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Der Bettelstudent, 20.05.2013, Gärtnerplatztheater (in der Philharmonie Köln)

[singlepic id=1536 w=320 h=240 float=left]Nach Boccaccio in 2009 und Viva la Mamma! in 2011 war das die dritte konzertante Aufführung eines Gärtnerplatz-Stückes, das ich in der Philharmonie Köln erlebt habe. Wieder gelang es allen Beteiligten, die Atmosphäre des Stückes einzufangen und auch bei einer konzertanten Aufführung das Schauspielerische nicht zu kurz kommen zu lassen.

Dazu genügten die Kostüme und ein Möbelstück. Und ein Ensemble, das mit Lust dabei war. Ich gestehe, mir hat Der Bettelstudent anfangs nicht gefallen, ich fand die Melodien irgendwie doof und bis auf den Schulterkuss kannte ich nichts. Das hat sich nach dem zweiten Mal sehen und hören aber schon geändert und nun haben sich die Melodien in meinem Kopf festgesetzt und spuken da von Zeit zu Zeit rum. Musikalisch war es sehr schön und durch den weitgehenden Wegfall des Szenischen (lediglich die Auftritte und Abgänge und, soweit es die Platzverhältnisse zuließen, choreographische Elemente wurden gespielt) konnte ich mich ganz auf den Text konzentrieren und habe diesmal wirklich alles bis ins kleinste verstanden 😉

Elvira Hasanagic ist wirklich eine ganz fantastische Laura. Ihr glockenheller Sopran überstrahlte bereits im Prinzregententheater mit Leichtigkeit auch große Ensembles, hoffentlich gibt es ein Wiedersehen mit der talentierten jungen Sängerin. Zusammen mit ihrem Bühnenpartner Daniel Prohaska, der wieder dem Symon Symonowicz sehr schön Stimme und Gestalt verlieh, sang sie das Liebesduett Ich setz den Fall ausgesprochend berührend. Auch das zweite Paar, Simona Eisinger als Bronislava und Mathias Hausmann als Jan Janicki, glänzten in ihrem Duett besonders, beide sind wirklich hervorragende Sänger und Darsteller. Besonders gut gefallen hat mir übrigens die Kombination von Tenor mit Bariton; die eigentlich vorgeschriebene Tenor/Tenor-Variante kann ich mir insbesondere in den Duetten von Symon und Jan gar nicht richtig vorstellen. Köstlich auch wieder die vier sächsischen Offiziere, angeführt von Holger Ohlmann. Der Ollendorf bekam für die extra für Köln gedichtete Strophe des Couplets rauschenden Applaus. Torsten Frisch sächselte den Enterich akustisch sehr verständlich und machte die Rolle damit zu einem kleinen Höhepunkt. Susanne Heyng bei ihrem wirklich letzten Auftritt für das Gärtnerplatztheater vor dem Ruhestand, Franz Wyzner, Frances Lucey und Martin Hausmann komplettierten das bestens aufgelegte Ensemble.

Der Chor zeigte, dass er auch singen kann, wenn er nicht spielt, und Florian Wolf, Stefan Thomas und Marcus Wandl erfüllten ihre kleinen Soli mit Leben.
Ein sehr schöner Abend, der nicht nur mir Spaß gemacht hat. Schade, dass die Vorstellung gleichzeitig die Dernière war.

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Martha, 17. und 18.05.2013, Gärtnerplatztheater (im Theater Heilbronn)

[singlepic id=1534 w=320 h=240 float=left]Gelangweiltes Luxusweibchen möchte zur Abwechslung mal leben wie die gemeine Dienerschaft und lässt sich als Magd anheuern. Einer ihrer Chefs gefällt ihr zwar, aber ihr Standesdünkel gewinnt die Oberhand. Sie haut kurzerhand ab, ohne die Kündigungsfrist einzuhalten, und macht sich über ihren Chef noch lustig. Als dieser sie entdeckt und sie an ihre vertragliche Verpflichtung erinnert, lässt sie ihn sogar ins Gefängnis werfen. Erst als sich rausstellt, dass er ihr sozial und finanziell ebenbürtig ist, macht sie sich an ihn ran und kann schließlich den dicken Fisch an Land ziehen.

Eigentlich eine ziemlich blöde Kuh, die Lady Harriet Durham, aber Friedrich von Flotow hat ihr so schöne Melodien auf den Leib geschrieben, dass man ihr verzeihen kann. Auch ihre Gesellschafterin Nancy, die ebenso snobistisch ist und sich am Ende den Ziehbruder des Adeligen in disguise angelt, ist keine sympathische Figur. Außerdem finde ich die Inszenierung von Loriot zwar ganz nett, viktorianisch angehaucht mit schönen choreografischen Elementen. An einigen Stellen übertreibt er es aber ein bisschen, so zum Beispiel mit diesen doofen Pferdchen, die nichts anderes machen als einmal über die Bühne zu hüpfen und damit einen Riesenapplaus einsacken. Hier wird die Manipulation des Zuschauers zu offensichtlich, um noch Spass zu machen. Oder wenn der Kellner (in diesen beiden Vorstellungen wirklich hinreißend gespielt) hinten Krach und Spässchen macht, während der Tenor vorne eine wirklich zauberhafte und sicher nicht ganz einfache Arie singt. Ich mag es nicht, wenn man Musik vorsätzlich stört, und auf ironische Brechungen kann ich gerne verzichten.

[singlepic id=1535 w=320 h=240 float=right]Warum ich dann bis nach Heilbronn reise, um mir die vorerst letzten beiden Vorstellungen anzusehen? Weil ich die Musik unglaublich gerne mag. Und ich die Chorszenen liebe. Ich kann nähen, ich kann mähen, ich kann säen…, neben dem Mondlied aus Die Lustigen Weiber von Windsor, ist mein Favorit. Und wenn der hervorragende Chor und Extrachor des Gärtnerplatztheaters auf der Bühne steht, ist es eine Lust und eine Freude, zuzusehen und zuzuhören. Chormitglied Marcus Wandl sang sogar den Richter, von ganz hinten auf der Bühne füllte er das Theater bis in den letzten Winkel, in dem ich saß, mit seinem kräftigen Bass. Glänzend auch wieder Christian Schwabe als Diener des Lord Tristan sowie Annette Müller, Isabella Chamier und Simone Stäger als Mägde.

Neben meinem Lieblingschor war es natürlich auch wieder schön, einige bekannte Gesichter zu sehen. So gefiel mir Martin Hausberg als besagter Lord Tristan an diesen beiden Abenden wirklich ganz ausgezeichnet, und auch Holger Ohlmann war als Plumkett szenisch und musikalisch bestens disponiert. Die Gäste Johannes Chum als Lyonel und Inga-Britt Andersson ergänzten die beiden sehr gut.
Es bleibt zu hoffen, dass die beiden als “zum vorerst letzten Mal” angekündigten Vorstellungen nicht die letzten waren und dieses Schmuckstück dann im wiederöffneten Stammhaus am Gärtnerplatz wieder ins Repertoire aufgenommen wird.

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Premiere Die Liebe zu den drei Orangen, 06.05.2011, Gärtnerplatztheater

[singlepic id=951 w=320 h=240 float=left]Auch bei seiner zweiten Inszenierung am schönsten Theater Münchens hat Regisseur Immo Karaman und sein Team eine hervorragende künstlerische und sehr sinnliche Arbeit abgeliefert. Die Handlung spielt in der Entstehungszeit, die Figuren sind von Otto Dix und anderen Künstlern dieser Zeit geprägt. Und tatsächlich hat jede Figur eine eigene Persönlichkeit, eine bestimmte Art, sich zu bewegen. Hier merkt man sehr deutlich, dass Choreograf Fabian Posca nicht nur mit dem Extraballett, sondern auch mit den Solisten und dem Chor viel und erfolgreich gearbeitet hat.
Die Bühne vom Ausstattungsteam Timo Dentler und Okarina Peter besteht nur aus einem Kasten, der ein aufgeschnittenes Zimmer, einen Salon oder Foyer, darstellt. Dieser Kasten wird nicht nur durch die Drehbühne, sondern auch durch Bühnenmitarbeiter bewegt, teilweise mit 60 Personen darauf, dafür hätten diese eigentlich am Ende einen Sonderapplaus verdient gehabt. Die teilweise gegenläufigen Bewegungen erzeugen vor allem im ersten Teil sehr viel Dynamik und Spannung. Die Kostüme sind zeit- und typgerecht. Applaus brandete bereits auf, als sich der Vorhang zu Beginn hob und den Kasten, der in diesem Fall wie ein Bilderrahmen wirkt, der bis auf den letzten Zentimeter mit Menschen gefüllt ist, enthüllte.
Das Orchester unter Anthony Bramall beeindruckte mit präzisem Spiel, dass es öfter ziemlich laut war, ist sicher der schieren Anzahl an Musikern im Graben geschuldet.
Bewundernswert waren die Tänzer, die sich in vielen verschiedenen Rollen präsentierten und jeder Figur ein anderes “Gesicht” gaben.
Der Chor verstand es wie immer, ausgezeichneten Gesang mit ebensolcher Darstellung zu verbinden und hatte einen erheblichen Anteil am Erfolg des Abends. Zwei seiner Mitglieder, die kurzfristig für die erkrankte Solistin als Linetta eingesprungene Brigitte Lang und Marcus Wandl als Herold zeigten, dass sie nicht nur in der Gemeinschaft eine gute Figur machen, sondern durchaus auch solistisch einsetzbar sind. Zwei Gäste, Stephan Klemm als König und Kouta Räsänen als Tschelio erwiesen sich als gute Wahl. Hochkarätig aus dem Ensemble besetzt waren alle weiteren Rollen, ob groß oder klein. Robert Sellier, Christina Gerstberger und Sebastian Campione überzeugten ebenso wie Franziska Rabl, Sibylla Duffe und Tilmann Unger. Holger Ohlmann als Köchin bewegte sich auf schwindelerregend hohen Absätzen, als ob es sein normales Schuhwerk wäre und zog darstellerisch und musikalisch alle Register von dämonisch bis schmeichlerisch. Daniel Fiolka spielte und sang den Pantalone sehr überzeugend und Frances Lucey wechselte gekonnt zwischen den verschiedenen Facetten der Smeraldine. Cornel Frey als Truffaldino war ein Spassmacher der anderen Art, anfangs erinnerte mich seine Gestik an die Bauchrednerpuppe aus “Death in Venice”, das gab sich aber im Laufe des Abends. Die Rolle ist ihm quasi auf den Leib geschrieben. Gary Martin als Leander verwandelte sich in einen selbstverliebten Schönling mit präzisen Bewegungen und Gesang. Last but not least zeigte sich Rita Kapfhammer als Idealbesetzung der Fata Morgana, sie beeindruckte mit Stimmumfang und Darstellung.
Ein fantastische Premiere, die noch viele Blicke wert ist, besonders vor der Pause kann man immer wieder neue Details entdecken. Das Publikum jubelte lange und einhellig allen Beteiligten zu.

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