Ich bin ja ein Operettenfan, ich liebe diese Gute-Laune-Musik, die aber trotzdem einen ernsthaften Hintergrund hat, manchmal satirisch, aber eigentlich fast immer gesellschaftskritisch ist, wenn man sie nicht nur oberflächlich betrachtet. Deswegen war für mich die Präsentation des Buches “Operette – Porträt und Handbuch einer unerhörten Kunst” Pflichtprogramm. Operetten-Koryphäe Volker Klotz stellte es an diesem Vormittag vor und diskutierte mit Staatsintendant Dr. Peters das Genre.
Das Grundprinzip der Operette ist die Inversion, also das Unterste zuoberst, die Schwachen sind die Starken etc. Herr Klotz wies auf einen interessanten Aspekt hin, nämlich dass diese Musikgattung sich für die Frauen stark macht und das lange vor Alice Schwarzer. Auch die Travestie ist ein Teil der Operette, eine Mythentravestie gibt es ja derzeit mit “Orpheus in der Unterwelt” auf dem Spielplan. Ein weiteres Kennzeichen ist die “unplumpe” Erotik, wie er es nannte, das fand ich einen außerordentlich treffenden Ausdruck. Ein wichtiges Merkmal ist auch der gesungene Tanz , deshalb gehört zu einer guten Operetteninszenierung auch immer eine gute Choreographie, auch hier gibt es mit den “Piraten von Penzance” ein gutes Beispiel auf dem Spielplan. Die Operette ist auch sehr international, vom ehemaligen Yugoslavien bis in die Karibik entstanden zu ihrer “Hochzeit” neue Stücke. Zuletzt fragte Herr Dr. Peters noch, ob Herr Klotz sich eine Renaissance der Operette ähnlich der der Barockoper vorstellen könne. Die Antwort war in die Richtung, warum nicht, aber ich persönlich sehe es etwas pessimistischer. Solange es nur eine Handvoll größerer Häuser im deutschsprachigen Raum gibt, die die Operette fest in den Spielplan integriert haben, solange es Häuser und ihre Intendanten gibt, die auf die Operette und ihre Fans herabsehen, solange das Publikum eher schon etwas länger ins Theater geht, solange wird die Operette ein Schattendasein fristen. Das finde ich sehr, sehr schade, denn so sehr ich es auch liebe, wenn mich die Musik tief berührt, so sehr liebe ich es auch, mal einfach nur positiv gestimmt zu werden, egal wie schlecht der Tag bis dahin gelaufen ist.
Unterfüttert wurde das Ganze mit Musikbeispielen vom Band und live dargeboten von Rita Kapfhammer und Daniel Fiolka. So hörten wir unter anderem eine Melodie aus “Princess Ida” von Gilbert & Sullivan, die verdächtig nach Händel klingt und ein Duett aus der “Dollarprinzessin”.
Es war ein sehr interessanter Vormittag, der nur in zwei Punkte ein wenig abfiel: Herr Klotz unterhielt sich ständig bei den Musikbeispielen mit Herrn Dr. Peters, das war bei denen vom Band nur nervig, bei den live gesungenen Stücken aber äußerst unhöflich gegenüber den Musizierenden war. Außerdem wurde beim Verkauf suggeriert, es handle sich um eine Neuauflage, was im Prinzip auch stimmt, nur ist die halt von 2004 und damit nicht wirklich neu, aber schließlich hat sich in der Welt der Operette vermutlich nicht allzu viel Bahnbrechendes in der Zwischenzeit getan.
Fast fünf Monate sind vergangen, seit ich dieses Stück zum letzten Mal gesehen habe. Ich hatte in dieser Zeit ja fast vergessen, wie emotional das Stück ist und wie stark es mich berührt. Schade, dass es bereits wieder vom Spielplan genommen wurde, hätte ich das eher gewußt, hätte ich sicher noch die ein oder andere Vorstellung mehr angesehen.
An diesem Abend hat einfach alles gestimmt: das Orchester unter David Stahl faszinierte mit schönen Verdi-Klängen, der Chor sang kraftvoll, Dirk Driesang erzeugte wie immer eine Gänsehaut mit seiner Schauspieleinlage als sterbender Soldat, die Sprechrollen bestimmten die Rahmenhandlung und die Solisten Elaine Ortiz Arandes, Adrian Xhema und Riccardo Lombardi in den Hauptpartien sowie Sebastian Campione in dem Kurzauftritt als englischer Kommandant sangen fabelhaft. Ein toller Abend, der sehr gut als Angebot für den ÖKT gepasst hat.
Nach den zwei Konzerten mit Salonorchesterbegleitung stand diesmal “volles Haus” an. Nicht nur das Orchester war in großer Besetzung angetreten, auch der Kinderchor des Staatstheaters wirkte mit. Ebenfalls zum ersten Mal dabei war Thérèse Wincent, im Duett “Einmal möchte ich wieder tanzen” machte sie gleich Lust auf ihren Auftritt als Gräfin Mariza am 02.06.2010.
Neben einigen schon bekannten Melodien wie dem Duett der Prodekane oder dem Auftrittslied des Ollendorf, sehr prägnant vorgetragen von Holger Ohlmann, wurde auch einige zumindest mir unbekannte Lieder gespielt. Ann Kathrin Naidu war für die etwas melancholischeren Stimmungen zuständig und hat mir besonders in “Warum trieb das Schicksal mich hierher?” aus Clivia von Nico Dostal gefallen. Mario Podrečnik empfahl sich mal wieder als Adam, er macht nicht nur stimmlich, sondern auch in der Hirschledernen eine gute Figur 😉
Sibylla Duffe hat mir auch diesmal wieder am besten im Fliegenduett gefallen, da sieht man ganz deutlich, was hier szenisch noch möglich gewesen wäre. Schade, dass das im “großen Orpheus” nicht ganz so erotisch rüberkommt. Dirk Lohr sang ein sehr schönes “Sah ein Knab ein Röslein stehn…” und auch Tilmann Unger hat mir in “Wenn die Garde schneidig durch die Stadt marschiert” aus “Die Herzogin von Chicago” – zusammen mit dem Kinderchor – ausgesprochen gut gefallen. Das Orchester leitete die beiden Teile jeweils mit einer Ouvertüre ein, aber die absoluten Höhepunkte waren für mich das Terzett aus “Der Vetter aus Dingsda” sowie die beiden Finali. “Sieben Jahre lebt ich in Batavia” wurde schmissig und gekonnt vom Ensemble vorgetragen, aber den Vogel hat Andreas Kowalewitz mit seiner neuen deutschen Textfassung von “Moskva Cheremuski” abgeschossen. Die Ensemblemitglieder traten eine witzige Reise durch das MVV-Gebiet an, ich habe mich dabei nur gefragt, was sie ausgerechnet in dem einzigen Bauerndorf mit U-Bahn-Anschluss – Feldmoching – wollen, wenn nur eine S-Bahn-Station weiter drei Schlösser, eine Flugwerft und das Haus von Frau Nachtgedanken zu finden sind. Vielleicht kann man das bis zum nächsten Konzert nochmal überarbeiten 😉
Wieder ein sehr gelungener Abend mit viel Applaus und Bravo-Rufen am Ende.
Die letzten Jahre stand sie nicht auf dem Spielplan, und so kannte ich diese Inszenierung von 2004 noch nicht. Es war eine sehr gelungene Wiederaufnahme mit einem tollen Bühnenbild, guter Personenregie, schmissigen Melodien und erstklassigen Akteuren.
Anfangs befinden wir und im “Tabarin”, das Bühnenbild ist perfekt einem Club aus den Zwanzigern nachgeahmt mit ein bisschen Drehtürkomik und wundervollen Kostümen. Später wird es durch eine Drehung der Bühne der Salon auf dem Gut von Mariza, auch hier bis ins kleinste Detail liebevoll gestaltet.
Auch die Choreographie passt gut zu den Melodien, das war in letzter Zeit ja nicht immer der Fall. Lediglich, wenn Zsupán “Komm mit nach Varaždin” singt, ist das Aufsetzen der Eimer überlaut und stört den Gesang erheblich.
Das Ensemble ist hervorragend besetzt, angefangen bei den Sprechrollen. Franz Wyzner als Penizek und Dieter Kettenbach als Tschekko sprechen mit viel Ausdruck und immer auf den Punkt, auch Ulrike Dostal macht als Susetta eine gute Figur. Thomas Peters gibt dem Liebenberg Profil und Florian Wolf dem Vorarbeiter Berko. Auch Frances Lucey überzeugt als Zigeunerin Manja ebenso wie Susanne Heyng als Fürstin Bozena und Dirk Lohr als Fürst Populescu. Mario Podrečnik ist der geboren Zsupán, in den Dialogen genauso wie im Gesang und im Szenischen und Christina Gerstberger singt und spielt die Lisa ausgezeichnet. Tilman Unger und die eingesprungene Márta Kosztolányi (wirklich fantastisch, wie sie nach so langer Zeit die Rolle noch präsent hatte!) sind ein sehr ansehnliches Paar, stimmlich wie auch darstellerisch. Auch das Orchester unter Andreas Kowalewitz bekommt am Ende viel Applaus von durchweg begeisterten Publikum. Ein toller Abend!
Eines vorweg: mein Platz war saukalt, anscheinend hat da die Klimaanlage direkt draufgeblasen. Beim rausgehen stellte ich fest, dass zwei Meter weiter normale Raumtemperaturen herrschten. Ich kann also den Platz 8 Reihe 4 Block S überhaupt nicht empfehlen.
Das Programmheft gab es kostenlos, sogar mit komplett abgedrucktem Libretto und Regieanweisungen – nur dass der Regisseur sich daran überhaupt nicht gehalten hat. Ich weiß nicht, ob die Geschichte dann verständlicher gewesen wäre, so hatte ich jedenfalls Mühe zu folgen. Die Übertitel waren auch sehr nützlich, denn obwohl ich des Englischen grundsätzlich mächtig bin, habe ich über weite Strecken nichts verstanden.Am besten zu verstehen war noch der Bass von Christian Hübner, der bis Juli 2009 am Gärtnerplatztheater gesungen hat. Nadine Lehner, die für die erkrankte Steffi Lehmann vom Bühnenrand aus gesungen hat, war anfangs auf meinem Platz überhaupt nicht zu hören, allerdings war sie genau auf der anderen Seite mit dem Orchestergraben dazwischen. Sie hat mich ja in Bremen als Tatjana schon schwer beeindruckt. Die Art zu Singen hat mich sehr an die chinesische Oper erinnert, die ich in Taipei gesehen hatte, das ist bestimmt ziemlich schwer. Musikalisch am besten gefallen hat mir die Bühnenmusik, die mich irgendwie an eine Jam Session in einem Irish Pub erinnert hat, ansonsten konnte ich damit weniger anfangen.
Ehrlich gesagt erschliesst es sich mir nicht, warum man einerseits bei speziellen Kinderproduktionen Wert darauf legt, dass sie nicht zu lang sind und andererseits eine Oper wie die Zauberflöte, die mit Pause über 3 Stunden dauert, als “schon für die kleinsten” geeignet bezeichnet. Gestern kam ich wieder in den zweifelhaften Genuss einer KiJu-Vorstellung und wann die Aufmerksamkeitsspanne der kleinen Besucher nachlies, war deutlich zu spüren: ab der Mitte des 2. Aktes nahm die Unruhe im Publikum deutlich zu und die Frequenz, mit der von hinten gegen meinen Sitz getreten wurde, auch. Was die Eltern im übrigen überhaupt nicht gestört hat. Den Vogel schoss jedoch eine maximal 5-Jährige in der Mitte der ersten Reihe Parkett ab, die sich bei der Höllen-Arie die Ohren zuhielt und bei “In diesen heiligen Hallen” laut und deutlich fragte, wann es denn nun endlich zu Ende wäre. Aus der wird bestimmt mal eine eifrige Opernbesucherin.
Das Bühnenbild ist auch aus der Nähe betrachtet wirklich wunderschön und raffiniert konstruiert. Die Rampe ist ganz schön steil, das sieht man aus der Entfernung nicht so, aber ist für die Sicht im Parkett natürlich optimal. Bei meinem ersten Eindruck hatte ich vergessen, dass ich den Einsatz von Papagenos Glockenspiel als Wünschelrute wirklich eine sehr schöne Idee finde.
Bei dieser zweiten Vorstellung gab es einige interessante Rollendebüts: der Wiener Tenor Daniel Johannsen überzeugte als Tamino und versprühte einen jungenhaften Charme, dazu passte die für mich eher mädchenhafte Gestaltung der Pamina durch Sibylla Duffe sehr gut. Leider ging dem Papageno von Julian Kumpusch das Lausbubenhafte etwas ab. Die Gesten der drei Damen Sandra Moon, Sonja Leutwyler und Ann-Katrin Naidu erschienen mir nicht ganz so anzüglich, vielleicht tritt hier ein gewisser Gewöhnungseffekt ein und auch das Fußgetrappel war entweder in der ersten Reihe Parkett weniger zu hören oder ich habe es einfach über-hört. Guido Jentjens als Sarastro klang für mich ein wenig verschnupft, dafür überzeugte Gary Martin mit der für die Rolle des ersten Priesters erforderlichen Autorität in Spiel und Gesang. Katja Stuber machte als freche Papagena eine gute Figur und die drei Knaben fand nicht nur ich ganz hervorragend. Die anderen Solisten kannte ich schon aus der Premiere und sie hinterließen auch in dieser Vorstellung genauso wie Chor und Orchester einen sehr guten Eindruck.
Ich habe mir gleich noch Karten für weitere Vorstellungen gesichert, diese Inszenierung ist nämlich jetzt schon ein Renner.
Unter dem Motto “Sommernacht im Mai” stand der diesjährige Beitrag des Staatstheaters am Gärtnerplatz. Diesmal wurde in der Theaterkantine gespielt, die teilweise sehr voll war, aber insgesamt wohl mehr Platz bot als das Foyer. Das Programm klang viel versprechend und so war es für mich natürlich gar keine Frage, bis zum Schluss zu bleiben. Daneben wurden noch Nachtführungen angeboten, das kam für mich aber nicht in Frage, da ich schon mehrfach Führungen mitgemacht habe und die Teilnehmerzahl stark begrenzt war.
Den Abend eröffnete Marianne Larsen mit einem Musicalsong, danach und zwischen den einzelnen Blöcken trat immer wieder Sebastian Campione als humoristische Zwischeneinlage mit italienischen Bassarien auf, erkannt habe ich leider nur Aprite Un Po’ Quegl’occhi aus der Nozze. Seine kleinen Auftritte haben mir ausgesprochen gut gefallen. Moderiert wurde der Abend von Staatsintendant Dr. Ulrich Peters in gewohnt lockerer Art. die Solisten wurden von den Pianisten Benjamin Reiners, Henning Kussel und Martin Steinlein begleitet.
Den nächsten Programmpunkt bildete eine kleine, feine Auswahl von Bassarien rund um den Traum, gesungen von Stefan Sevenich. Er sagte auch immer ein bisschen was zu den einzelnen Arien, so dass verständlich wurde, warum er gerade diese ausgewählt hatte. Dabei waren die Arie des Don Magnifico aus der Cenerentola, des Baculus aus dem Wildschütz und des Sancho aus Don Quichotte. Den zweiten Teil bildeten dann Musicalmelodien, Tevje, der König von Siam und nochmal Sancho aus “Der Mann von La Mancha” entstanden durch seinen Gesang, Mimik und Gestik auf der kleinen Bühne. Sein hinreißender Auftritt wurde zu Recht mit viel Applaus belohnt.
Nach weiteren Zwischenauftritten von Sebastian Campione und Marianne Larsen folgte Cornel Frey mit einer Auswahl von Liedern von Hugo Wolf und Richard Strauss, ebenfalls sehr schön vorgetragen, das brachte ein etwas ruhigeres Element in den Abend.
Die Lachmuskeln arg strapaziert hat dann Andreas Kowalewitz mit seinem Auftritt. Er zeigte auf, dass das Thema von “Lili Marleen” eigentlich auch schon musikalisch bei Bach, Mozart und vielen anderen zu finden ist oder sich auch Heinrich Heine dichterisch des Sujets angenommen hat. Es war einfach zu köstlich, genauso wie seine Vertextung des Türkischen Marsches. Ihm hätte ich den ganzen Abend zuhören können.
Aber der nächste Höhepunkt folgte sofort, Jazzy la Femme alias Alex Frei zeigte, dass er nicht nur als Tänzer eine gute Figur macht. Seine zahlreichen Fans begleiteten den Auftritt mit Begeisterungsstürmen und auch der Rest des Publikums lies sich mitreißen.
Anschließend empfahl sich Rita Kapfhammer als Prinz Orlofsky und begeisterte die Zuhörer mit weiteren Operettenmelodien und einer humorvollen Moderation, ebenfalls ein sehr gelungener Programmpunkt.
Die bayerischen Gstanzl von Christoph Maier-Gehring waren wohl ob der nun schon ziemlich vorgerückten Stunde teilweise etwas derber und bekamen auch viel Beifall.
Marianne Larsen läutete dann den zweiten Teil des Programms von Stefan Sevenich ein, er zeigte nochmals seine ganze Kunst und begeisterte das Publikum mit seinem tollen Vortrag.
Sebastian Campione hatte inzwischen den Frack abgelegt und gab italienische Lieder zum Besten und zeigte so seine Vielseitigkeit. Danach brachte Rotraut Arnold das Publikum wieder zum Singen, das bringt immer großen Spaß und das Publikum machte enthusiastisch mit.
Den Abschluss bildete Dirk Lohr mit mitreißenden Liedern aus Paganini oder Schlagern wie “Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da”. Auch er bekam nochmal viel Beifall von dem immer noch zahlreich anwesenden Publikum. Als Zugabe durften wir nochmal singen und dann waren die fünf Stunden Programm auch schon vorbei. Die Zeit ist vergangen wie im Fluge.
Herzlichen Dank an alle Beteiligten, die diesen schönen Abend möglich gemacht haben!
Im Rahmen der Langen Nacht der Musik konnten man auch Karten für diese Vorstellung bekommen und so versuchte ich es mal wieder mit Ballett. Der Trailer dazu hat mir sogar ausgesprochen gut gefallen.
Die Dramaturgin Esther von der Fuhr führte wie gewohnt witzig, aber trotzdem sehr informativ in Werk und Inszenierung ein. Es hat mir wesentlich besser gefallen als alle anderen Ballettinszenierungen, die ich an diesem Haus bisher gesehen habe mit Ausnahme des kleinen Prinzen. Das lag vermutlich daran, dass die Musik nicht klassisch ist, sondern Swing und Jazz, wobei ich letzteren ein wenig einschläfernd fand, aber er gehört halt auch nicht zu den Sachen, die ich normalerweise höre. Das Bühnenbild hat was, vor allem, wenn es unmerklich immer weiter zuwuchert und sich schon fast in einen Dschungel verwandelt hat. Das würde ich mir sogar nochmal anschauen, von einem etwas mittigeren Platz.
Eine zauberhafte Zauberflöte wünschte sich das Publikum für das Theater beim Theatervergnügen 2008, und gestern erfüllte sich dieser Wunsch, mit einigen kleinen Abstrichen.
Es gibt zwei Seiten, Nacht und Tag, Barock und Aufklärung. Das erste wurde durch das Bühnenbild symbolisiert, das den ganzen Raum einnimmt und aus dem 3. Rang leider nicht vollständig einsehbar ist. So fehlen die Überschriften über den Toren und Sarastro ist ziemlich kopflos, wenn er zu Beginn des zweiten Aktes aus dem Tor tritt, das mit “Vernunft” überschrieben ist. Eigentlich es es aber sehr schön und raffiniert, wunderschön gemalt, ein großes Kompliment an die Werkstätten und besonders den Malersaal. Am Anfang besteht es aus einem breiten ansteigenden Steg mit links dem Nachtteil und rechts dem Gegenstück, später wird das ganze mit weiteren Seiten- und Rückfronten ergänzt zum Tempel Sarastros. Die Kostüme sollen Barock und Aufklärung widerspiegeln, das wurde aber nicht ganz durchgehalten, der Gehrock Sarastros mutet mir schon schon fast viktorianisch an und bei den Chordamen habe ich einige Biedermeierkostüme gesichtet. Die Farben sind bis auf wenige Ausnahmen ebenfalls symbolhaft, auf der Seite der Königin der Nacht Dunkel, auf der anderen einheitshell bis braun, nur das Priestergewand von Sarastro ist sonnengelb, der aber ansosnten mir unerklärlich auch dunkel gekleidet ist. Papagena und Paganeno stechen ebenfalls mit farbigen Akzenten heraus, es ist sehr nett anzusehen, wenn Papageno sich “aufplustert” mit seinem federgefütterten Rockschößen.
Der Vorhang hat sich bereits zur Mitte der Ouvertüre geöffnet und man sieht das Extraballett als die wilden Tiere, warum hat sich mir nicht erschlossen. Sie tauchen immer wieder auf, meistens weiß ich nicht warum, nur wenn die Musik es hergibt und sie eine Art Menuett tanzen, passen sie zu dem poetischen Grundton der Inszenierung. Ansonsten stört mich das im 3. Rang sehr gut hörbare Fußgetrappel eher. Dass die drei Damen sich um Tamino unter Einsatz aller körperlichen Reize streiten, ist eine netter Einfall, die Ausführung war aber einen Tick zu überdreht, hier wäre ein bisschen weniger vielleicht mehr gewesen.
Ansonsten fand ich die szenische Umsetzung sehr ansprechend, die Regisseurin Rosamund Gilmore wurde ihrem Anspruch gerecht, ein Märchen zu erzählen, es gab auch viele Stellen, an denen gelacht wurde und auch wunderschöne Bilder prägen sich ein. Ob diese Oper, und damit meine ich jetzt nicht diese Inszenierung, sondern generell, wirklich dazu geeignet ist, auch jüngste Opernbesucher mit dem Virus Theatersucht zu infizieren, halte ich jedoch eher für unwahrscheinlich. Dafür ist sie zu lang, zu wenig bunt und es passiert einfach zu wenig auf der Bühne. In meinem Freundeskreis haben die Mütter mit “Fra Diavolo”, Viva la Mamma” und auch der Operette “Die Piraten von Penzance” beste Erfahrungen gemacht, neben den speziell für Kinder produzierten Stücken natürlich. Ich würde hier auf jeden Fall überlegen, bei Familienvorstellungen eine kindgerechte Einführung zu machen.
Auf der musikalischen Seite gibt es nur Pluspunkte, alle Partien bis auf die Rolle der Königin, die von Dorothea-Maria Marx als Gast ansprechend gesungen wurde, sind aus dem Ensemble besetzt. Angefangen bei den aus dem Kinderchor stammenden drei Knaben über die drei Damen Sandra Moon, Sybille Specht und Rita Kapfhammer bis zu der wundervollen Milica Jovanovic als Papagena, die hier einmal mehr gezeigt hat, dass sie nicht “nur” ein Musicalstar ist, merkte man die Qualität dieses Ensembles, auf das das Theater zu recht stolz sein kann. Stefanie Kunschke ist eine innige, berührende Pamina, die deutlich macht, was die Regisseurin damit meinte, dass eigentlich sie die größte Prüfung hätte. Auch der Chor, sehr gut einstudiert von Jörn Hinnerk Andresen, überzeugte sängerisch, durfte seine Spielfreude aber nicht ganz so ausleben, aber das ist wohl eher im Stück denn in der Regie begründet. Holger Ohlmann beeindruckte szenisch und musikalisch als weiser, würdevoller Sarastro und Robert Sellier spielte und sang den Tamino einfach perfekt. Besonders gefallen hat mir der Papageno von Daniel Fiolka, er agierte und sang sehr aussdrucksstark, so dass auch die kleinste Finesse im 3. Rang ankam. Gregor Dalal, Adrian Xhema, Martin Hausberg und Cornel Frey komplettierten die sehr gute Männerriege. Das Orchester unter Henrik Nánási kann ich schlecht beurteilen, mir persönlich hat es angesprochen.
Am Ende stürmischer und lang anhaltender Applaus für alle Beteiligte. Man kann dem Theater nur gratulieren zu dieser gelungenen Produktion! Plätze sollte man sich schnell sichern, für die nächsten vier Vorstellungen gibt es schon nur noch Restkarten.
Ein paar schöne Bilder gibt es hier und eine erste Premierenkritik hier.
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