Kategorien

Charleys Tante, 12.01.2014, Kammeroper München im Künstlerhaus

Über die neue Produktion der Kammeroper München habe ich drüben bei mucbook geschrieben.

Ähnliche Artikel

Die Fledermaus, 27.12.2013, Neue Oper Austria in der Tonhalle Zürich

[singlepic id=1697 w=320 h=240 float=left]Wie könnte man das alte Jahr besser ausklingen lassen als bei der genialen Musik von Johann Strauss? In der halbszenischen Aufführung der Neuen Oper Austria machte der Abend besonders Spaß.

Eine halbszenische Aufführung, noch dazu auf einer Konzertbühne, ist ja immer etwas heikel, weil nur wenig Platz zur Verfügung steht. Regisseur Wolfgang Gratschmaier, den ich bisher nur als Sänger kannte (zuletzt als Sigismund im Weißen Rössl am Staatstheater Nürnberg), löste das Dilemma sehr gut. Der Salon der Eisensteins bestand aus Stühlen und einem Tisch und ein paar Palmen, verwandelte sich wenig später in den Ballsaal des Prinzen Orlofskys und selbst das fidele Gefängnis lies sich damit gut abbilden. Dabei agierten alle Beteiligten immer sehr natürlich und mit tollem Ausdruck. Ein paar Besonderheiten hatte er sich einfallen lassen, die das Ganze noch zusätzlich aufpeppten. All zu viel sei hier für eventuelle zukünftige Vorstellungen nicht verraten, aber das Publikum sollte sich schon darauf einstellen, auch mal mitmachen zu dürfen – oder müssen.

Bereits bei der Ouvertüre merkte man, dass die Philharmonie Baden-Baden unter dem musikalischen Leiter Thomas Rösner in Höchstform ist. Da stimmte jede Nuance, es klang sehr frisch und knackig von der Bühne. Die Besetzung an diesem Abend war absoluter Luxus. Angefangen bei Sigrid Hauser, die als Dr. Blind, Ida und Frosch nicht nur komische Akzente setzte, sondern sich auch harmonisch in die Ensembles einfügte. Wolfgang Gratschmaier selbst trat als Erzähler und in verschiedenen anderen, meist stummen Rollen auf und verstärkte die Ensemble. Die Chorszenen wurden damit wirkungsvoll präsentiert, so weit sie beibehalten wurden. César Augusto Gutiérrez verlieh dem Alfredo einen passenden glutäugigen Latinocharme sowie einen sehr ansprechenden Tenor. Mit Renée Schüttengruber war der Prinz Orlofsky mit einem wohlklingenden Sopran besetzt, sie zeichnete auch ein außerordentlich Rollenportrait. Ihre Schweizer Wurzeln spielte die junge Sopranistin Marysol Schalit aus, als Adele agierte sie sehr kokett, ihre Stimme ist aber schon ein bisschen weiter. Bei Carlo Hartmann war der Gefängnisdirektor Frank in den besten Händen und Mathias Hausmann als Dr. Falke sprühte vor Witz, guter Laune und prächtigem Bariton. Mit Paul Armin Edelmann sang ebenfalls ein Bariton den Eisenstein. Ich ziehe diese Variante dem Tenor vor und an diesem Abend war es das Tüpfelchen auf dem i. Er harmonierte stimmlich und schauspielerisch prächtig mit der Berliner Kammersängerin Michaela Kaune als Rosalinde.

Alles in allem ein wundervoller Abend. Leider war es die letzte der bisher geplanten Vorstellungen der Fledermaus in dieser Fassung und mit dieser Besetzung. Im stürmisch applaudierenden Publikum mag sich so mancher eine Wiederholung gewünscht haben.  

Ähnliche Artikel

In Galauniform zum Wirtshaus – „Der Revisor“ im Residenztheater

[singlepic id=1677 w=240 h=320 float=left]Ein Hoch dem Kalauer, dem Versprechen, der physischen Komik und dem Slapstick. Dem Residenztheater ist mit dem Revisor ein Hit gelungen, den man entweder komplett bescheuert oder großartig finden kann. Viel zu tun mit Gogols feinem Wortwitz hat das allerdings nicht mehr.

Was der Zuschauer dafür sieht, ist Theatersport in zwei atemlosen Stunden voller körperlicher Gag-Gymnastik. Es scheint ein wenig so, als habe Fassbinder mit Buster Keaton ein Kind namens Leslie Nelson gezeugt, in eine russische Kleinstadt versetzt, dupliziert, unter Drogen gesetzt und daraus eine Dorfposse auf Tuntenspeed erzeugt, die schlichtweg Laune macht.

Es wird handwerkliche Komik geboten. Typen, Akrobatik, Wortwitz und ein gelungener Running Gag, der die Verliebtheit der Russen für frankophile Phrasendrescherei ad absurdum führt. Die Handlung wird im Großen und Ganzen so belassen, wie sie unter Gogol noch humoristisch funktionierte. Der Staatsbeamte scheint verdeckt im korruptionsschwangeren Dörfchen zu sitzen. Man hält fälschlicherweise den trunksüchtigen Lebemann für den Revisor, hofiert ihn mit Wein, Weib und viel Domkosakengesang. Dieser nutzt es schamlos aus, bis die Posse in allgemeiner Verwirrung endet.

[singlepic id=1676 w=320 h=240 float=right]So viel zur – nicht zu wichtig genommenen – Basis des Abends. Was allerdings Darstellerregisseur Herbert Fritsch daraus zimmert, ist eine Vaudeville-Show des Irrsinns mit hohem Tempo, noch höherer Energie, im Sprechfluss dafür leider nicht immer verständlich. Fritsch bürstet den angestaubten Russen durch. Dieser zeichnet Kleinstadtidyll mit sanftem Sprachhumor, wie die mittlerweile verbannten deutschen Komödiengrößen Dürrenmatt (die alte Dame liegt nahe beim Revisor) und Götz (Montevideo). Auch Götz traute sich Fritsch samt seinem schöngeistigen, wenngleich veralteten Beamtenhumor bereits zu. Bei Gogol setzt er knallhart auf veränderte Kalauer aus dem Originaltext, die er himmelschreiend überzeugend abfeiert. Mea Vulva, Bibbern wie Lesbenlaub und Mönölöge mögen billige Lacher sein, werden sie allerdings so selbstverständlich in einem Potpourri des Blödsinns gebracht, verzeiht man die Niveausenkung ebenso wie explodierende Genital-Attrappen und Po-Echos. Vorletztes kann zudem als Rückgriff auf den Beginn der Komödie verstanden werden; ebenso wie die chargenhafte Maske der Gesichtslarven nahezu aller Darsteller. Masken und Genital bildeten schließlich legitimes Requisit zu Zeiten Menanders. Hier wird demnach eine Plüschhommage antiken Komödienspiels betrieben – mit überzeichneten Abziehbildern, die gar nichts Anderes erzeugen wollen und hervorragend herausarbeiten, als Erheiterung! Dazu eine Prise Schauspielmetadialog, viel Physis und der Abend ist schon gelungen.

[singlepic id=1678 w=320 h=240 float=left]Konsequenterweise minimalistisch auch Fritschs Bühne. Es braucht nicht mehr als diese Planenhäuser, ausgeschnittene Folien, die von der Decke baumeln, um erstens aufzuzeigen, welche Theatermagie die Züge im Schnürboden allein erzeugen können und wie schlüssig zweitens ein einfachstes Konzept aufgehen kann, das aus wenig alles macht.

[singlepic id=1679 w=240 h=320 float=right]Das liegt wie mittlerweile immer am Resi auch an der großen Gruppenleistung. Aus dem durchwegs starken Ensemble stechen die wunderbare Karikatur der Comicfigur in der Rolle der Maria von Britta Hammelstein, wie die grandiose FreddyMercury-Travestie der – allein schon abendfüllenden – Titelrolle von Sebastian Blomberg heraus. Neben großartigen Sidekicks transportiert sich eine allgemeine Spielfreude, die ein Komödienklima erzeugt, dass schlichtweg mitreißt. Besonders dank der Profiüberdrehtheit von Barbara Melzl und Stefan Konarske. Allein zu blass darunter das hilflose Bürgermeisterlein von Aurel Manthei.

Dieser Russenrausch endet im Gruppentanz und der genialsten, wie bescheuertsten Applausordnung diesseits der Wolga. So funktioniert Komödie im 21. Jahrhundert jenseits von TV-Klamauk, fadem Boulevard und Fäkalausfällen. Chapeau. Man kann nur hoffen, dass Fritsch nach München zurückkehrt, um vielleicht einen Prätorius oder die Physiker ebenso irr wie genial unter den Defibrillator zu halten, um alte Komödie auf diese moderne Weise neu zu beleben.

Besucht wurde die Vorstellung am 25.11.2013

Regie und Bühne Herbert Fritsch, Kostüme Victoria Behr, Musik Ingo Günther, Licht Gerrit Jurda, Dramaturgie und Fassung Sabrina Zwach, Dramaturgie Sebastian Huber

mit Sebastian Blomberg Chlestakow, Stefan Konarske Ossip, Aurel Manthei Bürgermeister, Barbara Melzl Anna, seine Frau, Britta Hammelstein Maria, deren Tochter, Hanna Scheibe Mascha, deren Hausangestellte / Kellnerin im Gasthaus, Gunther Eckes Hospitalverwalter, Jörg Lichtenstein Schulrat, Miguel Abrantes Ostrowski Richter Lap-Top, Sierk Radzei Polizeichef Korruptkin, Michele Cuciuffo Kreisarzt Dr. Hübner, Paul Wolff-Plottegg Postmeister, Tom Radisch Bobtschinskij, Gutsbesitzer, Johannes Zirner Dobtschinskij, Gutsbesitzer, Lena Eikenbusch Kaufleute, Jonas Grundner-Culemann Kaufleute, Thomas Hauser Kaufleute, Lukas Hupfeld Kaufleute, Josef Mattes Kaufleute, Klara Pfeiffer Kaufleute, Philipp Reinhardt Kaufleute, Anna Sophie Schindler Kaufleute, Benjamin Schroeder Kaufleute, Jeff Wilbusch Kaufleute

 

Ähnliche Artikel

Uraufführung Berlin 1920 – Eine Burleske, 21.11.2013, Gärtnerplatztheater (im Cuvilliéstheater) – Nachtkritik

[singlepic id=1659 w=320 h=240 float=left]Berlin in den Zwanziger Jahren, die Stadt atmet das Leben, man amüsiert, raucht, säuft, kokst, liebt sich zu Tode. Die Gegensätze zwischen Arm und Reich sind groß. Haste was, dann biste was, haste nüscht, dann biste nüscht. Diese schmerzliche Erfahrung muss auch Hans machen. Hans ist Fabrikarbeiter und liebt eine Tochter aus gutem Hause. Die liebt ihn auch, irgendwie, aber als der Industrielle Richard von Stetten auftaucht, der sie fördert, lässt sie Hans fallen. Eva träumt davon, ein Varietéstar zu werden, Richard lässt sie in seinem Club auftreten, sie wird seine Geliebte, aber ihre Eltern träumen immer noch vom gesellschaftlichen Aufstieg durch Heirat. Ein Jahr später liebt Hans Eva immer noch, aber Richard hat sich einer anderen zugewandt und wirft Eva aus dem Club. Hans wird Zeuge dieser Auseinandersetzung und rächt Eva.

Mit sehr viel Gespür für die kleinen zwischenmenschlichen Gesten erzählt Ballettchef Karl Alfred Schreiner die Geschichte einer Liebe die nicht sein darf und setzt sie zugleich in den historischen und gesellschaftlichen Kontext. Da fühlt man sich auf eine Galeere versetzt, wenn die Tänzer in der Fabrikszene auf Fässern trommeln, sehr beeindruckend, wenn auch ein wenig laut. Die Musik hierzu ist eine Auftragskomposition von David Sitges-Sardà und die Umsetzung ist wirklich phänomenal. Karl Alfred Schreiner hat bei der Einführung gesagt, er möchte, dass die Tänzer mit ihrem Körper die Geschichte erzählen, wie damals zur Stummfilmzeit, an die sich das gesamte Ambiente auch anlehnt. Das ist wirklich hervorragend gelungen. Richard von Stetten, exzellent in Szene gesetzt von Davide Di Giovanni, ist ein Mann, der sehr viel Platz einnimmt und dabei so glatt wie ein Fisch ist. Egal, ob es um ein Streitgespräch mit anschließender Versöhnung von Hans und Eva, die von Alessio Attanasio und Sandra Salietti ganz ausgezeichnet getanzt wurden, geht oder um unerfüllte Liebe, die der beste Freund von Hans, Harry (ganz fantastisch Russell Lepley) ihn emtgegenbringt, man fühlt mit den Menschen auf der Bühne, ihre Emotionen durchdringen den ganzen Saal.

[singlepic id=1664 w=320 h=240 float=right]Andererseits darf aber auch mal gelacht werden, wenn Evas Mutter (Lieke Vanbiervliet) sich aus Versehen die von Hans mit Drogen versehenen Würfelzucker in den Tee gibt und dann im Drogenrausch von einer Karriere als Steppwunder mit Pudelunterstützung träumt. Überhaupt sind diese Drogenräusche sehr aufschlussreich und offenbaren noch mehr über die Seele des Träumenden als seine realen Handlungen. Da versetzt sich Eva, als ihr Startraum geplatzt ist, wieder in ihre Kindheit auf den Jahrmarkt, da wird von Badeschwämmen und Priestern geträumt. Die schönste, innigste, emotionalste Szene ist sicher der Besuch Evas im Gefängnis, die durch den fulminanten Schlusspunkt noch betont wird. Ein sehr runder, atmosphärischer, ausdrucksvoller Abend.

[singlepic id=1671 w=240 h=320 float=left]Die Bühne (Rainer Sinell) ist enorm wandlungsfähig, beinahe alles kommt blitzschnell von oben, von der Straßenlaterne bis zur Clubbühne, das ist wirklich sehr gut gemacht. Und was nicht von oben kommt, tragen die Tänzer selbst herein und so werden mit wenigen Mitteln Illusionen erzeugt. Interessant sind auch die Projektionen (Raphael Kurig und Thomas Mahnecke), sie machen die Wandlung von der Fabrikhalle über den Club bis hin zum Boxring vollkommen. Die Kostüme von Jan Meier sind sehr eng mit der Zeit verbunden und unterstreichen die Stummfilmästhetik. In den Drogenräuschen hat er sich dann ausgetobt und quietschbuntes dagegen gestellt.

Die Musikauswahl ist ausgesprochen gelungen. Es war darauf Wert gelegt worden, dass die Komponisten entweder aus Berlin stammten oder in der Zeit, in der das Stück angesiedelt ist, dort gelebt haben und so atmet jede Note das damalige Lebensgefühl. Mit Hanns Eisler, Kurt Weill und Ernst Krenek fand man hier wirklich ganz herausragende Vertreter dieser Zeit. Das Orchester unter Michael Brandstätter lief erneut zur Höchstform auf. Dessen Wandlungsfähigkeit ist wirklich bemerkenswert. Vor zwei Wochen noch gefeiertes Barockorchester, lässt man nun den Geist der Zwanziger Jahre wiederauferstehen. Chapeau! Ergänzt wurde das ganze durch alte Aufnahmen von Schlagern von Peter Kreuder, Paul Abraham und anderen Größen dieser Zeit. Dazu sang Nadine Zeintl, dem Gärtnerplatzpublikum noch bestens in Erinnerung durch ihre famose Interpretation der Sally Bowles. Das klang mir ein bisschen zu flach, sie hob sich nicht genug von der Musik ab. Ansonsten war es musikalisch ein wirklich toller Abend.

Dem Gärtnerplatztheater ist nach Dornröschen in der letzten Spielzeit erneut eine hervorragende Ballettproduktion gelungen. Karl Alfred Schreiner und seine Tänzer etablieren sich als feste Größe in der Münchner Theaterszene.

Musikalische Leitung Michael Brandstätter, Choreografie Karl Alfred Schreiner, Bühne Rainer Sinell, Licht Marco Policastro, Kostüme Jan Meier, Video und Projektionen Raphael Kurig, Thomas Mahnecke, Dramaturgie Judith Altmann
Hans Klein Alessio Attanasio / Davide Di Giovanni, Eva Klimpke Sandra Salietti / Rita Barão Soares, Harry Weber, Hans’ bester Freund Russell Lepley / Filippo Pelacchi, Gertrude Klimpke, Evas Mutter Lieke Vanbiervliet / Marta Jaén, Wilhelm Klimpke, Evas Vater Morgan Reid / Neel Jansen, Richard von Stetten, ein Großindustrieller Davide Di Giovanni / Francesco Annarumma, Oskar Stein, Richards Bodyguard Neel Jansen / Morgan Reid, Kiki Schuster, Richards Mätresse Isabella Pirondi / Ariella Casu, Zwei Prostituierte Marta Jaén, Lieke Vanbiervliet, Natalia Palshina, Transvestit Filippo Pelacchi / Russell Lepley, Polizist Morgan Reid / Neel Jansen, Zwei Boxer Filippo Pelacchi, Gaetano Montecasino, Javier Ubell, Hans im Rausch Matteo Carvone, Eva im Rausch Anna Calvo, Gertrude im Rausch Ariella Casu, Wilhelm im Rausch Filippo Pelacchi / Russell Lepley, Richard im Rausch Gaetano Montecasino, Priester im Rausch Russell Lepley / Filippo Pelacchi, Arbeiter, Showgirls, Rauschwesen u.a. Rita Barão Soares, Anna Calvo, Ariella Casu, Aina Clostermann, Marta Jaén, Natalia Palshina, Isabella Pirondi, Roberta Pisu, Sandra Salietti, Lieke Vanbiervliet, Francesco Annarumma, Alessio Attanasio, Matteo Carvone, Davide Di Giovanni, Neel Jansen, Russell Lepley, Gaetano Montecasino, Filippo Pelacchi, Morgan Reid, Javier Ubell, Chansonette Nadine Zeintl, Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz

Uraufführung am 21. November im Cuvilliéstheater
Weitere Vorstellungen am 22., 23., 24., 26., 27., 28. und 30. November
Vorstellungsbeginn 19.30 Uhr, am 24. November 18.00 Uhr
Benefizveranstaltung zugunsten der Münchner AIDS-Hilfe am 30. November
Preise 14,- bis 55,- Euro,Schüler- und Studentenkarten 50% ermäßigt, an der Abendkasse und für die Vorstellungen am 22. und 27. November bereits im Vorverkauf 8,- Euro
Tickets gibt es an den Vorverkaufsstellen, unter www.gaertnerplatztheater.de, Tel. 089 2185 1960 oder tickets@gaertnerplatztheater.de

Ähnliche Artikel

Eine Thebanerin im Himmel

[singlepic id=1637 w=320 h=240 float=left]Unser Autor Andreas M. Bräu hat ebenfalls über die Semele-Premiere des Gärtnerplatztheaters am 24.10.2013 berichtet, drüben bei Opernnetz.

SEMELE. Barockoper / Oratorium von Georg Friedrich Händel. Libretto nach William Congreve. Musikalische Leitung: Marco Comin. Regie: Karoline Gruber. Bühne: Roy Spahn. Kostüme: Magali Gerberon. Choreografie: Beate Vollack. Besetzung: Jupiter: Ferdinand von Bothmer. Cadmus: Holger Ohlmann. Athamas: Franco Fagioli. Somnus: István Kovács. Apollo: Juan Carlos Falcón. Juno: Adrineh Simonian. Iris: Elaine Ortiz Arandes. Semele: Jennifer O’Loughlin. Ino: Ann-Katrin Naidu.

Ähnliche Artikel

Samowar und Seufzer – Onkel Wanja in den Münchner Kammerspielen

[singlepic id=1622 w=320 h=240 float=left]Die Russen sind en vogue. Egal, ob im Musik- oder Sprechtheater, München ist sein geraumer Zeit regelmäßiger Reflektor der kanonisierten Hochkultur aus dem Land, wo Kaviar und Wodka fließt. Egal ob Bieitos Kirschgarten oder Godunow, die Karenina am Volkstheater, dem missglückten Platonow in den Kammerspielen oder der noch missglückteren Möwe des kleinen Stacheder-Schauspielensembles.
Gerade Tschechow, der große Bühnenarbeiter mit den gewitzten, leichten Dialogen und der unendlichen, schnapsseligen Melancholie glimmt, nicht nur im Tourneetheater, als Everburner auf kleiner Flamme. Die Kammerspiele brachten nun im April seinen späten Onkel Wanja heraus. Das Theater des Jahres mit dem Schriftsteller des letzten Jahrhunderts sozusagen.
Wir sehen dabei wenig. Szenischer wie ausstattungstechnischer Nihilismus: Alles spielt sich auf einer erhöhten Rampe ab, einem kleinen, schwarzen Guckkasten (Muriel Gerstner) mit zwei Auftritten und einer schwarzen Wand. Mehr ist nicht, bis auf ein fragliches Digitaltextband, dass vollkommen willkürliche Fragen über der Szene laufen lässt. Mehr eine Familienaufstellung wird hier durch Rampentheater präsentiert, spätestens wenn Jelena die Figuren nebeneinander in seltsamem Tanz an die Wand bannt. Alle vier Teile ohne Unterbrechung der Therapiesitzung.
Gespielt wird dagegen naturalistisch, wenngleich oft genug mit gewollter Outrage.
[singlepic id=1623 w=240 h=320 float=right]Allen voran die preisgekrönte Sonja von Anna Drexler. Ein nahezu autistisches, verkapptes, spätes Mädchen, das mit ihrer Hilflosigkeit rührt. Sie kämpft mit ihren Worten, frisst in sich hinein, bricht eruptiv aus und geht mit ihrer Hässlichkeit herzzerreißend um. Immer schwankt dabei die Figur zur Karikatur. Ebenso verfährt der köstlich phlegmatische Benny Claessens, einem Wanja halb TV-Sheldon, halb Großkind. Sarkastisch, bissig, verletzend und traurig in seiner aggressiven Hilflosigkeit. Daneben wenig Spannendes. Der x-te Mann in Frauenkleidern (handwerklich top: Hans Kremer). Wann legen die Kammerspiele diese olle Kamelle endlich ab? Neuerdings allerdings kommt das serielle Hyperweib zum Kanon des Standardpersonals der Kammerspiele dazu. Neobergmanns, Neugarbos mit Betonföhnung und Statuenauftritten. Neben Hobmeiers Satansgrazie nun Wiebke Puls als ätherische Jelena mit bestaunenswerter Ehrlichkeit um am Meisten Leben dieser leeren Hülsen, die Tschechow wieder und wieder kombiniert und (neu) gegeneinander führt. Heißen sie Mascha, Nina oder Sonja. Daneben wenig Erwähenswertes. Hinter dem Haarschopf fällt der Ökodoc von Simonischek jun. ab, der etwas hilflos über die leere Bühne torkelt und mit dem Chargenkonzept am Wenigsten zurechtkommt, während es Puls schafft auch bei diesen Tschechowpappen Zwischentöne und Tiefe herauszuklappen.
Denn auch diese haben die immer wieder aufgetauten Figuren, man muss sie nur aus den Textplattitüden und dem Minimalkonzept herausschälen: Lebenseinsatz für nichts, die immer gescheiterte, im Keim erstickte Liebe, die Lust am Unglück, die große Melancholie ohne Entrinnen, der Fluch der Familie…
[singlepic id=1624 w=320 h=240 float=left]Einen Regiecoup aber hatte das Regieduo Henkel/Simons dann doch noch: Die Sängerin von Münchens neuer Theaterlieblingsband Pollyester gibt atmosphärisches Domkosakenchanson und macht die Russendisco. Genial und fatal zugleich. Denn nur durch die wunderschön melancholischen Seufzer fühlen wir uns in der Datscha angekommen. Die Inszenierung distanziert sich fast schon vom Russenklischee, das Bieitos Kirschgarten noch massiv abfeiert. Die wunderbaren Sätze des Bühnenarbeiters funktionieren natürlich auch in Shangai, doch das immanent russische, das pathetisch Schwere transportiert sich lediglich im Pollyestersound.
Nach ihrem grandiosen Lola-Montez-Sound hofft München übrigens baldigst auf eine komplette Pollyestershow! Mooshammer- die Operette unter der Regie von Köpplinger am Gärtner vielleicht (Aushilfsspieltort Oberpollinger?) Oder das dritte und letzte Ludwigsmusical im Rohbau Deutsches Theater? Diese Band rockt!
Die Inszenierung allein weniger. Es bleiben große Momente der Darstellung, die wunderschöne Sprache und die leisen Soprantöne. Weder Bieito noch Simons konnten Tschechow neu übersetzen, ohne in die Folkore- oder Nihilismusfalle zu stürzen.
Im Publikum der besprochenen Vorstellung saß der gerühmte Kriegenburg als Zuschauer. Vielleicht sollte er zeitnah vom Parkett ans Regiepult für den Russen wechseln.

Regie: Karin Henkel / Johan Simons, Bühne: Muriel Gerstner, Kostüme: Klaus Bruns, Musik: Pollyester, Licht: Stephan Mariani, Dramaturgie: Julia Lochte
Mit: Stephan Bissmeier, Benny Claessens, Anna Drexler, Hans Kremer, Polina Lapkovskaja, Stefan Merki, Wiebke Puls, Max Simonischek

Ähnliche Artikel

Wiederaufnahme Im weißen Rössl, 06.10.2013, Staatstheater Nürnberg

[singlepic id=1618 w=320 h=240 float=left]Im weißen Rössl am Wolfgangsee, da steht das Glück der Tür – wer denkt da nicht an kitschige Operettenseligkeit mit Peter Alexander. Das es auch anders geht, zeigte das Staatstheater Nürnberg bei der Wiederaufnahme des Erfolgsstückes.

Leopold, Oberkellner im weißen Rössl, liebt seine Chefin, die Josepha Vogelhuber, aber die ist in einen Stammgast aus Berlin, einen Dr. Siedler, verschossen. Der wiederum verliebt sich auf den ersten Blick in Ottilie, die Tochter von Wilhelm Giesecke. Dieser grantelnde Berliner mag den Dr. Siedler ja gar nicht, vertritt er doch die Gegenseite in einem Patentstreit mit Papa Sülzheimer aus Sangershausen. Lange wähnt er seine Tochter auf eine Verlobung mit dem Sohn Sülzheimer zusteuernd, der aber ein Auge auf Klärchen, die Tochter des Privatgelehrten Hinzelmann geworfen hat. Um das Chaos komplett zu machen, steigt auch noch der Kaiser im Rössl ab, und er ist es, der Josepha den Schubs in die richtige Richtung gibt.

Die Bühne von Toto besteht aus zwei verschiedenen Elementen: ein sehr schön gerahmtes Gemälde vom Wolfgangsee, vor dem sich einige Szenen abspielen und dahinter ein Kubus, der vorne Wirtschaft und hinten Kuhstall ist, aber irgendwie sieht beides gleich aus. Und obendrauf wahlweise ein Berggipfel oder das ominöse Balkonzimmer. Dazu noch ein paar Fenster von oben, die je nach Bedarf nach unten gefahren werden können, fertig ist die Idylle am See. Dazu Kostüme, die durchaus als passend angesehen werden können, wenn man auf Tüllrüschen unterm Dirndl steht. Also beides weder zu realistisch noch zu entfremdet.

Thomas Enzingers Regie setzt auf viele kleine komische Elemente, ohne in den Klamauk abzurutschen. Da muss man schon genau hinsehen, um alles mitzubekommen. Wie die Postbotin die zweite Maß Bier auf ex trinkt zum Beispiel. Oder man dem wackligen Kaiser (sehr souverän Richard Kindley) vom Pferd helfen will und ihn dabei erst mal in Schieflage bringt. Überhaupt: das Pferd! Und die Kühe! Und die steppenden Schwimmer! Und überhaupt. Das sprüht geradezu vor guter Laune. Lediglich mit der Jodlerin und dem Hahn und ihrem überzogenen Gekreische konnte ich mich nicht anfreunden, aber das ist sicher eine Gewöhnungssache. Er lässt aber genauso die leisen Elemente zu, etwa wenn Josepha mit dem Kaiser spricht.

[singlepic id=1619 w=320 h=240 float=right]Das Staatstheater Nürnberg spielt eine Rekonstruktion der Originalfassung, die erst 2009 in Zagreb wieder aufgetaucht war. Da wechselt sich die Zither mit jazzigen Elementen ab, Slowfox, Walzer, Watschentanz beleben nicht nur die Bühne, sondern auch den Graben. Gábor Káli findet sich in diesem musikalischen Dschungel bestens zurecht und hält Orchester und Bühne immer schön in Einklang. Das ist bei dieser Revueoperette von Ralph Benatzky besonders wichtig, denn sie bezieht viel Komik aus dem exakten Timing. Der Chor zeigt sich spielfreudig und ist gut einstudiert von Tarmo Vaask.

Ein besonderer Coup gelungen ist dem Staatstheater bei der Verpflichtung von Volker Heißmann als Leopold. Der weit über die fränkischen Grenzen hinaus bekannte Kabarettist ist der Publikumsliebling dieser Vorstellung, kein Wunder, er singt nicht nur, sondern wirft auch noch immer wieder scheinbar mühelos tagesaktuelle Pointen in den Raum. Lediglich beim schönsten Liebeslied des Abends Es muss was wunderbares sein lässt er ein bisschen den Schmelz vermissen, den dieses Lied braucht, um authentisch zu sein. An seiner Seite spielt und singt Heike Susanne Daum die Josepha mit Bravour, sie zeigt die empfindliche Seite der resoluten Wirtin, dass es mich fast zu Tränen gerührt hat. Ein besonderes Highlight ist auch Uwe Schönbeck als Giesecke, der polternde Berliner hat das Herz auf dem rechten Fleck. Ein schönes Paar sind Martin Platz als Siedler und Isabel Blechschmidt als Ottilie, rührend schüchtern Monika Reinhard als Klärchen und passend galant-schlüpfrig Wolfgang Gratschmaier als Sigismund. Bis in die kleinste Nebenrolle wurde sehr genau auf den Typ geachtet und so zeigt sich ein homogenes Ganzes, das einen ganzen Abend voller Spaß verschafft. Am Ende verlässt man pfeifend oder summend das Opernhaus.

Musikalische Leitung Gábor Káli, Inszenierung Thomas Enzinger, Bühne und Kostüme Toto, Choreographie Markus Buehlmann, Chor Tarmo Vaask, Dramaturgie Sonja Westerbeck
Heike Susanne Daum (Josepha Vogelhuber, Wirtin zum “Weißen Rößl”), Volker Heißmann (Leopold Brandmeyer, Zahlkellner), Uwe Schönbeck (Wilhelm Giesecke, Fabrikant), Isabel Blechschmidt (Ottilie, seine Tochter), Martin Platz (Dr. Otto Siedler, Rechtsanwalt), Wolfgang Gratschmaier (Sigismund Sülzheimer), Richard Kindley (Kaiser Franz Joseph I), Erik Raskopf (Professor Dr. Hinzelmann), Monika Reinhard (Klärchen, seine Tochter), André Sultan-Sade (Piccolo Gustl), Stefanie Gröschel-Unterbäumer (Kathi), Andrea Jörg (Jodlerin), Tobias Link (Fremdenführer), Adolf Pivernetz (Bergführer)

Weitere Vorstellungen: Sonntag, 13.10.2013 19:00 Uhr • Samstag, 09.11.2013 19:30 Uhr • Montag, 11.11.2013 20:00 Uhr • Freitag, 06.12.2013 20:00 Uhr

Ähnliche Artikel

Premiere Norma, 04.10.13, Anhaltisches Theater Dessau

[singlepic id=1616 w=320 h=240 float=left]Das Anhaltische Theater Dessau überrascht immer wieder mit Inszenierungen, die man einfach gesehen haben muss. Auch wenn diese Norma etwas spartanisch daher kommt, hat sie doch eine intensive Ausdruckskraft, die man leider selten auf der Bühne findet.

Norma ist Hohepriesterin eines gallischen Kultes und hat eigentlich Keuschheit geschworen. Dennoch ist sie dem Prokonsul Pollione verfallen, der die römische Vorherrschaft durchsetzt und ihr Volk unterdrückt, sie hat sogar zwei Kinder mit ihm. Als ihr Volk auf einen Krieg gegen die Besatzer drängt, mahnt sie zur Ruhe. Pollione hat sich derweil eine Jüngere gesucht, Adalgisa, ebenfalls Priesterin, die von der vorhergegangenen Beziehung zwischen Norma und Pollione nichts wusste. Als sie davon erfährt, wendet sie sich von Pollione ab. Norma ist fassungslos und rächt sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln. Sie droht, die eigenen Kinder umzubringen, dann stachelt sie ihr Volk zum Aufstand gegen die Römer an. Sie nutzt ihre herausgehobene Stellung aus, um ihre privaten Rachegelüste zu befriedigen. Als Pollione als Menschenopfer dargebracht werden soll, schafft sie es nicht, ihm den Todesstoß zu versetzen. Sie bricht zusammen und gesteht ihrem Volk den Bruch ihres Keuschheitsgelübdes und den Verrat durch die Liebesbeziehung zum Feind. Das Volk wendet sich von ihr ab, Pollione erkennt doch noch seine Liebe zu ihr und sie gehen gemeinsam auf den Scheiterhaufen.

Norma ist wohl die die beste Belcanto-Oper, wird aber selten gespielt, weil sie so schwierig zu besetzen ist. Im Anhaltischen Staatstheater Dessau kam sie jetzt zur Eröffnung der 219. Spielzeit nach über 100 Jahren wieder auf die Bühne. Die Norma wird als klassizistisches Werk angesehen und die Edelheit und Schlichtheit sollen sich im Bühnenbild von Bernd Schneider widerspiegeln. Dieses  besteht eigentlich nur aus drei Elementen: auf dem Boden herumliegende Stämme, die den Wald symbolisieren sollen. Ein ziemlich toter Wald, außerdem haben mich die Stämme im ersten Akt ziemlich genervt, weil die Akteure ständig drübersteigen mussten, das sah manchmal nicht sehr schön aus und hat auch eine große Unruhe hineingebracht. Allerdings ist ihre Verwandlung am Ende absolut fabelhaft und das hat mich wieder versöhnt. Dann der Mond, blutrot pulsierend hängt er über den Liebenden, die nicht sein dürfen, gelb-orange glühend feuert er die Kriegslust an. Die Bilder waren wirklich sehr schön, die der Mond gezaubert hat. Dann noch der Vorhang, mit vielen Durchgängen, mit dem konnte ich aber nicht wirklich was anfangen.

[singlepic id=1617 w=320 h=240 float=right]Die Kostüme bilden wage den Ansatz ab, die Handlung in die Vierziger Jahre des Zwanzigsten Jahrhunderts zu verlegen und damit die deutsche Besetzung von Frankreich anzudeuten. Sie sind nicht immer wirklich gelungen, die Norma sieht im ersten Akt aus wie eine Jahrmarktshellseherin und agiert auch so, die Römer stecken in schwarzen Ledermänteln, bei denen man aber dankenswerterweise auf irgendwelche aussagekräftige Symbole verzichtet hat.Hätte man mich zur Pause gefragt, wie es mir gefallen hat, wäre mein Urteil anders ausgefallen als am Ende. Der zweite Akt und hier ganz besonders der Schluß, das den Regieansatz von André Bücker, der sich mit dem Status von Müttern, die sich mit den Besatzern eingelassen haben, beschäftigt, besonders deutlich macht, lässt kleine Unzulänglichkeiten im ersten Akt vergessen. Das Ende ist ein so starkes Bild, dass das Publikum, das zuvor noch – nicht immer passend – ausgiebig klatschte, kollektiv den Atem anhielt und vor dem großen Beifallssturm noch ein, zwei Sekunden in Stille nachwirken lies.

Dem Anhaltischen Theater Dessau ist es gelungen, die sehr gute Sängerriege aus dem Ensemble heraus zu besetzen. Angelina Ruzzafante sang die schwere Partie der Norma fantastisch, ebenso wie Rita Kapfhammer, die die innere Zerrissenheit von Adalgisa auch noch hervorragend darstellte.  Sung-Kyu Park erwies sich in der Partie des Pollione als echter Belcantotenor. Thomas Skambraks verlieh Orovese eine imposante Gestalt durch seine Stimme, mit der Darstellung der körperlichen Leiden von Normas Vater übertrieb er es am Schluss aber ein bisschen. Kristina Baran, Leszek Wypchlo, der von Helmut Sonne erneut hervorragend einstudierte Chor sowie die beiden kleinen Mädchen, die die Söhne Normas darstellten, ergänzten Hauptpartien sehr gut. Die Anhaltische Philharmonie unter Daniel Carlberg fand nach anfänglichen kleinen Schwierigkeiten zur gewohnten Höchstform und machte aus einem guten Abend einen besonderen Abend.

Anmerkung: Ich wurde von verschiedener Seite, manchmal freundlich, manchmal weniger freundlich, darauf hingewiesen, dass es sich bei Herrn Park nicht um einen Belcantotenor handelt. Das mag schon sein, ich bleibe dennoch bei meiner Meinung, dass er an diesem Abend eine tolle Leistung geboten hat.

Weitere Vorstellungen am 19.10., 31.10., 23.11., 25.12., 26.01., 14.02., 13.03., 23.03. und 18.04.14

Norma. Oper von Vincenzo Bellini
Musikalische Leitung Daniel Carlberg, Inszenierung André Bücker, Bühne Bernd Schneider, Kostüme Suse Tobisch, Chor Helmut Sonne, Dramaturgie Sophie Walz
Pollione, römischer Prokonsul in Gallien Sung-Kyu Park, Orovese, Haupt der Druiden Thomas Skambraks, Norma, seine Tochter, Oberpriesterin der Druiden Angelina Ruzzafante, Adalgisa,junge Priesterin Rita Kapfhammer, Clotilda, Vertraute Normas Kristina Baran, Flavio, Freund Polliones Leszek Wypchlo

Ähnliche Artikel

Premiere Der Mann von La Mancha, 02.10.2013, Gärtnerplatztheater in der Reithalle – Nachtkritik

[singlepic id=1594 w=320 h=240 float=left]Das Gärtnerplatztheater eröffnete die neue Spielzeit mit dem Musical Der Mann von La Mancha in der Reithalle und feierte eine gelungene Premiere.

Als den größten Roman aller Zeiten bezeichnete Christoph Wagner-Trenkwitz die Geschichte um den Dichter Cervantes, der des Hochverrates angeklagt wird und sich im Gefängnis einer ganz eigenen Gerichtsverhandlung gegenübersieht. Seine Mitgefangenen, Diebe , Mörder, politisch Verfolgte, sitzen über ihn zu Gericht und zu seiner Verteidigung erzählt Cervantes die Geschichte vom Edelmann Alonso Quijana, der wiederum sich selbst in die Ritterrolle hineinträumt und als Don Quijote die Ebenen von La Mancha unsicher macht. In seiner Vorstellung wird aus einer Windmühle ein gefährlicher Riese, aus einer Spelunke eine Burg und aus einer Küchenmagd ein Edelfräulein. Nicht immer stößt er dabei auf Verständnis seiner Umwelt, aber seine Sichtweise ist ansteckend und am Ende träumen alle den unmöglichen Traum.

Miguel de Cervantes saß selbst mindestens dreimal im Gefängnis und auch er hat als Steuereintreiber gearbeitet, insofern dürfte in der Rahmenhandlung ziemlich viel Biographisches stecken. Außerdem war er auch noch Soldat und Pirat und ein eher erfolgloser Schriftsteller, der erste Teil von Don Quijote war zwar ein Kassenschlager, kassiert hat aber nur der Verleger. Selbst seinen Todestag muss er sich mit William Shakespeare teilen, sein Roman wirkt indes noch lange nach und hat Werke von Purcell, Telemann, Richard Strauss und verschiedene Zarzuelas beeinflusst. 1965 entstand das Musical von Dale Wasserman, der auch Einer flog über das Kuckucksnest für das Theater adaptierte. Ursprünglich sollte W. H. Auden die Liedtexte schreiben, aber er war zu sozialkritisch, deshalb wurde Joe Darion damit beauftragt. Es war ein riesiger Erfolg am Broadway und zählt noch heute zu den am längsten gespielten Stücken.

[singlepic id=1602 w=320 h=240 float=right]Premiere hatte das Musical in einem Theater, das eigentlich abgerissen werden sollte und dementsprechend schon teilweise demontiert war. So hatte das Theater keinen Vorhang mehr und genau das empfindet die Bühne von Thomas Stingl nach. Ein Podest zwischen zwei Tribünen stellt die Spielfläche dar und stellt die Mitwirkenden vor besondere Herausforderungen. Bis auf die Gefängniswärter sind ausnahmslos alle ständig – man spielt ziemlich genau zwei Stunden ohne Pause – auf oder neben der Bühne. Da kann man sich nicht mal eben die Nase putzen oder schnell einen Müsliriegel essen. Jeder steht ständig unter Beobachtung und es ist sehr schwierig, beim ersten Mal wirklich alle Aspekte zu erfassen.  Regisseur Josef E. Köpplinger, der nach eigenem Bekunden als Kind Angst vor dem Stück hatte, versteht sich auf die Personenregie und schafft mit einfachen Mitteln Illusionen und setzt damit die Essenz des Romanes perfekt um. Das Konzept der zu zwei Seiten offenen Bühne ist sehr gut umgesetzt, natürlich wird einem schon mal der Rücken zugedreht aber generell merkt man doch die Bemühung, beide Tribünen gleichermaßen einzubeziehen. Die Vergewaltigungsszene war mir persönlich etwas zu explizit umgesetzt und insgesamt ist mir das Stück zu textlastig, auch wenn es natürlich so geschaffen wurde. Die Kostüme geben in der Rahmenhandlung eine Jetztzeit vor – aus dem Gefängnis wurde ein Auffanglager -, für die Zeit des Theaterstückes konnte ich aber keine Renaissancekostüme entdecken, das war eher so irgendwie historisch. Das tut aber der Aussage dieses Stückes keinen Abbruch, der philosophische Hintergrund wird trotzdem deutlich.

[singlepic id=1603 w=320 h=240 float=left]Die Sänger waren allesamt gut, für mich herausragend war Carin Filipčić, die ein unglaublich berührendes Portrait der Hure Aldonza zeichnete und auch stimmlich für mich die beste des Abends war. Peter Lesiak als Diener bzw Sancho und Erwin Windegger als Cervantes/Don Quijote ergänzten sich prächtig. Alle Rollen waren gut bis sehr gut mit teilweise bekannten Gesichtern wie zum Beispiel Maurice Klemm (Weißes Rössl/Anything goes) besetzt. Das Orchester des Staatstheaters am Gätnerplatz bewies mal wieder seine Vielseitigkeit und ließ unter Andreas Kowalewitz die zum größten Teil spanisch angehauchten Rhythmen strömen.

Weitere Vorstellungen bis 19. Oktober, Karten von 17€ biss 55€ an allen bekannten Vorverkaufsstellen.

Musikalische Leitung Andreas Kowalewitz, Regie und Licht Josef E. Köpplinger, Co-Regie Nicole Claudia Weber, Choreografie Hannes Muik, Bühne Thomas Stingl, Kostüme Bettina Breitenecker, Dramaturgie David Treffinger, Cervantes / Don Quijote Erwin Windegger, Diener / Sancho Peter Lesiak, Aldonza / Dulcinea Carin Filipčić, Gouverneur / Gastwirt Martin Hausberg, Padre Jesper Tydén, Herzog / Dr. Carrasco Frank Berg, Antonia Katja Reichert, Barbier / Juan, Maultiertreiber / Maure Maurice Klemm, Jose, Maultiertreiber / Maure Hannes Muik, Anselmo, Maultiertreiber / Maure Christoph Graf, Tenorio, Maultiertreiber / Maure Peter Neustifter, Paco, Maultiertreiber / Maure Alexander Moitzi, Pedro, Maultiertreiber / Maure Florian Peters, Haushälterin Snejinka Avramova, Maria, Frau des Gastwirts Marika Lichter, Fermina, Dienstmädchen Frances Lucey, Maurin Kenia Bernal Gonzàles, Hauptmann Peter Windhofer, Pferd / Maultiertreiber / Maure Pál Szepesi, Esel / Maultiertreiber / Maure Nicola Gravante, Gefängniswärter u.a. Statisterie, Orchester, Statisterie des Staatstheaters am Gärtnerplatz

Ähnliche Artikel

Containerwalzer – Don Giovanni in der Staatsoper

[singlepic id=1587 w=240 h=320 float=left]Die neue Spielzeit beginnt für den Autor mit Mozart. Etwas skeptisch nach den berstend langweiligen, semikonzertanten Rose/Dorn-Inszenierungen (Figaro/Cosi) und ihrem szenischen und unterhaltlichen Minimalismus verantwortet den Don Giovanni Stephan Kimmig und liefert einen, nun ja, Kontrapunkt.

Mit dem ersten Ouvertürenschlag steht da der nackte, alte Statist zitternd mitten im Containerbahnhof und erregt Mitleid. Dahinter walzen die schwerfälligen Container (Spediteurin war Katja Haß) über die Drehbühne. Das Bild ist klar und holzhammerartig. Hier wird verladen, verräumt, verramscht. Eine gute Idee für einen Bühnenvorhang, als Inszenierungsidee zu wenig. Denn die Bühne ist Regie, viel mehr fiel Kimmig nicht ein. Die Container springen wie in einem Puppenhäuschen der Hässlichkeit auf und offenbaren verschiedene geschmacklose Interieurs oder komplett zufällige Requisitenfetzen. Ebenso wurde die Besetzung anscheinend mit wahllosen Resten des Kostümfundus (Garderoberin: Anja Rabes) angezogen. In, auf und zwischen den Containern wird dann viel und oft wenig inszeniert gesungen. Dazwischen immer wieder der nackige Opi beim Briefe-Lecken, Windradpusten oder als seltsame Aerobic-Kür. Willkürliche Videoanimationen von einem Stadionbildschirm ergänzen das wirre Regie-Nicht-Konzept ebenso wie Diktatorenstaffage und blinde Kirchenkritik ganz am Ende. Zudem gehört ab diesem Abend der Satz: „Hast du die Pinguine gesehen?“ zu den Topfünf der Fragen, die man in der Oper nie hören möchte.

Mehr ist nicht. Ein kleiner Skandal mit den Schweinehälften als Friedhofsersatz und etwas Blut bei dem doch eigentlich ganz fröhlichen Drama um den Sexualsoziopathen auf seinen dreisten Raubzügen.

[singlepic id=1586 w=240 h=320 float=right]An den Figuren wurde allerdings gearbeitet. Nach seinem grandiosen Wozzeck überzeugt Simon Keenlyside auch hier in einer vielschichtigen, psychologischen Darstellung der Titelrolle. Sein Bariton ist dabei weder Stroboskop- noch Flutlicht, dafür eine warme Tiffanylampe, die über dem tristen Containerhaufen angenehm brennt. Kongenial daneben der biestige, spielfreudige Leporello von Kyle Ketelsen. Die verträumte Travellerin Elvira setzt die Glanzlichter dank Dorothea Röschmann ebenso wie die seltsam kindfraulich inszenierte, jedoch bravurös gestemmte Anna von Elza van den Heever. Süßes Highlight die sattelfeste Laura Tatulescu als Zerlina, die bald zum Publikumsliebling Münchens avancieren wird. Erwähnenswert weiterhin die starken Sidekicks Ottavio (brillant Bernard Richter) und ein Komtur von Goran Juric, dass sogar Leopold sich vor diesem Vater noch gefürchtet haben dürfte.

Man wünscht sich nach diesem Giovanni zwar die Dornlangeweile nicht zurück, doch fragt sich, ob Mozart im 21. Jahrhundert tatsächlich so schwierig zu inszenieren ist. Anscheinend ermüden und scheitern nur die Münchner im Vergleich zu einem Claus Guth. Die Überdrehtheit und Redundanz von da Ponte und Wolferls Schnörkel fordern nämlich ein gescheites Gegenprogramm, das der Autor in München leider noch nicht finden konnte. Dafür Pinguine.

Besucht wurde die Vorstellung am 22.09.2013

Ähnliche Artikel