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Heute hier, morgen dort – Abschiedsgala, 22.04.2012 (20.00 Uhr), Gärtnerplatztheater

[singlepic id=1308 w=320 h=240 float=left]Selten hat ein Songtext auf eine Situation besser gepasst als dieser. Es war ja nicht nur ein Abschied von einem liebgewordenen Haus, sondern auch von vielen liebgewordenen Menschen. Meine Theaterleidenschaft begann im Mai 2007 und so konnte ich an diesem Abend viele Stücke noch mal Revue passieren lassen. In diesem Haus habe ich gelernt zu sehen, zu hören, zu fühlen und Gefühle zuzulassen. Ich bin sehr dankbar, dass ich so viel Neues kennenlernen durfte. Ich werde sicher noch viele Jahre davon profitieren.

Die musikalische Leitung dieses Galaabends hatten Lukas Beikircher, Andreas Kowalewitz, Jörn Hinnerk Andresen und Liviu Petcu inne. Die meisten Stücke wurden vom Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz begleitet, das damit mal wieder seine Vielseitigkeit und Ausdauer unter Beweis stellte. Die Choreografie des TTM stammte von Hans Henning Paar, der Chor wurde von Jörn Hinnerk Andresen einstudiert, die wahrlich nicht leichte Aufgabe der Programmkoordination hatte Gabriele Brousek zu bewältigen. Für die szenische Einrichtung und Spielleitung zeichnete Thomas Schramm verantwortlich, am Inspizientenpult saß Andreas Ehlers. Rolf Essers beleuchtete ganz ausgezeichnet und Dirk Buttgereit und Daniel Ployer betreuten den Ton hervorragend.

Der Abend begann mit einem Stück, mit dem ich auch meine erste aktive Erinnerung an das schönste Theater Münchens verbinde. Irgendwann in den Neunzigern hatte ich hier eine MY FAIR LADY gesehen und bis heute ist es eines meiner Lieblingsstücke. Marianne Larsen, die die Rolle der Eliza lange hervorragend verkörpert hat, trat im Kostüm ihrer anderen Glanzrolle auf: Mrs Lovett aus SWEENEY TODD. In diesen beiden Partien konnte sie ihr großartiges Musicaltalent voll ausspielen, wollte man mehr davon sehen, musste man ziemlich weit nach Osten fahren. Sie bot ihrer würdigen Rollennachfolgerin Milica Jovanovic dann auch Pasteten an, die erste war voll Alkohol (was da wohl drin war 😉 ), die letzte war marode und das war natürlich ganz klar das Gärtnerplatztheater. Unterstützt wurden die beiden von Sebastian Campione, Cornel Frey, Hans Kittelmann, Holger Ohlmann und dem Herrenchor.

Nach einem Prolog von Thomas Peters ging es weiter mit dem Überraschungserfolg DIE PIRATEN VON PENZANCE von Gilbert & Sullivan. Diese Stück hat bei mir das Interesse für die Musik des genialen Duos geweckt und seitdem beschäftige ich mich intensiv damit. Wenn das Kampfsignal ertönt schmetterten Thérèse Wincent, Frances Lucey, Ulrike Dostal, Martin Hausberg, der Chor und die Bobbies tanzten ein letztes Mal dazu. Als Schmankerl folgte dann noch das beliebteste Terzett im G&S-Kanon, Als Du uns schnöd verlassen hast, wie immer hinreißend vorgetragen von Rita Kapfhammer, Holger Ohlmann und Robert Sellier.

Sandra Moon sang Tschaikowsky, begleitet von Andreas Kowalewitz, und Neel Jansen und David Valencia zeigten Twin Shadow aus AUGENBLICK VERWEILE. Und weil so ein Dirigent auch wieder von der Bühne in den Graben muss, suchten in der kleinen Pause bis zum nächsten Stück drei fesche Herren im Bademantel die Sauna.

Das Warten hatte sich gelohnt, denn als nächstes stand Gary Martin mit To dream the impossible Dream aus DER MANN VON LA MANCHA an. Schade, dass ich das Stück nie live gesehen habe. Sebastian Campione brachte danach das Haus zum Kochen mit einer extralangen Version seiner Beatbox aus VIVA LA MAMMA. Im Anschluss unterlegte er dann auch noch den etwas abgewandelten Küchenrap aus der OMAMA IM APFELBAUM rhythmisch. Thérèse Wincent und Susanne Heyng zeigten nochmals, dass sie es drauf haben.

Der Chor sang danach Universal Good aus CANDIDE, noch ein Stück, bei dem ich mich ärgere, es nicht gesehen zu haben. Der nächste Programmpunkt, angekündigt durch Hans Henning Paar und Ursula Pscherer, hatte einige interessante Komponenten: konzipiert und einstudiert wurde das Stück von Artemis Sacantanis, ehemalige Solotänzerin und nun Probenleiterin am Haus. Ihr zur Seite standen ehemalige Tänzer des Gärtnerplatztheaters, die jetzt in anderen Berufen am Haus, zum Beispiel Orchesterwart, Probenleiterin oder Leiterin der Kinderstatisterie beschäftigt sind. Ihre Wandlung von „Auf der Bühne“ zu „Hinter der Bühne“ drückte sich sehr schön im Titel inVISIBLEs aus.

Thomas Peters, der am Haus in vielen, vielen Rollen glänzte (unter anderem Freddie in MY FAIR LADY, Dirigent in ORCHESTERPROBE, Toby in SWEENEY TODD und ganz besonders Frosch in der FLEDERMAUS) erinnerte nochmal an sein bezauberndes Stück SHOCKHEADED PETER mit dem Song Der fliegende Robert. Leider habe ich es nur einmal gesehen, anfangs war ich noch nicht ganz so süchtig, zuletzt war ich ja durchschnittlich an vier Abenden in der Woche im Gärtnerplatztheater. Ursache dafür war die Vielfalt und das interessante Programm des Hauses – und das wunderbare Ensemble.

Sehr bewegend war auch der persönliche Abschied von Gunter Sonneson mit Hier im Grandhotel. Ich bin sehr froh, diesen Ausnahmekünstler noch fünfmal als John Styx in ORPHEUS IN DER UNTERWELT erleben zu dürfen. Halt nur leider nicht in München, sondern in Heilbronn.

Im letzten Stück vor der Pause hatten die drei Herren endlich die Sauna gefunden. Das Schiff aus der L’ITALIANA IN ALGERI ist zwar schon vor ein paar Wochen gesunken, aber die beliebteste Szene hatte man offensichtlich retten können. Für Publikumsliebling Stefan Sevenich natürlich ein Heimspiel, für seine beiden Begleiter Cornel Frey und Juan Fernando Gutiérrez hätte ich mir jedoch einen etwas „würdigeren“ Abschied gewünscht.

Zu Beginn des zweiten Teiles erinnerten das Preludio und die Arie Tu del mio Carlo al seno, wunderbar vorgetragen von Elaine Ortiz Arandes, an die sehr gelungene Inszenierung von I MASNADIERI. Das Schlussbild von HÄNSEL UND GRETEL gibt zwar einen wunderbaren Auftritt des Kinderchores her, aber die Solisten Rita Kapfhammer, Ann-Katrin Naidu, Thérèse Wincent und Gary Martin standen etwas verloren herum. Ich kann nur hoffen, dass diese zauberhafte Produktion wiederaufgenommen wird und nicht zu Gunsten einer Eurotrashregie in der Versenkung verschwindet. Das Balkon-Duett aus ROMEO UND JULIA wurde von Hsin-I HUANG und Marc Cloot sehr ansprechend getanzt, wenn mal keine Blätter auf der Bühne rascheln oder unaufhörlich Schnee fällt, gefällt mir moderner Tanz sogar fast.

Der scheidende Staatsintendant Dr. Ulrich Peters hielt eine persönlich gehaltene Abschiedsrede und ich kann mich seinen Worten nur anschließen: das Ensemble in Zeiten der Heimatlosigkeit aufzulösen ist in meinen Augen ein schwerer Fehler. Damit und mit der anscheinend unvermeidlichen Ablösung des im Stadtbild mittlerweile fest verankerten Logos nimmt man der Institution zumindest einen Teil ihrer Identität.

Im Anschluss sangen Franziska Rabl und Ella Tyran mit Unterstützung des Chores die Barcarole aus HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN, auch ein Stück, dass schon länger zurück liegt und das ich nicht gesehen habe. Im FREISCHÜTZ war ich trotz der schrecklichen Inszenierung ziemlich oft, was für die Qualität der Sänger spricht. Christina Gerstberger und Sandra Moon sangen das Duett Ännchen-Agathe vom Beginn des zweiten Aktes. Das Duett Hans-Kezal gehört zu meinen Lieblingsstücken aus DIE VERKAUFTE BRAUT und es war schön, Derrick Ballard und Tilmann Unger damit noch einmal zu hören. Es folgte das Quintett aus der ZAUBERFLÖTE, gesungen von Sandra Moon, Ann-Katrin Naidu, Franziska Rabl, Daniel Fiolka und Robert Sellier. Danach kam noch ein Ausschnitt aus AUGENBLICK VERWEILE und da war ich dann doch ganz froh, dass ich es nicht gesehen habe, denn bei so schnell vorbeihuschenden Szenerien wird’s mir immer schlecht, ganz abgesehen davon, dass ich nicht verstehe, was im Kreis laufen mit modernem Tanz zu tun hat.

Im Anschluss gabs noch das schöne Duett Marie-Wenzel aus DIE VERKAUFTE BRAUT, Stefanie Kunschke und Hans Kittelmann wären auch ein prächtiges Paar gewesen, wenn sie sich nicht jeweils anders entschieden hätten. Der Weibermarsch aus DIE LUSTIGE WITWE machte nochmal so richtig Laune. Daniel Fiolka, Sebastian Campione, Mario Podrečnik, Robert Sellier, Gunter Sonneson, Tilmann Unger und Martin Hausberg mussten sich mit der geballten Weiblichkeit des Theaters zu einer schönen Choreographie von Fiona Copley auseinandersetzen. Thomas Peters hatte noch einen allerletzten Auftritt als Frosch, seine Paraderolle, bevor mit Tutto nel mondo è burla (Alles ist Spaß auf Erden) aus FALSTAFF ein positiver Schlusspunkt gesetzt wurde. Heike Susanne Daum, Sandra Moon, Christina Gerstberger, Ella Tyran, Ann-Katrin Naidu, Franziska Rabl, Gregor Dalal, Martin Hausberg, Hans Kittelmann, Gary Martin, Mario Podrečnik, Robert Sellier und der Chor machten Lust auf die nächste Premiere am 18.05., dann im Prinzregententheater. Am Ende winkten Publikum und Ensemble sich gegenseitig mit weißen Taschentüchern zu und nicht nur bei mir flossen ein paar Tränen.

Mir bleibt nur Danke zu sagen. Danke an alle Beschäftigten des schönsten Theaters Münchens, die für mich die letzten fünf Jahre zu etwas ganz Besonderem gemacht haben. Ich werde die Erinnerung an diese Zeit immer in einer ganz speziellen Stelle meines Herzens bewahren. Danke für viel Heiterkeit und viele Tränen. Danke für emotionale, aufwühlende Stunden und für Lehrreiches.

Danke für so viel Schönes, liebes Gärtnerplatztheater.

 

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Joseph Süß, 20.03.2012, Gärtnerplatztheater

Auch beim vierten Ansehen hat dieses Stück nichts von seiner Faszination verloren. Es gehört für mich auf jeden Fall zu den Top 3 der Neuproduktionen der letzten fünf Jahre. Die Gefühle, die Musik und Szene in mir auslösen, sind schwer zu toppen.

An den Reaktionen meiner Mitzuschauer kann ich ablesen, dass es ihnen ähnlich geht. Selbst das manchmal etwas schwerfällige Abopublikum geizt nicht mit Beifallsbekundungen. Leider haben anscheinend so viele Angst vor dem Thema und vielleicht auch vor neuer Musik, dass sie lieber fernbleiben als sich damit auseinanderzusetzen. Denen möchte ich zurufen: Wagt es! Es ist ein unvergesslicher Abend. Der Trailer kann zwar kaum das rauschhafte Gefühl vermitteln, das die Produktion bei mir bewirkt, aber vielleicht hilft er, ein paar Ängste abzubauen:

Die Besetzung ist wirklich vom Allerfeinsten: Gary Martin zeichnet ein vielschichtiges Porträt von Joseph Süß, dem Mann der hoch hinaus wollte und sehr tief fiel, weil er zufällig Jude war. Seine Bühnenpräsenz und seine tolle Stimme lassen einen mitjubeln und mitleiden. Besser geht es eigentlich nicht. Das kann man im Grunde von allen Akteuren sagen. Ich habe zwar keinen Vergleich, weil ich diese Oper noch nirgendwo anders gesehen habe, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man noch tiefer eindringen kann in Musik und Darstellung. Thérèse Wincent als Magdalena, die zu Joseph Süß steht, obwohl sie sich hätte retten können. Carolin Neukamm als engelsgleiche Naemi, die eines grausamen Todes stirbt. Was aber wohl nicht jeder mitbekommt, wie man einer Kritik entnehmen konnte. Karolina Andersson als Graziella, das Sängerpüppchen, das aber ganz schön durchtrieben ist. Mark Bowman-Hester als Weissensee, der auf dem Weg zur Macht seine Tochter und den Herzog opfert. Juan Gernando Gutiérrez als Magus, der Joseph Süß vor seinem Schicksal zu bewahren sucht. Thomas Peters, der nicht nur die Schlinge für Joseph knüpft, sondern ihn auch mit Worten seziert. Und schließlich Stefan Sevenich, der sich auch nicht von den Nachwehen eines grippalen Infektes abhalten ließ, den Herzog vor viriler Kraft strotzend zu geben.

Nicht genug loben kann man den Chor. Aufpeitschend, präzise in den Bewegungen, steigert er die Spannung bis zum unvermeidlichen Ende. Daran müssen sich größere Häuser messen lassen. Das Orchester unter Roger Epple agierte wie auch schon an den Abenden vorher konzentriert und trug seinen Teil zum Gesamterlebnis bei.

Das Must-See in dieser Spielzeit!

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Premiere Joseph Süß, 03.03.2012, Gärtnerplatztheater – Nachtkritik

[singlepic id=1135 w=320 h=240 float=left]Als letzte Opernpremiere vor dem Umbau im Stammhaus am Gärtnerplatz präsentierte das Staatstheater die Münchener Erstaufführung der Oper Joseph Süß des zeitgenössischen Komponisten Detlev Glanert. Die Oper in dreizehn Szenen wurde als Auftragsarbeit 1999 in Bremen uraufgeführt. Detlev Glanert und die Autoren Uta Ackermann/Werner Fritsch haben in verdichteter Form eine Neudeutung der nicht gerade einfachen Geschichte des Joseph Süß Oppenheimer geschaffen. Oppenheimer machte am Hofe des Herzogs Karl Alexander von Württemberg schnell Karriere und wurde zum unverzichtbaren Berater des Herzogs. Nach dem Tode des Herzogs gab es eine mörderische Hetzkampagne gegen ihn. Er wurde wegen zahlreicher willkürlicher Anklagepunkte zum Tode verurteilt und am 4. Februar 1738 gehängt. Dieser Aufstieg und Fall von Joseph Süß Oppenheimer erregte im 18. Jahrhundert und auch heute noch die Gemüter.

Die Handlung der Oper von Detlev Glanert setzt nach der Verurteilung ein. Joseph Süß sitzt im Gefängnis und erlebt die Vergangenheit als Alptraum, er hört die Stimmen der Lebenden und der Toten, und es es werden Erinnerungen wach. Der Regisseur Guy Montavon verlangt seinen Sängern einiges ab; mit seiner intensiven Personenregie kann er durchweg überzeugen. Seine Arbeit zeichnet sich dadurch aus, dass er die Geschichte sehr realistisch und nah am Handlungsstrang erzählt. Das Ensemble besticht nicht nur mit guten Stimmen, sondern es wurden auch mit Regisseur Montavon hervorragende und sehr berührende Rollenportraits erarbeitet. Die Solisten der Aufführung sind bis auf drei Gäste aus dem Ensemble des Gärtnerplatztheaters besetzt.

In der Titelrolle beeindruckt der Bariton Gary Martin mit intensiver Darstellung und guter Artikulation; die Entwicklung vom Aufstieg zum Fall des Joseph Süß gelingt ihm sehr glaubwürdig. Als korrupter Gegenspieler Weissensee, Sprecher der Landstände, singt und spielt der Gast-Tenor Mark Bowman-Hester ganz hervorragend. Thérèse Wincent in der Rolle der Magdalena, die Tochter von Weissensee, besticht in der Interpretation der vom Herzog missbrauchten, leidenden bis hin zur liebenden Frau. Frau Wincent überzeugt mit ihrem Sopran, in den lyrischen wie auch tragischen Situationen des Abends. Die sich nach dem Vater sehnende Naemi, Tochter von Joseph Süß, wird von der jungen Mezzosopranistin Carolin Neukamm mit schöner Stimme und jugendlichem Spiel dargestellt. Gut präsentiert sich die als Gast am Haus engagierte Sopranistin Karolina Andersson als Mätresse des Herzogs und Opernsängerin, die ein eigenes Opernhaus gebaut bekommt. Sie hat in ihrer Rolle alle Möglichkeiten, ihren gut klingenden Koloratursopran im positiven Sinne zur Schau zu stellen.

Auch ein großer Garant am Haus ist Stefan Sevenich; er schlüpft in die Rolle des lüsternen und ohne Skrupel agierenden Herzogs Karl Alexander von Württemberg. Ihm steht diese Rolle ausgezeichnet, er spielt sie mit kräftiger Stimme und wie immer toller Bühnenwirkung. In der Rolle des Magus (ein Rabbiner, der Joseph Süß warnt, und gleichzeitig der liebevolle Erzieher von Naemi) war an diesem Abend der Bariton Tobias Scharfenberger zu hören, der als Gast bei der Premiere einsprang. Thomas Peters ist der immer präsente Henker, der nur eines im Kopf hat, und zwar, Josef Süß zu richten. Florian Wolf ist als Haushofmeister rollendeckend besetzt.

An diesem gelungenen Premierenabend hatte auch das Orchester des Staatstheaters großen Anteil. Unter der Leitung des in neuer Musik versierten Dirigenten Roger Epple[singlepic id=1136 w=320 h=240 float=right] entfaltete das Orchester die farbenreiche und für dieses Werk passend komponierte, beklemmende Musik. Mit dem Chor war der rhythmische Gesang der Glanert-Komposition von Chordirektor Jörn Hinnerk Andresen gut einstudiert worden. Für ein gelungenes Bühnenbild und die passenden Kostüme zeichnete Peter Sykora verantwortlich. Er nutzte die Drehbühne des Hauses für die Bebilderung des Geschehens. Die Wände der kleinen Zelle, in der Joseph Süß inhaftiert ist, schmückte Sykora mit Goldbarren aus. Eine Kulisse aus grauen Wänden, Spiegeln und, als Zeichen des Reichtums, einige Regale mit Gold, Silber und anderen Objekten, wechseln sich in den anderen Szenen ab. Die gute Beleuchtung setzte alles in das richtige Licht. Schöne und in die Zeit der Handlung passende Kostüme sind für Solisten und Chor entworfen und geschneidert worden. Unter den vielen Grautönen und den wunderbaren weißen Kostümen des Chores stach Joseph Süß, in purpurrotes Gewand gekleidet, immer heraus. Es ist dem Ensemble und dem Theater gelungen, für das Publikum einen sehr intensiven, spannungsreichen und berührenden Theaterabend zu gestalten. Bravo!

Weitere Termine: 7., 11., 20., 22., 26., 30. März sowie 4 Abende im April.

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Die Fledermaus, 20.02.2012, Gärtnerplatztheater

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Die Fledermaus am Rosenmontag mit einem bestens aufgelegten Ensemble und ein ausverkauftes Gärtnerplatztheater – was braucht man mehr!

In der Inszenierung von (Noch-) Intendant Ulrich Peters tummelten sich die Ensemblemitglieder des Theaters. Heike Susanne Daum und Tilmann Unger standen als Ehepaar Eisenstein auf der Bühne. Tilmann Ungers Tenor passt sehr gut zum Eisenstein, und Heike Susanne Daum beeindruckte nicht nur schauspielerisch: sehr schön gelang den beiden das Uhrenduett. Mit ausdrucksstarker Stimme interpretierte Frau Daum die Rosalinde und bot auf dem Ball des Prinzen einen feurigen Csardas. In weiteren Rollen Ella Tyran als quicklebendige Adele und Ulrike Dostal als Ida. Torsten Frisch verlieh dem Dr. Falke seinen Bariton und Spielfreude. Mit schönem sattem Mezzo sang Franziska Rabl den Prinzen Orlowsky. Robert Sellier als Gesanglehrer Alfred und Hans Kittelmann in der Rolle des Advokaten Dr. Blind brachten die Figuren überzeugend auf die Bühne. Auch immer wieder schön: der Gefängnisdirektor Frank, von Dirk Lohr verkörpert. Mit Thomas Peters hat das Haus einen ausgezeichneten Gefängniswärter Frosch gefunden. Es kommen keine Längen, wenn er zu den alten Gags den Bezug auf die Politik und aktuelle Themen aufnimmt.  Einfach super!

Der Chor war wie gewohnt in dieser Produktion gut und hatte an diesem Tag besonders viel Spaß. Auch das Orchester war in Champagner-Laune: Dirigent Andreas Puhani entlockte dem Orchester mit leichter Hand schmissige Rhythmen, schnelle Tempi, und die Funken sprühten. Danke!

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Der Mikado, 16.02.2012, Gärtnerplatztheater

[singlepic id=1078 w=320 h=240 float=left]Dieser Abend zeigte mal wieder deutlich, dass auch die elfte Vorstellung eines Stückes noch viel Neues bringen kann. In diesem Fall war es ein ungewöhnliches Rollendebüt. Innerhalb eines Tages arbeitete sich Sebastian Campione in die Partie des Mikado ein, normalerweise singt er die Rolle des Ministers für alles Andere Pooh-Bah in diesem Stück. Ohne ihn hätte die Vorstellung ausfallen müssen, wurde in der Ansage mitgeteilt. Da sieht man mal wieder einen der Vorteile des Ensembletheaters. Die Solisten sind mit Leib und Seele dabei und tun alles, damit Stücke gespielt werden können. Hätte die Besetzung nur aus Gästen bestanden, wäre das sicher nicht der Fall gewesen.

Und Sebastian Campione hat es richtig gut gemacht. Bis hin zur Choreografie gab er einen fast perfekten Mikado, das ist in Anbetracht der Kürze der Vorbereitungszeit wirklich bewundernswert. Ich hoffe, die Theaterleitung hat sich ihm gegenüber erkenntlich gezeigt. Auch das restliche Ensemble war bis auf eine Ausnahme wunderbar, lediglich Ko-Ko kiekste sich durch den Abend wie ein pubertierender Oberschüler im Stimmbruch, das sollte vielleicht witzig sein, passt aber überhaupt nicht zu der Rolle. Frances Lucey sang die Arie der Yum Yum The Moon and I an diesem Abend besonders innig, Robert Sellier überzeugte als Nanki-Poo mit Spielwitz und schönem Tenor. Rita Kapfhammer begeisterte wie immer als resolute Katisha, sie spielt und singt, was das Zeug hält und doch trieb ihr Alone and yet alive die Tränen in die Augen. Franziska Rabl und Milica Jovanovic bezauberten als Pitti-Sing und Peep-Bo, Holger Ohlmann und Daniel Fiolka als Pooh-Bahh und Pish-Tush ergänzten das bestens aufgelegte Ensemble hervorragend und Thomas Peters glänzte in der undankbaren Rolle des Erzählers.

Der Chor zeigte, wie immer, Spielfreude kombiniert mit präzisem Gesang und Benjamin Reiners kitzelte aus dem Orchester noch ein bisschen mehr Schwung heraus und unterstützte die Sänger wo es ging.

Ein schöner Abend, Danke an alle Beteiligten!

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Der Mikado, 08.12.2011, Gärtnerplatztheater

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Das Staatstheater am Gärtnerplatz und der Regisseur Holger Seitz haben sich für eine deutsche Fassung des Stücks “Der Mikado” von Gilbert & Sullivan entschieden. Diese deutsche Fassung ist von Walter Brandin und Arno Assmann und hat einen Erzähler, diesen gibt es im englischen Original nicht. Am Gärtnertheater wird diese Rolle von Thomas Peters sehr eindrucksvoll gestaltet, aber die Dialoge sind an einigen Stellen zu lange. Es hätte gerne gekürzt werden können, und die Übergänge der Szenen Dialog-Musik wäre schneller auf den Punkt gekommen. Nun aber genug davon. Es gibt ja so viel Schönes an der Produktion: Das schlicht gestaltete Bühnenbild von Peter Engel, das von der gelungenen Lichtgestaltung von Hans Guba zum Leben erweckt wird und in jeder Minute eine ganz besondere Atmosphäre entstehen lässt. Schon wenn sich beim langsamen Satz der Ouvertüre der Vorhang öffnet und die roten Lampions leuchten. Kostümbildnerin Sandra Münchow hat zeitlose Kostüme gestaltet, Anzüge in verschiedenen Graustufen mit Zeitungsaufdrucken, beim großen Auftritt des Mikado schwarze Anzüge mit goldgelben Ärmeln und für den Frauenchor bunte blumenbedruckte Kleider mit Schleifen. Holger Seitz kann bei seiner Regie und der Entwicklung der Personenführung ganz auf das spielfreudige Ensemble des Theaters setzen. Ein Glücksgriff ist auch der Dirigent der Produktion Benjamin Reiners: mit dem gut gelaunten und spielfreudigen Orchester blühen die Melodien von Sullivan aus dem Orchestergraben; an dieser Stelle ein besonderes Lob an die Holzbläser.

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Yam-Yam, Mündel von Co-Co, und Nanki-Poo wurden an diesem Abend von Therese Wincent und Mario Podrecnik gespielt. Therese Wincent beeindruckte während der ganzen Aufführung mit ihrer Bühnenpräsenz. In Gesang, Spiel und Choreographie war sie ideal für die Rolle der Yam-Yam. Der gut geführte Tenor von Mario Podrecnik stand ihr in nichts nach. Einen gelungenen Auftritt hatte auch Derrick Ballard als Mikado, mit kräftigem Bass und enormer Autorität. Rita Kapfhammer als älteres Hoffräulein Katisha war voll in ihrem Element, ausgestattet mit kräftigem Mezzo und großer Bühnengeste. Der Scharfrichter von Titipu, Co-Co, der kein Blut sehen kann, mit der Vergangenheit eines Schneiders, wurde gelungen verkörpert von Hardy Rudolz. Dieser hatte an diesem Abend Glück und bekam viel sichere Unterstützung aus dem Orchestergraben. Sehr aufmerksam! Die restlichen Rollen waren rollendeckend und gut besetzt: Sebastian Campione (Pooh-Bah, Minister für alles), Carolin Neukamm (Pitti-Sing), Ulrike Dostal (Peep-Bo) und Gregor Dalal (Pish-Tush, ein Edelmann). Der Chor, in der Einstudierung von Inna Batyuk, sang an diesem Abend sehr klangschön, und auch die Darstellung war wieder sehr gelungen.
Es ist schön, dieses Stück von Gilbert & Sullivan am Staatstheater am Gärtnerplatz zu sehen und zu hören mit dem noch existierenden Ensemble.

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Interview mit Thomas Peters

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Herr Peters, herzlichen Dank, dass Sie sich bereit erklärt haben zu einem Interview für das Blog „Nacht-Gedanken“. Erzählen Sie uns bitte etwas zu Ihrem Werdegang?

Ich habe meine Ausbildung gemacht hier in München an der privaten Schauspielschule Gmelin. Wie ich zur Schauspielerei gekommen bin, war ein bisschen ein Zufall. Ich hatte früher meine eigene Band und sollte irgendwann die Filmmusik schreiben für einen Kurzfilm, den ein Freund von mir machen wollte. Und der sagte: „Ja, du warst doch in der Schul-Theatergruppe, du kannst doch auch spielen, spiel doch noch mit.“ Da habe ich jemand kennengelernt, der eine Laienspieltruppe hat, und habe dann mit denen eine Produktion gemacht – lustigerweise war das „Der Goggolori“, was wir ja vor kurzem hier im Foyer gemacht haben, wo ich ebenfalls die Rolle des „Aberwien“ gespielt habe – rund 20 Jahre später! Sie sehen, ich habe mich gut gehalten. Dann hat sich das alles ein bisschen verselbständigt, bis ich dann eben meine Ausbildung gemacht habe. Die dauerte drei Jahre, dann kam mein erstes festes Engagement in Ingolstadt, dann kam Augsburg, und jetzt eben Staatstheater am Gärtnerplatz.

Sie haben gerade schon gesagt, Sie sind über die Musik eigentlich zu dem Beruf gekommen. Welche Musik haben Sie als Kind gehört?

Ich habe als Kind relativ harte Musik, also was man zur damaligen Zeit als hart verstanden hat, gehört. Heavy Metal, im weitesten Sinne, Iron Maiden, Judas Priest. Meine erste Band allerdings, also meine erste Platte, war von Supertramp. Ich habe mich dann irgendwann mal auch gelöst von Lieblingsrichtungen und habe mich in allen Sparten umgehört, was es da noch so gibt. Ich mag eigentlich heute immer noch sehr viele verschiedene Musikrichtungen. Womit ich nicht so viel anfangen kann, ist Techno, aber ich versuche gerne, mich in jede Musikrichtung einzuhören und zu entdecken, worum es dort geht.

Ich denke da an Ihre Interpretation der Rolle des Freddy Eynsforth-Hill in „My Fair Lady“. Sehen Sie sich als singender Schauspieler oder „nur“ als Schauspieler?

Ich sehe mich absolut als singenden Schauspieler. Ich mache auch nach wie vor immer noch Musik nebenher. Das hat sich für mich immer bedingt, beziehungsweise, das hat einander immer unterstützt und gegenseitig bereichert. Musikalität auf der Bühne ist essentiell wichtig, gerade auch im Schauspiel. Ich finde zum Beispiel, dass alle Texte einen eigenen Rhythmus haben. Schiller hat eine ganz eindeutige Sprachmelodie, genauso wie ein Goethe, ein Shakespeare sowieso. Auch die modernen Texte. Ich denke, es geht immer darum, die Melodie eines Textes zu erfassen, zu interpretieren und dann zu „verkörpern“.

Welches Instrument spielen Sie?

Richtig gelernt habe ich Schlagzeug und habe mir dann aber selber so ein bisschen das Bass-Spielen, das Gitarre-Spielen, und auch ein klein wenig Klavier beigebracht.

Welche Sprachen sprechen Sie, und in welchen Sprachen würden Sie auch singen?

Ich spreche sehr gut Englisch. In dieser Sprache singe ich auch mit der Band, die ich im Moment habe. Ansonsten spreche ich keine Sprache fließend. Ich habe ein bisschen Französisch in der Schule gehabt. Aber ich fände es auch sehr reizvoll, in einer Sprache zu singen, die man selber nicht fließend spricht. Ich finde zum Beispiel Spanisch eine wahnsinnig tolle Sprache. Die würde ich gerne können, aber ich bin bis jetzt noch nicht dazu gekommen, mir sie anzueignen.

Haben Sie musikalische oder szenische Vorbilder?

Ja, natürlich ganz viele. Aber ich habe jetzt nicht ein Haupt-Vorbild, nach dem ich strebe. Ich möchte von vielen Sachen lernen und vielen Sachen etwas abgewinnen. Von daher lasse ich mich gerne von den Dingen beeinflussen, die meines Weges kommen.

Sie sind ja hier am Theater sehr vielseitig unterwegs: Musical, Operette. Welche Aufnahmen aus diesen Genres hören Sie privat am liebsten?

Ich wurde hier bislang nicht in der Oper eingesetzt in einer Singpartie. Jetzt kommt der „Henker“ im Joseph Süss auf mich zu. Wenn ich die Oper jetzt mal dazunehme, gucke ich mir eigentlich am liebsten von den Dreien eine Oper an. Lieber noch als ein Musical. Ich finde, die Oper ist so etwas Großes, Gewaltiges, das mir zum Gucken sehr, sehr viel mehr Freude bereitet als die anderen beiden.

Bevorzugen Sie eine spezielle Oper?

Nein, in dem Sinne nicht. Ich habe vor ein paar Jahren an der Staatsoper hier eine Aufführung von „Tristan und Isolde“ gesehen, da hat noch Herr Jerusalem den Tristan gesungen, der mich sehr beeindruckt hat, weil er eigentlich stimmlich im letzten Akt schon ein bisschen…ja, wie sag ich’s…ein bisschen müde war, sage ich jetzt mal. Das soll nicht despektierlich klingen. Ich habe sehr, sehr großen Respekt vor diesem Mann, weil der das trotz allem durchgezogen hat und mit einem Stolz auf der Bühne stand, auch beim Schlussapplaus, wo die eine Hälfte des Saales gejubelt und die andere Hälfte gebuht hat. Das hat mich sehr beeindruckt. Seitdem verfolgt mich diese Oper so ein bisschen. Und „La Traviata“ habe ich sehr gerne – bestimmt auch durch meine Erfahrung hier am Gärtnerplatz mit meinem Stück „Orchesterprobe, Traviata, III. Akt“.

Hatten Sie schon internationale Auftritte?

Ja, das hatte ich schon. Ich habe ganz zu Beginn – also bevor ich mein erstes Festengagement hatte – mit der britischen Performance-Theatertruppe „Forced Entertainment“ zusammengearbeitet, was eine sehr, sehr tolle und spannende Theaterarbeit war. Das war sehr improvisativ und so eine ganz andere Art von Theater. Es war eine 24-Stunden-Performance, also wir standen tatsächlich 24 Stunden am Stück auf der Bühne. Das war damals noch eine Koproduktion zwischen dem „Spielart-Festival“ hier in München und dem Londoner Theaterfestival „LIFT“. Damit sind wir auch in München aufgetreten, und mit der Produktion sind wir dann so ein bisschen getourt. Also, wir waren eben in England unterwegs, in Holland haben wir gespielt, auch in Wien.

Gibt es Komplikationen, die sich aus dem Lebensrhythmus eines Sängers an einem Theater ergeben?

Komplikationen inwiefern?

Zum Beispiel lange Probezeiten oder geteilte Probezeiten, oder morgens eine Probe, abends ein Auftritt. Oder auch mal durchgehend frei, wenn andere Leute nicht frei haben.

Dadurch, dass ich einen kleinen achtjährigen Sohn habe, einen ganz zauberhaften kleinen Mann, wird es manchmal mit der Betreuung ein bisschen schwierig, wenn die Regisseure entweder geteilte oder lange Proben ansetzen, also der eine von 10 bis 16 Uhr, der andere von 10-14 und 18-22 Uhr. Wenn das so ein bisschen durcheinander geht, wird es bei mir mit der Betreuung ein bisschen schwierig, weil meine Frau auch berufstätig ist. Aber ansonsten gewöhnt man sich natürlich – wie an alles im Leben – auch an solche Rhythmen.

Was tut Ihrer Stimme gut, und was tut ihr überhaupt nicht gut?

Überhaupt nicht tut meiner Stimme gut: Verrauchte Räume. Also da bin ich sehr empfindlich geworden mittlerweile. Früher war das nicht so dramatisch. Ich bin ein glühender Anhänger des Rauchverbotes in öffentlichen Kneipen und auch in Konzerthallen. Was meiner Stimme gut tut, ist innere Gelassenheit und Zufriedenheit.

Was tun Sie für Ihre Kondition? Müssen Sie etwas für Ihre Kondition tun?

Ich weiß nicht, ob ich etwas tun muss, ich tue es aber trotzdem. Ich gehe joggen. Das versuche ich auch dreimal die Woche zu praktizieren, um mich so fit zu halten, weil ich doch merke, dass eben die Kondition für das Singen und für das Auf-der-Bühne-Stehen wirklich das A und O ist. Zum Beispiel bei einer Doppelvorstellung von „Der Zauberer von Oz“, wo ich ja als Vogelscheuche einzeln besetzt bin. Das geht unverschämt auf die Kondition. Oder auch bei der „Fledermaus“, wo ich zwar nichts zu singen habe und auch in den ersten Akten eigentlich kaum Text – aber die ganze Zeit da zu sein und dann im dritten Akt so plötzlich das Tempo anzuziehen, diese Figur zum Frosch zu ändern…das sind so Konditionssachen, dass ich das Gefühl habe, wenn ich nichts tun würde, mich nicht um meine Kondition kümmern würde, dann würden mir solche Rollen vielleicht schwerer fallen.

Dann möchte ich gleich einmal einhaken bei der „Fledermaus“: Es ist wirklich beeindruckend, wie Sie jedesmal einen neuen Text bringen und jedesmal auf tagesaktuelle Ereignisse Bezug nehmen. Schreiben Sie Ihre Texte selber?

Ja, ich kümmere mich selber um die Texte. Manchmal ist es so ein bisschen angelehnt an aktuelle Zitate, Politikerzitate oder Ähnliches, die sehr markant sind. Und die funktionieren hier immer am besten, wenn man sie in den Kontext des einfachen Mannes setzt, der der Frosch ja letztlich ist. Diese Figur des Frosches hat natürlich auch diese Tradition, dass man das auch ein bisschen von ihr erwartet, tagesaktuell zu sein. Man kann sich hier zwar viel erlauben. Man sollte sich aber nicht zu viel erlauben, denn ich finde, es ist ein schmaler Grat der Komik, auf dem man sich hier bewegt.

Wie diszipliniert müssen Sie als singender Schauspieler leben?

Also, ich glaube, sehr diszipliniert, was gerade solche Sachen wie Kondition oder so betrifft. Ich versuche, vor Aufführungen genügend Schlaf zu bekommen. Also so ganz durchnächtigt spielen sollte ich persönlich jetzt nicht allzu oft – es kommt natürlich auch immer ein bisschen auf die Partie an. Wenn das jetzt wirklich nur eine kleine Geschichte ist, dann ist das nicht so dramatisch, aber gerade so was wie „Die Fledermaus“ oder jetzt hier auch „Mikado“, „Zauberer von Oz“ und „La Cage aux Folles“: Das kann ich mir nicht vorstellen, dass ich das auf lange Sicht durchhalten könnte, wenn ich jeden Abend feiern gehen würde und mich mit zwei Stunden Schlaf dann auf die Bühne schleppe. Ich glaube, das würde nicht sehr lange unterhaltsam sein – auch für mich nicht. Von daher möchte ich da meinen Beruf auch ernst nehmen und versuchen, auf mich acht zu geben.

Sie haben jetzt gerade schon die Neuproduktion angesprochen: DER MIKADO. Sie haben da die Rolle des Erzählers. Wie haben Sie sich auf diese Rolle vorbereitet?

Also, in dem Sinne „vorbereitet“ habe ich mich auf diese Rolle eigentlich nicht, weil es ja rein von der Wesensart dieser Rolle eine ist, die so ein bisschen außen steht. Die Rolle gibt es ursprünglich in dem Stück nicht, also im englischen Original. Die wurde von, ich glaube, dem Übersetzer oder den Übersetzern dieser Fassung, die wir spielen, eingefügt. Ich habe das zunächst nur auf mich wirken lassen und habe überlegt: Was kann man machen, wie kann man das umsetzen, was die Übersetzer wollten: eine Brücke zu schlagen von der Handlung und den Darstellern zum Publikum, das Publikum an die Hand nehmen, und so ein bisschen durch das Stück führen, und das aber auf eine möglichst unaufdringliche und vielleicht auch manchmal ein bisschen bissige, vielleicht auch skurrile Art und Weise.

Erzählen Sie ein bisschen von dieser Partie. Was genau macht der Erzähler?

Wie gesagt, der Erzähler ist meines Erachtens dafür da, das Publikum durch diesen Abend zu führen, ihnen Dinge zu erklären, ihnen Dinge deutlicher zu machen oder auf Sachen hinzuweisen, und er ist auch durchaus einer, der das Geschehen so ein bisschen kritisch kommentiert. Auch, um den Leuten zu verstehen zu geben: „Ich weiß, dass ihr da seid…“ Und er bringt am Schluss das Stück zu seinem Ende.

Waren Sie schon mal in Japan?

Leider noch nicht, aber ich würde wahnsinnig gerne hinfahren. Eine der großen Städte, die ich gerne bereisen möchte, die auf meiner Liste ganz oben sind, ist Tokio.

Die Operette verpackt ja Gesellschaftskritik des 19. Jahrhunderts in den sogenannten Exotismus. Sehen Sie auch aktuelle Bezüge?

Ja, ich sehe viele aktuelle Bezüge, also ich sehe vor allem zeitlose Bezüge. Ich finde, wie in dem Stück über das Beamtentum so ein bisschen augenzwinkernd erzählt wird oder auch über die Eitelkeit der Damen und auch – in anderer Form – der Herren. Auch hat der Kollege Gunter Sonneson ein kleines Liedchen, das ursprünglich augenzwinkernd Aktualität enthalten sollte, und wir haben das…sagen wir…den momentanen aktuellen Gegebenheiten angepasst und ich finde, das tut dem Ganzen auch gut.

Können Sie uns erklären, warum der MIKADO das erfolgreichste Gilbert & Sullivan-Stück ist?

Ich kann es nicht erklären, weil ich nicht alle Gilbert & Sullivan-Stücke kenne. Ich kann nur sagen: Ich finde, die Musik ist wirklich sehr reizend, es geht ins Ohr, es ist eine leichte Musik im absolut besten Sinne. Ich finde es auch eine sehr interessante Musik, denn ich höre manchmal Anleihen bei anderen Komponisten, Schubert zum Beispiel. Und die Mischung aus dieser Musik und die Verbindung mit Japan ist etwas, was ich persönlich so nicht kenne – das ist eine Mischung, die ganz gut aufgeht. Vielleicht macht das den Reiz aus.

Ist es eine traditionelle Inszenierung?

Das müssten Sie den Regisseur fragen. Ich würde sagen, es ist eine moderne Inszenierung mit vielen traditionellen Anleihen.

Hatten Sie Freiheiten bei der Interpretation Ihrer Rolle?

Ja. Holger Seitz hat er mir sehr viele Freiheiten gelassen. Ich spiele diese Rolle 98% mit einer Maske. Da muss man sich natürlich erst mal zurechtfinden und gucken: Was ist möglich, wie sieht das aus, wie bewegt sich diese Figur? Wir kennen uns jetzt schon wirklich sehr lange, Holger Seitz und ich. Er weiß, dass ich einer bin, der auch mal alleine an einer Rolle fummeln kann und sich so was überlegt, und das haben wir dann zusammen überprüft und dann hieß es: „Das finde ich gut, das finde ich nicht so gut, schau mal, da ein bisschen so und da könnte man ein bisschen so….“

Was ist das Schönste an Ihrer Rolle, und was ist das Nervigste?

Ich liebe es, wenn Rollen eine Körperlichkeit, also einen ganz eigenen Körper haben. Jede Rolle, finde ich, sollte auf eine eigene Art und Weise sprechen und sich bewegen können. Diese Rolle hat etwas sehr Tänzerisches, eine Mischung aus Tanz und Tai-Chi. Die Maske, die ich aufhabe, ist nicht ganz ohne, weil sie ein sehr mächtiges Trumm ist, sehr groß und sehr wuchtig, und wenn ich singe oder auch spreche, dann sammelt sich der gesamte Schall in dieser Maske und man hört von außen nichts mehr. Und der Erzähler hat eben auch drei kleine Sachen zu singen, und das ohne Mikroport-Verstärkung und – wie gesagt – oft ohne das Orchester wirklich zu hören. Und da das für mich eh etwas Neues ist, in einer Operette über das Orchester zu singen, bin ich auch sehr aufgeregt deswegen, aber der wunderbare Benjamin Reiners hat mir da sehr geholfen.

Haben Sie Lampenfieber, und wenn ja, was tun Sie dagegen?

Ja, ich habe Lampenfieber. Ich glaube, dass es dazugehört, dass es auch notwendig ist, weil es einen in eine Wachheit, eine Grundspannung versetzt, die man, glaube ich, auf der Bühne braucht. Ich habe das, also bei einer großen Partie und einer großen Verantwortung, mitunter sehr stark. Aber ich versuche mich einfach durch ganz ruhiges Atmen und bewusstes Atmen herunterzuregeln, und – ja, Vertrauen zu haben. Am schlimmsten ist der Moment, bevor man auf die Bühne geht. Und wenn man dann aber auf der Bühne ist, dann verschwindet das auch meistens schnell, gottseidank.

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Was ist das Schönste an Ihrem Beruf, und was ist das Nervigste?

Also, das Schönste: Es ist ganz toll, solche Sachen spielen zu dürfen wie den Frosch, die Vogelscheuche, Jean-Michel. Das kann man mit Geld ja gar nicht bezahlen. Das ist so eine große Ehre, eine Chance, ja ein Glück. Ich kann da gar nicht dankbar genug sein, um dieses Glück, auch in der Vergangenheit solche tollen, großen Rollen gespielt zu haben wie den Mephisto, Don Carlos, Garcin in „Geschlossene Gesellschaft“, den Christian im Stück „Das Fest“. Da bin ich ganz, ganz dankbar.
Das Nervigste an meinem Beruf, würde ich sagen: Dass dieser Beruf so wahnsinnig subjektiv ist. Was manchmal sehr, sehr hart sein kann. Das heißt: Zwei Leute sehen ein- und dieselbe Vorstellung, ein und denselben Künstler, und der eine sagt: „Großartig!“, und der, der direkt daneben sitzt, sagt: „Der größte Mist !“ Und man selbst steht dazwischen und muss das aushalten, und sich immer wieder neu beweisen und vor jedem neuen Regisseur oder Intendanten bestehen und sich wieder neu verkaufen. Beim Eiskunstlauf kann man einen doppelten Rittberger beurteilen, den stehst du oder den stehst du nicht. Aber eine Rolle, einen Künstler, eine Interpretation, eine Nase im Gesicht kann man so oder so sehen. Das ist manchmal schwer.

Haben Sie noch eine Wunschpartie?

Ich würde wahnsinnig gerne den Higgins irgendwann mal spielen. Was das Schauspiel betrifft: Ich würde den „Theatermacher“ von Thomas Bernhard sehr gerne spielen. Später mal. Ich liebe Thomas Bernhard, das ist ein von mir ganz hochgeschätzter Autor. Und da gibt es bestimmt noch ganz, ganz viele, die mir jetzt nicht einfallen…

Können Sie uns schon einen Ausblick auf die Zukunft geben?

Ich weiß bislang nur, dass ich bis Ende April noch hier bin bzw. hier gut zu tun haben werde, was danach kommt, wird man dann sehen. Ich habe großes Vertrauen in die Zukunft, fragen Sie mich nicht, woher ich das nehme…aber es wird alles gut.

Dann sage ich herzlichen Dank für dieses Gespräch und Toi-toi-toi für die Premiere!

Herzlichen Dank für dieses Interview!

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Die Fledermaus, 09.10.2011, Gärtnerplatztheater

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Es war insgesamt eine schöne Vorstellung, mit einem spritzigen Dirigat des jungen italienischen Dirigenten Francesco Angelico und so exzellenten Sängerdarstellern wie Daniel Fiolka als Eisenstein oder Robert Sellier als Alfred. Ella Tyran, die als erkältet angekündigt worden war, zeigte eine bezaubernde Adele, Franziska Rabl hat mir als Orlofsky richtig gut gefallen und auch Juan Fernando Gutiérrez, Dirk Lohr, Hans Kittelmann und Ulrike Dostal waren in ihren jeweiligen Rollen gut bis sehr gut. Enorm auch wieder die Leistung des Chores, ohne eine Spielfreude wäre der 2. Akt nicht so schwungvoll. Lediglich die Tänzer der hauseigenen Company hatten etwas Schwierigkeiten mit dem zügigen Tempo des Abends, über die Nichtspagate der Herren reg ich mich ja schon gar nicht mehr auf.

Der Hauptgrund aber, mich mal wieder hinzusetzen und über meine elfte Fledermaus in dieser Inszenierung zu schreiben, ist der Frosch von Thomas Peters. Ich habe jetzt vier Vorstellungen in 17 Tagen gesehen und bei jeder war irgendetwas neues dabei. Seine Texte, die er selbst schreibt, werden ständig aktualisiert, sind pointiert und so trocken vorgetragen, dass ich sicher auch noch bei der letzten Vorstellung am 21.04.2012 (übrigens auch der nach jetzigem Stand letzten Vorstellung im schönsten Theater Münchens vor der Umbauphase) so schmunzeln oder lachen werde wie in den Vorstellungen bisher. Ebenso komisch ist seine Parodie eines äh,äh, vergangenen Landesvaters und selbst die Witze über meine Berufsgruppe bringen mich zum Lachen, obwohl ich die normalerweise eher nicht so lustig finde. Schon allein seine Einlagen sind ein Besuch der “Fledermaus” in Münchens schönstem Theater wert. Nächste Chance wieder am 14.10.2011, Restkarten online oder telefonisch unter 089.21 85 19 60

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Die Fledermaus, 10.05.2011, Gärtnerplatztheater

[singlepic id=1134 w=320 h=240 float=left]Die letzte Fledermaus, glücklicherweise nur in dieser Spielzeit. Ich halte die Inszenierung nach wie vor für gelungen, einzig die Herren Balletttänzer könnten in der Sommerpause mal bei Stefan Sevenich in die Lehre gehen, damit der ihnen zeigt, wie man einen Spagat richtig macht.

Das Publikum taute leider erst im dritten Akt richtig auf, der hatte es aber auch wieder in sich. Thomas Peters brachte wieder einen topaktuellen Bezug zum Tagesgeschehen, einen neuen Witz des Tages und war auch sonst als Frosch unschlagbar mit pointiertem Spiel und genialem Witz. Franziska Rabls Prinz Orlofsky war meiner Meinung nach der beste, den ich bisher gehört habe, Ella Tyran überzeugte mich als Adele, auch Juan Fernando Gutièrrez gefiel mir als Dr. Falke sehr gut.

Mein persönliches Highlight war das Terzett im dritten Akt zwischen Mario Podrečnik, der wieder einen Alfred zu Dahinschmelzen sang, Daniel Fiolka, dessen Eisenstein für mich in Spiel und Gesang zu den Besten gehört, und Heike Susanne Daum als Rosalinde, deren Sopran von innen leuchtet und die dem Czárdás so viel Feuer verleiht, dass dort gut und gerne eine echte ungarische Gräfin stehen könnte. Auch der Chor war wieder sehr präsent und spielfreudig. Es lohnt sich, einen ganzen Abend mal nur diese Damen und Herren zu beobachten, wie viele kleine liebenswerte Details da gespielt werden, da lässt sich auch beim fünften Mal ansehen noch etwas Neu entdecken.

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Orchesterprobe, zum Vierten

Da ich ja eh schon im Gärtner war, gleich noch die Orchesterprobe hinterher. Diesmal war es noch lustiger als sonst, mit spontanem Applaus und Publikum, das mitspielte oder auch nicht. Ich habe jedenfalls sehr herzlich gelacht. Hinterher, bei der Orchesternachbesprechung noch tolle Gespräche mit Opernenthusiasten, denen es auch allen sehr gut gefallen hat.

Staatstheater am Gärtnerplatz

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Montag, 05. Januar 2009
21.00 – 22.15 Uhr

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