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Orpheus in der Unterwelt – zur Neuinszenierung am Nationaltheater Mannheim

23. Februar 2019

Amelia Scicolone Copyright: Hans Jörg Michel

Amelia Scicolone
Copyright: Hans Jörg Michel

Satire pur, diese ganze Story – Eurydike und Orpheus sind kaum verheiratet, da interessiert er sich schon für Geigerinnen (mit Schärpe „Sexy Violin 2012“) und tarnt es als Kunst. Sie steht ihm in nichts nach und vergnügt sich im Getreidefeld mit einem Schäfer, der sich – oh weh! – als Unterweltgott Pluto herausstellt. Ja, und was will ein Unterweltgott schon mit einer Lebenden anfangen? Also befördert er flugs Eurydike vom Leben zum Tod. Orpheus kommt das ganz gelegen – nur muss er sich zähneknirschend der „Öffentlichen Meinung“ beugen. Diese (7 Damen in biederen Faltenröckchen und mit Schärpen, die sie als „Miss Thermomix“ oder „Miss Gemütlichkeit“ oder „Miss Kehrwoche“ ausweisen) legt Orpheus nahe, doch bei Jupiter seine Gattin zurückzufordern. Blöd gelaufen.

Derweilen ist im Olymp die Hölle los: Die Götter springen um auf der Bühne verteilten Planeten herum. Jupiter ist zum Gespött geworden, weil sein götterbekanntes Fremdgehen mit menschlichen Schönen nicht nur seine Gattin Juno fuchsteufelswild macht, sondern auch alle Götter herzlich über ihn lachen („Hahaha! Nun schaue nicht so fromm darein, wir kennen dich, Jupiterlein!) Nicht nur hier ist die deutsche Sprache schrecklich sperrig – schade, dass man dieses Werk immer noch nicht auf Französisch zeigt. Mannheim macht hier zuweilen einen netten Trick und lässt die Texte zwar auf Deutsch singen, verfremdet in den Übertiteln aber auf erfrischende Weise. Da steht mal eine Passage auf Griechisch und wird dann erklärend zusammengefasst, mal übertitelt man im Mannheimer Dialekt oder macht den Text beim Fliegenduett durch Ersetzen der Vokale durch s und z unlesbar. Das Publikum prustet los, als Jupiter seine wilde Götterhorde für die Ankunft von Orpheus und der Öffentlichen Meinung sortiert und der Übertitel verkündet: „Leider verzögern sich die nachfolgenden Arien und Musikstücke aufgrund einer unvorhergesehenen Betriebsstörung“. Ich frage mich allerdings, warum dann nicht gleich das französische Original, wenn man doch dem Publikum ohnehin nicht zutraut, den Gesangstexte zu verstehen und einen separaten Gag in die Übertitel legt? Die „Betriebsstörung“ dauert jedenfalls nur kurz und lässt das Raumschiff landen, dem Orpheus entsteigt, gefolgt von den 7 Damen der Öffentlichen Meinung.

Ensemble Copyright: Hans Jörg Michel

Ensemble
Copyright: Hans Jörg Michel

Eurydike (Amelia Scicolone) singt und spielt wunderbar. Diese Eurydike macht eine Entwicklung durch, die ungeheuerlich ist. Von einer Frau, die einen Mann heiratet, mit dem sie anscheinend nicht viel verbindet (sein Geigenspiel findet sie fürchterlich, seine Kunst interessiert sie nicht), die dann bei den Göttern herumgereicht und als Objekt der Begierde betrachtet wird – diese Eurydike wirft am Schluss selbst den Blitz, um Orpheus zum Umdrehen zu bewegen. Sieg der Emanzipation und Orpheus wird von den hübschen Geigerinnen in den Orchestergraben geleitet, wo er fürderhin deren Job übernehmen kann.

Ein alter Bekannter aus München, Benjamin Reiners, inzwischen stellvertretender GMD in Mannheim, hält souverän die Fäden zusammen und arbeitet augenzwinkernd die musikalischen Scherze und Anspielungen Offenbachs heraus. Besonderes Lob gebührt den drei Geigerinnen, die im Kostüm vom Graben auf die Bühne und zurück wechseln – Chapeau, Mesdames!

Das Mannheimer Publikum ist hingerissen, lacht und applaudiert und amüsiert sich. Ein gelungener Abend.

 

 

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Uraufführung Der Teufel mit den drei goldenen Haaren, 11.05.2012, Ballhof I Hannover

Das Land ist grau und unbelebt geworden und der König zählt nur sein Geld. Da kommt so ein freches Früchtchen und sagt: “Ich bin ein Glückskind und werde die Prinzessin heiraten!”. Um das zu verhindern, gibt der König dem Glückskind einen Brief mit, in dem er das Todesurteil für den Überbringer ausspricht. Im Wald begegnet das Glückskind drei Räubern, die aus dem Mordbefehl einen Heiratsbefehl machen. Der König sieht sich in die Enge getrieben und gibt dem Glückskind eine schier unlösbare Aufgabe: es soll die drei goldenen Haare des Teufels herbeischaffen. Ob dem Glückskind das gelingt, sieht man sich am Besten in dieser bezaubernden Produktion der Jungen Oper Hannover an.

Diese Produktion ist geprägt von jungen Protagonisten: ein junger Komponist, ein junger Regisseur, junge Sänger, ein junger Dirigent. Der Abend war denn auch jugendlich spritzig. Sowohl für Kinder als auch für Erwachsene wurde einiges geboten. Die einen konnten sich an dem märchenhaften Stoff und der schönen Umsetzung erfreuen. Die anderen verstanden ein paar mehr Gags und waren vielleicht ein ganz klein wenig betroffen ob der unterschwelligen Düsternis.

Dabei ist die Musik von Stefan Johannes Hanke sehr lautmalerisch, unterstützt das Geschehen und charakterisiert die Figuren hervorragend. Besonders auffällig war das beim König, von Claus Koschinski sehr passend dargestellt. Sein Sprachduktus erinnerte mich sehr an den Herzog aus Detlev Glanerts Joseph Süß. Die Musik fügte dem Geschehen auf der Bühne eine weitere Schicht hinzu, arbeitete nicht gegen, sondern mit dem Libretto. Der Regisseur Tobias Ribitzki hörte denn auch bei der szenischen Umsetzung sehr gut auf die Musik. So entstand ein Gesamtbild, das harmonisch und aussagekräftig war. Das Bühnenbild (Pablo Mendizábal) war sehr ausgeklügelt und vielseitig, war an den richtigen Stellen konkret und an anderen abstrakt. Dazu passten die Kostüme von Elvira Freind ganz ausgezeichnet.

Es wurde sehr textverständlich gesungen und auch hervorragend gespielt. Eines der Highlights war das Schnüffeln des Teufels (Michael Chacewicz), wenn er mal wieder Menschenfleisch roch. Aber auch seine listige Großmutter (Daniel Eggert), das erfrischend natürliche Glückskind (Neele Kramer), die Prinzessin (Tiina Lönnmark) sowie der traurige Fährmann (Hyun-Bong Kil) gingen voll in ihren jeweiligen Partien auf und ließen den Abend zu einem besonderen Erlebnis werden. An solchen Produktionen gefällt mir ja auch immer besonders, dass das Orchester auch mitspielen darf. Diesmal stand ein Posaunist im Mittelpunkt, der komödiantische Qualitäten entwickelte. Das Niedersächsisches Staatsorchester Hannover, das in kammermusikalischer Besetzung antrat, meisterte die Anforderungen der Partitur unter dem jungen, talentierten Dirigenten Benjamin Reiners bravourös. Am Ende nicht enden wollender, donnernder Applaus für diese gelungene Produktion.

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Der Mikado, 16.02.2012, Gärtnerplatztheater

[singlepic id=1078 w=320 h=240 float=left]Dieser Abend zeigte mal wieder deutlich, dass auch die elfte Vorstellung eines Stückes noch viel Neues bringen kann. In diesem Fall war es ein ungewöhnliches Rollendebüt. Innerhalb eines Tages arbeitete sich Sebastian Campione in die Partie des Mikado ein, normalerweise singt er die Rolle des Ministers für alles Andere Pooh-Bah in diesem Stück. Ohne ihn hätte die Vorstellung ausfallen müssen, wurde in der Ansage mitgeteilt. Da sieht man mal wieder einen der Vorteile des Ensembletheaters. Die Solisten sind mit Leib und Seele dabei und tun alles, damit Stücke gespielt werden können. Hätte die Besetzung nur aus Gästen bestanden, wäre das sicher nicht der Fall gewesen.

Und Sebastian Campione hat es richtig gut gemacht. Bis hin zur Choreografie gab er einen fast perfekten Mikado, das ist in Anbetracht der Kürze der Vorbereitungszeit wirklich bewundernswert. Ich hoffe, die Theaterleitung hat sich ihm gegenüber erkenntlich gezeigt. Auch das restliche Ensemble war bis auf eine Ausnahme wunderbar, lediglich Ko-Ko kiekste sich durch den Abend wie ein pubertierender Oberschüler im Stimmbruch, das sollte vielleicht witzig sein, passt aber überhaupt nicht zu der Rolle. Frances Lucey sang die Arie der Yum Yum The Moon and I an diesem Abend besonders innig, Robert Sellier überzeugte als Nanki-Poo mit Spielwitz und schönem Tenor. Rita Kapfhammer begeisterte wie immer als resolute Katisha, sie spielt und singt, was das Zeug hält und doch trieb ihr Alone and yet alive die Tränen in die Augen. Franziska Rabl und Milica Jovanovic bezauberten als Pitti-Sing und Peep-Bo, Holger Ohlmann und Daniel Fiolka als Pooh-Bahh und Pish-Tush ergänzten das bestens aufgelegte Ensemble hervorragend und Thomas Peters glänzte in der undankbaren Rolle des Erzählers.

Der Chor zeigte, wie immer, Spielfreude kombiniert mit präzisem Gesang und Benjamin Reiners kitzelte aus dem Orchester noch ein bisschen mehr Schwung heraus und unterstützte die Sänger wo es ging.

Ein schöner Abend, Danke an alle Beteiligten!

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Der Mikado, 08.12.2011, Gärtnerplatztheater

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Das Staatstheater am Gärtnerplatz und der Regisseur Holger Seitz haben sich für eine deutsche Fassung des Stücks “Der Mikado” von Gilbert & Sullivan entschieden. Diese deutsche Fassung ist von Walter Brandin und Arno Assmann und hat einen Erzähler, diesen gibt es im englischen Original nicht. Am Gärtnertheater wird diese Rolle von Thomas Peters sehr eindrucksvoll gestaltet, aber die Dialoge sind an einigen Stellen zu lange. Es hätte gerne gekürzt werden können, und die Übergänge der Szenen Dialog-Musik wäre schneller auf den Punkt gekommen. Nun aber genug davon. Es gibt ja so viel Schönes an der Produktion: Das schlicht gestaltete Bühnenbild von Peter Engel, das von der gelungenen Lichtgestaltung von Hans Guba zum Leben erweckt wird und in jeder Minute eine ganz besondere Atmosphäre entstehen lässt. Schon wenn sich beim langsamen Satz der Ouvertüre der Vorhang öffnet und die roten Lampions leuchten. Kostümbildnerin Sandra Münchow hat zeitlose Kostüme gestaltet, Anzüge in verschiedenen Graustufen mit Zeitungsaufdrucken, beim großen Auftritt des Mikado schwarze Anzüge mit goldgelben Ärmeln und für den Frauenchor bunte blumenbedruckte Kleider mit Schleifen. Holger Seitz kann bei seiner Regie und der Entwicklung der Personenführung ganz auf das spielfreudige Ensemble des Theaters setzen. Ein Glücksgriff ist auch der Dirigent der Produktion Benjamin Reiners: mit dem gut gelaunten und spielfreudigen Orchester blühen die Melodien von Sullivan aus dem Orchestergraben; an dieser Stelle ein besonderes Lob an die Holzbläser.

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Yam-Yam, Mündel von Co-Co, und Nanki-Poo wurden an diesem Abend von Therese Wincent und Mario Podrecnik gespielt. Therese Wincent beeindruckte während der ganzen Aufführung mit ihrer Bühnenpräsenz. In Gesang, Spiel und Choreographie war sie ideal für die Rolle der Yam-Yam. Der gut geführte Tenor von Mario Podrecnik stand ihr in nichts nach. Einen gelungenen Auftritt hatte auch Derrick Ballard als Mikado, mit kräftigem Bass und enormer Autorität. Rita Kapfhammer als älteres Hoffräulein Katisha war voll in ihrem Element, ausgestattet mit kräftigem Mezzo und großer Bühnengeste. Der Scharfrichter von Titipu, Co-Co, der kein Blut sehen kann, mit der Vergangenheit eines Schneiders, wurde gelungen verkörpert von Hardy Rudolz. Dieser hatte an diesem Abend Glück und bekam viel sichere Unterstützung aus dem Orchestergraben. Sehr aufmerksam! Die restlichen Rollen waren rollendeckend und gut besetzt: Sebastian Campione (Pooh-Bah, Minister für alles), Carolin Neukamm (Pitti-Sing), Ulrike Dostal (Peep-Bo) und Gregor Dalal (Pish-Tush, ein Edelmann). Der Chor, in der Einstudierung von Inna Batyuk, sang an diesem Abend sehr klangschön, und auch die Darstellung war wieder sehr gelungen.
Es ist schön, dieses Stück von Gilbert & Sullivan am Staatstheater am Gärtnerplatz zu sehen und zu hören mit dem noch existierenden Ensemble.

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Interview mit Benjamin Reiners

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Herr Reiners, herzlichen Dank, dass Sie sich bereit erklärt haben zu einem Interview auf dem Blog „Nacht-Gedanken“. Erzählen Sie uns doch bitte etwas von Ihrem Werdegang.

Werdegang. Ja. – Ich bin 1983 in Duisburg geboren und bin dort ganz normal aufgewachsen und zur Schule gegangen. Meine Eltern glaubten, so mit vier Jahren, eine gewisse musikalische Begabung bei mir festzustellen, bzw. dass ich einfach auf Musik sehr aktiv reagiere, und haben mich deshalb in der musikalischen Früherziehung angemeldet an der Niederrheinischen Musik- und Kunstschule. Da hat man dann Noten gelernt, auf dem Xylophon und allen möglichen orffschen Instrumenten rumgehauen. Das geht über zwei Jahre, und danach steht eben an, sich für ein Instrument zu entscheiden, das man dann erlernen soll, und dann kann man sich die verschiedenen Instrumente angucken und sich umhören. Ich habe mich damals für die E-Orgel entschieden. Meine Eltern, die beide keine Musiker sind, haben das dann so angenommen, diese Entscheidung. Im Nachhinein denke ich: Ah, hätten sie mich mal gezwungen, vielleicht doch sofort Geige oder Klavier zu erlernen. Nein, Quatsch, das war schon alles richtig so… Auf jeden Fall: Da sollte es dann die E-Orgel sein. Über diese E-Orgel kam der Wunsch, auch Orgel in der Kirche zu spielen, also Kirchenorgel zu lernen. Den Wunsch haben mir meine Eltern dann erfüllt und so habe ich beim Kantor der evangelische Kirche Orgel-Unterricht bekommen, und später auch klassischen Klavierunterricht. Natürlich habe ich dann auch im Chor gesungen, Kinderchor, Jugendchor, und schließlich in der Kantorei. Dann kam eben immer mehr der Wunsch, das auch beruflich zu machen. Also, ich denke, dass ich schon so mit 15, 16 Jahren wusste, dass ich eigentlich mal Kirchenmusiker werden will, oder Dirigent, Chorleiter, wie auch immer. In dieser Zeit entstand auch meine Liebe zum Musiktheater…
Ok, ich kürze ab: Nach dem Abitur hat mich der Weg dann an die Kölner Musikhochschule geführt, wo ich Evangelische Kirchenmusik studiert habe. Zu dem Zeitpunkt tatsächlich allerdings schon mit der Absicht, dass sich an das Kirchenmusik-Studium ein Dirigierstudium anschließen sollte. Ich war nur so in der Kirchenmusik verwurzelt, dass ich das auf jeden Fall machen wollte. Der Studiengang Kirchenmusik ist ein so umfassender Studiengang, dass es als Einstieg, auch mit dem Ziel, Dirigent zu werden, eine super Sache ist, weil man einfach sehr viele verschiedene Fächer hat und es eine sehr gute Grundlage bietet. Ja, das habe ich dann eben absolviert, dieses Studium, und eben genau, wie das auch ursprünglich geplant war, danach dann mein Dirigierstudium angeschlossen. Das habe ich dann an der Hochschule für Musik in Detmold absolviert. Und von da bin ich  direkt schon an den Gärtnerplatz gekommen, 2009, als Solorepetitor mit Dirigierverpflichtung.

Seit dieser Spielzeit sind Sie an der Staatsoper Hannover als Zweiter Kapellmeister und jetzt zurückgekehrt für die Neuproduktion DER MIKADO von Gilbert & Sullivan. Fühlt es sich jetzt anders an, hier zu sein, als Gast, sozusagen, als noch vorher als festes Ensemblemitglied?

Es fühlt sich tatsächlich ein bisschen anders an. Obwohl es auf der einen Seite einfach so ist wie Nach-Hause-Kommen, und das ist total schön, die Leute alle wiederzusehen und so in die Familie zurückzukehren, und obwohl jetzt eigentlich nur ein paar Monate dazwischenliegen, habe ich doch das Gefühl, dass ich schon mit einer anderen Perspektive zurückkomme und  auch so aufgenommen werde. Also, dass da jetzt so jemand kommt, den wir alle sehr gut kennen, aber der jetzt einfach woanders ist, schon eine andere Tätigkeit hat… Es ist so ein Mix aus Althergebrachtem, aber auch mit neuen Impulsen. Oder einer neuen Sicht auf die Dinge.

Sie haben in Hannover auch interessante Aufgaben übernommen, „Die Reise nach Reims“ zum Beispiel. Was steht denn da diese Spielzeit noch an?

Genau. Die „Reise nach Reims“ war dort meine erste eigene Wiederaufnahme, in einer ganz tollen Inszenierung und ganz super Musik, und parallel dirigiere ich gerade noch die sehr spektakuläre Inszenierung von „La Traviata“, über die man auch in allen Zeitungen und Opernmagazinen lesen konnte , eine wirklich ganz, ganz atemberaubende Inszenierung mit einem ganz außergewöhnlichen Raumkonzept, was auch dirigentisch eine große Herausforderung ist. Ich habe nicht die Premiere gemacht, aber ich dirigiere das nach. Dann erwarten mich jetzt in der nächsten Zeit die Wiederaufnahme von „La Boheme“, Nachdirigate von der Neuproduktion „Der Barbier von Sevilla“, noch ein Ballettabend „Alice im Wunderland“ und eine Uraufführung einer Kinder- und Jugendoper „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren.“

Ganz schön viel.

Ja. (Lacht.) Aber man wächst ja mit seinen Aufgaben.

Mögen Sie auch andere Musikrichtungen?

O Gott. Darf ich das hier sagen? Was ich tatsächlich sehr gerne mag, ist guter deutscher Schlager. Ich muss gestehen, dass ich ein großer Udo-Jürgens-Fan bin und da tatsächlich auch schon auf dem einen oder anderen Konzert war. Ja. Also, ich höre nicht viel Musik in meiner Freizeit, aber wenn, dann mal so Gute-Laune-Musik.

Haben Sie musikalische Vorbilder?

Ja, als Dirigent hat man immer musikalische Vorbilder. Es gibt einfach da so viele geniale Menschen, die diesen Job ausgeübt haben oder noch ausüben, dass man da ohne Vorbilder gar nicht auskommt. Da sagen wahrscheinlich auch alle Dirigenten dieselben Leute. Natürlich ist Carlos Kleiber jemand, der unerreicht ist, was die musikalische Interpretation, aber auch seine Art zu dirigieren angeht. Ein anderes Vorbild ist einfach immer noch mein Dirigier-Professor in Detmold, Karl-Heinz Bloemeke, dem ich wahnsinnig viel verdanke, und der für mich sowohl in musikalischer und dirigentischer aber auch in menschlicher Hinsicht ein großes Vorbild ist.

Haben Sie eine Lieblings-Opernaufnahme?

Ja, ich mag ganz gerne von Eugen d’Albert „Tiefland“. Ich glaube, es gibt gar nicht wahnsinnig viele Aufnahmen davon. Ich habe eine mit Rene Kollo und Eva Marton, eine ganz tolle Aufnahme.

Hatten Sie auch schon internationale Auftritte?

Ich habe Klavier am Bosporus in „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ gespielt, in Kostüm und Maske. (Beide lachen ausgiebig.) Nee, ich glaube, das ist das einzige, was jetzt so international hier angefügt werden kann.

Braucht ein Dirigent Kondition, und was tun Sie dafür?

Es ist auf jeden Fall nicht zu leugnen, dass eine Vorstellung zu dirigieren schon eine wahnsinnige körperliche Anstrengung ist und das schon sicherlich auch eine gewisse körperliche Kondition erfordert. Ich gehe ganz klassisch ein- bis zweimal die Woche ins Fitness-Studio und stelle mich da auf den Cross-Trainer und mache noch so ein bisschen Zirkeltraining, um mich körperlich fit zu halten. Es ist schon auch ein Job, der manchmal auch gerade auf den Rücken geht, man steht sehr lange und viel, und da muss man auch, glaube ich, ein bisschen Prävention betreiben, dass man diesen Job wirklich lange ausüben kann und da die richtigen Muskeln stärkt.

Müssen Sie sehr diszipliniert leben als Dirigent?

Ich weiß nicht, ob man es muss. Ich tu’s nicht. (Lacht.) Nein, also, im Gegensatz zu Sängern, die natürlich immer vor allen Dingen ihre Stimme im Auge haben müssen, ist das bei uns nicht ganz so extrem. Für mich ist es sehr wichtig, dass ich genug schlafe, gerade wenn ich anstrengende Proben oder Vorstellungen habe. Dass man am Abend wirklich ausgeruht ist, dass man sich den Tag so gestaltet, dass man sich mittags vor der Vorstellung wirklich noch mal ein Stündchen hinlegen kann und dann abends wirklich fit ist. Weil man ja doch zu relativ ungewöhnlichen Arbeitszeiten arbeitet, oder eben spät am Abend eben noch zu höchsten Konzentrationsleistungen bereit sein muss.

Haben Sie das absolute Gehör?

Nein. Habe ich nicht.

Ist das ein Nachteil, oder empfinden Sie es als Nachteil?

Es gibt sicherlich Momente, wo man denkt: Ach, warum hat man es nicht?! Aber wenn ich an meinen ersten Gehörbildungs-Professor denke – der hatte es, wenn ich mich recht erinnere, auch nicht – der hat immer gesagt, dass das absolute Gehör auch nicht nur Vorteile hat. Gerade wenn man auch Alte Musik macht, wo oft etwas nicht in 440 aufgeführt wird. Ich glaube, ein gutes relatives Gehör zu besitzen, ist genauso viel wert.

Wie bereiten Sie sich auf ein neues Stück vor?

Ja, da gibt es immer diese klassischen Antworten, die man sagen muss: dass man sich zuerst das Buch durchliest und dann den Klavierauszug in langen Nächten sich erst lesend erarbeitet, oder die Partitur. Bei mir ist es tatsächlich so, dass ich mir zuerst den Auszug nehme und einfach spiele und dazu singe. Ich scheue es auch nicht, mir früh eine Aufnahme dazuzunehmen und einfach mal reinzuhören. Oder sich auf Youtube durchzuklicken, was es da so gibt. Tatsächlich sollte man dann die Aufnahmen beiseite legen und sich dann das Werk wirklich für sich erarbeiten und erst spät wieder die Aufnahmen hinzuziehen, aber um so einen ersten Eindruck zu bekommen, kann man auch einfach die Medien, die einem zur Verfügung stehen, nutzen..

Kommen wir zur Neuproduktion „Der Mikado oder Die Stadt Titipu“ von Gilbert & Sullivan. – Waren Sie schon mal in Japan?

Nein, ich war bisher weder in Großbritannien noch in Japan.

Kennen Sie auch andere Stücke von Gilbert & Sullivan – außer den „Piraten von Penzance“ natürlich, die hier am Haus gelaufen sind?

Mir ist bisher auch nur die „Piraten von Penzance“ begegnet, hier. Das habe ich zwar nicht selber dirigiert oder gespielt, aber ich habe da ein paar Vorstellungen von gesehen und die Wiederaufnahmeproben, und habe mich jetzt im Zusammenhang mit dieser Neuproduktion ein bisschen mit Gilbert & Sullivan beschäftigt, auch ein bisschen Musik gehört abseits seiner komischen Opern.

Haben Sie für diese Inszenierung eine eigene Fassung von DER MIKADO erarbeitet, oder ist das die Original-Partitur?

Es war tatsächlich nicht so einfach, an das Original zu kommen, aber natürlich ist das angestrebt und wir haben es jetzt auch geschafft, weil der Verlag, von dem wir die deutschen Aufführungsrechte haben, nur eine bearbeitete Orchesterfassung in seinem Sortiment hatte, obwohl sie mit der Originalbesetzung geworben haben. Aber nach langem Hin und Her ist es uns jetzt gelungen, wirklich die Original-Instrumentierung von Sullivan zu bekommen, und ich finde, das sollte auch im Jahr 2011 oberste Priorität sein, dass man so was in seiner Originalgestalt aufführt. Wir machen auch mit Ausnahme einer Musiknummer alle Stücke.

Können Sie uns verraten, welche gestrichen ist?

Dieses große Trio mit Chor im zweiten Akt. Das ist einfach in unserer deutschen Fassung nicht drin.

Wie würden Sie MIKADO musikalisch beschreiben?

Das Komponistenduo – nein, so sagt man immer, aber es ist der Komponist Sullivan, der in Verbindung mit dem Textdichter Gilbert diese komischen Opern geschaffen hat – hat da einfach eine sehr spezielle und eigene Tonsprache geschaffen, die auf den ersten Blick sehr, sehr trivial erscheint. Es ist harmonisch, alles sehr, sehr überschaubar, es sind kurze, einprägsame Melodien, die man spätestens nach dem zweiten Hören gut mitpfeifen kann. Ich sage mal, es ist jetzt von dem musikalischen Gehalt natürlich nicht mit einer Beethoven-Sinfonie oder einer Wagner-Oper zu vergleichen. Trotzdem ist es so professionell gut und geschickt gemacht, dass es einfach den Nerv des Publikums und des Zuhörers trifft und auch alle Beteiligten, also auch die Musiker, sofort Spaß daran haben. Nur ist es, sagen wir, im besten Sinne gefällige, unterhaltende Musik.

Aber sie hat schon auch einige Besonderheiten. Zum Beispiel taucht mitten im Japanischen ein Madrigal auf. Ist es zwingend, dieses Musikstück an dieser Stelle zu haben, oder ist es einfach ein Spleen von Gilbert & Sullivan, in jedem ihrer Stücke ein Madrigal zu haben?

Ich würde das nicht als Spleen bezeichnen. Ich glaube, tatsächlich gehört das zu ihrem Konzept. Und dieses Stück spielt halt zufällig in Japan. Es könnte auch in Afrika oder auf irgendeiner Insel in der Antarktis spielen. Ich glaube, es ist zufällig Japan, und auch die musikalischen Anklänge an Japan sind ja durchaus sehr überschaubar. Sie hatten einfach nicht den Anspruch, wirkliches Japan abzubilden, weder auf der Szene noch in der Musik. Und deshalb kommt es vielleicht sogar ihrer Aussage dieses Stücks sehr nahe, dass sie da etwas typisch englisches, dieses Madrigal, hineingepackt haben. Weil sie ja eigentlich dem Publikum die eigene Welt vor Augen führen wollen und das nur immer anscheinend woandershin verlagert haben, in eine x-beliebige Stadt nach Irgendwo. Und deshalb spricht das für ihr Konzept.

Haben Sie Lampenfieber, und wenn ja, was tun Sie dagegen?

Wenig, tatsächlich. Also am Abend selber bin ich jetzt nicht nervös in der Form, dass ich irgendwie Herzklopfen habe. Vielleicht mal schwitzige Hände. Aber ich habe nicht dieses direkte Lampenfieber unmittelbar vor der Vorstellung oder in der Vorstellung. Ich bin eher den ganzen Tag über sehr hibbelig, vielleicht auch schon in der Nacht davor. Was könnte alles passieren, was kann alles schiefgehen, woran muss ich denken?
Aber ich brauche Rituale. Also, ich muss mir beispielsweise wirklich unbedingt immer noch mal einmal vor der Vorstellung kurzfristig die Zähne putzen. Ich weiß auch nicht, das habe ich seit Jahren, und ich glaube, das ist so ein bisschen Aberglaube. So wie manche andere Kreuzzeichen machen oder sich ihr Maskottchen mitnehmen.

Was ist das Schönste an Ihrem Beruf, und was ist das Nervigste?

Was soll ich sagen? Für mich ist es das Größte, Oper zu dirigieren. Also, abends in so einem wunderschönen Raum zu stehen, so wunderbare Musik zu machen und das dann auch noch entscheidend mitgestalten zu können. – Das Nervigste. Keine Ahnung. Was ist denn das Nervigste? Manchmal mit den Widrigkeiten des Repertoiresystems kämpfen zu müssen. Dass man eine Sache sich erarbeitet und probt und eigentlich nach einer Probe etwas auf einem tollen musikalischen Stand hat und vielleicht auch noch in der ersten Vorstellung, und dann aber ab der zweiten oder dritten Vorstellung eine völlig andere Besetzung auf der Bühne oder im Orchestergraben hat, und da dann einfach nicht mehr die Qualität erreicht, die man sich manchmal wünscht.

Haben Sie ein Wunsch-Stück, das Sie gerne dirigieren möchten?

Das nächste kommt jetzt, als nächstes im Dezember in Hannover: „La Boheme“. Ich glaube, das ist ein Traum-Stück eines jeden Dirigenten. Ebenso gefürchtet, natürlich. Aber damit erfülle ich mir jetzt schon den nächsten Wunsch. Gerade kommen ganz viele Wunsch-Stücke nacheinander, das ist ganz toll.

Sie haben am Anfang gesagt, Sie waren schon ab dem Alter von vier Jahren an Musik interessiert. Gab es aber irgendwann mal in Ihrem Leben auch mal den Wunsch, etwas anderes zu machen?

Klar überlegt man sich mal so kurz vor dem Abitur, bevor es so richtig ernst wird: „Hm, vielleicht mache ich doch noch mal was anderes.“ Und dann hat man auch Familienangehörige, die sagen: „Ah, willst du nicht mit dem guten Abitur vielleicht doch was Anständiges machen und Rechtsanwalt oder Arzt werden?“ Ich habe tatsächlich mal kurz über Arzt nachgedacht, und auch mal über Lehrer. Lateinlehrer wäre ich vielleicht geworden, aber eigentlich stand das nie wirklich zur Debatte. Also, das waren nur mal so Überlegungen – man weiß ja auch nie, ob das mit den Aufnahmeprüfungen klappt –  was es für Alternativen gegeben hätte, aber der eigentliche Wunsch war immer, Musiker zu werden.

Dann sage ich ganz herzlichen Dank für dieses Interview und Toi-toi-toi für die Premiere von DER MIKADO.

Ja. Danke schön, also für’s Interview, nicht für’s Toi-toi-toi!

 

Interview vom 13.11.2011

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Il viaggio a Reims, 19.10.2011, Staatsoper Hannover

Diese Oper habe ich mir als eine der wenigen als Aufnahme zugelegt, ohne sie je live gesehen zu haben. Schließlich heißt die Hauptprotagonistin so wie ich und das kommt selten genug vor. Leider wird sie nicht sehr oft gespielt, was daran liegen mag, dass man 15 Solisten plus Chor braucht, für Theater ohne gutes festes Ensemble fast nicht zu stemmen. Im deutschsprachigen Raum gibt es in der Spielzeit 2001/12 nur zwei Häuser, die dieses Stück spielen. Nürnberg ist zwar näher, dort gibt es das Stück aber erst im Mai 2012. Und Hannover hat ein nicht zu toppendes Sahnehäubchen: der von mir am Gärtnerplatz stark vermisste Benjamin Reiners, seit dieser Spielzeit dort als 2. Kapellmeister tätig, hat die musikalische Leitung.

Eine Aneinanderreihung von Episoden wie in diesem Stück, das kann langweilig sein. Fast jeder singt ein oder zwei Arien, ein bisschen zwischenmenschliches Geplänkel und das wars. Da muss man sich als Regisseur schon etwas besonderes einfallen lassen, damit die Leute nicht in Scharen aus der dazu noch ziemlich langen Oper flüchten. Matthias Davids ist das kleine Kunststück gelungen: er verlegte die Handlung von einem Gasthaus in Plombière an einen fiktiven Flughafen, an dem die Passagiere aus unbekannten Gründen gestrandet sind, weil alle Flüge gestrichen wurden. Was der Regisseur nicht wissen konnte: fünf Tage nach der Premiere am 10.04.2010 wurde seine Vision durch den Vulkanausbruch auf Island Wirklichkeit.

Und diese Verlegung von Ort und Zeit funktionierte hervorragend, vermutlich auch deshalb, weil sie konsequent durchgehalten wurde. Bis ins Programmheft, in dem der Flughafen vorgestellt und Sicherheitshinweise gegeben wurden, zog sich das Thema. Der Text in den Übertiteln, es wird italienisch gesungen, wurde nur sehr behutsam angepasst, aber auch das passte perfekt. Überhaupt, die Übertitel: manchmal erschienen dort statt Text Herzen oder Blumen oder auch mal ein Bild der englischen Königin. Was man alles machen kann, wenn man eine gescheite Übertitelungsanlage hat! Es wurde übrigens italienisch gesungen, da macht es auch Sinn, zu übertiteln. Die Personenregie war großartig, ich habe mich wirklich sehr amüsiert über die präzise Situationskomik, die auch im zweiten Rang gut ankam.

Musikalisch war es ein toller Abend! Selbst diejenigen Sänger, mit denen ich vor der Pause nicht ganz glücklich war, gefielen mir danach sehr gut. Herausragend waren für mich Dorothea Maria Marx als meine Namensvetterin, Monika Walerowicz als La Marchesa Melibea, Ivan Turšić als Il Cavalier Belfiore und Tobias Schabel als Lord Sidney. Der Chor zeigte sich spielfreudig und machte in seinen wenigen Szenen auch gesanglich eine gute Figur. Benjamin Reiners  koordinierte alle Beteiligten aufs Beste, so dass Rossini sicher seine wahre Freude daran gehabt hätte.

Ich kann wirklich jedem nur empfehlen, sich dieses musikalische und szenische Schmuckstück anzusehen, weitere Vorstellungen am 23.10., 04.11. und 23. Dezember. Ich sehe es mir auf alle Fälle nochmal an.

 

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Sterne der Bühne, 29.06.2011, Gärtnerplatztheater

Zuerst mal muss ich ein wenig meckern: auch wenn es diesmal wesentlich besser verkauft war als beim ersten Mal Anfang Juni, das Durchschnittsalter war jenseits von Gut und Böse. Und auch wenn sich meine 80-jährige Theaterfreundin beharrlich verweigert, scheint es im fortgeschrittenen Alter in Mode zu kommen, bei Liedern, die einem vage bekannt vorkommen, mitzuklatschen. Und weil das mit dem Hören oft nicht mehr so gut funktioniert, haut das halt auch mit dem Takt nicht immer ganz so hin. An diesem Abend wars ganz besonders schlimm. Und der Boden des Orchestergrabens, der hochgefahren zur Vorbühne wird, ist schon arg schäbig. Kann man da nicht was drüber tun? Dann tanzt es sich bestimmt auch besser.

Aber genug des Gemaules, der Rest war fabelhaft. Angefangen bei der Stückauswahl, die halt nicht das übliche Repertoire einer Operettengala abspulte, sondern Highlights aus bekannten, aber nicht ganz so oft wie die Fledermaus gespielten Operetten bot. So gab es zum Beispiel drei Lieder aus “Wie einst im Mai”, auch der “Ball im Savoy” war mit zwei Stücken vertreten, “Paganini”, “Die Zirkusprinzessin”, “Das Feuerwerk” und die “Hochzeitsnacht im Paradies” ergänzte die ungewöhnliche Stückauswahl. Und selbst bei den drei Liedern aus “Im weißen Rössl” standen die nicht ganz so bekannten Stücke am Beginn, bevor das titelgebende Lied den Schlusspunkt setzte. Diese Auswahl hört man nicht alle Tage, schade, dass das Operettenkonzert nur zweimal auf dem Spielplan des schönsten Theater Münchens stand.

Fabelhaft agierte das Orchester unter dem jungen, enorm talentierten und leider, leider scheidenden Dirigenten Benjamin Reiners. Fabelhaft waren auch die Solisten, die nicht nur ganz hervorragend sangen, sondern auch, wie es in der Operette halt so üblich ist, tanzten und sich den Stücken entsprechend verkleiden. So sang die famose Rita Kapfhammer, die sich hier einmal mehr für das Genre empfohlen hat, “Spiel auf Deiner Geige” aus “Venus in Seide” in einem wirklich atemberaubenden Kleid und Christina Gerstberger gab eine barocke Primadonna bei dem entsprechenden Lied aus “Der arme Jonathan”. Für Heiterkeitsausbrüche beim Publikum sorgte auch das Kostüm von Marianne Larsen als “Julischka aus Budapest”. Die männlichen Solisten nutzten ihre Möglichkeiten ebenfalls und so trug Daniel Fiolka bei dem Gassenhauer “Mein Mädel ist nur eine Verkäuferin” einen passenden gestreiften Anzug. Stimmlich waren alle Solisten, noch nicht genannt sind Stefanie Kunschke, Tilmann Unger, Dirk Lohr und Mario Podrečnik, in allerbester Form und trugen die genau auf sie zugeschnittenen Stücke hervorragend vor. Besonders Frau Kunschke, die am nächsten Tag die Premiere vor sich hatte, und Frau Gerstberger, die am Sonntag “dran” ist, ist es hoch anzurechnen, dass sie den Wechsel von Barockoper zur Operette (und hoffentlich auch wieder zurück) spielend geschafft haben.

Ein sehr schöner Abend, der mit der Zugabe “Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände” aus “Viktoria und ihr Husar” ein bisschen wehmütig zu Ende ging.

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