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Wien April 2010, Tag 1

Der Nachtzug erreichte Wien-Hütteldorf überpünktlich und nachdem ich im Hotel bereits morgens vor sieben Uhr einchecken konnte, machte ich mich auf, um am Naschmarkt zu frühstücken. Leider hatte dort, obwohl der Markt offiziell um sechs Uhr beginnt, noch wenig geöffnet, so dass ich mit einen normalen Bäcker vorlieb nehmen musste. Weiter ging es nach Hietzing, wo ich zuerst den Friedhof und dann den Tierpark Schönbrunn besuchen wollte. Was auf dem Stadtplan eigentlich recht nah aussah, entpuppte sich als anstrengender Marsch bergauf an einer viel befahrenen Straße. Ich bog dann auch noch falsch ab und betrat den Friedhof sozusagen durch die Hintertür. Leider ist er doch moderner als ich dachte, das war die erste Enttäuschung. Die nächste folgte auf dem Fuß, als ich das erste Foto machte, gab der Akku auf. Offensichtlich hatte ich einen leeren in die Kamera getan, der zu Hause noch mal frisch aufgeladene lag im Hotel. Zudem wurde ich von ein paar Fiedhofsmitarbeitern sehr kritisch beäugt, als ob ich im nächsten Moment zur Grabräuberin mutieren würde.

Ich beschloss, den Friedhof Friedhof sein zu lassen, den anderen Akku aus dem Hotel zu holen und mit dem Zoo weiterzumachen. An dieser Stelle muss ich den ÖPNV in Wi9en mal über den grünen Klee loben. Bereits morgens vor sechs fuhr die U-Bahn alle vier Minuten, auch die Straßenbahnen und Busse fahren mit hoher Frequenz. Und es scheint sich auszuzahlen. Gerade heute war in einer der Gratiszeitungen hier zu lesen, dass die Wiener überdurchschnittlich viel mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Das bestätigt mal wieder meine Meinung, dass man mit dem Angebot in Vorleistung gehen muss, ein unattraktiver Takt und volle Bahnen bringen niemandem dazu, vom Auto umzusteigen.

Zurück am Zoo kam ich zuerst an dem gewaltigen Palmenhaus vorbei, das ich am Ende auch noch besichtigte.Der Zoo selbst ist recht weitläufig, die Tiere werden fast alle in großen Gehegen und Freiflächen gehalten. Der Eintrittspreis ist mit 14 € allerdings auch recht happig.

Natürlich ist ein Besuch in Wien nicht vollständig, wenn ich nicht beim Plachutta war (Vorsicht, Musik!). Die Spezialität ist gesottenes Rindfleisch, das in der Brühe serviert wird. Zuerst ist man die Suppe, entweder nur mit Gemüse oder mit einer Extraeinlage, danach fischt man sich die Rindfleischstücke aus der Brühe. Dazu gibt es eine sensationelle Schnittlauchsosse, Apfelkren und Röstkartoffeln. Ich hatte heute zusätzlich Kochsalat mit Erbsen, was immer das war, es schmeckte ein wenig nach Spinat. Auch ein Markknochen gehört noch dazu, aber das Beste ist wirklich die Brühe. Natürlich ist das Ganze nicht gerade billig, aber jeden Cent wert. Das Lokal ist auch immer voll, bei mehreren Personen ist Reservierung schon zu empfehlen.

Zurück im Hotel blieb gerade genug Zeit, mich umzuziehen, dann stand auch schon der nächste Programmpunkt an: Claudia Toman, deren Buchpräsentation morgen der eigentliche Anlass für die Wienreise war und die an der Wiener Staatsoper arbeitet, holte mich am Bühneneingang für einen kleinen Rundgang durch das Haus ab. Zuerst ging es jedoch hinauf ins Kinderopernzelt auf dem Dach des Hauses, wo die Präsentation morgen stattfindet. Danach hatte ich Gelegenheit, auf der Bühne zu stehen – das Singen habe ich mir aber verkniffen. Sehr schön war es, die Kulissen des „Rosenkavaliers“ aus der Nähe zu sehen. Sehr viel mehr bekam ich trotz Vorstellungsbesuches auch nicht davon zu sehen. Nach einem Blick in die Unterbühne – Höhenangst sollte man hier nicht haben – und einem kurzen Rundgang durch einen Teil des restlichen Hauses hatte ich Gelegenheit, eine Probe für die in zwei Wochen stattfindende Premiere der Kinderoper anzusehen. Bisher habe ich ja immer nur öffentliche Proben gesehen und das heute war doch etwas ganz anderes. Ich habe sehr viel gelernt und ich bedanke mich recht herzlich bei Claudia für dieses tolle Erlebnis.

Zurück in den öffentlichen Bereich suchte ich nach meinem Platz für die Vorstellung. Da ich ja kein Strauss-Fan bin, ging ich auf Nummer Sicher und habe nur eine billige Karte genommen. Diese war allerdings von der Sicht her wieder sehr eingeschränkt, erschwert zusätzlich durch einen Hühnen und eine sich hinlümmelnde Göre vor mir, der mitdirigierende Opa neben mir nervte ebenfalls dezent  – kurz gesagt, ich bin in der ersten Pause gegangen. Musikalisch muss ich mich an Strauss erst noch rantasten, und so ganz ohne szenisch hatte ich arge Schwierigkeiten mit der Konzentration. Dafür freue ich mich jetzt morgen um so mehr auf den Werther, hier sitze ich nämlich sehr gut.

Das Hotel Papageno, in dem ich übernachte, liegt sehr gut, nur 3 Tramhaltestellen von der Oper entfernt. Das Zimmer ist sehr großzügig und das Personal freundlich. Der Preis ist angemessen, insbesondere, da ich über hrs gebucht habe und als Gratisleistung das WLAN, das in allen Zimmern verfügbar sein soll, angeboten wurde. Leider endet das Signal ca. 4 Meter vor meiner Zimmertür, auf meine diesbezügliche Nachfrage erklärte man mir, ich müsse „andere Frequenzen“ anwählen – naja, ganz blöd bin ich ja auch nicht. Deshalb habe ich diesen Post erst mal offline geschrieben und werde mich jetzt in die Lobby begeben, um alles hochzuladen.

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Nachtgedanken, historisch

Letztens war zwischen der Einführung am Vormittag und der Vorstellung am Abend noch etwas Zeit und weil das Wetter zu schön war für einen Museumsbesuch, schlenderten wir vom Theater über den Glockenbach zum Alten Südfriedhof. Wir betraten den Friedhof durch den östlichen Eingang zwischen altem und neuem Teil, wenden uns aus einer Laune heraus nach links – und das erste Grabmal, dass wir sehen, ist das von Friedrich von Gärtner. Was für ein schöner Zufall.

Die Liste der hier bestatteten Berühmtheiten liest sich wie das Who’s who der Münchner Stadtgeschichte:

Max Emanuel Ainmiller – Maler, 1807 – 1870
Franz Xaver von Baader – Philosoph, 1765 – 1841
Jakob Bauer – 1. Bürgermeister, 1787 – 1854
Theodor von Bischoff, Anatom und Physiologe, 1807 – 1882
Roman Anton Boos – Bildhauer, 1730 – 1810
Friedrich Bürklein – Architekt, 1813 – 1872
Adolf Christen, Hofschauspieler und Theaterdirektor, 1811 – 1883
Anna Dandler, Hofschauspielerin, 1862 – 1930
Johann Georg von Dillis – Landschaftsmaler, 1759 – 1841
Ignaz von Döllinger – Theologe, 1799 – 1890
Johann Georg Edlinger – Maler, 1741 – 1819
Alexander Eibner, Kunstmaler und Hochschullehrer für maltechnische Forschung und Lehre, 1862 – 1935
Kaspar Ett – Komponist, 1788 – 1847
Carl von Fischer – Architekt, 1782 – 1820
Ludwig Foltz, Architekt, Bildhauer und Illustrator, 1809 – 1867
Josef von Fraunhofer – Optiker und Erfinder, 1787 – 1868
Franz Xaver Gabelsberger – Erfinder der Kurzschrift, 1789 – 1849
Friedrich von Gärtner – Baumeister (Klassizismus), 1792 – 1847
Sebastian Gaigl – Stifter des städtischen Waisenhauses, 1799 – 1871
Joseph Görres – Publizist, 1776 – 1848
Charlotte von Hagn – Schauspielerin, auch in der Schönheitengalerie, 1809 – 1891
Johann von Halbig – Bildhauer, 1814 – 1882
August von Hauner – Kinderarzt und Hochschullehrer, 1811 – 1884
Peter von Hess – Maler, 1792 – 1871
Wilhelm von Kaulbach – Historienmaler, 1805 – 1878
Leo von Klenze – Baumeister (Klassizismus), 1784 – 1864
Franz von Kobell, Mineraloge und Mundartdichter (bayerisch u. pfälzisch), 1803 – 1882
Alexander von Kotzebue, deutsch-russischer Schlachtenmaler, 1815 – 1889
Ludwig Lange, Architekt und Maler, 1808 – 1868
Justus Freiherr von Liebig – Chemiker und Naturforscher, 1803 – 1873
Jean Baptiste Métivier, französisch-deutscher Architekt, 1781 – 1853
Ferdinand von Miller – Erzgießer und Abgeordneter im Dt. Reichstag, 1813 – 1887
Carl Friedrich Neumann – Sinologe, 1793-1870
Eugen Napoleon Neureuther – Maler, Zeichner und Radierer, 1806 – 1882
Johann Nepomuk von Nussbaum – Chirurg, 1829 – 1890
Georg Simon Ohm – Physiker, 1789 – 1854
Max von Pettenkofer – Begründer der modernen Hygiene, 1818 – 1901
Ludwig von der Pfordten – Bayr. Ministerpräsident, 1811 – 1899
Christian Pram-Henningsen, dänischer Maler, 1846 – 1892
Siegmund von Pranckh, General und Kriegsminister, 1821 – 1888
Georg Friedrich von Reichenbach – Erfinder und Ingenieur, 1772 – 1826
Josef Gabriel Rheinberger, Liechtensteiner Komponist und Musikpädagoge, 1839 – 1901
Karl Rottmann – Landschaftsmaler, 1798 – 1830
Eduard Schleich der Ältere – Maler, 1813 – 1874
Friedrich Ludwig von Sckell – Landschaftsgärtner, 1750 – 1823
Ludwig Schwanthaler – Bildhauer, 1802 – 1848
Moritz von Schwind – Maler, 1804 – 1871
Helene Sedlmayr aus der Schönheitengalerie, Symbol der Schönen Münchnerin, 1813 – 1898
Franz von Seitz – Maler, Lithograf und Kostümbildner
Otto Seitz – Maler und Hochschullehrer, 1846 – 1912
Alois Senefelder – Erfinder des Steindrucks, 1771 – 1834
Johann Nepomuk Sepp – Historiker und Politiker, 1816 – 1909
Carl Spitzweg – Maler und Apotheker, 1824 – 1894
Friedrich Wilhelm von Thiersch, „Praeceptor Bavariae“, 1784 – 1860
Gustav Vorherr – Architekt, 1778 – 1847
Klara Ziegler, Schauspielerin und Theatergründerin, 1844 – 1909

(Zitat aus dem Wikipediaartikel)

Hier fehlen allerdings noch sämtliche Brauereibesitzer, die ebenfalls dort begraben sind. Viele Grabstätten sind ziemlich beschädigt, einige wenige werden noch gepflegt. Der Bärlauch blühte und verbreitete seinen intensiven Duft.

Ein sehr nachdenklicher, informativer, melancholischer  Nachmittag.

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Leipzig 2009, Tag 5

Heute stand zwar keine Buchmesse mehr auf dem Programm, aber Kultur gab es trotzdem. Zuerst am Vormittag eine Führung über den alten Johannisfriedhof, mit sehr viel Wissen und Lokalkolorit wieder von dem Vorsitzenden der Paul-Benndorf-Gesellschaft durchgeführt. Besonders gut gefallen hat mir ein Grabmal, auf dem ein Text aus Calderon de la Barcas “Das Leben ein Traum” zitiert wird:

Was ist Leben? Trug der Sinne
Was ist Leben? Ein Schatten kaum
Ein Verblühn schon beim Beginne
Ein Phantom ein Schatten kaum

Keine leichte Kost für einen regnerischen Sonntagvormittag, aber manchmal brauche ich das.

p1000682p1000679p1000678Nachdem ich mich mit einem riesigen Kaffee erst mal innerlich und äußerlich wieder aufgewärmt hatte, ging ich mit meiner Begleitung der spannenden Frage nach, wie man ohne Karten in die Musikalische Komödie kommt. Ich hatte diese am Dienstag telefonisch bestellt und vereinbart, dass sie an der Kasse hinterlegt werden. Das Telefonat mit Herrn Nachtgedanken heute morgen ergab jedoch, dass die Karten doch übersandt wurden. Alles kein Problem, weil ich ja telefonisch bestellt habe, hätte ich über Internet, das aber ja nicht geht, weil nur bis drei Wochen vorher, weil man ja dann nicht mehr zuschicken könne….verstanden habe ich die Logik hinter dem Ganzen nicht, Hauptsache, wir waren drin. Bericht über die Vorstellung erfolgt später.

Das Abendessen in sehr netter Begleitung (nein, diesmal kein Schnitzel) rundete einen sehr gelungenen Tag ab. Leider beinhaltete er auch den temporären Abschied von zwei sehr lieben Eulen – aber wie heißt es so schön: man liest sich!

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Stadt, überraschend

Na, das Schloss ist doch wesentlich größer als unser neues, aber dafür wars ja auch mal Residenz. Nette anekdoten und Wissenswertes auf einer kostenlosen eineinhalbstündigen Stadtführung gehört. Im Stadtmuseum einen Friedhofsführer entdeckt. Das ist eine Stadt nach meinem Geschmack. Morgen werde ich mir gleich mal den ein oder anderen anschauen. Nur einen Zoo gibt es hier wohl nicht.

Abends geht es ja nicht ohne Theater und deshalb ergatterte ich eine Karte für eine Freilichtaufführung von “Der Widerspenstigen Zähmung” mit Anleihen  bei “Wie angle ich mir einen Millionär”, so stands im Programm.  Anleihen gabs aber auch bei “Much ado about nothing”, ich hatte stellenweise direkt Kenneth Branagh und Emma Thompson vor mir. Ein vergnüglicher Abend.

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Lesestoff 2008 – 34

Eileens Geheimnis – Corinna Kastner

Gebunden: 494 Seiten
Verlag: Weltbild (2006)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3453351525

Kurzbeschreibung (von amazon)

Eine Geschichte von Schicksal und Liebe. Und einem Geheimnis, das alles veränderte. Die Inschrift ist kaum noch lesbar, so verwittert ist das keltische Kreuz auf dem Friedhof der Insel Guernsey. Und doch birgt die Schrift ein Geheimnis, das Daniels Vater mit in den Tod genommen hat. Als Daniel versucht, das Rätsel zu lösen, trifft er auf die blinde Nathalie. Kann ausgerechnet sie die Fäden zusammenführen, die das Schicksal Jahrzehnte zuvor geknüpft hat? Daniel und Nathalie kommen gemeinsam der Wahrheit Stück für Stück näher. Und bringen Ereignisse ans Licht, die für manche besser begraben geblieben wären …

Über die Autorin

Link zur Homepage

Meine Meinung:

Bereits in diesem Roman zeigen sich die Stärken der Autorin: einfühlsame Beschreibungen aus der Sicht der blinden Nathalie, gepaart mit wunderbaren, sehr bildhaften Landschaftsschilderungen und einer spannenden Story. Besonders Nathalies Sichtweise ist es, die dem Roman zu etwas besonderem macht, denn wer von uns “Sehenden” weiß schon, was in einem blinden Menschen vorgeht und hier wird es sehr glaubhaft geschildert. Geschickt werden hier auch zwei Zeitebenen miteinander verwoben und auch die Schilderung der gleichen Ereignisse durch zwei Personen ist stimmig. Am Ende werden alle Handlungsstränge aufgelöst und ich habe das Buch mit Bedauern geschlossen. Ein großes Lesevergnügen!

Mein Fazit:

Hoffentlich gibt es noch viele weitere Romane von dieser Autorin.

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Where have all the bookshops gone?

Diese Woche gönnte ich mir eine kleine Verschnaufpause in London. Nichts großes, nur ein Billigflug und zwei Übernachtungen in der JuHe sollten es werden. Der Fokus lag auf dem Erwerb möglichst vieler Bücher. Zu diesem Zweck nahm ich den größten Koffer und schränkte mich bei der Auswahl der Bekleidung sehr ein, was die nette Dame am Check-In zu der Bemerkung veranlasste: “So ein großer Koffer und nichts drin”. Ich konnte sie beruhigen, dass das nur für den Hinflug gelten würde.
Ich hatte nur drei Fixpunkte in London: Leighton House Museum, Nunhead Cemetery und eine Verabredung im Tower of London. Dazwischen Buchläden. Da ich es offensichtlich trotz fortgeschrittenen Alters immer noch nicht schaffe, einen Stadtplan zu lesen, bin ich an der Station Holland Park für das Leighton House Museum ausgestiegen. Bei meiner vergeblichen Suche in der Umgebung wurde ich wenigstens mit ein paar sehr hübschen Häusern und der wundervollen Holland Park Mews

Holland Mews

entschädigt. Ein Blick in den Stadtplan, den ich diesmal richtig herum hielt, bestätigte mir, dass ich meilenweit weg war von Leighton House. War vielleicht auch besser so, denn Dienstags ist es geschlossen.
Die zweite Station, Nunhead Cemetery, war leichter zu finden. Die Atmosphäre war sehr eigenartig. In den zwei Stunden begegnete mir kaum ein Mensch, wenn nicht der ständige Fluglärm gewesen wäre, hätte ich mich in einer versunkenen Welt wähnen können. Die “Loving Memory” währte offensichtlich meistens nur kurz, selbst Grabstätten aus den Sechzigern und Siebzigern sind bereits verfallen und überwuchert. Ein magischer Ort.

Nunhead Cemetary 1

Nunhead Cemetary 2

Nunhead Cemetary 4

Nunhead Cemetary 3

Nunhead Cemetary 5

Dann wollte ich mich auf Bücherjagd begeben. Ich hatte eine ganz bestimmte Kette im Kopf, Bargain Books. Hier gab es Hardcover nach Erscheinen des Taschenbuchs billiger. Ich habe nicht eine einzige Filiale mehr gefunden. Auch andere kleine Buchläden waren verschwunden, vielfach blieben nur die großen Ketten und ich konnte ganze Einkaufsstraßenzüge entlang wandern, ohne einem einzigen Buchladen zu begegnen. Dafür gab es jede Menge zusätzlicher Ketten, die eine High Street wie alle High Streets aussehen lassen. Und japanische Restaurants. Und Bella Italias. Nur keine Buchläden. Auch der größte Buchladen Europas, Waterstone’s am Picadilly, konnte mich nicht über den Verlust hinwegtrösten. Irgendwie weiß ich jetzt auch, wie Jasper Fforde in dem letzten Thursday Next auf die Beschreibung eines Buchladens kam, in dem alles außer Bücher verkauft wird und nur hartnäckiges Nachfragen ein verstaubtes Regal in der hintersten Ecke zu Tage fördert.
Das Treffen am nächsten Tag im Tower war sehr nett und hat mir noch einen Rundgang durch die neu gestalteten Ausstellungsräume ermöglicht.

Tower of London

Ach ja, heim geflogen bin ich mit Übergepäck, für das ich aber dank vieler Tagesreisender im Flugzeug nichts zahlen musste. Das nächste Lesejahr ist gesichert.

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Friedhofs-Poesie

Ich gestehe, außerhalb von Beerdigungen gehe ich gerne auf Friedhöfe. Ich versuche mir immer vorzustellen, was für Menschen dort begraben sind und was für Geschichten dahinter verborgen sind, wenn auf dem Grabstein Bahnobersekretärswitwe steht.
Allerdings sind mir die deutschen Friedhöfe zu steril. Höhe und Größe der Grabsteine und vermutlich auch der Schriften sind vorgeschrieben und wehe, der Stein bewegt sich auch nur einen Millimeter, wenn die Friedhofsverwaltung den Rammbock rausholt.
Lieber besuche ich Friedhöfe im Ausland, die mehr dem eigentlichen Zweck des Ortes entsprechend einen gewissen verfallenen Charme besitzen. Besonders angetan haben es mir die französischen Friedhöfe, auf denen jede Familie sich selbst wirklich eine Gedenkstätte schafft, die ihre Verbundenheit mit den toten Familienmitgliedern ausdrückt.
Im Mai war ich auf dem Friedhof Saint Pierre in Marseille. Auch in der größten Hitze und Großstadthektik ist dies ein Ort der Ruhe und Kontemplation.
Da findet sich auf einem Grabstein die Schilderung eines Unfalls und der darauffolgenden Tagen im Krankenhaus und auch die drei Freunde, die ebenfalls umgekommen sind, werden nicht vergessen.

Oder dem Sohn, der nach einem Boxkampf gestorben ist, wird ein lebensgroßes Denkmal gesetzt

Ebenso findet sich eine Büste eines Weltrekordhalters, der 1914 im Krieg gefallen ist.


Oder ein Mann lässt für seine Frau ein überlebensgroßes Denkmal setzen, das erst an Ort und Stelle entsteht.


Oder es ist einfach nur schön anzusehen.

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