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Premiere Die Walküre, 27.09.2014, Anhaltisches Theater Dessau

[singlepic id=2005 w=320 h=240 float=left]Eineinhalb Jahre nach der Premiere von Siegfried bringt Intendant André Bücker nun die Walküre auf die Bühne, bekanntermaßen inszeniert er den Ring ja rückwärts. Und es gelingt ihm und dem ganzen Anhaltischen Theater damit wieder ein großer Wurf. War mir bei Siegfried das vorhergehende Stück noch sehr präsent im Gedächtnis, so haperte es diesmal leider mit dem erkennen der Entwicklung etwas. Natürlich war da wieder der kubische Brünnhildenfelsen und Siegmund und Sieglindes Kostüme (Suse Tobisch) sind Vorläufer von Siegfrieds in Farbgebung und Schnitt ebenso wie bei Brünnhilde zum Beispiel. trotzdem fehlte mir ein bisschen der Zusammenhang zu den vorhergehenden Teilen, das mag aber ausschließlich an der Zeit, die dazwischen lag, gelegen haben.

Für sich genommen ist auch dieser in der Dessauer Fassung dritte Teil des Rings großartig. Regisseur Bücker inszeniert nicht nur die Ring-Teile rückwärts, sondern dreht auch die Uhr zurück. Nach dem Elektronikzeitalter von Siegfried findet man sich hier in der Hochzeit des Films wieder, als Hollywoodbosse die Welt beherrschten. Der erste Aufzug scheint auf den ersten Blick nicht viel mit dem Grundthema zu tun zu haben bis auf den Kabelstrang, aus dem Siegmund Notung zieht. Sieglinde serviert Coladosen und Fertigfraß im adretten Stewardessenkostüm auch an vermummte Hundingkämpfer (bei deren Anblick mein älterer Sitznachbar sehr scharf den Atem einsog), betäubt den Gatten und gibt sich dem Bruder in ewiger Liebe hin. Das Ganze war ein wenig nichtssagend, wurde aber durch die fabelhaften Angelina Ruzzafante und Robert Künzli als inzestuöses Geschwisterpaar ausgeglichen.

[singlepic id=2015 w=320 h=240 float=right]Im zweiten Aufzug geht dann die Post ab: Filmproduzent Wotan sitzt in seinem Büro mit fabelhaftem Ausblick auf eine nächtliche Großstadt und wird von seiner Frau Fricka für seine Unterstützung des ehebrecherischen Siegmund in dessen Zweikampf mit dem gehörnten Hunding zur Sau gemacht. Fabelhaft, wie Rita Kapfhammer ihren Göttergatten Ulf Paulsen einfach niedersingt, obwohl der eigentlich unglaublich stimmgewaltig ist und an diesem Abend eine seiner besten Leistungen zeigt. Er gibt Drehbuchanweisungen an Brünnhilde, Siegmund über die Klinge springen zu lassen, aber die reißt die Regie an sich und erst sein persönliches Eingreifen entscheidet den Zweikampf zugunsten Hundings. Sehr genial hier die direkte Projektion der durch einen Kameramann (Kruno Vrbat) aufgenommenen Bühne an die schon bekannten halbrunden Prospekte in wechselnde Szenen, so finden sich Siegmund und Sieglinde zum Beispiel am Mount Rushmore wieder.

[singlepic id=2016 w=320 h=240 float=left]Im dritten Aufzug begegnet dem Zuseher dann zum ersten Mal der kubische Brünnhildenfelsen, momentan allerdings Partylocation der aufgedonnerten Walküren und ein bisschen leckerem Personal. Brünnhilde bringt Sieglinde und das im Zweikampf zerschlagene Schwert Notung in Sicherheit, damit sie den Helden Siegfried auf die Welt bringen kann. Sonst gäbs ja keinen dritten und vierten Teil des Rings. Das war spannend und kurzweilig. Wotan ist durch Brünnhildes eigenmächtiges Handeln so erzürnt, dass er sie zur Strafe in den Felsen verbannt und sie erst wieder rauslassen will, wenn sie ein Heimchen am Herd wird. Immerhin gesteht er ihr zu, zwar keine Dornenhecke wie bei Dornröschen, aber immerhin einen Ring aus Feuer um den Felsen zu legen, damit sie nicht gleich mit dem erstbesten Schwachkopf mitgehen muss. Brünnhilde, gar nicht dumm, denkt dabei natürlich an den noch nicht mal geborenen Siegfried. Mit Altersunterschieden hatten die Nibelungen anscheinend kein Problem. Kammersängerin Iordanka Derilova zeichnete ein stimmstarkes und gleichzeitig berührendes Porträt der Brünnhilde.

[singlepic id=2017 w=320 h=240 float=right]Intendant und Regisseur André Bücker erzählte übrigens später, der Felsen wäre mitnichten elektronisch gesteuert, sondern darin säßen zwei Techniker, die den Kubus live drehen. Hut ab, kann man da nur sagen. Überhaupt stellt die ganze Bühne (Jan Steigert) hohe technische Anforderungen, die fantastisch gemeistert werden. Natürlich gibt es auch wieder jede Menge Projektionen (Frank Vetter, Michael Ott), die wieder sehr anstrengend fürs Auge sind. Für den Zyklus werde ich mir wohl Tropfen besorgen.

Die Anhaltische Philharmonie Dessau unter GMD Antony Hermus begeisterte das Publikum mal wieder mit einem Spitzen-Wagner. Am Ende Standing Ovations für alle Beteiligten.

Musikalische Leitung Antony Hermus, Inszenierung André Bücker, Bühne Jan Steigert, Kostüme Suse Tobisch, Projektionen Michael Ott | Frank Vetter, Dramaturgie Felix Losert

Siegmund Robert Künzli, Sieglinde Angelina Ruzzafante,Hunding Stephan Klemm, Wotan Ulf Paulsen, Fricka Rita Kapfhammer, Brünnhilde KS Iordanka Derilova, Helmwige Einat Ziv, Gerhilde Gerit Ada Hammer, Ortlinde Cornelia Marschall, Waltraute Anne Weinkauf, Siegrune Kristina Baran, Roßweiße Jagna Rotkiewicz, Grimgerde Gwendolyn Reid Kuhlmann, Schwertleite Constanze Wilhelm, Kameramann Kruno Vrbat, Statisterie des Anhaltischen Theaters, Anhaltische Philharmonie Dessau

Weitere Vorstellungen: 05.10.14, 16.00, 18.10.14, 17.00, 23.11.14, 16.00, 18.01.15, 16.00, 14.05.15, 18.00, 24.06.15, 17.00

Spieldauer ca 5 Stunden (inkl. 2 Pausen)

Foto Claudia Heysel

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