abwechslung. – Das Nervigste ist, dass man immer selbstkritisch sein muss und immer eigentlich demütig sein muss und sagen: Nein, wir müssen wieder von vorne anfangen. Dass man immer sich selber betrachten muss, das finde ich schwer. Aber das ist nur eine Seite. Ja, es gibt sehr, sehr viel Konkurrenz. Und da muss man ehrlich sein und sagen: „Ja, das habe ich nicht gut gemacht.“ Oder Kritik, natürlich. Ob es in einer Zeitung ist, dann musst du das – ja, ich finde nicht am nächsten Tag lesen. Aber vielleicht in einem Monat oder so. Oder man hört es. Es gibt so viele Sänger, die sagen: „Ich lese es nie.“ Das stimmt. Ich suche es nicht heraus. Aber irgendjemand dann sagt: „Oh, übrigens, das tut mir leid.“ Oder: „Übrigens, Gratulation!“ Und dann siehst du es, und dann musst du wirklich ehrlich sein und überlegen: „Was ist dran? Stimmt das? Stimmt das nicht?“ Ich finde diese Nabelschau manchmal nervig.

Haben Sie noch eine Wunschpartie?

Nein. Das klingt jetzt nicht besonders ehrgeizig, aber: Ich würde gerne viel mehr ins Oratorium gehen. Früher habe ich mehr, wie gesagt, „Schöpfung“ und „Messias“ und „Matthäuspassion“ gemacht. Ich würde gerne zurück ins Konzertfach gehen. Allerdings bin ich ein Bühnenmensch, das stimmt. Ich würde gerne … das ist jetzt ein Geheimnis: Ich würde gerne etwas spielen, ohne Gesang. Straight. Wirklich Sprechtheater. Aber ich würde es niemandem auf Deutsch zumuten. Also dann auf Englisch. (Lacht.)

Dann sage ich herzlichen Dank für dieses tolle Interview und Toi-toi-toi für die Premiere!

Vielen Dank! Es hat Spaß gemacht!

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