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Gottes Last, 25.04.2018, tamS

Vier Priester kommen in eine Bar.
Was wie die Einleitung eines Schenkelklopfers klingt ist der Beginn des neuen Werke aus der Feder von Heiko Dietz, seines Zeichens Schauspieler, Regisseur, Autor und Intendant des – leider immer noch heimatlosen – theater…und so fort (wir berichteten). Dabei bemerkt der Zuschauer schon bei der Lektüre des Programms, dass das Thema an diesem Abend alles andere als lustig ist, schließlich geht es um den in den letzten Jahren viel diskutierten sexuellen Missbrauch durch Geistliche. Doch Dietz versteht es auch in seinem neuen Stück geschickt, das Publikum auch immer wieder zum Schmunzeln zu bringen, ohne die Thematik ins Lächerliche zu ziehen.

Foto: Andreas W. Kohn

Aber wieder zurück zu unseren vier Priestern. Ein Kardinal, ein Bischof, ein Pfarrer und ein Vikar sind auf dem Weg zu einer Tagung an einem Bahnhof irgendwo im Nirgendwo gestrandet, ebenso wie das Geschwisterpaar Manfred und Angelika. Die Reisenden treffen in der heruntergekommenen Bahnhofskneipe von Mechthild aufeinander, in der sich bereits der eher wortkarge Stammgast Peter gemütlich gemacht hat. Die Priester packen ihr Kirchen-Quartett aus, wobei der Kardinal schummeln lässt. Schnell wird die Hierarchie unter den Kirchenmännern deutlich, muss der junge Vikar doch trotz verletztem Arm die Koffer der ganzen Gruppe schleppen. Da ist es für die Herren doch ungewohnt, als sie der resoluten Putzfrau Gabi begegnen und ihr versprechen müssen, die frisch geputzte Toilette sauber zu hinterlassen. Das Warten auf den nächsten Zug zieht sich hin, dabei helfen die merkwürdigen Ansagen des exzentrischen Bahnangestellten Sammi wenig, der sich kurz darauf ebenfalls der Runde anschließt.
Schnell merkt man jedoch, wie nervös Manfred Wiktimar angesichts der Geistlichen wird. Seine Schwester will ihn beruhigen und zurückhalten. Doch schließlich gesteht er dem Kardinal Silenz, dass sie vor Jahren ein Telefonat hatten, in dem Manfred um Hilfe gebeten hatte. Er wurde als Kind sechs Jahre lang zum Pfarrrer seiner Gemeinde sexuell missbraucht, hatte jedoch erst viele Jahre später den Mut dies öffentlich zu machen. Doch das führte nur dazu, dass ihn seine Familie verstieß und er durch die psychische Belastung zum Frührentner wurde. Durch dieses persönliche Schicksal entsteht unter den Anwesenden eine Diskussion über den Umgang mit der Kirche mit diesen Missbrauchsfällen, vor allem die Tatsache, dass die Täter lediglich versetzt und nicht strafrechtlich belangt werden und die Opfer dadurch keinen Frieden finden können. Vor allem Sammi mischt sich rege in die Diskussion, die Putzfrau steuert Fakten bei, nur Mechthild steht meist als Beobachterin hinter ihrer Theke und deeskaliert aufbrausende Situationen mit Getränken und beruhigenden Gesten.
Das Bühnenbild von Andreas Arneth wirkt schlicht und realistisch, auch die Kostüme von Lisa Fertner sind wenig abstrakt, passen also beide zu dem ungeschönten Ton des Stücks, in dem die Thematik des Missbrauchs ausgedrückt wird. Dabei sind durchaus mysteriöse Elemente in dieser Inszenierung, die dem Zuschauer doch vor Augen halten, dass es sich hier um Fantasie handelt. Wieso weiß Mechthild etwa was ihre Gäste trinken wollen, bevor die überhaupt das Lokal betreten? Und wieso scheint sie ein Gewitter heraufbeschwören zu können? Sammi und sie kontrollieren auch per Schnipsen die Musik, die merkwürdigerweise im Text auch die Situationen aufgreifen.
Die Darsteller schaffen es, dieses sicher nicht einfache Stück so überzeugend auf die Bühne bringen, allem voran Claus-Peter Damitz als Manfred, der auch wortlos zeigt, wie sehr seine Figur unter der Vergangenheit leidet. Vor allem, als ihn auch noch seine Schwester entnervt angreift, eine packende Szene von Petra Wintersteller. Josef Parzefall gibt dagegen den immer gut gelaunten Exzentriker, der die ernsten Themen eher von einer zynischen Seite begegnet und somit die Wut manches Anwesenden auf sich zieht. Konrad Adams gibt den scheinbar gutmütigen und diplomatischen Bischof Klemm, der trotzdem viel zu verheimlichen scheint. So soll etwa der verletzte Vikar Reinemann nicht erwähnen, was mit seinem Arm passiert ist. Dieser nimmt eigentlich in diesem Stück sogar die überraschendste Wendung, aber zu viel möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.

Foto: Andreas W. Kohn

Die humoristischeren Figuren dieses Theaterabends sind schließlich die beiden Dialektsprecher: die bayrische Putzfrau (ein wundervolles Spiel von Waltraud Lederer), die ein strenges Regiment über die sanitären Anlagen führt und trotzdem intellektuell weit mehr zu bieten hat, als man anfangs meinen möchte. Und dann noch Stammgast Peter, gespielt vom Regisseur und Autor selbst, der sich aus allem heraushält und nur ab und zu im rheinländischen Dialekt ein Bier bestellt und nur anfangs über das Leben philosophiert.
Ich kann nur sagen: schaut euch dieses Stück an! Dietz schafft es, eine so schwierige Thematik gut recherchiert aufzuarbeiten und dabei alle Seiten glaubwürdig darzustellen: die Opfer, die Täter und die Menschen, die nur indirekt betroffen sind. Dabei wird die Kirche an sich nicht ausschließlich dämonisiert, doch die Fehler des Systems aufgedeckt.

Weitere Vorstellungen:
28.April 2018, 20.00 Uhr im TAMS-Theater
03./04./05./16./17./18./19. Mai 2018 im Theater Heppel und Ettlich

Regie: Heiko Dietz
Dramaturgie: Carmen Panknon
Bühne: Andreas Arneth
Kostüm: Lisa Fertner
Musik/Sound: Tobias Bosse
Assistenz/Probendouble: Lucia Rau
Probendouble: Bagdasar Khachikyan

Mechthild, Wirtin: Yvonne Brosch
Peter Tanach, Stammgast / Hermann, Postbote: Heiko Dietz
Gabi, Putzfrau: Waltraut Lederer
Georg Klemm, Bischof: Konrad Adams
Friedrich Silenz, Kardinal: Winfried Hübner
Günther Kowahl, Pfarrer: Johannes Haag
Karsten Reinemann, Vikar: Robert Ludewig
Manfred Wiktimar, Reisender: Claus-Peter Damitz
Angelika Austing, Reisende: Petra Wintersteller
Sammi, unerwünschter Gast: Josef Parzefall

https://www.undsofort.de/stueck/gottes-last,1092

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Uraufführung Pumuckl – Das Musical, 19.04.2018, Gärtnerplatztheater

 Benjamin Oeser (Pumuckl) © Christian POGO Zach


Benjamin Oeser (Pumuckl)
© Christian POGO Zach

Schabernack am Gärtnerplatz – erfrischend humorige Uraufführung von Pumuckl – Das Musical

Zugegeben, ich war sehr skeptisch bei dem Projekt, den Pumuckl meiner Kindheit als Musical-Uraufführung zu erleben. Insbesondere nach dem bayerisch-österreichischen Kauderwelsch der My Fair Lady fürchtete ich ein ähnliches Schicksal auch für die ur-Münchner Geschichte vom Meister Eder und seinem „zuagroasten“ Klabautermann.

Aber was gestern Abend über die Bühne ging, hat mich vor Begeisterung umgehauen. Sämtliche Fallen, die das Projekt bereithielt (wie eine über 50 jahre alte Geschichte sanft modernisieren, ohne dass das Altbekannte und -geliebte verlorengeht? Wie eine Zeichentrickfigur, die unsichtbar werden kann, überzeugend auf die Bühne bringen? Wie Münchner Lokalkolorit herstellen, ohne zu übertreiben?) wurden grandios gelöst:

 Stefan Thomas, Dirk Lüdemann, Thomas Hohenberger (Wirtshausgäste), Martin Hausberg (Wirt), Alexander Bambach (Bartel), Maximilian Berling (Schubert), Stefan Bischoff (Schlosser Schmitt) © Christian POGO Zach

Stefan Thomas, Dirk Lüdemann, Thomas Hohenberger (Wirtshausgäste), Martin Hausberg (Wirt), Alexander Bambach (Bartel), Maximilian Berling (Schubert), Stefan Bischoff (Schlosser Schmitt)
© Christian POGO Zach

Das Libretto (Anne X. Weber) wählt klug einige charakteristische Episoden aus und fügt sie harmonisch in einen Spannungsbogen ein, der vom Kennenlernen der Protagonisten (Pumuckl bleibt am Leimtopf von Schreinermeister Eder kleben und wird für ihn sichtbar) über eine schwere Beziehungskrise der beiden (Pumuckl stiehlt eine Haarspange und wird von Meister Eder aus dem Haus geworfen) bis zum Happy End (Versöhnung und Erkenntnis, dass man sich am besten so nimmt, wie man eben ist: den Pumuckl als Unsinnstifter und Meister Eder als Grantler). Die Sprache des Textbuches versteht es geschickt, altbekannte Textstücke und Reime in ein modernes Gerüst zu packen, das aber nie anbiedernd wirkt. Jeder Charakter darf sprechen, wie ihm der Schnabel gewachsen ist (herrlich gebabbelt: Dagmar Hellberg mit ihrem IKarlsruhe-Leinenbeutel als Kundin Frau Steinhauser). Humor und Sprachwitz kommen auch nicht zu kurz (aus Burnout wird bei Pumuckl einfach ein „Birn-Out“).

Pumuckl ist kein klassisches Musical im strengen Sinn, koboldtypisch springen die Stile munter durcheinander, was überaus erfrischend auf mich gewirkt hat. Die bekannte Serienmelodie „Hurraa, hurraa, der Kobold mit dem roten Haar“ wird natürlich eingebunden, aber nicht nur als direktes Zitat – im Schloss kommt sie z.B. mit Trompeten in barocker Manier daher. Franz Wittenbrink versteht es, nie Langeweile aufkommen zu lassen, mal bayrisch-schnadahüpfelnd, mal jazzig, mal rockig bietet Pumuckl – Das Musical für alle Ohren etwas. Dabei ist immer ein Augenzwinkern dabei, so zum Beispiel, wenn Schlosser Schmitt zum Schlaflied mit Tubasolo in seinem Bett schnarcht, dass der Pumuckl nicht schlafen kann.

 Ferdinand Dörfler (Meister Eder), Benjamin Oeser (Pumuckl) © Christian POGO Zach

Ferdinand Dörfler (Meister Eder), Benjamin Oeser (Pumuckl)
© Christian POGO Zach

Hervorragend die Leistung aller Darsteller, ganz voran Benjamin Oeser als Pumuckl und Ferdinand Dörfler als Meister Eder. Oeser bewältigt die Herausforderung mit Bravour, die bekannte Pumucklstimme Hans Clarins in Gesang zu übertragen. Insbesondere, wenn die Töne fürs Falsett zu tief werden ist es schwierig, dennoch den Pumuckl-typischen Klang beizubehalten, gelingt Oeser aber bewundernswert. Die lyrischen Stellen („eine halblange Spange“) gelingen zart und ohne Pathos und schauspielerisch klabautert Oeser mit großer Spielfreude über die Bühne.

Meister Eder (Ferdinand Dörfler) hatte ebenfalls ein schweres Erbe anzutreten, hatte doch fast jeder im Publikum den kongenialen Gustl Bayerhammer im Kopf. Dörfler versteht es hervorragend, seinen Meister Eder nicht als Bayerhammer-Imitat anzulegen, sondern ihm eine ganz eigene Charakteristik zu verleihen. Dieser Meister Eder wirkt auf mich introvertierter als das Vorbild, was wunderbar zu der Bühnenstory passt. Auch die Entwicklung der Figur arbeitet Dörfler überzeugend heraus: vom duldenden Grantler hin zu einem Menschen, der erkannt hat, das der Pumuckl sein Leben bereichert – trotz aller Schwierigkeiten, die sich im Zusammenleben mit dem unsichtbaren Wesen ergeben.

Ferdinand Dörfler (Meister Eder), Dagmar Hellberg (Frau Steinhauser), Stefan Bischoff (Schlosser Schmitt), Ulrike Dostal (Gerti Schmitt), Frank Berg (Chauffeur), Angelika Sedlmeier (Monika Steinhauser) © Christian POGO Zach

Ferdinand Dörfler (Meister Eder), Dagmar Hellberg (Frau Steinhauser), Stefan Bischoff (Schlosser Schmitt), Ulrike Dostal (Gerti Schmitt), Frank Berg (Chauffeur), Angelika Sedlmeier (Monika Steinhauser)
© Christian POGO Zach

Auch alle anderen Darstellerinnen und Darsteller spielen mit Begeisterung und auf ganzer Linie überzeugend: Ulrike Dostal keift herrlich im ehelichen Streit mit Schlosser Schmitt (Stefan Bischoff), der nicht Meister Eders Geduld mitbringt und den Pumuckl am liebsten einfangen und per Paket ans andere Ende der Welt verschicken will. Susanne Seimel gelingt es darstellerisch und stimmlich, die Rolle des Mädchens Hanna überzeugend zu verkörpern. Schön gerade gesungen ohne zu sehr ins Naive abzudriften. Auch die kleineren Rollen werden liebevoll und mit viel Spaß am Spiel in Szene gesetzt, vom gespenstergläubigen Butler Jakob (Peter Neustifter) über die resolute Lehrerin (Marianne Sägebrecht) bis zu den Stammtischbrüdern und Wirtshausgästen. Auch der Kinderchor darf nicht fehlen und gespenstert im doppelten Wortsinn „begeistert“ durchs Schloss.

Zum Schluss ein ganz besonderer Applaus für die Requisite, die mit viel Phantasie und Liebe zum Detail die Streiche des unsichtbaren Kobolds auf die Bühne bringt. Da wandert ein Hammer die Wand hoch, ein Blutfleck (eine Hommage an das Gespenst von Canterville?) verschwindet von Geisterhand, Schwerter fallen von der Wand und Mützen schweben durch die Luft. Ganz große Klasse – dankeschön und ein verdienter Applaus vom Publikum.

Fazit: Unbedingt hingehen (falls ihr noch Karten bekommt…)!
Besetzung am 19.04.2018
Dirigat Andreas Kowalewitz
Regie Nicole Claudia Weber
Choreografie Karl Alfred Schreiner
Bühne Judith Leikauf / Karl Fehringer
Kostüme Tanja Hofmann
Licht Jakob Bogensperger
Dramaturgie David Treffinger

Pumuckl Benjamin Oeser
Meister Eder Ferdinand Dörfler
Frau Reitmayer, Lehrerin Marianne Sägebrecht
Frau Steinhauser / Gräfin Dagmar Hellberg
Monika Steinhauser, ihre Schwiegertochter Angelika Sedlmeier
Hanna, ihre Enkelin / Vreni, Dienstmädchen Susanne Seimel
Schlosser Schmitt Stefan Bischoff
Gerti Schmitt, seine Frau / Vroni, Dienstmädchen Ulrike Dostal
Schubert Maximilian Berling
Bartel Alexander Bambach
Wirt Martin Hausberg
Butler Jakob Peter Neustifter
Chauffeur Frank Berg
Wirtshausgäste Stefan Thomas, Dirk Lüdemann, Thomas Hohenberger

Kinderchor des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz

Weitere Termine:

Sa 21.04.2018 18:00 Uhr
Di 24.04.2018 10:30 Uhr
Mi 25.04.2018 10:30 Uhr
Sa 28.04.2018 18:00 Uhr
Do 03.05.2018 10:30 Uhr
Mo 07.05.2018 10:30 Uhr
Mi 09.05.2018 10:30 Uhr
Do 17.05.2018 10:30 Uhr
Do 24.05.2018 18:00 Uhr
Sa 09.06.2018 18:00 Uhr
Mo 25.06.2018 10:30 Uhr
So 22.07.2018 18:00 Uhr
Mo 23.07.2018 10:30 Uhr

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Premiere Maria Stuarda, 22.03.2018, Gärtnerplatztheater

Ein bisschen Geschichtswissen schadet sicher bei Werken nicht, die auf historischen Begebenheiten basieren. Da meine Italienischkenntnisse mehr als dürftig sind, habe ich mich vor dem Premierenbesuch zumindest noch ein wenig in die Handlung sowie die Biografien der Protagonisten von Maria Stuarda eingelesen. Ich war schon sehr gespannt auf die Inszenierung von Gaetano Donizettis Oper, nachdem ich am Vormittag das Bühnenbild schon bei meiner Führung durch das Theater bewundern konnte.

Foto: Christian POGO Zach

Tatsächlich wirkt die Bühne von Andreas Donhauser und Renate Martin sehr schlicht, ganz im Gegensatz zu ihren Kostümen. Auf der Drehbühne steht ein kühl wirkendes Konstrukt aus Plexiglas und Metall, das jedoch durch die Projektionen trotzdem lebendig wirkt und faszinierende Muster an die Decke des Zuschauerraumes wirft. Bei den Kostümen wurde dagegen aus dem Vollen geschöpft mit elisabethanisch anmutenden Gewändern. Das hört sich nach einem großen Kontrast an, stört aber keinesfalls, da die Inszenierung optisch so eine gute Balance zwischen Moderne und historisierendem Prunk findet, der ja von manchen Zuschauern immer noch bei Opern vermisst wird.

 

Dabei bleibt der Kontrast nicht nur bei der Ausstattung sichtbar, sondern zieht sich durch die gesamte Inszenierung, vor allem bei den beiden Kontrahentinnen Elisabeth und Maria. Die englische Monarchin sieht im Gärtnerplatztheater ihrem historischen Vorbild enorm ähnlich mit bleich geschminktem Gesicht, roter Perücke und aufwändigen Kleidern. Nadja Stefanoff gibt ihrer Elisabeth eine kühle und stolze Ausstrahlung, ja fast schon etwas Dämonisches. Durch ihr Spiel und vor allem ihre Stimme zeigt sie die Figur jedoch auch als Frau mit Sehnsüchten, die hin und her gerissen ist zwischen den Personen um sie herum. Maria, gespielt von Jennifer O’Loughlin hingegen wirkt völlig natürlich und bodenständig, zeigt aber auch, dass sie ihren eigenen Willen hat. Auch für die ehemalige schottische Herrscherin steht ihr Stolz über allem, ja sogar ihrem Leben. Somit sind die beiden Frauen eigentlich gar nicht so verschieden und können vor allem nicht klar als gut oder böse abgestempelt werden, versteht man doch die Motive beider.

Foto: Christian POGO Zach

Gegen diese beiden Hauptfiguren mit ihren sängerisch und spielerisch starken Darstellerinnen haben die männlichen Kollegen in dieser Inszenierung eigentlich kaum eine Chance, ihre Versuche den Konflikt der Frauen zu lösen scheinen von vornherein zum Scheitern verurteilt. Sie zeigen jedoch in ihren Charakteren ebenso große Kontraste wie die weiblichen Figuren. Lucian Krasnec als Graf Leicester wirkt in der Regie Michael Sturmingers eher wie ein Spielball der Königinnen als ein strahlender Held. Er liebt Maria, küsste jedoch trotzdem auch ihre Feindin und kann sich letztendlich bei keiner der beiden durchsetzen. Levente Páll ist als Talbot die väterliche Figur der Inszenierung, der sowohl versucht Leicester vor zu großem Übermut angesichts seiner geplanten Rettungsaktion zu bewahren als auch als Beichtvater und seelische Unterstützung Marias wirkt, als ihre Hinrichtung bereits bevor steht. Die Szene in der schlichten „Kapelle“, in der Talbot Maria Trost spendet ist in meinen Augen berührendste Moment dieses Abends. Als einzigen klaren Bösewicht dieses Opernabends konnte ich tatsächlich nur Sir William Cecil, gespielt von Matija Meić, sehen. Er ist es, der Elisabeth letztendlich jedoch geschickt dazu überredet, ihre Konkurrentin aus dem Weg zu räumen, ohne jedoch eindeutige Motive erkennen zu lassen. Er wirkt dabei auf die anderen Charaktere alleine durch seine Anwesenheit offensichtlich einschüchternd.

Foto: Christian POGO Zach

Wenn die Herren also auch in dieser Operninszenierung nur wie Nebendarsteller scheinen, stehen die beiden Königinnen doch eindeutig im Mittelpunkt, so zeigen jedoch alle drei wie gewohnt ihr großes Können als Sänger und Darsteller.

Sturminger und seine Co-Regisseurin Ricarda Regina Ludigkeit zeigen mit diesem hervorragenden Ensemble eine spannende Inszenierung, die es versteht, die Figuren nicht nur schwarzweiß darzustellen und nicht zuletzt dank dem Orchester unter der Leitung von Athony Bramall wird auch musikalisch zu einem Hochgenuss. Nach der Premiere traf ich noch einen meiner Kollegen meiner Theatergruppe, der ein bekennender Donizetti-Fan ist und sich jetzt bereits mit weiteren Karten für diese Inszenierung eingedeckt hat. Ich denke, ich werde ihn auch das ein oder andere mal begleiten.

Musikalische Leitung: Anthony Bramall
Regie: Michael Sturminger
Co-Regie: Ricarda Regina Ludigkeit
Bühne / Kostüme: Andreas Donhauser, Renate Martin
Licht: Michael Heidinger
Video: Meike Ebert, Raphael Kurig
Choreinstudierung: Felix Meybier
Dramaturgie: Daniel C. Schindler

Maria Stuarda: Jennifer O’Loughlin
Elisabetta: Nadja Stefanoff
Graf Leicester: Lucian Krasznec
Georg Talbot: Levente Páll
Sir William Cecil: Matija Meić
Anna Kennedy: Elaine Ortiz Arandes
Chor des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Weitere Termine:
02.04.2018 18:00 Uhr
13.04.2018 19:30 Uhr
06.05.2018 18:00 Uhr
25.05.2018 19:30 Uhr
31.05.2018 18:00 Uhr

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Fernando Aramburu las am 16.03.2018 in Leipzig

©Rowohlt

©Rowohlt

Zu Beginn wurde Fernando Aramburu kurz vorgestellt. In San Sebastian im Baskenland geboren, seit 1985 in Hannover lebend, weil er während des Studiums in Saragossa eine junge Deutsche kennenlernte, wie er mit einem Augenzwinkern anmerkt. Seine ersten deutschen Worte seien „Bier“ und „Bratwurst“ gewesen, seine Bücher schreibe er nach wie vor auf Spanisch. In Deutschland fühle er sich wohl und das in Deutschland oft nicht so gute Wetter helfe ihm beim Schreiben, denn er bleibe öfter zu Hause als in Spanien. Seiner Ansicht nach fördern die kalten dunklen Winter das Philosophieren und auch den Erfindungsgeist.

Sein 2016 veröffentlichter Roman Patria wurde in Spanien mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Im Mittelpunkt des Romans stehen zwei Familien, die beiden Mütter sind starke Frauenfiguren. Nach Vorbildern habe er nicht lange suchen müssen. Früher seien die Frauen meist zu Hause stark gewesen, heute auch außerhalb. Sein Vater sei jeden Samstag mit der ungeöffneten Lohntüte nach Hause gekommen, seine Mutter habe sie geöffnet und ihm einen Teil davon zu Weggehen mit Freunden gegeben.

Patria folgt dem Schicksal der beiden Familien mit insgesamt neun Hauptfiguren über rund drei Jahrzehnte hinweg. Die beiden Frauen waren lange eng befreundet, ihre Freundschaft von der ETA zerstört. Hat der Sohn von Bittoris bester Freundin Miren mit dem Mord an ihrem Mann zu tun oder war er gar selbst der Täter? Dies sei die zentrale Frage des Romans, die Bittori klären will. 2011 kündigte die ETA an, den bewaffneten Kampf aufzugeben und das habe vieles im Baskenland verändert.

Es folgte eine Lesung aus dem Anfangskapitel, in dem Bittori das Grab ihres ermordeten Mannes besucht, ihm von der Ankündigung der ETA erzählt und von ihrem Plan, die Wahrheit herauszufinden.

In allen seinen neun Romanen gebe mindestens eine Friedhofepisode, diesmal habe er es vielleicht übertrieben, aber er liebe Friedhöfe.

1984 wurde ein Senator aus seiner Heimatstadt ermordet. Dieser sei das erste Opfer gewesen, das er persönlich kannte und dadurch sei die ganze Sache für ihn emotional anders geworden. Nachrichten über Anschläge aus dem Iran, Irak und anderen fernen Ländern könnten wir nicht richtig verarbeiten, das sei alles weit weg. Auch die Reue einiger Mittäter habe ihn stark bewegt. Das letzte Kapitel könne auch als Vorwort gelesen werden – aber er werde hier nicht den Inhalt diskutieren. Ihm sei schon öfter aufgefallen, dass die Kritiker gerne den kompletten Inhalt diskutierten und somit alles verraten würden. Genau das wolle er jedoch nicht, viele Leser wollten das Buch selbst lesen und entdecken. Darauf folgte kurzer Applaus.

Auf der anderen Seite finde er die vielen Interpretationen sehr spannend. Das Buch lasse bewusst Vieles offen, fälle keine Urteile über eine einzige Figur. Ihm sei es wichtig gewesen, zu zeigen, was die Morde der ETA mit den Menschen anrichteten und die Zerrissenheit der Gesellschaft. Nicht der Terror sollte im Mittelpunkt stehen, sondern die menschlichen Schicksale. Wie aus „noch einem Attentat“ in den Medien ein persönlicher Albtraum werden könne. Einige der Figuren würden im Lauf des Romans ihre Einstellung zur ETA ändern, keine solle für eine bestimmte Ideologie stehen.

Dann wurde eine kurze Szene aus dem Haus von Miren gelesen, die ihr Bestes gibt, um die Familie trotz aller Schicksalsschläge zusammenzuhalten.

Für Fernando Aramburu hat Patria auch etwas Allgemeingültiges. Ein bewaffneter Konflikt, ein Mord. Das Schweigen im Dorf, zwei Freundinnen, die deshalb nicht mehr miteinander sprechen. Patria sei eine krasse Geschichte aus dem Baskenland, zeige aber auch allgemeine Mechanismen. Das Schweigen sei in dörflichen Gemeinschaften etwas ganz Anderes als in größeren Städten. Es sei wirklich so gewesen, dass die Familien der Opfer ausgegrenzt wurden. Alle wollten weiterleben und hätten den Mund gehalten.

Er selbst sei mit der baskischen Tragödie aufgewachsen, jedoch in den 80ern nicht ins Exil gezogen (scheinbar ein gelegentlicher Vorwurf), sondern zu seiner Partnerin nach Deutschland. Auch von dort sei der Konflikt und das Schicksal der Menschen ihm immer nahe gewesen. Schon damals habe er gewusst, dass er irgendwann darüber schreiben werde. Es habe jedoch jedoch mehr als einen Versuch gebraucht. Vielleicht habe eine gewisse Distanz auch geholfen.

Alle neun Protagonisten sind Erzähler, so könnten die Leser direkt in ihre Seelen und Gedanken hineinblicken. Der Mord am Vater werde so im Lauf des Romans aus neun verschiedenen Perspektiven erzählt. Heute früh aber er erfahren, dass Patria wieder auf Nr. 1 der spanischen Bestsellerliste sei. Derzeit werde der Roman wieder täglich in den Medien erwähnt, was seiner Meinung nach daran liegt, dass es um das Privatleben der Figuren ginge, das viele Spanier anspreche.

Es gebe bewusst weder ein Vorwort noch eine Widmung, im Mittelpunkt sollten alleine die Figuren stehen. Den Ort im Roman gebe es nicht, das habe er nicht gewollt. Wer sich jedoch im Baskenland auskenne, wisse welches Dorf ihm als Vorbild diente, auch wenn er z.B. eine Dorfkirche erfunden habe. Der Priester im Roman habe auch Menschen zu ETA Sympathisanten gemacht. In Dörfern habe man klar Positionen beziehen müssen, in den Städten sei es einfacher gewesen auszuweichen. Es habe viele Stufen des Mitmachens gegeben, nicht alle Täter hätten zu Waffen gegriffen. Fernando Aramburu ist sich nicht sicher, wie es ihm ohne Umzug nach Deutschland im Baskenland ergangen wäre.

Dann wurde noch eine dritte Stelle gelesen, in der es um Bittoris Mitgefühl für Mirens Sohn geht. Verständnis, jedoch keine Akzeptanz von Mirens Verhalten.

Es habe in allen Provinzstädten im Baskenland Lesungen aus Patria gegeben, eine lange Lesereise. Die Reaktionen seien sehr unterschiedlich ausgefallen und es gefalle ihm, dass das Buch dort zu einer friedlichen Debatte geführt habe. In manchen Dörfern könne das Buch nicht öffentlich gelesen werden und werde heimlich gekauft. „Patria“ solle auch das schnelle Vergessen verhindern, das nur den Tätern helfe.

Eine Frage aus dem Publikum war, ob Fernando Aramburu der ETA schon immer so kritisch gegenübergestanden habe. Laut eigener Aussage hatte der Fragesteller vor der Lektüre gewisse Sympathien für die ETA und habe erst im Roman gesehen, was die vermeintlich legitimierte Gewalt in den Familien anrichtete.

Fernando Aramburu antwortete, dass er schon seit seiner frühsten Jugend gegen die ETA war. Sogar als er mit 14, 15 Jahren der Indoktrination ausgesetzt gewesen sei, habe er nicht geglaubt, dass man mit Gewalt eine gute Gesellschaft aufbauen könne. Heute gehe es Allen im Baskenland deutlich besser, seitdem die ETA mit dem Morden aufgehört habe.

Eine weitere Frage war, ob die Katalanen nichts aus der Geschichte des Baskenlandes gelernt hätten. Für Fernando Aramburu ist die Situation in Katalonien anders. Dort habe man gelernt, ohne Terror für Unabhängigkeit zu kämpfen und ihm persönlich sei wichtig, dass das Baskenland sich nicht habe anstecken lassen.

Es gebe Tendenzen zur Regionalisierung in der EU und am Wichtigsten sei, ein verlässliches Miteinander in der EU hinzubekommen. Momentan gebe es viel Angst in der EU und viele Menschen glaubten, dass sie nur dann sicher seien, wenn sie sich einsperren. Ein kleines Land schaffen, in dem nur die leben dürften, die sie sich aussuchen. Man habe Angst vor Fremden und der Globalisierung. Machthungrige Menschen würden das ausnutzen. Das habe Europa immer Unglück gebracht und sei besorgniserregend.

Auf die Frage, ob er ein weiteres Buch über das Baskenland schreiben werde, antwortete Fernando Aramburu, dass er vielleicht irgendwann darauf zurückkommen werde, aber die Geschichte des Baskenlandes solle nicht zu einem Monothema für ihn werden. Aktuell sei er ständig unterwegs und schreibe überhaupt nicht. Erst nach dem Ende der Lesereise könne er sich erholen und Gedanken über ein weiteres Buch machen.

Damit endete eine spannende und lehrreiche Veranstaltung, das von Eva Mattes gelesene Hörbuch wurde direkt noch in Leipzig gekauft.

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Minutemade Act two, 23.03.2018, Gärtnerplatztheater


MINUTEMADE, Choreografie: Stijn Celis
Lieke Vanbiervliet
© Marie-Laure Briane

Ich hab’ getanzt heut’ Nacht

Ein Raum. Eine Woche. 20 Tänzer. 

Not macht erfinderisch. Nachdem 2012 der Umbau startete und man auf Wanderschaft ging, kam Ballettdirektor Karl Alfred Schreiner auf die Idee, einen besonderen kreativen Prozess zu starten. Er lud Gastchoreografinnen und Gastchoreografen ein, innerhalb einer Woche 30 Minuten Tanz mit der Ballettcompanie zu entwickeln. Dieses Format entwickelte sich, eine Reihe wurde beispielsweise von den Tänzern selbst gestaltet, und zog auch mit ins Stammhaus ein. Die schnelle wöchentliche Folge konnte wohl nicht mehr gehalten werden, so dass zwischen den ersten beiden der 3 Abende diesmal über 3 Monate lagen. Das führte dazu, dass mein Erinnerungsvermögen nicht ausreichte, die Wiederholung des ersten Teils auf Identität mit seiner Erstaufführung zu vergleichen. Ich konnte es neu erleben und die schönen Erinnerungen kamen dann spontan. Es war eine wilde Kollage, die immer neue Bilder schuf, was Stijn Celis im Dezember entwickelte. Das ganze endete damit, dass man manche aus dem Publikum auf die Bühne bat, und ich selbst, mit der Beweglichkeit eines nassen Sacks ausgestattet, auf dem Tanzboden die Musik in eigene Bewegung umsetzte. Damit das dann nicht zu verstörend wurde, lockte dann das Angebot eines Freibiers zurück auf die Plätze und der zweite, neu entwickelte Teil des Abends, für den Damien Jalet verantwortlich zeichnet, begann. Obwohl man denkt, dass die ‚wilde‘ Party mit den Zuschauern einen Bruch darstellen muss, wurde dieses sehr dynamische Bild in ein sehr ruhiges, auf Rückzug ausgerichtetes Bild überführt. So konnte mit neuen, ebenso beeindruckenden Sequenzen der Abend zu einem harmonischen Ganzen werden. Ich freue mich jedesmal wie ein Kleinkind auf Weihnachten auf die jährliche Minutemade-Reihe. Und wie ein Kind bedauere Ich jedesmal, dass nur einmal im Jahr Weihnachten ist. Ich würde gern mehr dieser Art sehen.

Uraufführung

ACT ONE   Fr 8. Dezember 2017
Daniela Bendini und Moritz Ostruschnjak / Stijn Celis

ACT TWO   Fr 23. März 2018
Stijn Celis / Damien Jalet

ACT THREE   Fr 20. April 2018
Damien Jalet / Marina Mascarell

Besetzung

am 23.03.2018

Choreografie Stijn Celis / Damien Jalet 

Ballett des Staatstheaters am Gärtnerplatz

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Premiere Maria Stuarda, 22.03.2018, Gärtnerplatztheater

 Elaine Ortiz Arandes (Anna Kennedy), Jennifer O'Loughlin (Maria Stuarda), Christoph Seidl (Georg Talbot), Chor des Staatstheaters am Gärtnerplatz © Christian POGO Zach


Elaine Ortiz Arandes (Anna Kennedy), Jennifer O’Loughlin (Maria Stuarda), Christoph Seidl (Georg Talbot), Chor des Staatstheaters am Gärtnerplatz
© Christian POGO Zach

England – Schottland 1:0

Dass die Titelrolle eines Stücks am Ende stirbt, findet man nur selten am Gärtnerplatztheater. Wenn ich nun von einigen höre, dass die Maria Stuarda Staatsopernniveau hat, liegt das bestimmt nicht daran. Für mich ist diese Inszenierung, die am 22. März ihre Premiere feierte, aber etwas Eigenständiges. Das fängt damit an, dass man keine Inszenierung auf die Beine stellen muss, wo die Besetzung stets austauschbar bleiben muss. Man setzt auf das Ensemble und nicht auf Stars und große Namen. Das kann man am Gärtnerplatztheater auch wunderbar, hat man doch genau die Sängerinnen und Sänger, die die Rollen großartig ausfüllen. Das beginnt mit Jennifer O’Loughlin, die die Titelpartie grandios interpretierte. Es ging weiter mit Lucian Krasznec als zwischen Maria und Elisabeth pendelnder Liebhaber Roberto und gilt ebenso für Matija Meić in der Rolle des Lord Cecil und Levente Páll als Talbot. Dazu kommt die in der Rolle der Anna Kennedy zurückhaltend präsente Elaine Ortiz Arandes. Nur die Rolle der Elisabeth hatte man mit einer ebenso glänzenden Nadja Stefanoff als Gast besetzt.


Matija Meić (Sir William Cecil), Nadja Stefanoff (Elisabetta), Christoph Seidl (Georg Talbot), Chor des Staatstheaters am Gärtnerplatz
© Christian POGO Zach

Als sich der Vorhang öffnete blickte man auf ein Monstrum aus Plexiglas und Stahl mit einer überdimensionalen Automatik-Schiebetür hinter einer Freitreppe. Es senkten sich einige Kristalllüster und der Chor trat in prachtvollen Renaissancekostümen auf. Dieser Kontrast hat mich begeistert. Bei den Personen erkannte man so doch jede historische Persönlichkeit ohne raten zu müssen. Durch Drehbühne und versenkbarem Podium wechselte man schnell in unterschiedliche Orte. Die Personenführung wirkte nur im ersten Moment statisch, schaute man genau hin, gibt es jede Menge auch in kleinsten Bewegungen und Mimik zu entdecken, so dass mich die Inszenierung fesseln konnte. Was Regisseur Michael Sturminger und was Co-Regisseurin Ricarda Regina Ludigkeit zuzuschreiben ist, bleibt natürlich ein Geheimnis. Aber die Wirkung mich in den Bann zu ziehen wurde erreicht. Ich war froh am Gärtnerplatztheater ganz nah zu sein zu können und nicht an der Staatsoper weit von der Bühne entfernt. Und wem schöne Bilder, tolle Musik von fantastischen Künstlerinnen und Künstlern auf die Bühne gebracht nicht genug ist, darf sich natürlich auch mit den historischen Personen beschäftigen. Beiden Königinnen ging es um ihre Macht. Für beide war das Töten von Gegnern immer eine Option. Dass sie dazu auch den Glauben als Rechtfertigung heranzogen, sollte uns zu denken geben. Ich hoffe, dass die Menschheit da irgendwann klüger wird. Leider gibt es auch in Deutschland und Europa viel zu viele Politiker, die das anders sehen…

Besetzung

am 22.03.2018

Bühne / Kostüme Andreas Donhauser, Renate Martin
Choreinstudierung Felix Meybier
Dramaturgie Daniel C. Schindler
Maria Stuarda Jennifer O’Loughlin
Elisabetta Nadja Stefanoff
Graf Leicester Lucian Krasznec
Georg Talbot Levente Páll
Sir William Cecil Matija Meić
Anna Kennedy Elaine Ortiz Arandes

Chor des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz

Weitere Termine:
27.03.2018 19:30 Uhr
02.04.2018 18:00 Uhr
13.04.2018 19:30 Uhr
06.05.2018 18:00 Uhr
25.05.2018 19:30 Uhr
31.05.2018 18:00 Uhr

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Ba-ta-clan, 16.03.2018, Silbersaal des Deutschen Theaters

Notenheft Jaque Offenbach - BA-TA-CLAN.jpg

Von Unbekannt – http://operetta-research-center.org/wp-content/uploads/2017/01/bata-e1485606668958.jpg, Gemeinfrei,

Wikipedia mit Musik: Ba-ta-clan – Palast des Lächelns NACH Jacques Offenbach

Masterclass-Studierende der Theaterakademie August Everding sind keine Unbekannten im Silbersaal des Deutschen Theaters. Derzeit stehen sie mit einem Stück Offenbachs, dem die Erfindung der Operette zugeschrieben wird, auf der dortigen Bühne. Der Einakter aus dem Jahr 1855 ist eine typische Offenbachiade, also ein musikalisches Stück, das satirisch dem Pariser Bürgertum den Spiegel vorhält. Anspielungen, die damals jeder begriff, sind nicht so leicht ins München 2018 zu bringen. Deshalb steht auf dem Werbeflyer „Regisseur Frieder Kranz verwebt geschickt… die eigentliche Handlung mit den Historien des Deutschen Theater München und dem Pariser Theater Bataclan …“. Mich erinnerte es eher daran, wenn ich die Kopfhörer meines Handys, das Ladekabel und das Schlüsselband aus der Hosentasche hole. Da muss man lange entknoten, damit sich der Nutzen entfalten kann. Der Nutzen des Abends war für mich, meinen Bestand an ‚unnützem Wissen‘ zu erweitern, das ich dann auf andere ablassen kann: wer war eigentlich Jacques Offenbach, in welcher Beziehung stand er zu Hortense Schneider, wer leitet das Deutsche Theater heute, wer hat es gebaut, wo war der Feenpalast in München, welche Bedeutung hat das Deutsche Theater im Werk von Frank Wedekind, welche Bedeutung hatte Meyerbeer im Vergleich zu Gilbert und Sullivan für die Entstehung von Monty Python und noch ganz viel mehr? Irgendwann wusste man nicht mehr auf welcher Metaebene man sich zwischenzeitlich befand. Dazu kam die Musik, ganz viel Offenbach, nicht nur aus Ba-ta-clan. Orpheus in der Unterwelt und Hoffmanns Erzählungen waren dauernd zu erkennen. So gab Chris W. Young zum Beispiel eine Olympia und verwandelte Hans Styx in einen Prinzen von Bavarien. Julian Schier steppte die Geschichte vom Kleinzack. Die Barcarole erklang auch. Dazu kamen Chanson, Musical und Oper. So zeigten auch Lean Fargel und Joanna Lissai die Bandbreite ihres Könnens. Wieviel wird wohl von diesem Abend bei mir hängen bleiben?

BESETZUNG
Musikalische Leitung und Einstudierung Christoph Weinhart
Inszenierung Frieder Kranz
Bühne und Kostüme Christl Wein-Engel
Dramaturgie Lena Scheungrab
Künstlerische Produktionsleitung Matthias Gentzen
Regieassistenz und Abendspielleitung Lili König

Mit Joanna Lissai, Lean Fargel, Julian Schier, Chris W. Young

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Priscilla – Königin der Wüste, 14.03.2018, Gärtnerplatztheater


Ensemble
© Marie-Laure Briane

Mit dem Barbie Camper in die Jugend

Heute ging es für mich mittlerweile zum 8. Mal mit dem alten Schulbus quer durch Australien. 3 reizende Fahrtbegleiterinnen machten die Reise unvergesslich. Fangen wir mit Adam an. Jung, schön, frech. Mit dem Traum, Kylie Minogue auf dem Ayers Rock darzustellen. Bernadette, die älteste. Sie hat viel erlebt. Doch fürs Herz hatte sie noch nicht das richtige. Und Tick. Eine Frau hat seine Ehe auseinander gebracht. Die Frau in ihm. Doch seine Frau bittet ihn zu Beginn des Stücks zu ihr zu kommen und in ihrem Hotel aufzutreten. Die drei machen sich auf den Weg und erleben viel. Viel Liebe aber auch Abscheu.
Das ganze wird durch die Songs getragen. Die Songs meiner Jugend. Ein Hit nach dem anderen. Dazwischen Tiefe und ganz viel Komik. Aber immer Glamour und ganz viel Tanz.

Taucht man richtig in das Stück ein, fühlt man immer mehr die Handlung und weniger weniger die Musik. Das zeigt, dass die Folge der Disco-Hits und Szene-Hymnen nur oberflächlich ist. Beeindruckend ist die Altersweisheit von Bernadette. Trotz der Wortgefechte mit Adam zeigt sie immer wieder starke Gefühle. Die Jugend muss auch hier Erfahrungen machen, aber das Alter fängt sie auf, beschützt sie. Erwin Windegger schafft es hier, bei der Verletzlichkeit von Bernadette das Wohlgefühl herzustellen, wenn man eine starke Person braucht. Irgendwie spiegelt das auch viel von mir. Belohnt wird Bernadette mit der Zuneigung von Bob (Frank Berg), der trotz seiner bodenständigen und einfachen Art, im Gegensatz zu der sonstigen Bevölkerung des Outbacks, den Menschen und nicht sein Äußeres beurteilt, und dadurch vorurteilsfrei Kunst genießen kann.

Das Ensemble war fantastisch. Hervorzuheben jedoch die 3 Hauptdarsteller: Neben Erwin Windegger, Armin Kahl und Terry Alfaro. Sowie mein besonderer Liebling, die Vokuhila-Queen, perfekt dargestellt von Angelika Sedlmeier. Tolle Kostüme von Alfred Mayerhofer, eine bewegte Choreografie von Melissa King, in einem abwechslungsreichen Bühnenbild von Jens Kilian. Fantastisch inszeniert von Gil Mehmert.

Einen kleinen Wehmutstropfen hatte ich aber heute: meinen Platz. Vorn im Parkett aber fast am Rand. Während Bernadette die Kunst der synchronen Lippen beschwörte, konnte ich meine Augen und Ohren nicht richtig synchronisieren. Der Klang kam laut aus dem Lautsprecher von links, zu sehen gab es aber nur etwas rechts. Das macht etwas se(e/h)krank.

Besetzung am 14.03.2018

Dirigat Jeff Frohner
Regie Gil Mehmert
Choreografie Melissa King
Bühne Jens Kilian
Kostüme Alfred Mayerhofer
Licht Michael Heidinger
Video Raphael Kurig, Meike Ebert
Dramaturgie Michael Alexander Rinz

Tick Armin Kahl
Bernadette Erwin Windegger
Adam Terry Alfaro
Diven Dorina Garuci, Amber Schoop, Jessica Kessler
Bob Frank Berg
Marion Tanja Schön
Benji Matthias Thomas
Cynthia Marides Lazo
Shirley Angelika Sedlmeier
Miss Verständnis Eric Rentmeister
Miss Fernanda Falsetta Jurriaan Bles
Jimmy Karim Ben Mansur
Ensemble John Baldoz / Jurriaan Bles / Alex Frei / Dorina Garuci / Luke Giacomin / Jessica Kessler / Marides Lazo / Karim Ben Mansur / Rachel Marshall / Andreas Nützl / Eric Rentmeister / Adriano Sanzò / Tanja Schön / Amber Schoop / Susanne Seimel / Samantha Turton

Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz

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Premiere La Forza del Destino, 20.02.2018, Teatro Pérez Galdós

Was das Schicksal macht

Wenn einer eine Reise tut, dann geht er in n die Oper. Das ist in Spanien nicht immer ganz leicht und auf Gran Canaria schön gar nicht. Aber jetzt hatte ich das Glück, dass das schöne Theater Pérez Galdós in Las Palmas bespielt wurde. Den Wink des Schicksals muss man nutzen. Die Handlung ist schnell erzählt: Vater stört Liebespaar, kommt im Handgemenge um, Liebhaber wird verfolgt, am Ende kommt der Tod. Klingt wie Don Giovanni, war aber La Forza del Destino.

Diese Verdi-Oper stand bei mir in den letzten gut 30 Jahren, die ich regelmäßig ins Theater gehe, noch nicht auf dem Programm. Es wurde also Zeit, diese herrliche Musik zu genießen. Dazu in diesem wunderschönen Theater. Die Inszenierung wirkte etwas sehr statisch. Vielleicht lohnt sich für 3 Vorstellungen auch eine lange Probenzeit nicht? Das Bühnenbild bestand aus einem in die Unendlichkeit laufenden karierten Boden. Einzelne Karos wurden angestrahlt, so wussten die Sänger, wo sie zu stehen hatten. An der Decke wiederholte sich das Ganze, wobei diese in einer Szene überdimensionale Stifte herunterließ, ein anderes Mal ein in Karoresten leuchtendes Kreuz, und die sich zum Schluss in einige Puzzleteile auflöste. Das war schon beeindruckend. Bis auf ein paar Hocker oder Bänke sowie einen Karokäfig blieb die Bühne ansonsten leer. Nur einige schwarzmaskierte Statisten, die auch einmal am Bühnenrand Irgendetwas um warfen, waren stets präsent. Es war also ratsam, sich die Handlung vorher anzueignen. Im Gegensatz zu dieser modernen Bühnenbildgestaltung waren die Kostüme im Stil der Renaissance gehalten. Die Handlung ist im Barock angesiedelt …

Sae Kyung Rim als Leonora strahlte gesanglich. Das kannte ich schon von ihrer Aida im Prinzregententheater. Aquiles Machado als Don Alvaro war der stimmlich passende Partner. Die Stimme von Sergey Murzaev war mir für den Don Carlo zu alt. Alle drei bekamen regelmäßig Szenenapplaus. Auch die kleinen Rollen waren gut besetzt und der Chor rundete alles harmonisch ab. Fantastisch war der Liveklang, den ich insbesondere bei Operetten immer mehr vermisse.

Besucht wurde die Premiere von La Forza del Destino im Teatro Pérez Galdós in Las Palmas de Gran Canaria.

Sae Kyung RIM – Leonora
Aquiles MACHADO – Don Alvaro
Sergey MURZAEV – Don Carlo
In Sung SIM – Guardiano
Pietro SPAGNOLI – Fra Melitone
Belén ELVIRA – Preziosilla
Jeroboám TEJERA – Marquese/Alcaide
Andrea GENS – Curra
Francisco NAVARRO – Trabucco
Elu ARROYO – Chirurgo

Sergio ALAPONT – Dirección musical (musikalische Leitung)
Alfonso ROMERO – Dirección escénica (Regie)
Carlos SANTOS – Escenografía (Bühnenbild)
Sergio PALADINO – Asistente de dirección de escena y de movimiento escénico
José FERNÁNDEZ “Txema”- Iluminador
Laïla BARNAT- Repertorista
Laura NAVARRO – Regiduría general y Jefa de escenario
ORQUESTA FILARMÓNICA de GRAN CANARIA
CORO de la ÓPERA de LAS PALMAS DE GRAN CANARIA
Olga SANTANA – Dirección (Chorleiterin)

Weitere Vorstellungen am 22. und 24. Februar 2018

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Viktoria und ihr Husar, 31.1.2018, Gärtnerplatztheater

Oder: Die Liebe zur Operette

Wenn ich heute immer mit großer Vorfreude das Gärtnerplatztheater besuche, kann ich mir eigentlich kaum noch vorstellen, dass ich bis vor einigen Jahren das Genre der Operette überhaupt nicht so spannend fand. Erst durch ein wirklich interessantes Seminar im Rahmen meines Theaterwissenschafts-Studiums und vor allem der Regiehospitanz bei der Zirkusprinzessin im Jahr 2014 wurde meine Liebe zu diesem – zu Unrecht – unterschätzten Teil des Musiktheaters geweckt. Da trifft es sich ja umso mehr, dass ihm hier eine regelmäßige Plattform geboten wird.
Auch am letzten Januarabend standen einige junge Leute in Form von Schulklassen auf dem Gärtnerplatz und nicht alle der Schüler schienen so motiviert wie die Lehrer und Besucher. Doch seien wir mal ehrlich, die wenigsten Schüler waren auch in meiner Schulzeit große Fans von Theaterbesuchen. Doch schon bald nach Vorstellungsstart war von Missmut nichts mehr zu spüren im Saal.
Das liegt vor allem an der spannenden Inszenierung unseres Staatsintendanten Josef Köpplinger, der die Operette von Paul Abraham in ein Theater im Theater verwandelt. Im Original werden die zum Tode verurteilten Ungarn Rittmeister Koltay und sein Diener Jancsy von ihrem Gefängniswächter im Austausch gegen eine Geige frei gelassen. Das scheint doch etwas zu einfach und willkürlich. Im Gärtnerplatztheater fordert der russische Leutnant Petroff Koltay kurz vor der Hinrichtung auf zu erzählen, was er jetzt in Freiheit tun würde. Also erzählt der Ungar, wie er seine Verlobte Viktoria suchen würde, die inzwischen aber einen amerikanischen Botschafter geheiratet hat. Sie ist hin und her gerissen zwischen der Liebe zu ihrem totgeglaubten Verlobten und der Dankbarkeit gegenüber ihrem Ehemann, woraufhin Koltay wieder freiwillig in Gefangenschaft geht. Dagegen findet sein Diener Jancsy in Viktorias Zofe die große Liebe.

Foto: Christian POGO Zach

Durch die Tatsache, dass das beeindruckende Bühnenbild des russischen Gefangenenlagers ein verfallenes Theater zeigt, in das durch die kaputten Fenster der Schnee weht, wird die Erzählung mitten in das Elend des Gefangenenlagers mit Frauen, Kindern, Soldaten und Verwundeten gebracht. Zwischen grauen Mänteln und Dreck erscheint also Viktoria im eleganten Seidenkleid und japanische Kirschblüten rieseln von der Decke. Tatsächliche Kulissenteile dieser „Traumwelt“ sind zum Großteil nur auf der kleinen Bühne zu finden. Immer wieder wird die Erzählung Koltays unterbrochen durch seine Bewacher oder eine kleine Revolte der Gefangenen. Das nimmt der Operette also viel Kitsch und holt sie immer wieder zurück in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, in der sie eigentlich spielt.
Dies ist inzwischen scheinbar ein beliebter Kniff Köpplingers, schließlich wurde auch bei der Wiedereröffnungsinszenierung der Lustigen Witwe das Idyll gebrochen durch den Beginn eben dieses Krieges. Und gerade das macht solche Stücke heute auch für das junge Publikum interessant, das eben seine Liebe zur Operette oder zum Theater im Allgemeinen manchmal erst noch entdecken muss, was man aber eher durch solche fantasievollen Werke schafft als durch provokantes Regietheater.
Daniel Prohaska und Alexandra Reinprecht dürften sich ja inzwischen als Operetten-Traumpaar im Gärtnerplatztheater etabliert haben, schon bei der Zirkusprinzessin durfte ich von Anfang an erleben, wie sie ihre unglücklich verliebten Helden doch zusammen brachten. Ihr Zusammenspiel ist auch bei Viktoria und ihr Husar sehr emotional und intim, wenn auch Koltay in seiner rasenden Eifersucht tatsächlich manchmal sogar ein wenig bockig anmutet. Dass sich die beiden Charaktere eigentlich während der gesamten Inszenierung nicht wirklich treffen kann man bei all dem Herzschmerz und Glück fast vergessen, ebenso wie das Ende, in dem das Schicksal der beiden offen bleibt.
Bei allem Drama um das Hauptpaar tun die rasanten Beziehungen der beiden Buffo-Paare natürlich trotzdem Herz und Seele der Zuschauer gut. Josef Ellers zeigt einen energiegeladenen Jungspund in Koltays Diener, der sich in Japan auf den ersten Blick in die quirlige Zofe Riquette, gespielt von Katja Reichert, verliebt. Die beiden Jungen spielen und singen bezaubernd! Ihr Duett bei Janczys Bad, bei dem seine Handtücher um die Leistengegend immer knapper werden, ist nicht nur für die Damen im Publikum ein Highlight der Inszenierung. Aber selbst hier wird bei aller Fröhlichkeit auch immer vorgehalten, dass die Handlung doch nur Fantasie ist. Der Körper des jungen Mannes ist mit Wunden übersät und auch nach dem „Bad“ ist er immer noch dreckig.

Foto: Christian POGO Zach

Das dritte Paar besteht aus Viktorias Bruder Graf Hegedüs, in der Wiederaufnahme gespielt von Peter Lesiak und Susanne Seimel als seine halb-japanischen Braut O Lia San, die ein rauschendes asiatisches Hochzeitsfest mit tanzenden Sumo-Ringern und japanischen Schönheiten feiern. Auch sie sorgen für zahlreiche Lacher in diesem Stück, vor allem da sie das frisch verheiratete Ehepaar spielen, die sich schon vor der Hochzeit ständig gegenseitig aufziehen, doch trotzdem unendlich glücklich scheinen.
Viele verschiedene Charaktere, wundervolle Darsteller und die spannenden Kontraste zwischen Fantasie und Realität im Bühnenbild und in den Kostümen machen Viktoria und ihr Husar zu einer ungewöhnlichen und interessanten Inszenierung. Regie und Dramaturgie haben wieder einmal genau an den richtigen Stellen kleine Veränderungen vorgenommen, um das Stück auch für ein Publikum des 21. Jahrhunderts nicht seicht wirken zu lassen und trotzdem das ein oder andere Lächeln auf das Gesicht zu zaubern. In dieser Saison ist die Operette nur noch am 10. Februar zu sehen, doch ich hoffe sehr, dass wir auch in der nächsten Spielzeit wieder nach Russland, Japan und Ungarn reisen dürfen.

https://www.gaertnerplatztheater.de/de/produktionen/viktoria-und-ihr-husar.html

Dirigat: Andreas Partilla
Regie: Josef E. Köpplinger
Choreografie: Karl Alfred Schreiner
Bühne: Karl Fehringer, Judith Leikauf
Kostüme: Alfred Mayerhofer
Licht: Michael Heidinger
Choreinstudierung: Felix Meybier
Video: Meike Ebert, Raphael Kurig
Dramaturgie: David Treffinger

Leutnant Petroff, Kosak und Lagerleiter in Sibirien: Gunther Gillian
Stefan Koltay, Husarenrittmeister: Daniel Prohaska
Janczy, sein Bursche: Josef Ellers
Unteroffizier Krutow, Lageraufseher: Uwe Thomsen
John Cunlight, amerikanischer Gesandter: Erwin Windegger
Gräfin Viktoria, seine Frau: Alexandra Reinprecht
Graf Ferry Hegedüs auf Doroszma, Viktorias Bruder: Peter Lesiak
O Lia San, Ferrys Braut: Susanne Seimel
Riquette, Viktorias Kammerfrau: Katja Reichert
Bela Pörkölty, Bürgermeister von Doroszma: Florian Wolf
James, Butler von Cunlight: Maximilian Berling

Chor, Orchester, Ballett, Statisterie und Kinderstatisterie des Staatstheaters am Gärtnerplatz

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