[singlepic id=1129 w=320 h=240 float=left]Ein Mann, der viele Frauen haben kann, aber die eine, die er will, die bekommt er nicht. Eine Story, wie aus dem Leben gegriffen. Sie ist zwar in diesem Fall schon etwas älter, nämlich knapp zweihundert Jahre, aber durchaus noch aktuell. Deshalb macht es auch Sinn, dass Regisseur Thomas Enzinger das Stück quasi in die Gegenwart verlegt, es spielt auf einem Kreuzfahrtschiff des Bey Mustafa. Verschiebbare Wände (Bühne und Kostüme Toto) schaffen intime Räume wie das Boudoir der Isabella genauso wie das Sonnendeck des Schiffes.
Die Inszenierung besticht vor allem durch witzige Einfälle und die totale Übereinstimmung mit der Musik. Dadurch gelingt es, die Geschichte auch ohne Worte zu erzählen. Das hilft ungemein, denn entgegen der Tradition des Gärtnerplatztheaters wird diese Oper von Gioachino Rossini in der Originalsprache mit deutschen Übertiteln, die leider teilweise sehr schlecht lesbar sind, aufgeführt. So, wie Thomas Enzinger das Stück auf die Bühne gebracht hat, könnte es auch in Mandarin gesungen werden und man würde die Handlung trotzdem verstehen.
Bereits zu Beginn stellt sich der Zuschauer die Frage, warum der Bey eine so bezaubernde Elvira wie Ella Tyran links liegen lässt, mit zuweilen aufblitzendem strahlendem Lächeln und glockenhellem Sopran zieht sie jeden Zuschauer auf ihre Seite. Nach dem Willen von Mr Großkotz soll sie mit dem Sklaven Lindoro (hervorragend Cornel Frey) verheiratet und in dessen Heimat Italien abgeschoben werden. Der möchte da zwar gerne hin, allerdings nicht mit einer Frau im Schlepptau, wünscht er sich doch nichts sehnlicher als wieder mit seiner geliebten Isabella zusammen zu sein. Die ist allerdings eine Frau mit Tatkraft und Energie und macht sich selbst auf die Suche nach ihm und landet Mary-Poppins-Like just auf dem Schiff des Bey. Hier zieht sie alle Register und tanzt nicht nur dem verliebten Bey auf der Nase herum, sondern auch Taddeo, der sie verehrt, sie in die Ferne begleitet und sich durch Lindoros Abwesenheit Chancen bei ihr ausgerechnet hat. Der Schluss ist etwas überraschend, passt aber ausgezeichnet zur Deutung von Enzinger.
[singlepic id=1128 w=240 h=320 float=right]Besonders gut hat mir an diesem Abend Juan Fernando Gutiérrez gefallen. Seine Stimme ist im Vergleich zur letzten Spielzeit noch voller und runder geworden und sein Spielwitz passt genau zur Rolle. Wenn er eine klitzekleine Pause zwischen “Grazie” und “obbligato” macht, weiß man, was man von dem Dank zu halten hat. Gleichermaßen beliebt beim Publikum sind Stefan Sevenich als Bey und Rita Kapfhammer als Isabella. Bei der kultigen Saunaszene zeigt Herr Sevenich sein ganzes tänzerisches und akrobatisches Können. Bei allem Applaus dafür darf man aber nicht vergessen, dass er quasi nebenbei noch eine umfangreiche und schwierige Partie meistert. Die Rolle des Mustafa ist mit ihm wirklich optimal besetzt. Das gleiche gilt für die Isabella von Rita Kapfhammer. Neben enormen Stimmumfang zeigt sie auch unglaubliche Bühnenpräsenz. Wer von den Herren im Zuschauerraum möchte da nicht mit dem Bey tauschen, wenn er sich mit ihr mit ihr zum “Kaffeetrinken” trifft, nachdem sie sich zuvor in lasziv-erotischer Weise für das Treffen fein gemacht hat.
Die Rollen des Haly und von Elviras Vertrauten Zulma sind mit Derrick Ballard und Carolin Neukamm luxuriös besetzt. Dem Herrenchor merkt man an, dass sie Spass an dieser Produktion haben, sie singen, tanzen und wirbeln über die Bühne, dass eine Lust ist. Das Orchester unter Lukas Beikircher lief zu gewohnter Höchstform auf und rundete diesen ausgezeichneten Opernabend ab.
Leider kommt diese hervorragende Produktion nur noch viermal, dann verschwindet sie wohl für immer. Also schnell los und Karten sichern!
Adieu, mon amour! Dabei haben wir uns gar nicht so oft gesehen, wir zwei, nur dreizehn Mal, aber es war Liebe auf den ersten Blick. Dabei bist Du gar nicht so traditionell daher gekommen, wie ich es eigentlich gerne mag, sondern warst immer ein bisschen schrill, ein bisschen laut, ein bisschen bunt. Aber eben nie zu schrill, zu laut, zu bunt. Im Gegenteil, Du warst unglaublich sinnlich und hast mir immer das Gefühl gegeben, dass alles richtig ist. Du hast mich gefangen genommen mit Deinen wunderschönen Bildern, hast mir die Musik Prokofjews nahe gebracht und mich für Otto Dix interessiert. Du hast mich fasziniert mit Deiner Ausstrahlung und in Atem gehalten mit deiner Spannung. Du bist das schönste, was am Gärtnerplatz in den letzten viereinhalb Jahren gespielt wurde.
Am 10.12.2011 kannst Du Dich ein letztes Mal in voller Pracht zeigen, aber ich werde nicht dabei sein, deshalb habe ich jetzt schon Abschied von Dir genommen. Danach wirst Du in der Versenkung verschwinden. Was für eine Verschwendung.
Nach einer Pause von einem Monat stand das Erfolgsstück wieder auf dem Programm, wieder praktisch bis auf den letzten Platz ausverkauft, mit einem sehr enthusiastischem Publikum und wie immer fast durchgehend mit guter Besetzung.
Nur der Lindoro, dem kann ich einfach nicht zuhören. Diese Stimme liegt mir so was von überhaupt nicht, zudem klang er diesmal leicht erkältet. Ansonsten war wieder alles vom Feinsten, Rita Kapfhammer mit ihrem ausdrucksvollen Mezzo legte bei “Per lui che adoro” noch eins drauf und zeigte die wohl heißeste Ankleideszene dieser Spielzeit. Stefan Sevenich, am Tag zuvor noch die resolute Mamma Agata, spielte, sang und tanzte sich trotz Machoallüren in die Herzen der Zuschauer beiderlei Geschlechts.
Ergänzt wurde dieses tolle Paar durch die sehr guten Ensemblemitglieder Stefanie Kunschke, Derrick Ballard und Carolin Neukamm sowie Manuel Wiencke als Gast in der Rolle des Taddeo. Auch der Herrenchor und das Orchester unter Liviu Petcu trugen zum Gelingen dieses schönen Opernabends bei.
Warum habe ich die Musik eigentlich jemals als zu laut und sperrig empfunden? Ich verstehe das jetzt nicht mehr. In der Pause und am Ende klingt die Musik in mir nach, setzt sich in meinem Kopf fest, will mich noch nach Hause begleiten.
Musikalisch ist der Abend genau so ein sinnliches Erlebnis wie szenisch. Das Orchester unter Anthony Bramall arbeitet die leisen Töne genauso präzise heraus wie die schmetternden Töne der Blechbläser dass es eine Lust ist zuzuhören. Der Chor singt fantastisch, die einzelnen Stimmen weben einen schier unglaublichen Klangteppich und dabei spielen sie noch jeder ihre ganz individuelle Rolle – ich kann mir nicht vorstellen, dass man an einem deutschen Opernhaus derzeit besseres präsentiert bekommt. Die Solisten sind alle großartig, diese Besetzungsliste trägt die Handschrift eines wahren Meisters. Ich nenne deshalb nur ein paar ganz persönliche Favoriten: Cornel Frey als Truffaldino, Spiel und Gesang ergeben eine Einheit, die schwer zu übertreffen sein dürfte. Gary Martin, der einen klangvollen Bariton mit ein bisschen Verschlagenheit mischt und damit den perfekten Leander kreiert. Holger Ohlmann, nicht nur eine Bilderbuchköchin. Daniel Fiolka, der dem alten Mann Pantalone erstaunlich viel Kraft verleiht. Sebastian Campione, dem als Farfarello nicht nur die Glatze gut steht. Marcus Wandl (ob man es irgendwann schafft, auf der Homepage seinen Namen richtig zu schreiben?), der als Herold beeindruckt und sich für weitere Chorsoli empfiehlt. Die immer wieder aufs neue faszinierende Rita Kapfhammer, die die Sopranpartie der Fata Morgana mit ihrem umfangreichen Mezzo mühelos meistert und auch im Negligé eine gute Figur macht.
Darin liegt ein Teil der Sinnlichkeit dieser Inszenierung: Immo Karaman zeigt schöne Körper: die des Extraballetts, der Prinzessinnen und andere. Und das wirkt nie peinlich oder abstoßend, sondern ästhetisch und genau auf die Musik passend. Es gibt auch immer wieder noch etwas zu entdecken, wie sich die Protagonisten aus der Menge schälen, eine präzise Handbewegung, ein Blick. Wirklich faszinierend finde ich, dass der erste Applaus schon kommt, bevor eine Note gespielt und gesungen ist, einzig dieses wunderbaren Bildes am Anfang wegen. Diese Inszenierung ist meiner Meinung nach die Beste bisher in der Intendanz von Herrn Dr. Peters. Sie wurde nach der Premiere mit dem Stern der Woche der Abendzeitung und der Rose der Woche der tz ausgezeichnet und ist ein ganz heißer Anwärter auf den Jahrespreis. Karten sollte man sich hier bald sichern.
[singlepic id=983 w=320 h=240 float=left]Die zweite Vorstellung nach der Premiere ist für mich normalerweise ein Muss, um die erste Vorstellung der Alternativbesetzung zu sehen. Nachdem hier aber praktisch alle Partien einfach besetzt sind, fiel dieser Aspekt zumindest weg. Ein anderer trat aber ziemlich deutlich zu Tage: obwohl ich näher dran saß, erschien es mir bei weitem nicht so laut wie bei der Premiere. Entweder ein Akustikphänomen oder Gewöhnung, jedenfalls war es ein Genuß, der Musik hinterherzulauschen, den leisen Tönen der Holzbläser, den schmetternden der Blechbläser, den feinen der Streicher. Wenn man genau hinhört, kann man die Herausarbeitung der Motive durch Prokofjew und ihre Farbigkeit nur bewundern. Die Musik ist durchaus eingängig und wirkt nur beim ersten Hinhören sperrig.
Gesungen und vor allem gespielt wurde gut bis sehr gut. Das ist es, was dieses Ensemble, Chor mit eingeschlossen, auszeichnet: es sind fast durch die Bank exzellente Sängerschauspieler, die ein Haus von der Größe des schönsten Theater Münchens einfach braucht um das Gesamtkunstwerk Oper glaubwürdig und mitreißend auf die Bühne zu bringen. Wenn, wie in diesem Fall, noch eine herausragende Regie, schöne Kostüme, ein interessantes Bühnenbild, tolles Licht und eine bis aufs i-Tüpfelchen passende Choreografie, die von den Sängern ebenso gut umgesetzt wird wie von den Klassetänzern des Extraballetts, dann ist das ein Abend, der im Gedächtnis bleibt. Viel besser kann man es eigentlich nicht machen.
[singlepic id=951 w=320 h=240 float=left]Auch bei seiner zweiten Inszenierung am schönsten Theater Münchens hat Regisseur Immo Karaman und sein Team eine hervorragende künstlerische und sehr sinnliche Arbeit abgeliefert. Die Handlung spielt in der Entstehungszeit, die Figuren sind von Otto Dix und anderen Künstlern dieser Zeit geprägt. Und tatsächlich hat jede Figur eine eigene Persönlichkeit, eine bestimmte Art, sich zu bewegen. Hier merkt man sehr deutlich, dass Choreograf Fabian Posca nicht nur mit dem Extraballett, sondern auch mit den Solisten und dem Chor viel und erfolgreich gearbeitet hat.
Die Bühne vom Ausstattungsteam Timo Dentler und Okarina Peter besteht nur aus einem Kasten, der ein aufgeschnittenes Zimmer, einen Salon oder Foyer, darstellt. Dieser Kasten wird nicht nur durch die Drehbühne, sondern auch durch Bühnenmitarbeiter bewegt, teilweise mit 60 Personen darauf, dafür hätten diese eigentlich am Ende einen Sonderapplaus verdient gehabt. Die teilweise gegenläufigen Bewegungen erzeugen vor allem im ersten Teil sehr viel Dynamik und Spannung. Die Kostüme sind zeit- und typgerecht. Applaus brandete bereits auf, als sich der Vorhang zu Beginn hob und den Kasten, der in diesem Fall wie ein Bilderrahmen wirkt, der bis auf den letzten Zentimeter mit Menschen gefüllt ist, enthüllte.
Das Orchester unter Anthony Bramall beeindruckte mit präzisem Spiel, dass es öfter ziemlich laut war, ist sicher der schieren Anzahl an Musikern im Graben geschuldet.
Bewundernswert waren die Tänzer, die sich in vielen verschiedenen Rollen präsentierten und jeder Figur ein anderes “Gesicht” gaben.
Der Chor verstand es wie immer, ausgezeichneten Gesang mit ebensolcher Darstellung zu verbinden und hatte einen erheblichen Anteil am Erfolg des Abends. Zwei seiner Mitglieder, die kurzfristig für die erkrankte Solistin als Linetta eingesprungene Brigitte Lang und Marcus Wandl als Herold zeigten, dass sie nicht nur in der Gemeinschaft eine gute Figur machen, sondern durchaus auch solistisch einsetzbar sind. Zwei Gäste, Stephan Klemm als König und Kouta Räsänen als Tschelio erwiesen sich als gute Wahl. Hochkarätig aus dem Ensemble besetzt waren alle weiteren Rollen, ob groß oder klein. Robert Sellier, Christina Gerstberger und Sebastian Campione überzeugten ebenso wie Franziska Rabl, Sibylla Duffe und Tilmann Unger. Holger Ohlmann als Köchin bewegte sich auf schwindelerregend hohen Absätzen, als ob es sein normales Schuhwerk wäre und zog darstellerisch und musikalisch alle Register von dämonisch bis schmeichlerisch. Daniel Fiolka spielte und sang den Pantalone sehr überzeugend und Frances Lucey wechselte gekonnt zwischen den verschiedenen Facetten der Smeraldine. Cornel Frey als Truffaldino war ein Spassmacher der anderen Art, anfangs erinnerte mich seine Gestik an die Bauchrednerpuppe aus “Death in Venice”, das gab sich aber im Laufe des Abends. Die Rolle ist ihm quasi auf den Leib geschrieben. Gary Martin als Leander verwandelte sich in einen selbstverliebten Schönling mit präzisen Bewegungen und Gesang. Last but not least zeigte sich Rita Kapfhammer als Idealbesetzung der Fata Morgana, sie beeindruckte mit Stimmumfang und Darstellung.
Ein fantastische Premiere, die noch viele Blicke wert ist, besonders vor der Pause kann man immer wieder neue Details entdecken. Das Publikum jubelte lange und einhellig allen Beteiligten zu.
Eigentlich wäre heute ja die zweite Mamma auf dem Programm gestanden, aber da es weiterhin eine Erkrankung im Ensemble gabt, wurde kurzerhand eine Italienerin angesetzt und alle diejenigen, die bisher keine Karte ergattern konnten, hatten nun eine Chance.
Sabrina Kögel als Gast aus Karlsruhe sang die Zulma, ganz hervorragend, wie ich fand. Ansonsten machten wieder das Dream Team Rita Kapfhammer und Stefan Sevenich, unterstützt von Stefanie Kunschke, Sebastian Campione, Juan Fernando Gutiérrez,dem Herrenchor, der Damenstatisterie und dem Orchester unter Lukas Beikircher den Abend zu einem vollen Erfolg. Ich könnte mir das Stück zwei Mal täglich ansehen – über einen längeren Zeitraum 😀
Auch an diesem Abend sang Cornel Frey den Lindoro, wiederum sehr schön und strahlend. Abweichend vom letzten Donnerstag sang Derrick Ballard den Haly, mit einer sehr schönen Arie im zweiten Akt.
Ansonsten wieder: ausverkauftes Haus, Jubel, das geniale Duo Rita Kapfhammer und Stefan Sevenich, Italienerin eben 😉
An diesem Abend hatte ich das Glück, Cornel Frey das erste Mal in der Partie des Lindoro zu sehen und das war ein echtes Erlebnis. Höhensicher und strahlend meisterte er die schwierige Rolle ausgezeichnet. So uns nicht anders muss es für mich klingen. Er fügte sich harmonisch ins Ensemble ein, schade, dass ich ihn nicht öfter erleben kann.
Rita Kapfhammer und Stefan Sevenich sind wirklich ein prachtvolles Duo, beide sind mit ihrem Sinn für Komik, starker Bühnenpräsenz und dabei exzellentem Gesang zu Recht die Stars des Abends. Aber auch Stefanie Kunschke, Carolin Neukamm, Manuel Wiencke, Sebastian Campione, Chor und Orchester tragen mit sehr guten Einzelleistungen zum hervorragenden Ensemble bei und bekommen sowohl schon zur Pause wie auch am Ende verdienten stürmischen Beifall.
In dieser Vorstellung war ich zum ersten Mal mit meiner lieben Freundin aus lang vergangenen Schultagen. Sie fand es ziemlich klamaukig, aber ansonsten gut. Ich finde die Musik sehr präzise umgesetzt und wenn diese das klaumaukige hergibt, warum nicht. Es ist jedenfalls Gute-Laune-Musik mit einer Gute-Laune-Inszenierung und einem Gute-Laune-Ensemble. Und die Besucherlassen sich von dieser guten Laune anstecken und erzählen es weiter, wie gut sie sich amüsiert haben, so ziemlich jede Vorstellung bisher war ausverkauft und auch für die verbleibenden werden die Karten langsam knapp.
Letzte Kommentare