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Übers Lesen, Vor- und Verlesen

[singlepic id=1477 w=240 h=320 float=left]Die Lesung boomt – und hat verschiedene Tücken. Andreas M. Bräu kann davon ein Liedchen singen.

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Tierkunde I

[singlepic id=1636 w=320 h=240 float=left]In einem Opernhaus begegnet man so manchem seltsamen Getier, wie Andreas M. Bräu beobachtet.
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Premierenfieber

Premierenfieber

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So etwa ab dem Mittag kann ich nichts mehr essen. Am frühen Nachmittag setzt das Magengrummen ein. Gegen Abend hin wird es heiß und sobald ich viel zu früh im Theater angekommen bin, wird es anstrengend. Vor allem weil die Zeit bis zur Initialzündung ab der Maske zerdehnt wird, dass man am liebsten selbst die Leute auf ihre Premierenplätze bitten würde.
Dabei war ich nie einer der wirklich Aufgeregten, wenn es darum geht, die allererste, doch hoffentlich gänzlich ausverkaufte, und überall beblickte Vorstellung zu überstehen. Im Gegenteil, aus feierlustigem Größenwahn legte ich die Kinipremiere 2011 mit meinem Wiegenfestreinfeiertermin zusammen und beging diesen mit 70 geladenen Gästen, die dann auch alle in der Premiere saßen, was den Druck nicht unbedingt verringerte.
Vor der Ersten ist man immer nervös, je mehr beindruckenswerte nahe Menschen aber drinsitzen, umso komplizierter wird die Geschichte. Denn eigentlich geneigt und freundlich habe diese den Vergleich und sollen nach Möglichkeit besonders bespaßt und erfreut werden. Sitzt aber niemand Liebes in der Premiere, macht das den Abend noch abstruser, vielleicht unterspannt und trotzdem wichtig. Natürlich liegt es auch an der Gründlichkeit der Proben, ob man mit heißkalten Nacken ohne einen Clou in Richtung Bühne improvisiert oder passgenau die Abläufe gleiten lässt.
Da hilft auch die Hungerkur nichts und die Aufregung ohnehin nicht. Das helfen nur Proben und selbst dann entscheidet die Magie und die Chemie über Gelingen oder Misslingen einer fiebrigen Premiere.

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Alle für die Oper

Alle für die Oper

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Ein Kulturenthusiast muss wetterfest sein. Sei es bei Freiluftaufführungen zwischen Gewitter und Sturmwind, sei es im Schneechaos auf dem Weg zum Theater. Insbesondere aber zur Festspielsaison, wenn die Oper für alle lockt. Was ist das für eine großartige Einrichtung, den schönsten Platz Münchens in ein Festivalgelände zu verwandeln und gemeinsam aneinander gekuschelt der Musik zu lauschen und eine Vorstellung zu erleben, die ansonsten dem betuchten Festspielpublikum vorbehalten bliebe. Das eigene Tuch spielt dabei eine entscheidende Rolle, denn die Wettergötter stehen mit den Musikgöttern wohl so gar nicht auf einer Seite. Jahr für Jahr regnet es ausgerechnet an diesem Tag mit Vorliebe. Der Enthusiast ging nicht im Rhein, aber im Regen baden, als er 2012 die Götterdämmerung am Platz erleben wollte. Kaum dämmerte die Ouvertüre, ergoss sich auch der Himmel aus allen Kübeln und Hörnern. Die kunstunlieben Aufpasser einer Sicherheitsfirma verboten dämlicherweise einen Luftpolster unter dem enthusiasmierten Unterteil. Die Gefahr einer Stolperschwelle im Gefahrenfalle wäre ja auch massiv gewesen, verblieben doch einige dutzend Wettergegerbte auf dem Platz, als kurz danach der Himmel dämmerte und für etwa zwei Stunden Ruhe mit dem Regen war. Kaum starb aber Siegfried, weinte auch der bayrische Himmel erneut und am Ende des Abends waren Tränen der Erlösung vom patschnassen Regenwasser nicht mehr zu trennen.
Ein R(h)einfall? Oh nein.
Das Wetter man halt nicht kiesen kann.
In diesem Fall nun spülte das Arbeitsschicksal den Enthusiasten auf die andere Seite der Absperrung hinein ins Festspielhaus zur Tellpremiere. Nicht wehmütig, aber ein wenig verwirrt ob der Entwicklung blickte er von den Festivalstufen neben russischer Sopranistin und gealterten Schätzchen hinüber zu den vielen Enthusiasten. Vorsorglich im Cape wurden sie wieder geduscht, doch auch sie blieben, bis der Apfel platzte, ein Regenbogen seine Bahn zum Galopp zog und schlussendlich Luftballons gen Himmel stiegen. Der Enthusiast freut sich über so viele Begeisterte, die das Wetter weniger wichtig als die Kunst nehmen. Was macht schon Nässe aus, wenn Rossini wärmt? Wer braucht einen Sitzplatz, wenn er neben der/dem Liebsten auf der gleichen Decke sitzt? Wer will ausgschamde Käferhäppchen bei mitgebrachtem Sekt und Leckereien? Wer braucht das Schätzchen, wenn er einen Schatz hat?
Am Ende werden sie alle belohnt. Sie haben dem Wetter getrotzt und ausgehalten, bis die Schweiz befreit und der Himmel beruhigt war. Die Soli kamen heraus, der Bachler grüßt, der Applaus brandet auf und das höfliche Zaunpublikum leistet sich weniger Buhs als die Ränge der Ganz-Gscheiden. Warum? Weil sie den Sinn der Oper verstanden haben und nicht nur alle in den Genuss der Musik kamen, sondern alle etwas für die Oper getan haben, indem sie an einem Sommerabend zwischen Kübel, Cape und Tell gezeigt haben, dass es noch immer genügend Menschen gibt, die aus Enthusiasmus und Liebe zur Musik ausharren, genießen, loben und lieben.
Der Enthusiast zieht gerührt seinen getrockneten Hut.

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Online K(c)asten

Online K(c)asten

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Nach den Worten zum Werben, beziehungsweise eigentlich vor dem zur Werbung werden, muss man erst einmal geworben werden und wichtiger noch: genommen werden.
Das passiert beim Casting. Oft genug in einer kleinen Agentur mit einem Kamera-Casting durch einen Redakteur, der eigentlich immer alles gut findet, was man halt so anbietet.
„Du bist in einer Raumstation und arbeitest schwerelos an deinem Tablet“, kann es dann schon mal in einem Bogenhausener Hinterhof heißen. Hebt man halt ab, wenn man den Job will. Und glauben sie mir: Man will immer den Job.
Manchmal aber schicken sie dir neuerdings nur eine Anleitung mit einigen Storyboards und dann darfst du via Online-Casting selber ran.
Schnapp dir eine Kamera und selfie dich zum Engagement. Im besten Falle betätigt jemand aus dem näheren Freundeskreis, der sich ohnehin nicht für dich schämt und die notwendigen Selbstbewerbungskniffe dieses Jobs kennt, den Trigger. Denn der brave Kamerateur hält drauf, während du dich meist gleich zweisprachig anbiederst und darlegst, warum eben natürlich und gerade du und sowieso, weil es ideal passen würde, für diesen Rasierer werben oder diesen Lover geben möchtest. Dann kann es sein, dass du einfach noch ein paar Impressionen von dir hinterherschickst. Wieder mal Profil und Händchen vorzeigen.
Also erneut das Knipskisterl scharf gestellt. Vormittags in den Smoking, Hollerschorle den Champagner doubeln lassen – wobei viele Kollegen, na ja, egal… – und hinein in den erwünschten Jetset-Abend. Dann flirtest du umwerfend mit deiner Heimkamera, der Abdrücker kugelt sich oft schon hinter der Linse am Boden. Du gibst alles: Latino, Clooney, 007, Andy Borg, was halt erwünscht ist, während da nur das kleine Urlaubsknipsding auf einem Stapel Brockhäusern steht und entscheidet, ob du den Job bekommst, oder eben nicht.
Dann das übliche Paket geschnürt, rüber über die Cloudwolke und an deinen Agenten und weiter an den Kunden und der klickt dich dann an, denkt sich „schöne Wohnung“ oder „miese Kameraqualität“, dem fällt dann vielleicht dein Gesicht auf und ihm gefällt vielleicht der Augenaufschlag und schon katapultiert dich der Freizeitfotoapparat in ein richtig gutes Set mit ein paar schönen Drehtagen oder du justierst ihn schon fürs nächste Onlinevorsprechen, für den heißen Draht, für den nächsten Versuch, von deiner vor eine richtige Kamera zu kommen.

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Media Vita

Media Vita…

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Der wohlvorbereitende Kunstbesucher informiert sich natürlich über die handelnden Personen, die ihn diesmal begeistern sollen. Dafür greift er meist auf die geschönten, knappen Kurzbiographien der Programmhefte zurück. Besser er fliegt darüber, da gerade bei Sängern das immer gleiche Aufzählen der üblichen Partien und Häuser selten neue Erkenntnisse liefert. Das Geburtsdatum gerade der Damen ohnehin nicht, weshalb meist in der Nachbereitung Wikipedia ein respektvolles Nicken oder erschrecktes Zusammenzucken aufgrund von Erhalt oder Niedergang eines Jahrgangs nachreicht.
Tiefstapelei wird bei diesen kurzen Werbetexten der Künstler nicht gerade betrieben. Verständlicherweise. Es kann jedoch sehr schnell ins andere Extrem und Übel umschlagen.
Ein sägender, knödelnder, schmerzender Quasitenor einer besseren Schulaufführung ließ sich auf einer Provinzbühne scheiternd doch tatsächlich als einer der „erfolgreichsten Tenöre unserer Zeit“ betiteln. In welchen Zeiten leben wir? Der Enthusiast dachte, die Zehn, die dieses Attribut verdienen, zu kennen und dieser Brülltamix gehörte nun wirklich nicht dazu. „Auf der ganzen Welt zu Hause“ schien dieser Unmusikvagabund zudem. Was nur bedeuten kann, dass er aus einigen Städten mit ziemlicher Sicherheit von einem heugabelschwingenden Mob an die Landesgrenze begleitet wurde. Von Einbürgerung keine Rede. Der Enthusiast hätte sich nach der Bildnisarie den Anschlussflugsverstärkern angeschlossen.
Dann schreibt man da gerne: Sang den Manrico in New York. Ob mit einem Hut im Central Park oder beim Veteranentreffen in einem Queenser Altenheim steht da freilich nicht. Auch gelesen: Gewinner des Gesangswettbewerbs auf Burg Hinterfels in Chur. Der Enthusiast würde zu gerne so manchen Juryvorstand oder tauben Grafenmäzen einmal kennenlernen, der, um die Burg zu erhalten, mit Preisen um sich wirft, die nur Schaden anrichten, da sie mittelmäßige Sänger mit zu viel Courage ausstatten. Kammersänger der freien Republik Murxsistan wäre da noch ein schöner Titelkauf, oder „sang den fünften Raben im Krabatmusicalsommer am Plattensee“, „begeistert an allen wichtigen Kiosken Südeuropas“ vielleicht? Der Enthusiast driftet ab.
media vita in morte sumus, wie der animus ardor und andere Lateiner wissen. Wenn aber die Vita der einzige mediokre Mittelpunkt eines Künstlerschaffens bleibt, dann stirbt nicht nur das Publikum am schiefen Tenorschrei, sondern dann stirbt auch die Kunst mitten in der Mittelmäßigkeit, die sich auf die Werbeformulierung des eigenen Scheins konzentriert, anstatt Kunst zu sein und ein Sein zu bedeuten. Denn auch die Vita kann schnell der Tod des Rufes sein.
finis aut exitus.

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Die liebe Werbung

Die liebe Werbung

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Keine Sorge geneigter Leser, es folgt kein Werbeblock, sondern ein Blog über das Werden des Werbens, das Herstellen des Konsumgutes Werbung.
Eine Szene aus Coppolas Lost in translation mit Bill Murray verdeutlicht den Wahnsinn Werbung wunderbar: Der gealterte Star bekommt als Werbeträger für Whiskey, der filmisch durch Eistee gedoubelt wird, genaueste Instruktionen, um das Produkt sexy, attraktiv, relaxing und sophisticated wirken zu lassen. Murray versteht davon nichts, doch der japanische Regisseur redet auf ihn ein, während allerlei Hände an ihm herumnesteln. Der genervte und verwirrte Schauspieler spult seine Grimassen ab und die Branche ist zufrieden.
Aus meiner eigenen Erfahrung mit der lieben Werbung kann ich diese Szene mittlerweile verstehen. In der Realität wird die Satire an Aufwand oft noch übertroffen. Bis in die kleinsten Parts werden zielgruppenorientierte Castings abgehalten, um alles Werbewirksame abzudecken. En détail werden Abläufe strategisch vorausgeplant, jede körperliche Variante vorausgedacht und der werbespielende Schauspieler genauestens inspiziert.
Wird man dann genommen, kann es passieren, dass man auf einem Riesenset vor einem Team steht, das keiner deutschen Serie und selbst nur wenigen Spielfilmen zur Verfügung steht. Diese Werbeerotiker betreiben dann eine finanzkräftige Perfektion, die ihresgleichen sucht und eben doch noch eine Form seltsamer Kunst sein soll.
„Was brauchst du? Gib mir mehr Verbindlichkeit! Lad mich mit deinem Blick zum Chinesen ein! Ja, genau, mehr und keine Zähne, ja grinsen.“
Ich schaute dann etwa eine Stunde – nun ja, verbindlich eben – in die am Kran kreisende Kamera und tat mein Bestes, den Mitarbeiter des Monats zu geben. Das dauerte ewig und zwei Maskenmädchen kümmerten sich um die Verbindlichkeit mit mehr HD-makeup, als die Öffentlichen an einem Tag verbraten. Insgesamt wurden neunzig Sekunden in mehreren Wochen produziert und mit einem Budget ausgestattet, das keinem Abschlussfilm ansteht.
Als das Ergebnis erschien, wunderte ich mich wie Murray ganz unverbindlich. Denn trotz allen verbindenden Lächelns wurde ich unumwunden aber mit vollen Bezügen aus diesem Werbeblock herausgeschnitten.

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Pausentöne

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Man kann ja dann doch nicht weghören. Dazu sind die meisten Tuschler zu nah am eigenen Standort, ratschen zu dicht am eigenen Ohr und die Inhalte interessieren den Enthusiasten dann doch zu sehr.
>> Mei, sie haben‘s schön hier in dem Cuvillies. Wissen sie, mia kommen aus Landshut. Da ist kulturelle Wüste. Da ist gar nix. Nur unsere Konzertvereinigung hat jetzad so einen neuen Steinway gekriegt. Aber mehr ist da nicht los. <<
Der verdutzte Angesprochene wusste diese Dame beim Mozartserail nicht zu trösten, wie sie da ihr niederbayerisches Herz ausschüttete.
>> Ja mei, ich komm aus Nürnberg, wir sind jetzt wenigstens Metropolregion… <<
Immerhin saß sich ja kosmopolitisch downtown und altstädtisch im ehernen Epizentrum der Kultur. Nur eine Regiofahrt von der Steinwaysteppe entfernt. Der Enthusiast musste in seinen Mitschriftenstift beißen, so sehr rührte ihn das leidige Lamento der Kulturtraveller.
>> Endlich amal was Gscheites mit den Gobbelins und dem ganzen Reif. Ned das der Octavian mit einem Motorrad sein Blümerl überbringt, oder sonst so ein Schmarrn. Da geben sie mir doch auch recht. <<
Diese Dame an der BSO wollte gar keine Antwort, sie war sich ihrer Meinung so sicher, dass sie einem Zeugen gleich im Foyer missionieren ging. Dem Enthusiasten zuckte zwar der Widerspruch leicht aus dem Hüftholster, doch er hielt sich zurück und blieb in seiner geliebten Position des stillen Beobachters.
Denn beide Beobachtungen zeugen ja von dem kommunikativen Potential der Kunst. Worüber streiten, freuen, loben und kritteln wir denn sonst in der Pause?
Für die Dame war es ein Highlight fern der provinziellen Pampas endlich wieder einen Serail zu sehen und für die andere Dame ein Labsal nach zu viel metropolitischer Modernmusik und –inszenierung einen Rokokorosenkavalier schreiten zu sehen.
Inhaltlich muss es da ja nicht stimmen. Beim selben Serail mokierte sich ein anderer Herr aus der Loge:
>> Oh weh, nur die Zweitbesetzungen heut. Nur der Selim singt im hier Original. <<
Nun ja, es war die Premiere und die dementsprechende A-Besetzung, die hier ebenso wenig erkannt wurde wie die von jeher sprechende Sprechrolle des Selim Bassa. Der Bassnachname kann aber auch verwirren.
Nur bei einer Dame im Sprechtheater wollte der Enthusiast vor etwa zwei Jahren einschreiten, da sie fachfremd und stückfern aus vollem Herzen ihren Nachspeisenwunsch in die sich öffnende Bühne spie:
>> Topfenstrudel! <<
Sprachs, schwieg und das Drama nahm seinen Lauf.

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Technix

Technix

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Wenn der Computer ausfällt, stürzen Spaceshuttles ab, Regierungen wanken, die Wall Street bricht zusammen und – laut 007 – können sogar Kriege vorprogrammiert sind.
Jeder Schauspieler, der von der Technik abhängig schon einmal einen von tausend Bühnentoden starb, kann diese Szenarios vielleicht ein wenig besser nachvollziehen. Denn egal wie gut, wie geprobt, wie deppensicher und wie elaboriert – die Hure Technik ist eine untreue Geliebte und hat uns alle schon oft lange vor dem Koitus verlassen.
Nicht einmal zum Vorspiel kam es bei einer Titelrolle, für die ich eigentlich in die Rolle versunken auf der Bühne kauerte. Tränend, in die Emotion und das Drama vergraben wankte ich vor mich hin. Nur ging weder Musik noch Tonbandprolog, weshalb zwei Techniker und noch mehr Verbalhelfer fluchend durcheinanderredeten während sich schlichtweg eine Ewigkeit gar nichts tat und das Publikum langsam unruhig wurde. Man würde ja gern raus, die Stimmung und die Atmosphäre retten, doch wenn wer den Hauptschalter vergisst oder der Kabelgott streikt, hilft das gar nichts. Irgendwann waren die Tränen echt.
Mehr als peinlich auch das zärtliche Nachspiel eines kürzlichen Videoepiloges wobei aus unerfindlichen HD-Gründen der Bildschirm schwarz blieb, der Ton dafür tadellos abgespult erklang. Da wurde das Publikum dann zu zwölf Minuten Hörspiel verdonnert, da sich das Video halt entschied bei dieser Vorstellung nicht aufzutreten.
Bei einer großen modernen Oper sollte das titelgebende Haus am Ende unter Drehungen im Bühnenrund versinken – ein toller Effekt und eine Schlusspointe, die dir als Zuschauer im Gedächtnis bleibt. Nur steckte in der Drehsenkbühne immer irgendwas fest, so dass relativ oft das Haus am Ende zwar ätherisch kreiste, nur halt nicht versank und da noch immer stolz stehen würde, hätte man die Produktion nicht irgendwann abgesetzt.
Bei der Playbackoperette singen irgendwann mal alle a cappella, die Videoprojektionen laufen rückwärts, in kompletter Finsternis ruht sich der Verfolgerscheinwerfer ein wenig aus…
Die Liste ließe sich meist unter aufgerissenen Augen ob des Erinnerungsschocks fortführen, denn man weiß, das nächste Shuttle, der nächste Crash, der nächste Krieg und Tod wird kommen, bis wir wieder total analog unter freiem Himmel mit Steinen spielen werden.
Dann aber wird es regnen.

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Das Durchhalten

Das Durchhalten

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„Monsieur Wagner a de beaux moments, mais de mauvais quart d’heures.“
Nicht, dass er selber, der Signore Rosssini dagegen gefeit wäre, doch er hat recht. Ja manchmal – und bei Gott eben nicht nur beim Bayreuther Marathon – zieht es sich und selbst als größter Enthusiast spürt man die Längen gerade auf den Stehrängen und in den Schenkeln. Den Oberkörper auf die Brüstung geladen, ein Bein auf dem Tritt, das andere voll belastet und der Sopran will und und will noch immer nicht sterben…
Ausdauer und theatrale Sportivität sind natürlich Voraussetzung für den Begeisterten, doch manches Mal könnte es einem die Regie wirklich einfacher machen. Müssen die Nonnen denn ohne Umbau und Unterbau stundenlang in diesem Bunker verharren und die Serailbewohner auf diesen abwechslungslosen Sofas dahinsimmern und –singern?
Würd nicht ein bisserl Licht und Bums und Nebel und Feuerwerk alles ein bisserl aufpeppen? Meister Goethe hat doch die richtige Einkaufsliste fürs Spektaktel, dass bitte nicht nur beim Vorspiel sondern allüberall am Theater Verwendung finde:
„Drum schonet mir an diesem Tag
Prospekte nicht und nicht Maschinen.
Gebraucht das groß, und kleine Himmelslicht,
Die Sterne dürfet ihr verschwenden;
An Wasser, Feuer, Felsenwänden,
An Tier und Vögeln fehlt es nicht.
So schreitet in dem engen Bretterhaus
Den ganzen Kreis der Schöpfung aus,
Und wandelt mit bedächt’ger Schnelle
Vom Himmel durch die Welt zur Hölle.“
(natürlich Vorspiel, Faust I)
Aber bitte zur rechten Zeit!
Nicht nur ewig Hölle und ein Hauch Himmel am Ende. Das ko(s)mische Feuerwerk und Wasserspiel am Ende des Münchner Liebestrankes (Verzeihung: Elisirs) konnte mich nicht mehr aus der Einödenstimmung von zwei Akten in postzivilisatorischem Grau samt Mähdrescher und Endzeitstimmung reißen. Musste das ganze Budget auf dreißig Sekunden Schlussbammbamm aufgespart werden, wo man schon bei der Ouvertüre ein paar Sterne werfen könnte?
Bei einer 3D-Turandot kürzlich war die ganze Eishockeymannschaft zumindest samt Schlittschuhen und Eisfläche schon im ersten Akt auf der Bühne. Die haben sie sich nicht (auf)gespart. Und kurzweilig wars zumindest. Auch was für den Sportschaufan.
Bei einer Zauberflöte am Gärtner dacht ich gar im Rang, ich sei eingenickt und zu lang geblieben, als eine Putzfrau über die Bühne kehrte. Aber nein, keine Sorge, es war die Pamina im, …äh mit Eimer.
Es muss ja nicht immer Bregenz mit Wackelkopf und Schifferlfahrt und Stunt und Feuer und Wasserballett sein. Wir sind ja auch im Kleinen geduldig und duldsam. Wenn die Qualität stimmt, dann stehen wir es durch und denken gar nicht ans Bein, weil Bass und Bariton und und und uns schweben ließen.
Na ja spätestens zum Applaus kann man sich ja kräftig ausschütteln und gymnastisch rhythmisch ein Bewegungsintermezzo hinlegen. Einige ölen ja sogar schon zwischen den Akten ihre Stimmbänder neu, vom langen Schweigen mit gutturalen Buhu-Lauten. Dazu zähle ich aber nicht. Viele müssen dann halt auch – wohl wegen Arthritis früher gehen. Verständlich vielleicht, wenn man am regem Wehnenleiden oder wehem Regieweinen leidet.
Wieder andere nutzen ein Zwischennickerchen um sich fürs Finale neu zu erwecken. Nur ein Herr verschnarchte leider kürzlich das lucevan le stelle, weil halt da das Vorspiel zu leise war. Das konnte bei der himmelschreiend lauten und lauteren Lola in Cuv nicht passieren, da heizten die Pollyestersounds so lautstark ein, dass einige Abonnenten ihr eigenes Kopfschütteln nicht mehr hören konnten. Dafür waren sie wach. Und durften im Sprechtheater noch dazu sitzen oder manchmal aussitzen bis diese verquaste Reise ans Ende der Geduld und in die frühen Morgenstunden am Resi sein schwer identifizierbares Ende nahm. In der Oper steht Sänger und Stehplatzender bis zum Abbruch oder Zusammenbruch, wie Wotan zu Zeiten der ersten Krampfader weiß:
Zusammenbreche,
was ich gebaut!
Auf geb’ ich mein Werk;
nur Eines will ich noch:
das Ende,
das Ende! – Walküre II.,2.
Na Meister Wälse, das kommt doch dann auch 2 Stunden bzw. 2 Tage später. Aber was soll’s Vergessen wir nicht:
Tja, die Oper hat die großartigste Stunden, doch einige zähe, wehe Momente.

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