[singlepic id=1534 w=320 h=240 float=left]Gelangweiltes Luxusweibchen möchte zur Abwechslung mal leben wie die gemeine Dienerschaft und lässt sich als Magd anheuern. Einer ihrer Chefs gefällt ihr zwar, aber ihr Standesdünkel gewinnt die Oberhand. Sie haut kurzerhand ab, ohne die Kündigungsfrist einzuhalten, und macht sich über ihren Chef noch lustig. Als dieser sie entdeckt und sie an ihre vertragliche Verpflichtung erinnert, lässt sie ihn sogar ins Gefängnis werfen. Erst als sich rausstellt, dass er ihr sozial und finanziell ebenbürtig ist, macht sie sich an ihn ran und kann schließlich den dicken Fisch an Land ziehen.
Eigentlich eine ziemlich blöde Kuh, die Lady Harriet Durham, aber Friedrich von Flotow hat ihr so schöne Melodien auf den Leib geschrieben, dass man ihr verzeihen kann. Auch ihre Gesellschafterin Nancy, die ebenso snobistisch ist und sich am Ende den Ziehbruder des Adeligen in disguise angelt, ist keine sympathische Figur. Außerdem finde ich die Inszenierung von Loriot zwar ganz nett, viktorianisch angehaucht mit schönen choreografischen Elementen. An einigen Stellen übertreibt er es aber ein bisschen, so zum Beispiel mit diesen doofen Pferdchen, die nichts anderes machen als einmal über die Bühne zu hüpfen und damit einen Riesenapplaus einsacken. Hier wird die Manipulation des Zuschauers zu offensichtlich, um noch Spass zu machen. Oder wenn der Kellner (in diesen beiden Vorstellungen wirklich hinreißend gespielt) hinten Krach und Spässchen macht, während der Tenor vorne eine wirklich zauberhafte und sicher nicht ganz einfache Arie singt. Ich mag es nicht, wenn man Musik vorsätzlich stört, und auf ironische Brechungen kann ich gerne verzichten.
[singlepic id=1535 w=320 h=240 float=right]Warum ich dann bis nach Heilbronn reise, um mir die vorerst letzten beiden Vorstellungen anzusehen? Weil ich die Musik unglaublich gerne mag. Und ich die Chorszenen liebe. Ich kann nähen, ich kann mähen, ich kann säen…, neben dem Mondlied aus Die Lustigen Weiber von Windsor, ist mein Favorit. Und wenn der hervorragende Chor und Extrachor des Gärtnerplatztheaters auf der Bühne steht, ist es eine Lust und eine Freude, zuzusehen und zuzuhören. Chormitglied Marcus Wandl sang sogar den Richter, von ganz hinten auf der Bühne füllte er das Theater bis in den letzten Winkel, in dem ich saß, mit seinem kräftigen Bass. Glänzend auch wieder Christian Schwabe als Diener des Lord Tristan sowie Annette Müller, Isabella Chamier und Simone Stäger als Mägde.
Neben meinem Lieblingschor war es natürlich auch wieder schön, einige bekannte Gesichter zu sehen. So gefiel mir Martin Hausberg als besagter Lord Tristan an diesen beiden Abenden wirklich ganz ausgezeichnet, und auch Holger Ohlmann war als Plumkett szenisch und musikalisch bestens disponiert. Die Gäste Johannes Chum als Lyonel und Inga-Britt Andersson ergänzten die beiden sehr gut.
Es bleibt zu hoffen, dass die beiden als “zum vorerst letzten Mal” angekündigten Vorstellungen nicht die letzten waren und dieses Schmuckstück dann im wiederöffneten Stammhaus am Gärtnerplatz wieder ins Repertoire aufgenommen wird.
Die Bilder der Inszenierung von Reinhard von der Thannen, die ich mir vor der Vorstellung im Internet angesehen habe, wirkten eigentlich ganz schön.Das war es dann aber auch. Mehr als eine opulente Ausstattung hatte der Regisseur nicht zu bieten. Wenn man den Anspruch hat, ein Stück für die ganze Familie zu machen, muss man bei den Kleinsten mit der Interpretation anfangen und kann vielleicht ein oder zwei Kniffe für Erwachsene einbauen. Hier wurde aber in der Interpretation nur auf Erwachsene eingegangen, für die lieben Kleinen sollten die bunten Bilder reichen. Das war aber nicht der Fall, die Kinder und Jugendlichen um mich herum taten entweder lautstark ihre Fragen oder ihre Langeweile kund.
Es ging schon mit der Einführung los. Pavel B. Jiracek, der produktionsbegleitende Dramaturg, redete wie ein Wasserfall, das war auch nötig. Die Ansätze des Regisseurs waren leider nicht selbsterklärend, wie es bei einer guten Regie der Fall sein sollte, sondern mussten vorab erläutert werden, sonst hätte man drei Viertel des Bühnengeschehens nicht verstanden.
Aber wollte ich wirklich wissen, dass “Ein Männlein steht im Walde” eine erotische Komponente hat und auf das sexuelle Erwachen der Gretel hindeutet und man ihr deshalb während des Liedes einen Johnny-Depp-mäßigen Fliegenpilz zur Seite stellte – der aber dann tatsächlich nur irgendwie etwas blöde im Wald umherschlich, mit einem Schlüssel spielte (Keuschheitsgürtel?), von Anmache keine Spur. Oder dass das Zerbrechen des Milchtopfes gleichbedeutend mit dem Abstillen eines Kindes ist? Oder dass Hänsel was mit der Hexe hat? Inzucht hätte doch sicher auch noch gut gepasst, schließlich setzt Hänsel der Gretel den bedeutungsschwangeren Kranz aufs Blondhaar. Ich frage mich wirklich, wie ich die Hälfte meines Lebens und ca. 50 Hänsel-Vorstellungen ohne diese tiefschürfenden Einsichten ausgekommen bin. Ich dachte eigentlich immer, dass Märchen uns helfen sollen, mit unseren Ängsten klarzukommen und nicht weitere zu schüren. Ich Dummerchen, ich.
Mal wieder kann man nicht auf die Kraft der Musik vertrauen und muss das Vorspiel bebildern, in diesem Fall mit computeranimierten Eiern, Lollies und Gebissen. Das animiert natürlich zum Lachen und Reden und störte die wirklich wundervollen Töne, die aus dem Orchestergraben kamen. Hänsel und Gretel sind dank gleicher Kleidung und fast gleicher Frisuren kaum zu unterscheiden und haben manchmal Hasenmasken auf, denn Hasen sind naiv. Oder so. Die Mutter hat die Hosen an, trägt aber in Wahrheit ein schickes Kleid, das irgendwie nicht zu der angenommenen Armut passt. Dafür darf der schwächliche Vater in langen Unterhosen und mit Dreirad auftreten, seine Shorts hatte er wohl im Suff auf den Gepäckträger geschnallt. Statt Speck, Zwiebeln und Kaffee gibt es überdimensionierte Eier. Der Milchtopf ist ein Plastikeimer und richtig lächerlich wird es, als man im Augenblick des Zerbrechens den Klang von zerbrochenem Porzellan einspielt. Schnell ab in den Wald, durch den Schrank, ja, genau, wie bei “Narnia” oder “Alice im Wunderland”. Dort sieht man die Bäume vor lauter Besteck nicht. Anscheinend war sich der Regisseur unschlüssig, ob er jetzt den Hunger oder das Erwachsenwerden thematisieren wollte. Richtig gruselig ist dort eigentlich nur die Engeltravestie. 14 halbbekleidete stilisierte männliche Engel, die sich an dem Abend zuvor im Don Giovanni gut gemacht hätten, hier aber völlig fehl am Platz waren, vollführen einen hausbacken wirkenden Tanz mit Bewegungen, die schon in den Siebzigern unmodern waren. An dieser Stelle wird nicht zum ersten Mal deutlich, dass der Choreograph nicht unbedingt die Musik im Sinn hatte, als er seine Arbeit machte. Besonders ärgerlich ist das Zerstören der Musik durch die beiden Knaller am Schluß des Tanzes und das Herzeigen von Pavianhintern (Warum???) der Tänzer. Das Taumännchen scheint aus der gleichen Show entsprungen zu sein, mit Glitzerschuhen und lächerlichen Ballons unterm Rock. Fast erwartete ich hier auch ein Platzen, denn in der Einführung wurde erwähnt, dass jedesmal, wenn die Religion ins Spiel käme, Luftballons zerplatzen würden, denn nicht sie schützt die Kinder, sondern die Musik. Aha.
Die arme Gretel muss an Turnringen über die Bühne schwingend die Traumerzählung singen. Rücksichtnahme auf Sänger kennt der Regisseur also auch nicht. Das Hexenhaus ist eine überdimensionierte Torte, auf der die grünlich schillernde Hexe wie eine fleischfressende Pflanze thront, Kinder, die aussehen sollen wie in Kokons eingesponnene Maden, marschieren vorüber. Vielleicht sollten es aber auch eher vorbereitete Freßpakete für die Hexenspinne sein, das würde irgendwie mehr Sinn machen. An dieser Torte ist alles künstlich, es gibt für Hänsel und Gretel hier absolut nichts zu essen, warum bleiben sie dann eigentlich da?
Der Zauberstab der Hexe ist eine Krücke, die sie aber anscheinend nicht wirklich benötigt, eigentlich ist sie noch ganz gut zu Fuß. Der weitere Verlauf wird immer abstruser, Hänsel und Gretel werden Plastiktüten über den Kopf gezogen, die Hexe stürzt eher beiläufig in ein Loch in der Torte, das wohl den Ofen symbolisieren soll, um gleich darauf wieder putzmunter auf der Torte zu stehen. Die Kinder setzen ihre Madenbrillen ab, bevor Hänsel und Gretel sie berühren, beziehungsweise berühren sie sie ja gar nicht, sondern scheinen eher Angst vor ihnen zu haben. Am Ende tragen Mutter und Vater ihren persönlichen Schrank mit sich rum. Warum? Keine Ahnung.
Entschädigung für die szenische Themaverfehlung kam aus dem Graben und von der Bühne. Das war wirklich wunderschön musiziert, das Orchester unter Kristiina Poska schwelgte in Humperdinck und ließ dennoch den Sängern Raum für Textverständlichkeit der Extraklasse. Maureen McKay als Gretel und Karolina Gumos als Hänsel ergänzten sich prächtig und ließen die Töne fließen, dass es eine Lust war. Ariana Strahl als Sand-/Taumännchen war wirklich ganz bezaubernd, Carola Guber als Gertrud und Stefan Sevenich als Peter komplettierten das Ensemble auf hohem Niveau. Lediglich Frederika Brillembourg hat mir nicht gefallen, das hat aber vermutlich daran gelegen, wie ihre Rolle angelegt wurde. Der Kinderchor war von Dagmar Fiebach ganz hervorragend einstudiert.
Nachdem dies die erste Inszenierung der Märchenoper von Engelbert Humperdinck an der Komischen Oper Berlin ist, hätte ich dem Haus eine Interpretation gewünscht, die weniger offene Fragen und Kopfschütteln zurücklässt.
Ich bin ja eigentlich eher nicht so fürs Ballett zu haben, aber das Ensemble des Anhaltischen Theaters Dessau zeigte mit Alice im Wunderland sowohl optisch wie akustisch ansprechendes Tanztheater, das mir Lust auf mehr machte.
Alice sitzt allein in ihrem Zimmer, seltsame, gesichtslose, eckige Gestalten jagen ihr Angst ein. Sie fühlt sich ausgeschlossen und als ein weißer Hase auftaucht (sehr witzig im Schottenrock und mit überdimensionaler Uhr) folgt sie ihm bereitwillig in eine andere Welt. Dort reiht sich eine Merkwürdigkeit an die andere, eine schrille Köchin, die nicht kochen kann, lebende Spielkarten, eine Grinsekatze, hüpfende Zwillinge, ein Hutmacher und eine Königin, die ihre Untertanen gerne köpfen lässt. Alice wandert verwundert durch diese Welt, nimmt alles begierig auf und setzt sich damit auseinander. Am Ende lernt sie, dass man zusammen mehr erreichen kann als allein.
Die Tanzsprache hat mir ganz ausgezeichnet gefallen. Das waren fließende Bewegungen, grazil, aber doch kraftvoll und sehr aussagekräftig. Da wurde nicht geschleudert und gestoßen, alles war sehr fein und damit auch sehr emotional. Klassische Elemente wie Spitzentanz vereinigten sich aufs Beste mit modernen Tanzelementen. Bis hin zum jüngsten Besucher waren alle in meiner Nähe Sitzenden vom Bühnengeschehen fasziniert. Die Inszenierung und Choreografie von Tomasz Kajdanski lassen die gesamte Familie Freude an dem Stück haben. Die sehr fantasievollen Kostüme von Dorin Gal, der auch die wandlungsfähige Bühne entworfen hat, tragen zum tollen Gesamteindruck bei. Die Projektionen von Enrico Mazzi auf den Bühnenhintergrund vertiefen das Bühnengeschehen zusätzlich.
Getanzt wurde, so weit ich das beurteilen kann, auf sehr hohem Niveau. Laura Costa Chaud ist wirklich von ihrer ganzen Körpersprache her eine bezaubernde Alice. Leider hab ich mir nicht gemerkt, wer das Kaninchen getanzt hat, das hat mir nämlich auch sehr gut gefallen. Fantastisch fand ich auch die Königin Anna-Maria Tasarz, nicht nur vom Tanz, sondern auch vom Darstellerischen her. Aber auch die restlichen Tänzer waren ganz ausgezeichnet und schafften eine kindlich-spielerische Athmosphäre.
Beieindruckend schön war auch die Musikauswahl, ausschließlich französische Komponisten in ihrer ganzen Vielfalt, Debussy, Bizet, Ravel, Massenet, Offenbach, um nur einige zu nennen. Die einzelnen Stücke passten wirklich hervorragend zu den jeweiligen Szenen und unterstrichen die vorherrschende Stimmung. Lediglich die Übergänge zwischen den einzelnen Stücken war mir an manchen Stellen zu lang, da nahm ein wenig Spannung aus dem Stück, das fand ich ein wenig schade. Die Anhaltische Philharmonie unter Wolfgang Kluge musizierte klangschön und lies bei jedem Komponisten dessen Stil erkennen und stellte doch einen inneren Zusammenhang her.
Also es gibt es offensichtlich noch, das schön anzuschauende, spannende Tanztheater, das eine Geschichte stringent erzählt und das Publikum auch ohne “ironische Brechungen” zu fesseln vermag. Schade, dass Dessau nicht um die Ecke liegt, sonst hätte ich hier nach den bisher erlebten Vorstellungen schon ein Abo.
Auch mit dem zweiten Teil des von rückwärts aufgezähmten Ringes, dem Siegfried, lieferte das Anhaltische Theater mit seinem Ensemble wieder ein Meisterstück ab.
Der erste Akt zeigt zwei Computerfreaks, Mime eine Mischung aus Bill Gates und Elton John, Siegfried ein Möchtegernrapper. Beide liefern sich ein Spielduell, das in der Wiedererstehung von Nothung gipfelt. Mal ganz abgesehen davon, dass die Projektionen teilweise unscharf waren, und es hätte mich schon interessiert, was genau Siegfried da programmiert, fehlte hier die Kraft und die Magie der Schmiedeszene komplett. Ich verstehe den Ansatz des Regisseurs André Bücker durchaus, finde ihn aber nicht mit dem Text und der Musik schlüssig umgesetzt.
Das änderte sich ab dem zweiten Akt, ab hier nahm mich das Geschehen auf der Bühne völlig gefangen, wie schon bei der Götterdämmerung. Verschiebbare, dreiseitige Prismen, deren eine Seite als Projektionsfläche diente und die anderen zwei Seiten eine Gitterkonstruktion zeigte, die sowohl einen dichten Wald als auch eine Art Gefängnis hervorragend symbolisierte, bildeten zusammen mit den schon aus der Götterdämmerung bekanntenhalbrunden Vorhängen, auf die ebenfalls projiziert wurde, das Bühnenbild. Dazu kam ein Fafner mit einem wirklich imposanten Kostüm, ein Waldvogel mit einem gut aussehenden, symbolträchtigen, vielleicht etwas bewegungsunfreundlichen Kostüm und ein Alberich, der auch einer Pyramide entsprungen sein könnte.
Im dritten Akt weisen Bühne und Kostüme schon deutlich in Richtung Götterdämmerung, der kubische Brünnhildenfelsen ist wieder da, Siegfried schält sich langsam aus seiner Lederjacke und zeigt die darunter liegenden Bandagen, seine Brünnhilde trägt beim Erwachen noch unschuldiges Weiß, hüllt sich aber schon in die erdigen Farben des letzten Teiles des Rings. Die Projektionen beim Auftritt der Erda deuten auf ihre Eigenschaft als Urmutter hin, ein Nukleus, der Ursprung allen Lebens. Ihr Kostüm soll wohl so etwas ähnliches symbolisieren, ganz wurde ich nicht schlau draus. Auch der staksige Gang von Siegfried erklärt sich hier, die Figuren wirken marionettenhaft, jemand anderes zieht die Fäden, sie sind Erfüllungsgehilfen der Vorsehung, keine eigenständig Handelnden.
Insgesamt bilden Bühne (Jan Steigert), Kostüme (Suse Tobisch), die Projektionen von Frank Vetter und Michael Ott sowie die Regie von Generalintendant André Bücker wieder eine sehr schöne Einheit, die einen fast hypnotischen Sog erzeugen und die Zeit vergessen lassen. Ein paar Kleinigkeiten wie die unscharfen Projektionen im ersten Akt oder die leicht zeitverzögerte Projektion von Fafners Mund beim Aufwecken durch den Wanderer irritieren zwar kurzfristig, stören aber den großartigen Gesamteindruck nicht nachhaltig. Vieles trägt Formen in sich, die eine eigene Bildersprache haben. So besteht das Kostüm des Waldvogels unter anderem aus einer liegenden Acht, dem Symbol für die Unendlichkeit. Hier bietet sich schon viel Stoff zum Nachdenken an. Bückers Inszenierung ist ein fabelhaftes Beispiel für eine sehr gelungene Neuinterpretation, die das Publikum fordert, aber nicht überfordert. Eine Regie muss sich selbst erklären, und das ist sowohl bei Siegfried wie auch bei der Götterdämmerung der Fall. Ich bin schon sehr gespannt auf die Walküre. Und habe mir fest vorgenommen, mir den ganzen Ring anzusehen, denn der innere Zusammenhang, den Bücker herstellt, gefällt mir jetzt schon sehr. Insgesamt muss man wieder sagen: Hut ab, was Sänger, Orchester und Bühnentechnik geleistet haben.
Musikalisch war der Abend auf sehr hohem Niveau. Peter Svensson, der sehr überzeugend spielte, merkte man im dritten Akt dann doch die noch nicht ganz auskurierte Erkältung an, aber davor zeigte er eine wirklich tolle Leistung, wie eigentlich alle Beteiligten. Herausragend der Wanderer von Ulf Paulsen, der neben einer tollen Stimme eine starke Bühnenpräsenz zeigte. Der Auftritt von Stefan Adam als Alberich war kurz und prägnant und Dirk Aleschus als Fafner ist nicht nur in der Statur imposant. Albrecht Kludszuweits Interpretation des Mime hat mir im ersten Akt noch nicht so gut gefallen, das änderte sich im zweiten jedoch schlagartig. Ich fühlte mich an die Humperdincksche Knusperhexe erinnert, was ganz ausgezeichnet zu der Rolle passte. Angelina Ruzzafante war in Stimme und Spiel ein ganz bezaubernder Waldvogel, wenn ich jetzt an die Vorstellung zurückdenke, habe ich ihre Partie im Ohr. Iordanka Derilova ist eine fantastische Brünnhilde und das zeigte sie auch an diesem Abend, wobei ich in meiner persönlichen Vorstellung die Figur hier noch etwas zurückhaltender ist. Rita Kapfhammer sang eine Erda aus dem Bilderbuch, die Stimme passte perfekt zur Partie, dunkel und erdig und zugleich göttlich. Antony Hermus hätte hin und wieder das Orchester etwas zurücknehmen können zugunsten der Sänger, aber über weite Strecken war es perfekt.
Ein sehr erfüllender Abend, der zeigt, dass sich das Anhaltische Theater Dessau nicht zu verstecken braucht und durchaus mit groß- und hauptstädtischen Theatern mithalten kann. Weitere Vorstellungen am 13.04., 09.05. und 09.06., Karten von 18,50€ bis 49€.
[singlepic id=1484 w=320 h=240 float=left]über die Pressekonferenz vom Vormittag habe ich drüben bei mucbook geschrieben. Die Pressekonferenz war gut besucht, allerdings finden sich bisher nur wenige Artikel online, zB. bei der SZ, bei der AZ und dem BR. Jakobine Kempkens Beitrag ist beim Neuen Merker leider total versteckt. Leider hatte ich einen sehr unangenehmen Sitznachbarn, der nicht nur abwechselnd nach Fußschweiß und kaltem Rauch stank und total verdreckte und dem Geruch nach urteilen schon länger nicht gewaschene Klamotten anhatte, sondern sich auch noch beständig mit seiner Nachbarin unterhielt. Nächstes Jahr suche ich mir einen Platz, von dem ich flüchten kann, ohne drei Leute aufzuscheuchen.
Deutsche Fantasyfilme sind rar gesät. Deutsche Fantasyfilme nach Büchern von deutschen Autoren noch rarer. Deutsche Fantasyfilme nach Büchern von deutschen Autoren, die diese richtig gut umsetzen, kann man mit der Lupe suchen. Die Verfilmung von Rubinrot nach dem Weltbestseller von Kerstin Gier ist so ein Film.
Am 5. März hatte der Film Weltpremiere in München, im Rahmen der Münchner Bücherschau für Kinder wurde eine Lesung von Kerstin Gier mit anschließendem Preview im Mathäser-Kino organisiert. Die Autorin las zuerst den Beginn von Rubinrot und beantwortete dann Fragen zum Film und zum Buch und zu den Unterschieden zwischen beiden. Ihre Lieblingsszene aus dem Film ist eine, in der Gideon das erste Mal Curry isst. Diese Szene stammt jedoch nicht aus dem Buch, sondern wurde von Drehbuchautorin Katharina Schöde hinzugefügt und ist, wie ich später feststellen durfte, tatsächlich sehr witzig. Kerstin Gier hat auch einen Cameo-Auftritt im Film und erzählte von den Dreharbeiten und wie beeindruckend der riesige Aufwand war und dass unglaubliche viele Statisten immer wieder die gleiche Szene wiederholen mussten, bis diese im Kasten war. Nach den Schauspielern befragt und ob diese ihre Protagonisten gut widerspiegelten, sagte sie, dass sie sich ihre Figuren nie bildlich vorstellte, sondern immer mit ihnen fühlte. Wenn nun also eine Figure, die im Buch blond ist, im Film braune Haare hat, sei das nicht so schlimm, Hauptsache, der Charakter ist gut getroffen.
Wie immer verging die Zeit der Lesung und des Gesprächs viel zu schnell, es gab unheimlich viel zu lachen. Kerstin Gier gab dann noch im Anschluss unglaublich geduldig über eine Stunde Autogramme und ließ sich mit ihren Fans fotografieren. Dabei hat man nicht für nötig befunden, ihr einen ordentlichen Tisch zur Verfügung zu stellen, so dass sie sich dabei auf einen Couchtisch runterbuckeln musste. Mich hätte man gleich anschließend in die Notaufnahme einliefern können.
Der Film ist wirklich sehr schön gemacht. Die Atmosphäre von London ist gut getroffen und die Handlung und die Charaktere entsprechen in großen und Ganzem dem Buch. Kurz war ich irritiert, dass Zeitungen, Webseiten, die im Film zu sehen sind etc, auf Englisch sind, aber natürlich spielt der Film ja in London und obwohl es sich um eine rein deutsche Produktion handelt, hat man das Gefühl, einen großen Hollywoodblockbuster zu sehen. Sehr gute Special Effects, wie oben schon erwähnt sehr aufwändig produziert und tolle Schauspieler. Das ist wirklich eine ganz besondere Mischung, dieses hollywoodmäßige Feeling und dann bis in die kleinste Nebenrolle nur bekannte Gesichter. Veronika Ferres steht die rotblonde Lockentracht als Grace ausgezeichnet, Katharina Thalbach ist einfach umwerfend als Großtante Maddy (wobei ich hier das Häkelschwein vermisst habe, oder kommt das erst später?), Axel Milberg hat eine kurzen Auftritt als Großvater Lucas Montrose, Uwe Kokisch könnte als Falk de Villiers vielleicht noch ein bisschen schmieriger wirken. James wird mir von Kostja Ullmann etwas zu affektiert dargestellt, ganz bezaubernd ist der Geist des kleinen Jungen im Haus der Loge. Hier wird er als Bruder des Großvaters Lucas bezeichnet, im Buch ist es meine ich der Sohn des Arztes Dr. White. leider konnte ich seinen Namen nicht herausfinden. Josephine Preuß und Florian Bartholomäi sind als Lucy und Paul fast ein bisschen ätherisch.
Von den Hauptdarstellern ist mir Jennifer Lotsi als Leslie die Liebste. Natürlich ist sie nicht blond und sommersprossig wie im Buch, aber ich finde ihren Charakter ganz ausgezeichnet getroffen. Maria Ehrich als Gwen ist sehr gut besetzt und Regisseur Felix Fuchssteiner schafft es, dass man Jannis Niewöhner als Gideon tatsächlich erst mal als sehr unsympathisch erlebt und man ihn dadurch praktisch mit Gwens Augen sieht. Komplettiert wird das jugendliche Schauspielerquartett durch die herrlich zickige Charlotte von Laura Berlin.
Besonders erwähnenswert ist noch die schöne und wirklich sehr gut passende Musik von Sofi de la Torre, die beim Komponieren das Drehbuch kannte und auch selbst einen Auftritt im Film hat.
Das ist eine wirklich fast ausnahmslos gut gelungene Verfilmung eines sicher nicht ganz einfachen Stoffes, der hoffentlich viele Zuschauer findet, denn nur bei einem wirklich großen Erfolg ist wegen der enormen Produktionskosten die Verfilmung des zweiten Teils gesichert. Ich kann in wirklich empfehlen und werde ihn mir sicher noch ein mindestens ein weiteres Mal ansehen.
Eigentlich sollte die Show der beiden genialen Ausnahmemusiker A little nightmare music bereits am 25.02. stattfinden. Herr Igudesman hat sich jedoch an beiden Armen verletzt und so wurde sie auf den 09.07.2013 verlegt. Das ist die Chance, für ein seit Monaten ausverkauftes Event doch noch Karten zu ergattern. Die wenigen noch erhältlichen gibts bei MünchenMusik von 34 bis 48€. So eine Chance kommt nicht so schnell wieder!
[singlepic id=1473 w=320 h=240 float=left]Mir wurde ja schon viel vorgeschwärmt von dieser Veranstaltung und als es sich nun ergab, dass ich genau an diesem Wochenende in Köln sein würde, war ein Besuch eigentlich Ehrensache.
Der Abend begann schon sehr gut, der fantastische Pianist Steffen Paesler spielte unter anderem Cole-Porter-Songs, zumindest habe ich I get a Kick out of you aus Anything Goes erkannt, dass mich natürlich den ganzen Abend nicht mehr losgelassen hat. Der erste Autor an diesem Abend, der von Moderator Tommy Millhome begrüßt wurde, war der Rettungssanitäter Jörg Nießen. Er hatte vor ein paar Jahren an dieser Stelle sein erstes Buch mit Geschichten aus dem Rettungsalltag vorgestellt und nun war sein zweites an der Reihe, Die Sauerei geht weiter. Als erstes gab er praktischen Anschauungsunterricht in Wiederbelebung und sagte dann, angesprochen auf die Gerüchte, dass seine Geschichten erfunden wären, einen sehr klugen Satz: Das Leben hat doch viel mehr Fantasie als ich. Seine Geschichte um eine Massenlebensmittelvergiftung auf einem Kreuzfahrtschiff auf dem Rhein war brüllend komisch und gewann nochmal durch seine Art des Vortrags.
Als nächstes kam Nele Neuhaus aufs Podium und plauderte als erstes über den Erfolg ihres Romanes Schneewittchen muss sterben in Amerika. Der Name lautet dort Snowwhite must die und erinnert mich an die Fernsehserie Once upon a time. Angesprochen auf die kürzlich im Fernsehen gesendete Verfilmung des Romanes, bekannte sie, damit nicht glücklich gewesen zu sein, die Reaktionen des Publikums zeigten, dass das bei einem Großteil ihrer Fans auch der Fall war. Sie erzählte dann noch, wie es zu ihrem Roman Böser Wolf gekommen war und las zwei spannende Passagen daraus.
Der letzte Autor vor der Pause war der Organisator des Mörderischen Vergnügens, Andreas Izquierdo. Er unterhielt mit Anekdoten aus der Filmbranche und schilderte die Entstehung seines neuen Romanes, Das Glücksbüro. Wenn ich mich nicht täusche, war das die Premierenlesung an diesem Abend, auch wenn es nicht explizit erwähnt wurde. Er las eine wirklich sehr ansprechende Passage aus dem Buch vor, mit gekonnt verteilten Rollen, was der Lesung etwas sehr Lebendiges gab.
Frank Schätzing läutete den zweiten Teil des Abends ein. Natürlich musste er von Tommy Millhome auf die Werbebilder in Unterhose angesprochen werden, obwohl das schon bald vier Jahre her ist. Auch bei ihm kam die Rede auf eine Verfilmung, von Der Schwarm, aber hier war eher die Frage, wann sie denn kommt. Der Autor sagte, man sei auf einem guten Weg und könnte wohl demnächst daran denken zu beginnen. Er versetzte uns dann noch ins Jahr 2025 und las aktuelle Nachrichten vor und ließ dann das Publikum furch Handausheben zweigen, ob sie es für wahrscheinlich hielten, dass es so kommt. Am Ende klärte er dann darüber auf, welche Nachricht bereits jetzt ganz oder beinahe Wirklichkeit sind. Die Zuschauer durften über den Text abstimmen und wählten eine alte Kölner Kurzgeschichte, ich glaube, sie hieß Wrooom oder so ähnlich.
Der letzte Autor an diesem Abend war dann Ralf Kramp, mir noch in bester Erinnerung durch seine geniale Moderation des Tango Criminale in Olsberg im letzten Jahr. Er erzählte, dass das von ihm und seiner Frau Monika geleitete Kriminalhaus in Hillesheim, das neben einer Buchhandlung, dem Café Sherlock und dem Verlag kbv auch die mit 30000 Bänden größte deutschsprachige Krimisammlung beherbergt, demnächst umziehen werde und im September ebenfalls in Hillesheim in neuen Räumlichkeiten eröffnet. Er lass aus der Anthologie Aufgebockt und abgemurkst seine Kurzgeschichte Uschi, mein Sonnenscheinchen. Das war absolut grandios, selten habe ich bei einem Krimi so galcht, was nicht nur an der Geschichte, sondern auch am Vortrag von Ralf Kramp lag. Wenn ihm mal keine Krimis mehr einfallen sollten, kann er auf jeden Fall eine zweite Karriere als Kabarettist starten.
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