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Falstaff, 27.05.2012, Gärtnerplatztheater (im Prinzregententheater)

[singlepic id=1316 w=320 h=240 float=left]Empfand ich den Falstaff nach der Premiere noch als zu trocken, so hat sich dies im Laufe von fünf Vorstellungen doch gewandelt. Mittlerweile ignoriere ich die Übertitel komplett und konzentriere mich auf das Bühnengeschehen. So fallen mir auch viele kleine Gesten auf, die dem Ganzen mehr Biss geben. Meiner Meinung nach hätte ein bisschen mehr Komik bei den Frauen dem Stück ganz gut getan, dass der Regisseur Ulrich Peters dieses Genre gut beherrscht, hat er ja mit Fra Diavolo, Boccaccio und der Fledermaus hinreichend bewiesen. So aber bleibt es dabei, dass ich Die lustigen Weiber von Windsor dem Falstaff vorziehen würde, was die Umsetzung des Stoffes von Shakespeare betrifft. Dazu kommt noch, dass mir einfach keine Melodien im Kopf bleiben. Bei Nicolais Oper habe ich mich schwer damit getan, sie wieder aus meinem Kopf zu verbannen, aber hier bleibt nichts. Ich kann zwar, sobald ein Stück anfängt, zum Beispiel die wunderbare Arie des Fenton, genau sagen, wie es weitergeht, aber schon auf dem Nachhauseweg habe ich die Melodie vergessen. Naja, vielleicht schaffe ich es noch bis zur letzten Vorstellung, mir wenigstens ein bisschen was zu merken.

[singlepic id=1320 w=240 h=320 float=right]In der Besetzung gab es zwei Änderungen gegenüber der Premiere: Heike Susanne Daum sang bereits zum zweiten Mal die Alice, sie singt zwar fabelhaft, ist mir aber ansonsten ein bisschen zu bieder. Wer weiß, wieviel Schwung sie dem Stück hätte geben können, wenn man sie nicht so offensichtlich ausgebremst hätte. Ella Tyran darf als Nannetta ihre ganze Natürlichkeit zeigen, ihr bezauberndes Lächeln und sie kann ihre wunderbare Stimme fließen lassen, so dass selbst die Spitzentöne klar und rein klingen.

Auch die restlichen Protagonisten überzeugten wieder voll und ganz: Franziska Rabl und Ann Katrin Naidu scheinen die Partien der Meg bzw. der Mrs Quickly (wo ist eigentlich Mr Quickly, wenn sie am Ende mit Falstaff anbandelt?) auf den Leib geschrieben zu sein. Hans Kittelmann, Martin Hausberg und Mario Podrečnik sind ein köstliches Terzett, wobei besonders letzterer mit burleskem Spiel heraussticht. Robert Sellier singt den Fenton einfach klasse, ein Wunder, dass Nannetta nicht ständig in Ohnmacht fällt, wenn er für sie singt. Gary Martin ist stimmlich und szenisch ein sehr überzeugender Ford. Die Wandlungsfähigkeit dieses Ausnahmetalents ist wirklich ganz erstaunlich, immerhin war seine letzte Premiere im März der Joseph Süß in der gleichnamigen Oper von Detlev Glanert. Es gibt sicher nicht sehr viele Sänger, die beide Partien in einer Spielzeit so ausgezeichnet gesungen haben. Der Star des Abends ist aber, wie jeden Abend, Gregor Dalal als Falstaff. Er meistert diese große Rolle wirklich bravourös und lässt sich nicht mal ein Handicap anmerken, wegen dem es am Vorabend eine Ansage gab. Tolle Leistung!

Der Chor spielt wie immer ganz hervorragend mit und das Orchester unter Lukas Beikircher zeigt sein ganzes Können. Eine sehr schöne Vorstellung! Leider kommt das Stück nur noch drei Mal in München, am 31.5. und am 2. und 4.6.

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Premiere Falstaff, 18.05.2012, Prinzregententheater II

Meine Gedanken zur Premiere des Falstaff finden sich wieder bei mucbook.

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Heute hier, morgen dort – Abschiedsgala, 22.04.2012 (20.00 Uhr), Gärtnerplatztheater

[singlepic id=1308 w=320 h=240 float=left]Selten hat ein Songtext auf eine Situation besser gepasst als dieser. Es war ja nicht nur ein Abschied von einem liebgewordenen Haus, sondern auch von vielen liebgewordenen Menschen. Meine Theaterleidenschaft begann im Mai 2007 und so konnte ich an diesem Abend viele Stücke noch mal Revue passieren lassen. In diesem Haus habe ich gelernt zu sehen, zu hören, zu fühlen und Gefühle zuzulassen. Ich bin sehr dankbar, dass ich so viel Neues kennenlernen durfte. Ich werde sicher noch viele Jahre davon profitieren.

Die musikalische Leitung dieses Galaabends hatten Lukas Beikircher, Andreas Kowalewitz, Jörn Hinnerk Andresen und Liviu Petcu inne. Die meisten Stücke wurden vom Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz begleitet, das damit mal wieder seine Vielseitigkeit und Ausdauer unter Beweis stellte. Die Choreografie des TTM stammte von Hans Henning Paar, der Chor wurde von Jörn Hinnerk Andresen einstudiert, die wahrlich nicht leichte Aufgabe der Programmkoordination hatte Gabriele Brousek zu bewältigen. Für die szenische Einrichtung und Spielleitung zeichnete Thomas Schramm verantwortlich, am Inspizientenpult saß Andreas Ehlers. Rolf Essers beleuchtete ganz ausgezeichnet und Dirk Buttgereit und Daniel Ployer betreuten den Ton hervorragend.

Der Abend begann mit einem Stück, mit dem ich auch meine erste aktive Erinnerung an das schönste Theater Münchens verbinde. Irgendwann in den Neunzigern hatte ich hier eine MY FAIR LADY gesehen und bis heute ist es eines meiner Lieblingsstücke. Marianne Larsen, die die Rolle der Eliza lange hervorragend verkörpert hat, trat im Kostüm ihrer anderen Glanzrolle auf: Mrs Lovett aus SWEENEY TODD. In diesen beiden Partien konnte sie ihr großartiges Musicaltalent voll ausspielen, wollte man mehr davon sehen, musste man ziemlich weit nach Osten fahren. Sie bot ihrer würdigen Rollennachfolgerin Milica Jovanovic dann auch Pasteten an, die erste war voll Alkohol (was da wohl drin war 😉 ), die letzte war marode und das war natürlich ganz klar das Gärtnerplatztheater. Unterstützt wurden die beiden von Sebastian Campione, Cornel Frey, Hans Kittelmann, Holger Ohlmann und dem Herrenchor.

Nach einem Prolog von Thomas Peters ging es weiter mit dem Überraschungserfolg DIE PIRATEN VON PENZANCE von Gilbert & Sullivan. Diese Stück hat bei mir das Interesse für die Musik des genialen Duos geweckt und seitdem beschäftige ich mich intensiv damit. Wenn das Kampfsignal ertönt schmetterten Thérèse Wincent, Frances Lucey, Ulrike Dostal, Martin Hausberg, der Chor und die Bobbies tanzten ein letztes Mal dazu. Als Schmankerl folgte dann noch das beliebteste Terzett im G&S-Kanon, Als Du uns schnöd verlassen hast, wie immer hinreißend vorgetragen von Rita Kapfhammer, Holger Ohlmann und Robert Sellier.

Sandra Moon sang Tschaikowsky, begleitet von Andreas Kowalewitz, und Neel Jansen und David Valencia zeigten Twin Shadow aus AUGENBLICK VERWEILE. Und weil so ein Dirigent auch wieder von der Bühne in den Graben muss, suchten in der kleinen Pause bis zum nächsten Stück drei fesche Herren im Bademantel die Sauna.

Das Warten hatte sich gelohnt, denn als nächstes stand Gary Martin mit To dream the impossible Dream aus DER MANN VON LA MANCHA an. Schade, dass ich das Stück nie live gesehen habe. Sebastian Campione brachte danach das Haus zum Kochen mit einer extralangen Version seiner Beatbox aus VIVA LA MAMMA. Im Anschluss unterlegte er dann auch noch den etwas abgewandelten Küchenrap aus der OMAMA IM APFELBAUM rhythmisch. Thérèse Wincent und Susanne Heyng zeigten nochmals, dass sie es drauf haben.

Der Chor sang danach Universal Good aus CANDIDE, noch ein Stück, bei dem ich mich ärgere, es nicht gesehen zu haben. Der nächste Programmpunkt, angekündigt durch Hans Henning Paar und Ursula Pscherer, hatte einige interessante Komponenten: konzipiert und einstudiert wurde das Stück von Artemis Sacantanis, ehemalige Solotänzerin und nun Probenleiterin am Haus. Ihr zur Seite standen ehemalige Tänzer des Gärtnerplatztheaters, die jetzt in anderen Berufen am Haus, zum Beispiel Orchesterwart, Probenleiterin oder Leiterin der Kinderstatisterie beschäftigt sind. Ihre Wandlung von „Auf der Bühne“ zu „Hinter der Bühne“ drückte sich sehr schön im Titel inVISIBLEs aus.

Thomas Peters, der am Haus in vielen, vielen Rollen glänzte (unter anderem Freddie in MY FAIR LADY, Dirigent in ORCHESTERPROBE, Toby in SWEENEY TODD und ganz besonders Frosch in der FLEDERMAUS) erinnerte nochmal an sein bezauberndes Stück SHOCKHEADED PETER mit dem Song Der fliegende Robert. Leider habe ich es nur einmal gesehen, anfangs war ich noch nicht ganz so süchtig, zuletzt war ich ja durchschnittlich an vier Abenden in der Woche im Gärtnerplatztheater. Ursache dafür war die Vielfalt und das interessante Programm des Hauses – und das wunderbare Ensemble.

Sehr bewegend war auch der persönliche Abschied von Gunter Sonneson mit Hier im Grandhotel. Ich bin sehr froh, diesen Ausnahmekünstler noch fünfmal als John Styx in ORPHEUS IN DER UNTERWELT erleben zu dürfen. Halt nur leider nicht in München, sondern in Heilbronn.

Im letzten Stück vor der Pause hatten die drei Herren endlich die Sauna gefunden. Das Schiff aus der L’ITALIANA IN ALGERI ist zwar schon vor ein paar Wochen gesunken, aber die beliebteste Szene hatte man offensichtlich retten können. Für Publikumsliebling Stefan Sevenich natürlich ein Heimspiel, für seine beiden Begleiter Cornel Frey und Juan Fernando Gutiérrez hätte ich mir jedoch einen etwas „würdigeren“ Abschied gewünscht.

Zu Beginn des zweiten Teiles erinnerten das Preludio und die Arie Tu del mio Carlo al seno, wunderbar vorgetragen von Elaine Ortiz Arandes, an die sehr gelungene Inszenierung von I MASNADIERI. Das Schlussbild von HÄNSEL UND GRETEL gibt zwar einen wunderbaren Auftritt des Kinderchores her, aber die Solisten Rita Kapfhammer, Ann-Katrin Naidu, Thérèse Wincent und Gary Martin standen etwas verloren herum. Ich kann nur hoffen, dass diese zauberhafte Produktion wiederaufgenommen wird und nicht zu Gunsten einer Eurotrashregie in der Versenkung verschwindet. Das Balkon-Duett aus ROMEO UND JULIA wurde von Hsin-I HUANG und Marc Cloot sehr ansprechend getanzt, wenn mal keine Blätter auf der Bühne rascheln oder unaufhörlich Schnee fällt, gefällt mir moderner Tanz sogar fast.

Der scheidende Staatsintendant Dr. Ulrich Peters hielt eine persönlich gehaltene Abschiedsrede und ich kann mich seinen Worten nur anschließen: das Ensemble in Zeiten der Heimatlosigkeit aufzulösen ist in meinen Augen ein schwerer Fehler. Damit und mit der anscheinend unvermeidlichen Ablösung des im Stadtbild mittlerweile fest verankerten Logos nimmt man der Institution zumindest einen Teil ihrer Identität.

Im Anschluss sangen Franziska Rabl und Ella Tyran mit Unterstützung des Chores die Barcarole aus HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN, auch ein Stück, dass schon länger zurück liegt und das ich nicht gesehen habe. Im FREISCHÜTZ war ich trotz der schrecklichen Inszenierung ziemlich oft, was für die Qualität der Sänger spricht. Christina Gerstberger und Sandra Moon sangen das Duett Ännchen-Agathe vom Beginn des zweiten Aktes. Das Duett Hans-Kezal gehört zu meinen Lieblingsstücken aus DIE VERKAUFTE BRAUT und es war schön, Derrick Ballard und Tilmann Unger damit noch einmal zu hören. Es folgte das Quintett aus der ZAUBERFLÖTE, gesungen von Sandra Moon, Ann-Katrin Naidu, Franziska Rabl, Daniel Fiolka und Robert Sellier. Danach kam noch ein Ausschnitt aus AUGENBLICK VERWEILE und da war ich dann doch ganz froh, dass ich es nicht gesehen habe, denn bei so schnell vorbeihuschenden Szenerien wird’s mir immer schlecht, ganz abgesehen davon, dass ich nicht verstehe, was im Kreis laufen mit modernem Tanz zu tun hat.

Im Anschluss gabs noch das schöne Duett Marie-Wenzel aus DIE VERKAUFTE BRAUT, Stefanie Kunschke und Hans Kittelmann wären auch ein prächtiges Paar gewesen, wenn sie sich nicht jeweils anders entschieden hätten. Der Weibermarsch aus DIE LUSTIGE WITWE machte nochmal so richtig Laune. Daniel Fiolka, Sebastian Campione, Mario Podrečnik, Robert Sellier, Gunter Sonneson, Tilmann Unger und Martin Hausberg mussten sich mit der geballten Weiblichkeit des Theaters zu einer schönen Choreographie von Fiona Copley auseinandersetzen. Thomas Peters hatte noch einen allerletzten Auftritt als Frosch, seine Paraderolle, bevor mit Tutto nel mondo è burla (Alles ist Spaß auf Erden) aus FALSTAFF ein positiver Schlusspunkt gesetzt wurde. Heike Susanne Daum, Sandra Moon, Christina Gerstberger, Ella Tyran, Ann-Katrin Naidu, Franziska Rabl, Gregor Dalal, Martin Hausberg, Hans Kittelmann, Gary Martin, Mario Podrečnik, Robert Sellier und der Chor machten Lust auf die nächste Premiere am 18.05., dann im Prinzregententheater. Am Ende winkten Publikum und Ensemble sich gegenseitig mit weißen Taschentüchern zu und nicht nur bei mir flossen ein paar Tränen.

Mir bleibt nur Danke zu sagen. Danke an alle Beschäftigten des schönsten Theaters Münchens, die für mich die letzten fünf Jahre zu etwas ganz Besonderem gemacht haben. Ich werde die Erinnerung an diese Zeit immer in einer ganz speziellen Stelle meines Herzens bewahren. Danke für viel Heiterkeit und viele Tränen. Danke für emotionale, aufwühlende Stunden und für Lehrreiches.

Danke für so viel Schönes, liebes Gärtnerplatztheater.

 

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Faschingskonzert, 21.02.2012, Gärtnerplatztheater

Andreas Kowalewitz und das Orchester eröffneten den Abend mit dem Hauptthema des Te Deums in D-Dur von Marc-Antoine Charpentier, weithin bekannt als sogenannte Eurovisionsmelodie. Danach gab es ein Uraufführung eines Werkes von Charles Kalman, der anwesend war. La Parisienne hieß der Walzer und lies tatsächlich so etwas wie Pariser Frühlingsluft durch das schönste Theater Münchens wehen.
Danach folgte das fast schon obligate Musikquiz, diesmal allerdings in neuer Form: Nationalhymnen sollten erkannt werden, ganz ehrlich, ich hätte keine einzige gewusst. Erschreckt haben mich allerdings die Leute, die um mich rum sassen. Da wurde debattiert und sich unterhalten, als würde man sich im Café befinden und im Hintergrund klimpert einer auf dem Klavier. Ich finde so ein Verhalten respektlos gegenüber denjenigen, die vielleicht viel Arbeit in so einen Abend gesteckt haben und auch in diesem Moment arbeiten.
Ähnlich wie mir ging es wohl den Kandidaten. Bei der Auflösung kamen teilweise die Botschaftsvertreter des jeweiligen Landes auf die Bühne und Marianne Larsen sang die Hymne ihres Heimatlandes Dänemark. Sozusagen außer Konkurrenz sang Cornel Frey dann noch den Schweizer Psalm, ziemlich anspruchsvoll für eine Nationalhymne. Nachdem es einen Gleichstand bei den Punkten der Kandidaten gab – oder auch nicht, ich bin da nicht so ganz durchgestiegen – sollte passend zum Thema Fußball EM ein Torwandschießen das Quiz entscheiden. Hier bekam Andreas Kowalewitz neben seinen beiden bezaubernden Assistentinnen prominente Unterstützung: Sepp Maier, die Katze von Anzing, stand ihm zur Seite und versorgte die Kandidaten mit Profitipps. Nicht nur ein toller Fußballer, sondern auch ein begnadeter Entertainer. Ich habe bisher nicht gewusst, dass Torwandschießen so unterhaltsam sein kann. Nachdem er dann auch mal dirigieren durfte, natürlich den Bayerischen Defiliermarsch, ging es nach einer unterhaltsamen ersten Hälfte in die Pause.
Den zweiten Teil eröffneten die beiden reizenden Assistentinnen, die sich als Geigerinnen entpuppten. Danach spielte eine Putzfrau mit fesche Wadln auf einer roten Posaune und Rita Kapfhammer sang eine herrliche Parodie der Schönheitskönigin von Schneizlreuth. Es folgten weitere Musikstücke wie das Katzenduett von Rossini, Casta Diva aus Norma von Cornel Frey, die Arie von Frau Fluth aus den Lustigen Weibern von Windsor von Stefanie Kunschke und das Couplet der Herzogin von Gerolstein von Rita Kapfhammer. Geleitet wurde das Orchester in diesem Teil von Lukas Beikircher, die Solisten begleitete teilweise Martin Steinlein am Flügel. Das war ein herrlicher Spaß, am Ende gab es viel Applaus und eine Zugabe, den Galop Infernal aus “Orpheus in der Unterwelt”, das man ja diese Spielzeit leider nur noch außerhalb Bayerns zu Gesicht bekommt.
Leider war dies auf absehbare Zeit das letzte Faschingskonzert im schönsten Theater Münchens. Aus is und gor is, und schad is, daß wor is!

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L’Italiana in Algeri, 05.02.2012, Gärtnerplatztheater

[singlepic id=1129 w=320 h=240 float=left]Ein Mann, der viele Frauen haben kann, aber die eine, die er will, die bekommt er nicht. Eine Story, wie aus dem Leben gegriffen. Sie ist zwar in diesem Fall schon etwas älter, nämlich knapp zweihundert Jahre, aber durchaus noch aktuell. Deshalb macht es auch Sinn, dass Regisseur Thomas Enzinger das Stück quasi in die Gegenwart verlegt, es spielt auf einem Kreuzfahrtschiff des Bey Mustafa. Verschiebbare Wände (Bühne und Kostüme Toto) schaffen intime Räume wie das Boudoir der Isabella genauso wie das Sonnendeck des Schiffes.

Die Inszenierung besticht vor allem durch witzige Einfälle und die totale Übereinstimmung mit der Musik. Dadurch gelingt es, die Geschichte auch ohne Worte zu erzählen. Das hilft ungemein, denn entgegen der Tradition des Gärtnerplatztheaters wird diese Oper von Gioachino Rossini in der Originalsprache mit deutschen Übertiteln, die leider teilweise sehr schlecht lesbar sind, aufgeführt. So, wie Thomas Enzinger das Stück auf die Bühne gebracht hat, könnte es auch in  Mandarin gesungen werden und man würde die Handlung trotzdem verstehen.

Bereits zu Beginn stellt sich der Zuschauer die Frage, warum der Bey eine so bezaubernde Elvira wie Ella Tyran links liegen lässt, mit zuweilen aufblitzendem strahlendem Lächeln und glockenhellem Sopran zieht sie jeden Zuschauer auf ihre Seite. Nach dem Willen von Mr Großkotz soll sie mit dem Sklaven Lindoro (hervorragend Cornel Frey) verheiratet und in dessen Heimat Italien abgeschoben werden. Der möchte da zwar gerne hin, allerdings nicht mit einer Frau im Schlepptau, wünscht er sich doch nichts sehnlicher als wieder mit seiner geliebten Isabella zusammen zu sein. Die ist allerdings eine Frau mit Tatkraft und Energie und macht sich selbst auf die Suche nach ihm und landet Mary-Poppins-Like just auf dem Schiff des Bey. Hier zieht sie alle Register und tanzt nicht nur dem verliebten Bey auf der Nase herum, sondern auch Taddeo, der sie verehrt, sie in die Ferne begleitet und sich durch Lindoros Abwesenheit Chancen bei ihr ausgerechnet hat. Der Schluss ist etwas überraschend, passt aber ausgezeichnet zur Deutung von Enzinger.

[singlepic id=1128 w=240 h=320 float=right]Besonders gut hat mir an diesem Abend Juan Fernando Gutiérrez gefallen. Seine Stimme ist im Vergleich zur letzten Spielzeit noch voller und runder geworden und sein Spielwitz passt genau zur Rolle. Wenn er eine klitzekleine Pause zwischen “Grazie” und “obbligato” macht, weiß man, was man von dem Dank zu halten hat. Gleichermaßen beliebt beim Publikum sind Stefan Sevenich als Bey und Rita Kapfhammer als Isabella. Bei der kultigen Saunaszene zeigt Herr Sevenich sein ganzes tänzerisches und akrobatisches Können. Bei allem Applaus dafür darf man aber nicht vergessen, dass er quasi nebenbei noch eine umfangreiche und schwierige Partie meistert.  Die Rolle des Mustafa ist mit ihm wirklich optimal besetzt. Das gleiche gilt für die Isabella von Rita Kapfhammer. Neben enormen Stimmumfang zeigt sie auch unglaubliche Bühnenpräsenz. Wer von den Herren im Zuschauerraum möchte da nicht mit dem Bey tauschen, wenn er sich mit ihr mit ihr zum “Kaffeetrinken” trifft, nachdem sie sich zuvor in lasziv-erotischer Weise für das Treffen fein gemacht hat.

Die Rollen des Haly und von Elviras Vertrauten Zulma sind mit Derrick Ballard und Carolin Neukamm luxuriös besetzt. Dem Herrenchor merkt man an, dass sie Spass an dieser Produktion haben, sie singen, tanzen und wirbeln über die Bühne, dass eine Lust ist. Das Orchester unter Lukas Beikircher lief zu gewohnter Höchstform auf und rundete diesen ausgezeichneten Opernabend ab.

Leider kommt diese hervorragende Produktion nur noch viermal, dann verschwindet sie wohl für immer. Also schnell los und Karten sichern!

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