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Oper, austrocknend

Die Randnotiz diesmal als Vorbemerkung: heute wurde mir mal wieder bewusst, warum ich kein Wochentagsabo habe. Vermutlich würde ich nach diesem Abend alle Tickets verfallen lassen, wenn ich nur daran denke, hinter (ging ja noch, der war einfach nur groß) und vor allem neben wem ich gesessen bin. Die Karten könnte ich ja guten Gewissens nicht mal verschenken – jedenfalls nicht an Menschen, an denen mir etwas liegt.

Ich finde es ja immer sehr spannend, wie die Alternativ-Besetzung die Rollen gestaltet. Und sie haben natürlich den Vorteil meiner erhöhten Aufmerksamkeit, da ich die Inszenierung ja jetzt schon mal gesehen habe und auf ganz andere Dinge achte als beim ersten Mal.

Elaine Ortiz Arandes ist eine wunderbare Hauptfigur. Einerseits sehr kämpferisch, andererseits sehr empfindsam, eine sehr berührende und emotionale Giovanna, und das alles sowohl gesanglich wie auch mimisch. Herr Rosenthal würde hier einen Luftsprung von ungefähr 1,50 m machen und “Das war spitze!” rufen.

Ich bin ja nicht so ein Tenorfan, aber Adrian Xhema begeistert mich immer wieder. Bei ihm klingt alles immer sehr leicht und natürlich, anders kann ich es mit meinem laienhaften Worten nicht ausdrücken.

Riccardo Lombardi hat mir schon bei der Premiere gefallen und wird mir sicher bei allen weiteren Vorstellungen, die ich noch sehen werde, gefallen, ebenso wie dem heutigen Publikum. Überhaupt hatte ich den Eindruck, dass das Abopublikum offener ist als das Premierenpublikum. Der Applaus heute war jedenfalls ungeteilt und langandauernd und auch die tollen Schauspieler haben keine albernen Buhrufer mehr ertragen müssen.

Überhaupt, die Schauspieler. Meiner unmaßgeblichen Meinung nach tragen sie ganz erheblich dazu bei, die Handlung auf der einen Seite voranzutreiben und auf der anderen Seite eine Meta-Ebene zu visualisieren, die uns Zuschauer tiefer in  die Figuren blicken lässt. Ich finde die Dialoge toll, dass sie viel vorne an der Rampe vor einem schwarzen Vorhang spielen, gibt ihnen etwas Intimes.Und Sieglinde Zörner ist einfach klasse, schon ein Augenaufschlag genügt und ich könnte dahinschmelzen, wenn ich ein Mann wäre.

Auch mit den Chorszenen habe ich mich jetzt angefreundet. Mein erster Eindruck des allzu statischen war etwas übertrieben (habe ich bei der Premiere nach der Pause abgeschaltet?).

Musikalisch und szenisch gefällt mir mittlerweile der dritte Akt am Besten. Die Cello-Stelle am Schluss ist ja auch schön, aber ich persönlich bevorzuge die vielen Holzbläserstellen.  Ich höre ja insgesamt nicht so wahnsinnig viel Rigoletto heraus, vermutlich kenne ich die Oper nicht gut genug, dafür höre ich alle Nas lang was aus der Traviata, und ist die Giovanna nicht auch zeitweise eine Violetta?

Für mich ist bei einer Inszenierung immer sehr wichtig, dass alles “passt”. Sie kann gerne modern sein, aber sie muss stimmig sein, und das ist diese Inszenierung. Sie gibt im positiven Sinne Stoff zum Nachdenken, zum Diskutieren, zum sich-auch-in-zwanzig-Jahren-noch-daran-erinnern.

In der Pause und am Ende fühle ich mich, als hätte ich einen Marathon hinter mir, ich bin so gefangen genommen, dass ich vergesse zu Schlucken und am Ende totalen Durst habe. Aber es ist ein gutes Gefühl!

Danke an alle Beteiligten!

Giovanna d’Arco

Montag, 5. Oktober 2009
19:30 Uhr

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