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NachtMusik am 3. März 2012 22:56 [singlepic id=1135 w=320 h=240 float=left]Als letzte Opernpremiere vor dem Umbau im Stammhaus am Gärtnerplatz präsentierte das Staatstheater die Münchener Erstaufführung der Oper Joseph Süß des zeitgenössischen Komponisten Detlev Glanert. Die Oper in dreizehn Szenen wurde als Auftragsarbeit 1999 in Bremen uraufgeführt. Detlev Glanert und die Autoren Uta Ackermann/Werner Fritsch haben in verdichteter Form eine Neudeutung der nicht gerade einfachen Geschichte des Joseph Süß Oppenheimer geschaffen. Oppenheimer machte am Hofe des Herzogs Karl Alexander von Württemberg schnell Karriere und wurde zum unverzichtbaren Berater des Herzogs. Nach dem Tode des Herzogs gab es eine mörderische Hetzkampagne gegen ihn. Er wurde wegen zahlreicher willkürlicher Anklagepunkte zum Tode verurteilt und am 4. Februar 1738 gehängt. Dieser Aufstieg und Fall von Joseph Süß Oppenheimer erregte im 18. Jahrhundert und auch heute noch die Gemüter.
Die Handlung der Oper von Detlev Glanert setzt nach der Verurteilung ein. Joseph Süß sitzt im Gefängnis und erlebt die Vergangenheit als Alptraum, er hört die Stimmen der Lebenden und der Toten, und es es werden Erinnerungen wach. Der Regisseur Guy Montavon verlangt seinen Sängern einiges ab; mit seiner intensiven Personenregie kann er durchweg überzeugen. Seine Arbeit zeichnet sich dadurch aus, dass er die Geschichte sehr realistisch und nah am Handlungsstrang erzählt. Das Ensemble besticht nicht nur mit guten Stimmen, sondern es wurden auch mit Regisseur Montavon hervorragende und sehr berührende Rollenportraits erarbeitet. Die Solisten der Aufführung sind bis auf drei Gäste aus dem Ensemble des Gärtnerplatztheaters besetzt.
In der Titelrolle beeindruckt der Bariton Gary Martin mit intensiver Darstellung und guter Artikulation; die Entwicklung vom Aufstieg zum Fall des Joseph Süß gelingt ihm sehr glaubwürdig. Als korrupter Gegenspieler Weissensee, Sprecher der Landstände, singt und spielt der Gast-Tenor Mark Bowman-Hester ganz hervorragend. Thérèse Wincent in der Rolle der Magdalena, die Tochter von Weissensee, besticht in der Interpretation der vom Herzog missbrauchten, leidenden bis hin zur liebenden Frau. Frau Wincent überzeugt mit ihrem Sopran, in den lyrischen wie auch tragischen Situationen des Abends. Die sich nach dem Vater sehnende Naemi, Tochter von Joseph Süß, wird von der jungen Mezzosopranistin Carolin Neukamm mit schöner Stimme und jugendlichem Spiel dargestellt. Gut präsentiert sich die als Gast am Haus engagierte Sopranistin Karolina Andersson als Mätresse des Herzogs und Opernsängerin, die ein eigenes Opernhaus gebaut bekommt. Sie hat in ihrer Rolle alle Möglichkeiten, ihren gut klingenden Koloratursopran im positiven Sinne zur Schau zu stellen.
Auch ein großer Garant am Haus ist Stefan Sevenich; er schlüpft in die Rolle des lüsternen und ohne Skrupel agierenden Herzogs Karl Alexander von Württemberg. Ihm steht diese Rolle ausgezeichnet, er spielt sie mit kräftiger Stimme und wie immer toller Bühnenwirkung. In der Rolle des Magus (ein Rabbiner, der Joseph Süß warnt, und gleichzeitig der liebevolle Erzieher von Naemi) war an diesem Abend der Bariton Tobias Scharfenberger zu hören, der als Gast bei der Premiere einsprang. Thomas Peters ist der immer präsente Henker, der nur eines im Kopf hat, und zwar, Josef Süß zu richten. Florian Wolf ist als Haushofmeister rollendeckend besetzt.
An diesem gelungenen Premierenabend hatte auch das Orchester des Staatstheaters großen Anteil. Unter der Leitung des in neuer Musik versierten Dirigenten Roger Epple[singlepic id=1136 w=320 h=240 float=right] entfaltete das Orchester die farbenreiche und für dieses Werk passend komponierte, beklemmende Musik. Mit dem Chor war der rhythmische Gesang der Glanert-Komposition von Chordirektor Jörn Hinnerk Andresen gut einstudiert worden. Für ein gelungenes Bühnenbild und die passenden Kostüme zeichnete Peter Sykora verantwortlich. Er nutzte die Drehbühne des Hauses für die Bebilderung des Geschehens. Die Wände der kleinen Zelle, in der Joseph Süß inhaftiert ist, schmückte Sykora mit Goldbarren aus. Eine Kulisse aus grauen Wänden, Spiegeln und, als Zeichen des Reichtums, einige Regale mit Gold, Silber und anderen Objekten, wechseln sich in den anderen Szenen ab. Die gute Beleuchtung setzte alles in das richtige Licht. Schöne und in die Zeit der Handlung passende Kostüme sind für Solisten und Chor entworfen und geschneidert worden. Unter den vielen Grautönen und den wunderbaren weißen Kostümen des Chores stach Joseph Süß, in purpurrotes Gewand gekleidet, immer heraus. Es ist dem Ensemble und dem Theater gelungen, für das Publikum einen sehr intensiven, spannungsreichen und berührenden Theaterabend zu gestalten. Bravo!
Weitere Termine: 7., 11., 20., 22., 26., 30. März sowie 4 Abende im April.
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NachtMusik am 2. März 2012 21:38 [singlepic id=1134 w=320 h=240 float=left]
Die Fledermaus am Rosenmontag mit einem bestens aufgelegten Ensemble und ein ausverkauftes Gärtnerplatztheater – was braucht man mehr!
In der Inszenierung von (Noch-) Intendant Ulrich Peters tummelten sich die Ensemblemitglieder des Theaters. Heike Susanne Daum und Tilmann Unger standen als Ehepaar Eisenstein auf der Bühne. Tilmann Ungers Tenor passt sehr gut zum Eisenstein, und Heike Susanne Daum beeindruckte nicht nur schauspielerisch: sehr schön gelang den beiden das Uhrenduett. Mit ausdrucksstarker Stimme interpretierte Frau Daum die Rosalinde und bot auf dem Ball des Prinzen einen feurigen Csardas. In weiteren Rollen Ella Tyran als quicklebendige Adele und Ulrike Dostal als Ida. Torsten Frisch verlieh dem Dr. Falke seinen Bariton und Spielfreude. Mit schönem sattem Mezzo sang Franziska Rabl den Prinzen Orlowsky. Robert Sellier als Gesanglehrer Alfred und Hans Kittelmann in der Rolle des Advokaten Dr. Blind brachten die Figuren überzeugend auf die Bühne. Auch immer wieder schön: der Gefängnisdirektor Frank, von Dirk Lohr verkörpert. Mit Thomas Peters hat das Haus einen ausgezeichneten Gefängniswärter Frosch gefunden. Es kommen keine Längen, wenn er zu den alten Gags den Bezug auf die Politik und aktuelle Themen aufnimmt. Einfach super!
Der Chor war wie gewohnt in dieser Produktion gut und hatte an diesem Tag besonders viel Spaß. Auch das Orchester war in Champagner-Laune: Dirigent Andreas Puhani entlockte dem Orchester mit leichter Hand schmissige Rhythmen, schnelle Tempi, und die Funken sprühten. Danke!
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NachtMusik am 27. Februar 2012 22:00 Mit einer Aufführungsserie von sechs konzertanten Vorstellungen bot das Opernhaus Nürnberg eine Rarität: die 1848 in Triest uraufgeführte Oper Il Corsaro – Der Korsar, Melodramma Tragico in drei Akten, des jungen Giuseppe Verdi (1813-1901).
Vor der Aufführung nutzte ich das Angebot der Oper Nürnberg, die Einführung im Gluck-Saal zu besuchen. Der Dramaturg Kai Weßler informierte das Publikum über die Entstehungszeit des Werkes und die kleinen Veränderungen, die Verdi und sein Librettist Francesco Maria Piave gegenüber der Vorlage, dem Poem The Corsair von Lord Byron, gemacht haben.
Ein Opernhaus braucht schon ein Belcanto-geschultes Ensemble, um dieses Stück auf die Bühne zu bringen. Nürnberg hat diese Möglichkeit: David Yim in der Rolle des Corrado, Kapitän der Korsaren, lässt da keinen Zweifel aufkommen. Der südkoreanische Tenor verfügt über alle Mittel, seine Stimme in den Mittelpunkt der Aufführung zu stellen. Dicht gefolgt von den beiden Sopranistinnen Leah Gordon als Medora, die junge Geliebte Corrados, und Hrachuhí Bassénz, die Lieblingssklavin des Seid, Pascha von Koroni. Dieser wurde von Mikolaj Zalasinski mit imposantem Bariton gesungen. Nicolai Karnolsky bestach in der Rolle des Giovanni, ein Korsar mit einer schönen Bass-Stimme.
Auch die Sänger in den kleineren Rollen (aus dem Chor besetzt) konnten überzeugen. Da waren: Gor Harutyunyan als Aga Selimo, Luzuko Mahlaba als Eunuch, sowie Han-Bo Jeon. Der Chor des Staatstheaters machte seine Aufgaben gut, nur an kleinen Stellen wackelte die Intonation.
Großes Glück hat das Haus mit dem Dirigenten Guido Johannes Rumstadt, der die Staatsphilharmonie Nürnberg zu einer großen Leistung anspornt. Das Orchester hielt in jeder Minute die Spannung, fand ein schönes Klangbild und die genaue Dosis an Rhythmik, die bei Verdi so wichtig ist.
Für mich war es eine schöne Gelegenheit, das Nürnberger Haus sowie Ensemble näher kennenzulernen und ich bin in Zukunft öfter zu Besuch.
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NachtMusik am 26. Februar 2012 20:06 Ein Liederabend mit Werken schwedischer Komponisten bildete das Programm des LiedGut 8, im Gluck-Saal des Opernhauses in Nürnberg. Zum Einstieg des Abends gab es ein kleines Gespräch zwischen dem schwedischen Tenor Martin Nyvall und dem Dramaturg Kai Weßler. Herr Nyvall sprach über seinen Werdegang, die große Chortradition in seinem Heimatland, die schwedischen Komponisten (von denen viele in Deutschland studiert haben) und den Einzug des Kunstliedes in Schweden.
Nach einer kurzen Pause begann der erste Block mit Liedern von Wilhelm Peterson-Berger (1867-1942): “Intet är som Väntanstider” (Nichts ist wie die Zeiten des Erwartens), Text von Erik Axel Karlfeldt. Bei den “Vier Weisen im schwedischen Volkston” op.5 wurde nicht nur die Musik, sondern auch der Text vom Komponisten verfasst. Der sehr schöne Böljeby-Walzer, wieder mit dem Text von Erik Axel Karlfeldt, bildete den Abschluß der Peterson-Berger Kompositionen. Zeitlich später ist der Komponist Gunnar de Frumerie (1908-1987) einzuordnen. Sechs Lieder mit der Bezeichnung “Hjärtats Sanger” (Lieder des Herzens) waren bei Martin Nyvall und seinem immer präsenten Begleiter am Flügel, Andreas Frese, in den besten Händen. Sie gestalteten die Lieder mit sehr viel Emotionalität.
Nach der Pause ging es weiter mit Emil Sjögren (1853-1818): Sechs Lieder aus Julius Wolffs “Tannhäuser” op. 12. Drei Lieder von Ture Rangström (1884-1947) und Gustav Nordqvist (1886-1949) bildeten den Abschluß des Abends. “Vingar i Natten” (Flügel in der Nacht), “Serenad” (Serenade) und “Pan”, Text Bo Bergman. Sipporna (Windröschen), Text: Karl Gustav Ossiannilsson, “Jag ville vara tarar” (Ich wollte, ich wäre Tränen), Text: Erik Blomberg und “Till havs” (Zum Meer), Text: Jonatan Reuter. Es war ein eindrucksvoller und sehr stimmungsvoller Liederabend, mit einem sympathischen Ensemblemitglied der Oper Nürnberg. Herzlichen Dank dem lyrischen Tenor Martin Nyvall und seinem Pianisten Andreas Frese.
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NachtMusik am 20. Februar 2012 22:53 [singlepic id=1132 w=240 h=320 float=left]Herr Nánási, vielen Dank, dass Sie Zeit gefunden haben, uns ein Interview zu geben. Würden Sie uns als Erstes etwas zu Ihrem Werdegang erzählen?
Ja. Ich komme aus Ungarn, bin in Pécs geboren. Ich habe zuerst in Budapest studiert, anschließend in Wien an der Musikhochschule: Komposition, Klavier und Dirigieren. Mein erstes Engagement war am Stadttheater Klagenfurt als Korrepetitor, daraufhin wurde ich Korrepetitor mit Dirigierverpflichtung. Als Nächstes wurde ich dort zum Zweiten, schließlich zum Ersten Kapellmeister. Danach ging ich nach Deutschland, nach Augsburg, für zwei Jahre, anschließend ans Gärtnerplatztheater in München, für drei Jahre. Zur Zeit bin ich freiberuflich tätig, und in Kürze geht dann mein Leben in Berlin weiter.
Wie war überhaupt der Sprung von Klagenfurt über Augsburg nach München? Wie verlief das?
Ja, ich wollte etwas anderes ausprobieren. In Klagenfurt war ich relativ lange, sechs Jahre, und das war toll, denn ich habe dort sehr, sehr viel gelernt. Als Korrepetitor habe ich eigentlich das ganze Repertoire durchgespielt und durchgearbeitet mit den Sängern, und dann auch später sehr viel nachdirigiert. Dann wollte ich aber ein bisschen mehr und auch Deutschland und deutsche Theater kennenlernen. So kam es eigentlich, dass ich dann nach Augsburg ging. Der Intendant dort, Ulrich Peters, hat mich dann gefragt, ob ich mit ihm nach München ans Gärtnerplatztheater gehen möchte. Ja, und dann ergibt sich das eine aus dem anderen irgendwie, nicht?
Sie haben ja am Gärtnerplatztheater auch immer Operette dirigiert. Aus der Sicht des Dirigenten – wie sind die Unterschiede zwischen Oper und Operette?
Man sagt ja immer, Operette ist besonders schwierig. Und das stimmt. Es ist kein Zufall, dass das gesagt wird. Ich glaube, der größte Unterschied ist, dass in der Operette … Erstens einmal, was die Darsteller betrifft: die Darsteller müssen ja alles können. Sie müssen singen können, sie müssen gut spielen können, besonders toll sprechen können und bestenfalls auch toll tanzen können … also sie müssen wirklich ein komplettes Paket sein, nicht? Was das Dirigieren betrifft, ist ganz schwierig zu finden diese – es kommt natürlich auch auf die Richtung an, um welche Operettenrichtung es gerade geht, aber – grundsätzlich ist eben ganz schwierig zu finden die Balance zwischen sehr scharfer, prägnanter Rhythmik und der Leichtigkeit und Duftigkeit, die die Operette braucht. Eben, dass das gut ausbalanciert ist. Und auch, dass das Scharfe und Prägnante trotzdem nicht zu aggressiv wird und das Leichte und Duftige aber auch nicht seine rhythmische Prägnanz verliert. Das ist wirklich schwierig.
Sie haben ja viele italienische Opern im Repertoire – bevorzugen Sie das italienische Fach, oder hat sich das eher zufällig entwickelt?
Ja und nein. Es hat sich eher zufällig entwickelt. Mein Vater hat italienische Opern sehr gern gehabt, das heißt, zu Hause habe ich sie als Kind schon mal sehr häufig gehört, Schallplatten und so. Es hat sich dann auch so ergeben, zum Beispiel auch in Klagenfurt, dass wir sehr viele Sänger aus Italien hatten – das hing natürlich auch zusammen mit der Italien-Nähe dort – junge italienische Sänger, und wir haben sehr viele italienische Opern gespielt. Dort war eben das Repertoire überwiegend diese Richtung, auch viel Operette, andere Richtungen weniger. Es hat sich dann automatisch so ergeben, dass ich meistens diese Stücke dirigiert, korrepetiert und einstudiert habe.
Haben Sie in dem Bereich einen Lieblingskomponisten oder eine Lieblingsoper?
Italienisch? – Also, mein Lieblingskomponist, italienischer Opernkomponist, ist Verdi, das ist für mich eindeutig, aber unter den Verdi-Opern eine Lieblingsoper zu wählen, das ist schwierig.
Eine heikle Sache.
Es ist meistens so: die Verdi-Oper, mit der ich mich gerade beschäftige, wird zur Lieblingsoper, und wenn jetzt eine nächste drankommt zum Studieren, dann wird diese zur Lieblingsoper. Es ist ähnlich wie bei Mozart, jede Oper von Verdi ist so individuell, so eine eigene Welt auch. Obwohl natürlich ein gemeinsamer Stil alle verbindet, trotzdem sind alle Opern von ihm so individuell und so für sich stehend, da könnte ich jetzt keine herauspicken, keine spezielle.
Also auch nicht von der Entwicklung her, von den frühen Verdi-Opern zu den späten?
Natürlich sind Otello und Falstaff solche Meisterwerke, die weder früher noch später übertroffen werden konnten. Aber ich mag viele frühe Verdi-Opern auch sehr sehr gerne, denn ich bin der Meinung: In vielen dieser Opern, mit der Palette, die dem jungen Verdi damals zur Verfügung stand, mit den Ausdrucksmitteln, mit denen geht er perfekt um, er kann perfekt zeigen, was er will. Nur ist natürlich ganz klar: Im Falstaff hat er einfach schon eine viel breitere und farbigere Palette von Möglichkeiten.
Sie haben I Masnadieri an der Oper in Frankfurt und am Gärtnerplatztheater dirigiert. Ich habe auch beide Produktionen gesehen, es gab große Unterschiede in der Regie. Können Sie uns dazu etwas erzählen?
Ja, die zwei Produktionen waren komplett unterschiedlich, man kann sie auch nicht wirklich vergleichen. Die in München war für mich natürlich sehr bedeutend, denn das war eine Neuproduktion und ich habe sie musikalisch einstudiert. Wir haben das mit Thomas Wünsch, dem Regisseur, gemeinsam entwickelt, und das ist natürlich eine ganz andere Erfahrung als wenn man eine Wiederaufnahme betreut, wie es in Frankfurt der Fall war. Das waren auch zwei völlig verschiedene Sichtweisen vom Stück. Ich habe das Stück anhand der ersten, also der Neuproduktion, kennengelernt und mich damit auf die Weise identifiziert. Dann heißt es immer, wie man mit dieser bestimmten Vorstellung vom Stück dann, wenn man das in einer anderen Produktion macht, umgeht, wie man eine Balance findet, denn es ist selbstverständlich, dass in einer anderen Inszenierung andere Schwerpunkte und Aspekte sind. Aber ich glaube, das ist uns sehr gut gelungen in Frankfurt.
Wobei es in Frankfurt ja auch so war, dass Elemente umgestellt waren.
Ja, das war das Originalkonzept des Regisseurs, zwei Szenenblocks wurden sozusagen vertauscht. Es ist natürlich von Verdi ursprünglich nicht so geschrieben, aber es war in dem Konzept sehr logisch und konsequent und das hat sich auf die Intensität des Stückes in keiner Weise negativ ausgewirkt.
Sie dirigieren jetzt an der Bayerischen Staatsoper La Traviata . Wie ist das an diesem Haus?
Ja, das ist mein Debüt hier. Man kann ja auch zurückkehren zu der Frage nach der Lieblingsoper: Die Traviata ist eine meiner Lieblingsopern. Ich freue mich darauf sehr. Auch nach München zurückzukehren, nach zwei Jahren wieder hier in der Stadt zu sein. Auf die Arbeit mit den Künstlern. Neue Menschen und ein neues Haus, ein für mich neues Orchester, neuer Chor undsoweiter. Es ist immer sehr sehr spannend, in so einem relativ kurzen Zeitraum, dass wir alle in dieser kurzen Zeit sozusagen zusammenreifen zu einem gelungenen Abend, das ist immer eine große Herausforderung für alle.
Das ist ja nur eine kurze Zeit, die Sie da für die Proben haben. Wenn man die Produktion noch nicht kennt, ist das mit Sicherheit auch schwierig.
Ja, wobei ich muss sagen, die Inszenierung ist sehr ästhetisch, harmonisch und atmosphärisch. Sie wirkt auch sehr organisch. Ich glaube, sie ist sehr leicht zu verstehen und es fällt einem auch leicht, sich damit zu identifizieren.
Welche Eigenschaften schätzen Sie an Sängern am meisten?
Ich habe einen ungeheuren Respekt vor diesem Beruf, den ich schon immer als eine unglaubliche Herausforderung für ein menschliches Wesen empfunden habe. Denn was ein Sänger können muss – vor allen Dingen am Abend, wenn er auftritt, – das ist etwas, was sehr wenig Menschen wirklich begreifen: Was das für eine Leistung ist. Man muss sich jetzt ja vorstellen, dass in Kostümen – viele Leute wissen zum Beispiel gar nicht, wie unglaublich heiß auf einer Bühne durch die ganzen Scheinwerfer werden kann; das merke ich selber immer wenn ich am Ende der Vorstellung zum Verbeugen auf die Bühne muss!– also allein schon dort zu stehen in Kostümen. Und dann eben diese Leistung zu erbringen, wo Sänger auf so viele Sachen achten müssen: Sie müssen schön singen, sie müssen den Text deutlich singen, das alles natürlich auswendig, sie müssen auf den Dirigenten schauen, sie müssen auf die Kollegen reagieren, und und und. Ich könnte jetzt keine besondere Eigenschaft herauspicken, sondern ich bewundere Sänger als komplette Künstler, vor allem wenn jemand diesen Beruf wirklich professionell und für lange Zeit ausüben kann. Und man darf auch nicht vergessen, welchem Druck man da die ganze Zeit ausgesetzt ist. Den Abend drei,vier oder fünf Stunden lang, je nachdem, wirklich gut und spannend zu gestalten und zu präsentieren, mit all den Facetten und all dem, was so ein Abend braucht, verdient höchsten Respekt.
Was ist eigentlich die schwierigste Arbeit dann für Sie als Dirigent?
Für mich ist die schwierigste Arbeit – und das ist dann auch der Großteil der Arbeit letzten Endes – das Studium der Partitur. Das ist, wo alles anfängt, und das ist, wo alles passiert. Wo das Kennenlernen mit dem Komponisten, das Kennenlernen mit dem Stück, die Identifikation mit dem Stück und mit dem Komponisten, stattfindet. Das verlangt sehr viel Konzentration. Ich finde, das ist das Schwierigste und gleichzeitig auch das Wunderbarste. Es gibt natürlich unterschiedliche Schwierigkeitsgrade bei den Stücken. Manche Komponisten sind leichter zu verstehen, manche Stücke sind schneller lernbar als andere. Wenn man einfach alleine ist mit dem Stück und alleine mit dem Material. Das ist das Schönste. Und alles, was später dazu kommt, ist sehr unterschiedlich, die Einstudierung, die Arbeit mit den Kollegen etc.
Vielleicht sprechen wir dafür eben über die Neuproduktion in Frankfurt, die Sie vor kurzem dirigiert haben. Dass Sie anhand dieses Stücks noch einmal diese ganze Arbeit, die da hineingesteckt wurde, kurz erläutern … Das war ja eine tolle Produktion.
Vielen Dank! Ja, das war eben Chabriers L’etoile, “Der Stern“, eine Operette, eigentlich, aber eigentlich auch nicht. Da fängt es schon mal an: Es gibt manchmal Stücke, wo man das nicht eindeutig kategorisieren kann. Wobei, ich hüte mich sowieso generell davor, zu kategorisieren. Dadurch, dass Chabrier ein relativ unbekannter Komponist ist – bzw. für mich war er eher unbekannt, besonders, was seine Theaterstücke oder Bühnenstücke angeht – einige Orchesterwerke kennt man – ist er zum Beispiel ein Komponist, wo ich sehr lange gebraucht habe, um ihn zu verstehen, ihm ein bisschen näherzukommen und zu empfinden, was er gemeint haben könnte. Denn das ist so ein besonderer Stil.
Ja, das ist so eine spezielle Mischung, diese Musik.
Sehr speziell. Es gibt Komponisten, die man oft hört, wo man ein bisschen mehr Gefühl von vornherein für den Stil hat, aber Chabrier kennt man nicht so gut. Man muss dann sehr viel suchen, sehr viel herausfinden und sehr viel vergleichen. Was ist das, ist das jetzt ähnlich wie Offenbach? Aber dann hört man plötzlich auch Wagner heraus … Es ist eine Mischung von Stilen, gleichzeitig aber sehr individuell. Das macht es auch spannend und schwierig gleichzeitig. Das ist ein gutes Beispiel, wo das Studium der Partitur eigentlich für mich die schwierigste Phase der Produktion war. Und wenn man das dann lernt, und kennenlernt, ist das natürlich … Das Schöne ist zum Beispiel an einer neuen Opernproduktion: Jeder kommt ja vorbereitet – im Glücksfall – zum Probenbeginn, und jeder hat natürlich seine eigene Vorstellung von dem Stück, nicht? Die Sänger haben ihre eigene Interpretation von ihren Rollen. Das Schöne ist dann, diese ganzen Richtungen mit dem Regisseuren gemeinsam zusammenzubringen. Diese ganz verschiedenen Aspekte reifen dann irgendwie zusammen zu einem Gesamtbild und einem Gesamtziel auch, das wir alle zusammen anstreben. Das Bild, das man von einem Stück hat, wenn man zu Probenbeginn kommt, verändert sich unter Umständen ganz stark bis zur Premiere. Denn diese ganz vielen Aspekte, die auch die anderen Kollegen mitbringen, mit einbringen, die formen dann auch das eigene Bild vom Stück.
Sie sind ab Sommer GMD der Komischen Oper Berlin bei dem neuen Intendanten Barrie Kosky. Können Sie uns da schon einen kleinen Ausblick geben?
Ja, ich freue mich sehr darauf. Es ist eine große Herausforderung, eine tolle Aufgabe. Ich freue mich auf das Haus mit seiner großen Tradition und auch auf die Stadt Berlin sehr, ich wollte immer gerne mit Berlin zu tun haben. Ich fand diese Stadt schon immer ganz faszinierend, sowohl kulturell als auch geschichtlich. Ich glaube, wir freuen uns alle, das ganze Team, darauf, tolles Musiktheater machen zu können und dem Haus ein scharfes Profil zu geben. Ich beginne mit einer Neuproduktion von der Zauberflöte, mit dem Intendanten Barrie Kosky als Regisseur. Wir beide freuen uns sehr darauf.
Zum Schluss die Frage: Ist man als Dirigent geboren, oder kann man das auch lernen?
Ich glaube, was man relativ früh spüren kann, ist, dass gewisse Möglichkeiten nicht ausreichen, um das auszudrücken, was man möchte. Zum Beispiel, wenn jemand Pianist ist und nie die Etüden übt, nie die Mozart-Sonaten übt, sondern ständig Opern-Klavierauszüge spielt, dann liegt zumindest die Vermutung nahe, dass er einfach vom Spektrum her breiter interessiert ist als einfach nur Klavierspielen. Und dann muss man halt sehen: Was für Möglichkeiten gibt es für diesen Musiker, um sich im musikalischen Sinne so vielseitig wie möglich ausdrücken zu können? Ich glaube, das ist oft der Grund, warum ein Musiker dann Dirigent wird: Dass es einfach nicht genug ist für ihn, Klavier zu spielen oder Geige zu spielen oder zu komponieren oder so, sondern er will mehr. Dirigieren ist eine sehr umfassende Tätigkeit, die eigentlich wirklich die Musik als Ganzes in sich trägt und umfasst. Ich glaube, das ist, was die meisten, die dann Dirigenten werden, fasziniert.
Vielen Dank für das Gespräch, und alles Gute für La Traviata an der Staatsoper. Danke!
Ich danke auch!
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NachtMusik am 16. Februar 2012 23:44 Die fünfte Veranstaltung der Kammermusik im Foyer lockte das Publikum mit dem Titel UNBEKANNT KLASSISCH. Bei dem ersten Beitrag des Konzertes, dem Divertimento für drei Bassethörner KV 439b Nr.3 von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), in einer Bearbeitung für Violine, Viola und Cello, begeisterten die Musiker. Das Zusammenspiel war sehr homogen und die Freude am gemeinschaftlichen Musizieren hörte und sah man Franziska Pertler (Violine), Dorothea Galler (Viola) und Franz Lichtenstern (Cello) an. Maurice Duruflé (1902-1986), Prelude, Recitatif et Variations op. 3 für Flöte, Viola und Klavier, erklang in der Besetzung Heinz Hennen (Flöte), Ann Marie Schneidt (Viola) und Anke Schwabe (Klavier). Dieses Stück fordert einiges von den Interpreten; dies wurde von Flöte und Viola gut umgesetzt, und Anke Schwabe am Klavier ist immer eine Klasse für sich.
Nach der Pause stand ein heute leider weitestgehend unbekannter Komponist auf dem Programm. Sigismund von Neukomm wurde 1778 in Salzburg geboren und starb 1858 in Paris, beigesetzt wurde er auf dem Friedhof Montmartre. Er galt als eine der schillerndsten und vielseitigsten Persönlichkeiten seiner Zeit. Seine Begeisterung für die Musik Mozarts und Haydns ließ ihn zu einem Botschafter der Wiener Klassik werden. Das Quintett trägt den Namen Une fete de village en suisse, Quintetto dramatique für 2 Violinen, 2 Violen und Violoncello. Auch bei diesem Stück beeindruckte wieder das gute Zusammenspiel der Musiker, in der Zusammensetzung: Katja Lämmermann, Susanne Kabel (Violine), Dorothea Galler, Rainhard Lutter (Viola) und wieder Franz Lichtenstern (Cello). Das vielschichtige und interessante Werk war in guten Händen bei den Interpreten des Gärtnerplatztheaters. Überhaupt ist es immer wieder schön, die Musiker auch außerhalb des großen Orchesters des Musiktheaters zu hören.
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NachtMusik am 14. Februar 2012 18:54 Ein reines Richard Strauss Programm mit dem Titel “Ist wie ein Gruß vom Himmel” war im Foyer des Gärtnerplatztheaters zu erleben. Gleich drei Solistinnen des Hauses, Sandra Moon, Stefanie Kunschke und Ann-Katrin Naidu, hatten ein Konzert mit Liedern und Ausschnitten von Bühnenwerken zusammengestellt. Am Flügel beeindruckte solistisch und auch in der Begleitung der Stimmen Liviu Petcu.
Zu Beginn des Nachmittages stand das Terzett Najade/Dryade/Echo aus Ariadne auf Naxos (1912) mit anschließendem Duett Komponist/Zerbinetta, gesungen von Frau Naidu und Sandra Moon. Stefanie Kunschke interpretierte dann mit schöner Mittellage zwei Lieder, Nichts und Die Zeitlose. Im weiteren Verlauf des Konzertes hörte das Publikum Allerseelen, Die Nacht sowie Zuneigung ausdrucksstark gesungen von der Mezzosopranistin Ann-Katrin Naidu. Diese Lieder sind nach den Texten von Hermann von Gilm im Jahr 1883 entstanden. Der berührende und innige Sopran von Sandra Moon ließ September aus Vier letzte Lieder erklingen.
Der Pianist Liviu Petcu brillierte mit einem Stück aus Fünf Klavierstücke op. 3 Nr.1 (1881) und der Träumerei für Klavier op.9 Nr.4 (1882); es machte viel Freude, diese Stücke von ihm zu hören. Mit einem Duett aus Arabella präsentierte sich Stefanie Kunschke als Arabella und Sandra Moon als Schwester Zdenka. Dramaturg Christoph Meier-Gehring führte durch das Programm. Es machte ihm sichtlich Spaß, immer wieder Geschichten und Briefwechsel zwischen Richard Strauss und seiner Frau Pauline zu zitieren, aber auch zwischen Strauss und Hugo von Hoffmannsthal, dem Textdichter vieler Strauss-Opern. Das war sehr unterhaltsam!
Der Rosenkavalier, uraufgeführt 1911, darf bei einem reinen Strauss-Konzert natürlich nicht fehlen, ist dies doch eines der wichtigsten Werke des Komponisten. Es erklang das Duett Octavian/Sophie (Rosenüberreichung) mit Ann-Katrin Naidu und Stefanie Kunschke. Als vorletzte Darbietung wieder Klavier solo, die Mondscheinmusik aus Capriccio (1941), dem Konversationsstück für Musik. Zum großen Finale hörte man das eindrucksvoll gestaltete Schlußterzett Marschallin/ Octavian/ Sophie aus Der Rosenkavalier, mit allen Solistinnen.
Den begeisterten Zuhörern sangen die Sängerinnen als Zugabe noch ein Terzett aus der Ariadne auf Naxos. Strauss hätte viel Freude bei diesem Konzert im Foyer des Gärtnerplatztheaters München gehabt.
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NachtMusik am 10. Februar 2012 18:44 [singlepic id=1127 w=320 h=240 float=left]Im Rahmen des “Brecht Festival Augsburg” wurde am 3. Februar 2012 in der Augsburger Innenstadt die “Lange Brechtnacht” veranstaltet. Von München aus machte ich mich auf den Weg in das noch kältere Augsburg. Die lange Nacht fand in diesem Jahr in und um das Rathaus statt. Auf dem Rathausplatz und im Foyer des Rathauses entfaltete sich eine szenische Installation von der Brecht-Enkelin Johanna Schall, “Brechts Plärrer”: Um Tonnen, in denen Feuer brannten, versammelten sich Schauspieler und Sänger mit Gitarre, die Ausschnitte aus Stücken und Texte von Berthold Brecht sowie Gesänge sehr eindrucksvoll gestalteten. Das war sehr anregend, es entstand ein lebhafter Austausch zwischen Interpreten und Publikum mit Diskussionen über Brecht, die Politik und die Welt.
Im Foyer des Rathauses ging es erst mal nicht unbedingt – dem Inhalt der Lieder entsprechend – gemütlich zu. Ein Chor, begleitet von seinem Leiter am Stagepiano, sang Brecht-Lieder und suchte hin und wieder den Einsatz. Nächster Punkt war eine Boxvorführung, interessant, aber zu lange. Als dritte Darbietung kam eine freie Interpretation mit dem Titel: “Vorm Regen schützen”, eine Choreographie von Elodie Lavoignat für zwei Tänzer. Ein Tanzstück nach Hanns Eislers Werk “14 Arten, den Regen zu beschreiben”, mit dem Brecht-Text “Morgens und abends zu lesen”. Es war eine sehr ausdrucksstarke Darbietung der beiden Tänzer, Elodie Lavoignat und Denys Mogylyov. Die Berliner Musiker der Tango Fusion, mit Lothar Hensel am Bandoneon, haben Stücke von Bert Brecht, Kurt Weill und Zeitgenossen von argentinischen Komponisten für Tango-Ensemble arrangieren lassen. Die Instrumentalisten an Violine, Cello, Kontrabass und Bandoneon verbanden die klangvolle, dramatische Kraft des Tangos und die klassische westliche Kammermusik auf wunderbare Weise.
Ein kleiner Kritikpunkt bzw. eine Bitte an das Kulturreferat der Stadt Augsburg: Es wäre schön, wenn das gedruckte Programm im nächsten Jahr etwas strukturierter und leserlicher gestaltet würde. Ich komme gerne wieder 2013.
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NachtMusik am 9. Februar 2012 20:02 [singlepic id=1125 w=240 h=320 float=left] ZUR DEUTSCHEN ÜBERSETZUNG
Thank you for taking the time to speak with us today, Ms. Rae. Could you begin by telling us something about your professional background?
It started with Frankfurt, actually. I started my professional career right after school with Frankfurt. I’ve only been singing professionally for three and a half years. Only last season, when I went to Bordeaux, that was my first guest engagement. So, really, it was a kind of safe place in Frankfurt, I mean, it’s a great house, but safe because I was so – I was planted there. I could learn a lot of roles. In my first year I did eight or nine roles, completely new. I just jumped right in. My first role was Pamina in Die Zauberflöte. I had eight days of rehearsal, with German dialogue, you know, so I just had to be really prepared before I got there. That’s my background so far. I am travelling more now. Obviously I am here in Munich now, and in February I will go to Italy to sing in Verona. But other than France and England, Germany has been my home base as a professional. I haven’t even sung – well, I have sung in America, but that was while I was still a student, so it doesn’t really feel like it was part of my professional life. I will go back to America first in 2013. That will be my first professional engagement there – after I have been singing for almost five years I finally get to go home and sing in America (laughs).
What inspired you to become an opera singer?
I didn’t really decide I wanted to be an opera singer until I was about – twenty? Yeah, I was twenty. I have been taking voice lessons since I was fifteen. I always loved singing, ever since I was five or six, around there. Anyway, I loved music, but I really didn’t think I wanted to go strictly into classical music. I loved writing music, I loved singing jazz, so I thought it would be a little more into the popular area. But then my second year of university I sang in the “Opera Scenes” program, and I sang the sleepwalking scene from La Sonnambula. And I fell in love with it so much. I was obsessed with it. I listened to about fifteen different recordings, anything I could find. So then I remember talking with my mother, and she said: “You know, I know you love all kinds of music, but what you can do with your voice, that’s special. And I think you need to realize that, that, you know, Opera is not something that every singer can do.” And I said: “Yeah, that’s true, okay.” And I found that I loved the Belcanto music so much that it became a real passion for me. And I kind of said: “Alright. I’ll focus.”
You sang the title-role in Lucia di Lammermoor in Frankfurt.
I will be doing more Belcanto things in Frankfurt, I’ll just say that (laughs). Yes. Look at the schedule for the next season when it comes out. But there is not a huge history, I find, in Germany of this Belcanto music. It’s hard for – I don’t know. There is not a huge tradition, so finding a director who has a good idea to make something interesting of these pieces – it’s difficult. I think a lot of houses are a little scared to do the more unknown pieces. Everyone does Lucia, everyone loves Lucia, but all these other pieces – I mean, Donizetti, he wrote so many operas, and it’s all beautiful music. We’ll see. Maybe we can find a passion for it. We just have to show people.
You have been a member of the ensemble at Oper Frankfurt since 2008/2009 (your first permanent engagement). Your first role was in a Mozart opera. Would you tell us about the roles that followed?
I’ve sung a big mixture of roles in Frankfurt. I feel really lucky in Frankfurt because I have gotten to sing some of my favourite operas already. Someone recently asked me: “Okay, what are your dream roles and when can you do them?” I said: “I’ve done Lucia, I’ve done Violetta, I’ve done Konstanze.” These are all things that when I was a student I would study, and I said: “Oh, I can’t wait to sing those!” Also, my first year, that was the second production I did: The Turn of the Screw by Benjamin Britten. The Governess actually is one of my favourite roles. I don’t know if you like Britten opera at all, but I love this piece. I would like to do that again some day because it is one of my favourite operas. This atmosphere that Britten creates – it’s so haunting. I love it. But she is a very different character than Violetta or Lucia.
When I did Lucia I only had five days to rehearse. It was a “Wiederaufnahme” (i.e., they had done this production before), but it was the second “Wiederaufnahme” in that season, even. So they had already rehearsed earlier, with two weeks of rehearsals. So I had to fight to get a “Sitzprobe” (sitting orchestra rehearsal). I had that one orchestra rehearsal. No day off between the last rehearsal and the performance. I remember one of the coaches took a picture of me on the set the night before the show because the director’s assistant brought me to the stage – because we didn’t get to go on the stage at all. But there is this big staircase that you sing the mad scene on. She said: “I think it will be good for you to just walk the stairs, see how it feels when you sing out there.” It was something like ten thirty at night, and the next day … I was also sick, so … (laughs). It was a very exciting Lucia debut. But Joseph Calleja was my Edgardo. That’s kind of a dream tenor to do your first Lucia with, an Edgardo like that. Unfortunately the production wasn’t so popular in Frankfurt. I don’t know when it will get brought back – if it will, even. I don’t know if I can sing Lucia again in Frankfurt. It’s too bad. They hadn’t done Lucia for 100 years in Frankfurt. Too bad that it wasn’t a little more exciting. Let’s see, what else? Did you see the Hoffmann? Hoffmanns Erzählungen? Yeah? Okay. I think the next time I sing Olympia I won’t dance. No more dancing. It was fun in rehearsals, but then when we got in the costume it felt so different. Because I was in fitness outfits, and then I had to wear this gold leather kind of costume and I couldn’t move very well. It just changed (laughs). The director of that show is from my home town in Wisconsin. He is a wonderful singer, too, Dale Duesing.
Let us talk about Die Entführung aus dem Serail: You performed your first Konstanze in Frankfurt as well, in the very well received production by Christof Loy. Many felt this production was reminiscent of “crime fiction”. What were your feelings about it?
I didn’t know that people thought this was like crime fiction. – My feelings about Christof Loy’s production? I think it’s wonderful because he makes something more interesting out of the piece. It’s not just: Konstanze is strictly faithful to Belmonte, and … I don’t know, Christof Loy explores her feelings for Bassa Selim and I think that makes Konstanze a much more interesting character. Because she is, you can tell in her music. She is a very strong woman, but she also is tender and she has a lot of deep emotions, so, yeah, to make her multi-faceted it’s really interesting to play with her emotions. I mean, this ending that Christof Loy staged … Now when I do it in another show, I say: “Oh, right. This is actually a happy ending. I am in love with Belmonte and happy about it.” Because in the Loy one we were all: “Maybe I should have been with Bassa Selim. Oh God, what have I done?” But crime fiction? I don’t know. The whole piece, it seems to just work. I don’t even think of comparing it to anything, just because I just look at it and it is its own complete package.
Because of the way tension is built up, and the emotions, which are really strong in this production.
Yeah. And Christoph Quest, this actor – I mean, he does it every time, I think. It’s so great because he IS this character. He was in the first show, when they did it in Belgium, I think. The Theatre Royal de la Monnaie, in Brussels, in 1999. It wasn’t first in Frankfurt. – He’s been with this piece for 13 years now. Apparently it keeps changing, because Christof Loy will come back to the piece sometimes. In Barcelona he was there and Christoph Quest said that he was changing even more. It’s always growing.
How do you see Konstanze’s role, and what is special about her music?
It’s very virtuosic, Konstanze’s music. It’s like Mozart wrote a concerto for the voice. There is so much power to her music. But also in her opening aria “Ach, ich liebte” it is fragile as well. She never gets frantic. She misses Belmonte desperately and wants to be with him again, but I don’t feel like Mozart really wrote it to be desperate. She is not a crazy woman. She has her sensibilities about her. She is very noble, and I think that’s really shown in the music.
In the current Munich production directed by Martin Duncan, the dialogues have been removed and replaced by a female speaker. Is it difficult to create a relationship with your stage partner or to create the necessary tension, for example leading up to the “Martern” aria?
I was just talking to Rebecca about how I miss the dialogue with Blonde because then we don’t react that much to each other if we don’t have the dialogue. I miss the dialogue between “Traurigkeit” and “Martern”. It’s hard to end that aria just lying on the couch and then I think she (the narrator) says one line of dialogue, and then: Up! – Okay! So I have to find it in my head. In this case you just have to look at the production and take it for what it is and don’t think about what it is missing. You have to make it work in whatever way they have staged it. I don’t think it is as strong. I don’t feel the sense of defiance as much when I look at Bassa Selim, and I feel like it is too general, the feelings: Okay? – Yeah. So in that case I kind of thought: “I’ll just try to sing this well!” (laughs) With only three days of rehearsal you didn’t get to create the relationships as deeply as you might if you had six weeks. I am sure the production, when they first did it, it was different. It’s always hard to re-create that in a “Wiederaufnahme” when you are not working with the director. I mean, you know what movements to do, but you don’t know what the thought was behind the movement. So you just have to take the creativity into your own hands and say: Okay, I am going to make this work for me. Sorry, director, if that’s not what you were thinking, but I don’t know what you were thinking, so: Here it is!
What are the differences in character between Konstanze and Blonde?
The way Blonde is written – “Welche Wonne, welche Lust”, lalala, she is more excitable. I don’t think she thinks as much about everything. Not as much as Konstanze. Blonde is very practical: “Well, this is my fate.”
Would you care to share with us a brief list of your role models, or those who have been particularly inspiring to you?
Let’s see. For a vocal role model? This is actually – I probably shouldn’t even say this, because she had some vocal problems, but: Anna Moffo. When I first started listening to the Belcanto music I had a CD that she recorded when she was very young, I think between the ages of 22 and 25. It was the La Bellissima CD, and it had things from Lucia, Rigoletto, Traviata, Puritani, I think, and some Mozart as well, and Boheme. I loved her voice. She had such a beautiful voice when she was younger. There were some problems, but when I was in school still sometimes if I would say: “Aargh, I’m having a problem, I don’t know what to do,” and I would just listen to Anna Moffo for a minute, I’d say: “Okay. Alright. This is fine. Remember to sing beautifully.”
Role models? Hmm. I’ve always been pretty individualistic. I like to be myself. I don’t really like being compared to other people. Even if it’s a great compliment. If someone would say: “Oh, you are the next so-and-so!”, and I say: “Well, thank you, but – I just want to be Brenda Rae.” I had, I mean, obviously I sing a lot of the same roles that Diana Damrau sings, and she is a fantastic singer. And I had a friend, a musical coach, say once: “Oh, you are the next Diana Damrau!” And I said: “No, I’m not at all!” I don’t have a voice like hers, I think, and as amazing as she is, I don’t want to be like her, I want to be myself. I admire a lot of my colleagues who are kind of along the same level that I am, you know, starting off in their careers as well, and I am so excited to see where they go. There is a soprano, Elza van den Heever. I don’t know if you have seen her in Frankfurt. She sang Antonia in some of the Hoffmann performances. I heard her sing Anna Bolena in concert a few years ago, in Frankfurt. And listening to that, it’s like – not to make a comparison, but it’s like she is the next Joan Sutherland. She has an enormous voice but she can be really delicate and she sings coloratura really well. It’s amazing, and she is a good friend of mine, and it’s really exciting to just be surrounded by other singers that are so great and good colleagues. So I think we all take pride in being grounded as people, not just singers, and I really appreciate that, when I meet singers who have a good attitude. That’s important to me: To have a good attitude, to be a good person.
You have a very full schedule currently. Where might we hear you perform this year, and in which roles?
Where am I singing this year? Frankfurt, a lot. This season I have already sung – what did I sing? Traviata was my first role in Frankfurt this season, and then there was Olympia again, and Giunone in La Calisto. Obviously Konstanze here in Munich. I am singing the soprano solos in Elias, by Mendelssohn, in Verona. I am going back to Frankfurt to sing Pamina and Ann Trulove in a new production of The Rake’s Progress. I sing in Die Walküre, I’m singing Helmwige. I don’t really want to be singing that, but I do it because I love Frankfurt and they needed someone. I said: “Okay, it will be my debut and my farewell from the role.” It will be fun to sing that – hoiateho! – for once in my life, I suppose (laughs). I wouldn’t consider myself a Wagner singer. I sang the role of Lora in Die Feen, an early Wagner opera last season. There are some pretty moments in there, some beautiful moments. It will come out on a recording, I believe, that will be exciting. I don’t know when. I think this season I am not away as much. Next year I will go and do a concert tour of a Händel opera. Then I will go back to Bordeaux, and I am going to sing in Santa Fe in America.
Makropulos?
No. Christiane Karg is singing in that. She is also great. Everyone always thinks that we should be enemies because we are both sopranos. No, we are friends. I think she is great. It’s a really great ensemble in Frankfurt, I have to say. The colleagues are really great, and we don’t really compete with each other. I think our boss also is pretty good about sharing the roles. Most of us have really good things to do. That is good.
Are there any roles which you would especially like to perform in the future?
I already did so many. What else? Anything with Belcanto, really. I do want to sing the role of Amina in La Sonnambula, and I will, in the future. I won’t say where or when, but – (laughs). Oh! I really want to sing Manon. Massenet’s Manon. That is definitely a role I am looking forward to singing. I like the French repertoire, but it doesn’t get done so often in Germany it seems … Another Belcanto role: Elvira in I Puritani, it’s beautiful. – I am going through all the arias that I used to sing in school. Yeah. Let’s just go with Manon. I really want to sing Manon. There is The Barber of Seville, Rossini: Rosina. That would be very fun. But I would feel bad picking that role away from mezzosopranos because I have a lot of really wonderful mezzosoprano friends who sing that role really well. Why not leave it to them, I will sing the other, higher stuff, it’s okay. – But she is feisty, that would be fun to sing, the role of Rosina. My friend Isabel Leonard just sang Rosina at the Met. I didn’t get to see that production, though. Oh, Isabel sang here, actually, she sang Cherubino in Le Nozze di Figaro. Do you know Isabel Leonard? We went to school together. Good friends. She is amazing. She is in Vienna right now, Wiener Staatsoper, to sing Rosina.
I want to sing anything that’s interesting, really. I love learning new repertoire. I haven’t done a lot of modern opera in my professional career. I used to sing a lot of modern music when I was in school. But now I am mainly singing kind of “the hits of opera”. I have to say I like what the modern music can do in a production. Usually I like seeing it, but I have to say I am not always a fan of the music. It has to be good. I work with a composer in New York, Lowell Liebermann. I love his music. He has an interesting – I don’t know, I like the way he sets music. It still has beauty to it. It’s not just – you know, a lot of modern music, I find, can be too harsh and almost … I don’t want to say anything, but … (laughs.) Oh, I am excited to sing Fiordiligi some day, actually. I am looking forward to that. I might sing it in a couple of years. I might also sing Donna Anna in a couple of years, adding more Mozart to the list. When I listen to Mozart, it’s like: This is perfect. It just seems like perfect music, I don’t know. When you listen to it, everything seems right with the world.
Thank you very much! All the best to you in your coming endeavours!
Thank you!
(Brenda Rae talked to us on January 20, 2012 – Munich, Germany)
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Interview mit Brenda Rae am 20. Januar 2012 (München, Deutschland) – Übersetzung
Liebe Frau Rae, danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, uns ein Interview zu geben. Könnten Sie uns einen Einblick in Ihren Werdegang geben?
Mit Frankfurt hat es angefangen. Ich habe meine Sängerlaufbahn direkt nach meiner Ausbildung begonnen, und zwar in Frankfurt. Ich stehe erst seit dreieinhalb Jahren als Sängerin auf der Bühne. In der vergangenen Spielzeit war ich mal in Bordeaux, das war mein erstes Gastengagement. Es war also wirklich eine Art sicherer Hafen in Frankfurt. Ich meine, es ist ein großartiges Opernhaus, aber ich sage sicher, weil ich so – ich war dort verwurzelt. Ich konnte viele Partien lernen. In meinem ersten Jahr sang ich acht oder neun Partien, ganz neu. Ich bin einfach ins kalte Wasser gesprungen. Meine erste Rolle war Pamina in Die Zauberflöte. Ich hatte acht Probentage, mit deutschen Dialogen, also musste ich richtig gut vorbereitet sein, bevor ich anfing. Das ist mein bisheriger Werdegang. Ich reise jetzt mehr. Jetzt bin ich also hier in München, und im Februar werde ich in Italien singen, in Verona. Aber neben Frankreich und England habe ich meine berufliche Basis in Deutschland. Ich habe nicht einmal – doch, ich habe in Amerika gesungen, aber das war noch zu Studienzeiten, also betrachte ich das nicht als Teil meines beruflichen Werdegangs. Ich werde erst 2013 wieder nach Amerika gehen. Das wird mein erstes Engagement als Sängerin dort sein – nachdem ich dann also fünf Jahre auf der Bühne gestanden bin, komme ich endlich nach Hause und singe in Amerika (lacht).
Was gab den Ausschlag, Opernsängerin zu werden?
Ich hatte mir erst überlegt, dass ich Opernsängerin werden wollte, als ich ungefähr – zwanzig Jahre alt war? Ja, ich war zwanzig. Ich habe Gesangsunterricht, seit ich fünfzehn war. Ich habe immer schon gerne gesungen, schon seit ich so fünf oder sechs Jahre alt war. Jedenfalls, ich liebte Musik, aber ich dachte eigentlich nicht, dass ich mich strikt auf klassische Musik verlegen wollte. Ich habe sehr gerne komponiert und ich liebte es, Jazz zu singen, also dachte ich, es würde etwas mehr in den Nicht-Klassik-Bereich gehen. Aber dann, in meinem zweiten Jahr an der Universität, nahm ich an dem sogenannten “Opera Scenes Program” teil: Ich sang die Szene aus La Sonnambula, in der Amina schlafwandelt. Und ich habe mich so sehr in dieses Stück verliebt, ich war wie besessen davon. Ich habe mir ungefähr fünfzehn verschiedene Aufnahmen angehört, alles, was ich nur finden konnte. Als ich dann mit meiner Mutter darüber sprach, sagte sie: “Hör mal, ich weiß, dass du alle möglichen Musikstile liebst, aber diese Stimme, die du hast, das ist etwas Besonderes. Weißt du, du solltest dir im Klaren darüber sein, dass nicht jeder Sänger in der Lage ist, Opern zu singen.” Ich sagte: “Ja, das stimmt, okay.” Ich stellte dann fest, dass mir die Belcanto-Musik so gut gefiel, dass sie zu einer wirklichen Leidenschaft wurde. Da sagte ich dann gewissermaßen: “Ja, gut, ich werde mich darauf konzentrieren.”
Sie haben die Titelrolle in Lucia di Lammermoor in Frankfurt gesungen.
Ich werde in Zukunft noch weitere Belcanto-Stücke in Frankfurt singen, mehr verrate ich noch nicht (lacht). Ja. Sehen Sie sich den Spielplan für die kommende Spielzeit an, wenn er herauskommt. Aber ich habe festgestellt, dass diese Belcanto-Musik in Deutschland historisch nicht so verbreitet ist. Es ist schwierig für – ich weiß nicht. Es gibt keine große Tradition, also ist es schwierig, einen Regisseur zu finden, der Zugang zu diesen Stücken hat und etwas Interessantes daraus machen kann. Ich glaube, viele Häuser haben ein wenig Angst davor, die unbekannteren Stücke aufzuführen. Alle machen Lucia, alle lieben Lucia, aber all diese anderen Stücke – ich meine, Donizetti, er schrieb so viele Opern, und alle mit wunderschöner Musik. Mal sehen. Vielleicht können wir die Leidenschaft dafür wecken. Wir müssen es dem Publikum nur zeigen.
Sie sind Ensemblemitglied an der Oper Frankfurt seit 2008/2009 (Ihr erstes Festengagement). Ihre erste Rolle war in einer Mozart-Oper. Würden Sie uns etwas über die Partien erzählen, die Sie danach gesungen haben?
Ich habe in Frankfurt sehr viele ganz unterschiedliche Partien gesungen. Ich bin in Frankfurt wirklich glücklich, weil ich bereits einige meiner Lieblingsopern singen konnte. Vor kurzem hat mich jemand gefragt: “Also, was sind Ihre Traumrollen, und wann können Sie die singen?” Ich sagte: “Ich habe Lucia gesungen, ich habe Violetta gesungen, ich habe Konstanze gesungen.” Das sind alles Rollen, die ich während des Studiums einstudiert habe, und damals konnte ich es kaum erwarten, diese Partien zu singen. – In meinem ersten Jahr habe ich als meine zweite Produktion in The Turn of the Screw von Benjamin Britten gesungen. Die Gouvernante gehört wirklich zu meinen Lieblingsrollen. Ich weiß nicht, ob Sie Britten-Opern überhaupt mögen, aber ich liebe dieses Stück. Ich würde es gerne einmal wieder singen, denn das ist eine meiner Lieblingsopern. Diese Atmosphäre, die Britten erzeugt – das ist so unheimlich. Ich liebe es. Aber die Gouvernante ist vom Charakter her ganz anders als Violetta oder Lucia.
Als ich die Lucia sang, hatte ich nur fünf Tage Zeit für die Proben. Es war eine Wiederaufnahme gewesen, und sogar die zweite Wiederaufnahme in der Spielzeit. Das heißt, die anderen hatten zuvor schon geprobt, zwei Wochen lang. Erst nach einigem Hin und Her bekam ich eine Sitzprobe. Ich hatte also nur diese eine Sitzprobe, mit Orchester, und keinen freien Tag zwischen der letzten Probe und der Vorstellung. Ich weiß noch, dass am Abend vor der Vorstellung ein Foto von mir auf dem Set gemacht wurde, weil die Regieassistentin mich zur Bühne brachte – denn wir kamen da überhaupt nicht auf die Bühne. Aber da war diese große Treppe, auf der die Wahnsinnsarie gesungen wird. Sie sagte: „Ich glaube, es ist eine gute Idee, wenn du einfach mal diese Treppe auf- und abgehst, damit du sehen kannst, wie es sich anfühlt, wenn du dort singst.“ Es war ungefähr halb elf Uhr abends, und am nächsten Tag … Außerdem war ich krank, also … (lacht). Es war ein sehr spannendes Lucia-Debüt. Aber Joseph Calleja war mein Edgardo. Das ist traumhaft, wenn eine Sängerin mit so einem Tenor ihre erste Lucia singen kann, mit so einem Edgardo. Leider kam diese Produktion in Frankfurt nicht so gut an. Keine Ahnung, wann sie wieder aufgenommen wird – oder ob sie das überhaupt wird. Ich weiß nicht, ob ich Lucia in Frankfurt noch einmal singen kann. Das ist zu schade. Sie hatten hundert Jahre lang keine Lucia in Frankfurt gemacht. Zu schade, dass es nicht ein wenig spannender war. – Mal sehen, was gibt es noch? Haben Sie den Hoffmann gesehen? Hoffmanns Erzählungen? Ja? Okay. Ich denke, wenn ich das nächste Mal Olympia singe, werde ich nicht tanzen. Kein Tanzen mehr. In den Proben hat das Spaß gemacht, aber als wir dann die Kostüme trugen, fühlte es sich ganz anders an. Zuvor hatte ich dabei Fitness-Kleidung angehabt, und dann musste ich dieses Kostüm aus einer Art goldenem Leder tragen, und ich konnte mich nicht so gut darin bewegen. Es war einfach ganz anders (lacht). Der Regisseur dieser Inszenierung ist aus meiner Heimatstadt in Wisconsin. Er ist auch ein wunderbarer Sänger, Dale Duesing.
Sprechen wir doch mal über Die Entführung aus dem Serail: Ihre erste Konstanze haben Sie auch in Frankfurt gesungen, in der hochgelobten Produktion von Christof Loy. Viele Zuschauer fanden, diese Inszenierung war wie ein Krimi. Wie sehen Sie das?
Ich hatte keine Ahnung, dass man das als eine Art Krimi betrachtet hat. Wie ich diese Produktion von Christof Loy sehe? Ich finde sie wunderbar, weil er das Stück interessanter macht. Es ist nicht nur: Konstanze ist Belmonte treu ergeben, und … Wie soll ich sagen, Christof Loy erkundet ihre Gefühle für Bassa Selim, und ich finde, das macht Konstanze zu einer viel interessanteren Figur. Denn das ist sie, das merkt man an der Musik, die sie zu singen hat. Sie ist eine sehr starke Frau, aber sie ist auch sensibel, und sie hat viele tiefe Gefühle. Also, ja, um ihrer Figur viele Facetten zu geben, ist es wirklich interessant, mit ihren Emotionen zu spielen. Ich meine, dieses Ende, so wie es Christof Loy inszeniert hat … Wenn ich es in einer anderen Inszenierung spiele, sage ich: “Okay, das ist tatsächlich ein Happy-End. Ich liebe Belmonte und bin damit glücklich.” Denn in der Loy-Inszenierung war es so nach dem Motto: “Vielleicht wäre doch Bassa Selim der richtige Mann für mich gewesen. O Gott, was habe ich getan?” Aber ein Krimi? Ich weiß nicht. Diese ganze Inszenierung, sie funktioniert einfach. Ich komme nicht einmal auf die Idee, sie mit irgendetwas zu vergleichen, weil ich sie einfach nur ansehe und finde, sie ist einfach in sich geschlossen.
Wegen des Spannungsaufbaus, und der starken Emotionen in dieser Inszenierung.
Ja. Und Christoph Quest, der Schauspieler – ich meine, er macht es jedes Mal, glaube ich. Es ist so toll, denn er IST diese Figur. Er war von Anfang an dabei, als sie diese Produktion in Belgien auf die Bühne gebracht haben, glaube ich. Im Theatre Royal de la Monnaie, in Brüssel, 1999. Es war nicht zuerst in Frankfurt. – Er spielt jetzt seit 13 Jahren in diesem Stück mit. Anscheinend verändert es sich ständig, denn Christof Loy kommt manchmal zu diesem Stück zurück. In Barcelona war er da, und Christoph Quest sagte, dass er sich noch mehr verändern würde. Es wächst immerzu.
Wie sehen Sie Konstanzes Rolle, und was sind die musikalischen Besonderheiten dieser Partie?
Sie ist sehr virtuos, Konstanzes Musik. Es ist, als ob Mozart ein Konzert für die Singstimme geschrieben hätte. In ihrer Partie liegt so viel Kraft. Aber in ihrer Anfangsarie, “Ach, ich liebte” ist sie auch fragil. Sie wird nie panisch. Sie vermisst Belmonte ganz schrecklich und möchte wieder mit ihm zusammensein, aber ich glaube nicht, dass Mozart in ihrer Partie Verzweiflung ausdrücken wollte. Sie ist nicht verrückt. Sie ist sehr empfindsam. Sie ist sehr vornehm, und ich finde, das hört man in der Musik wirklich deutlich.
In der aktuellen Münchener Produktion des Regisseurs Martin Duncan wurden die Dialoge durch eine Erzählerin ersetzt. Macht es das schwierig, eine Beziehung zu Ihrem Partner auf der Bühne herzustellen oder die erforderliche Spannung aufzubauen, z.B. vor der “Martern”-Arie?
Ich habe mich gerade mit Rebecca darüber unterhalten, wie sehr ich die Dialoge mit Blonde vermisse, weil wir ohne Dialog nicht so gut aufeinander eingehen. Ich vermisse den Dialog zwischen “Traurigkeit” und “Martern”. Es ist schwierig, diese Arie zu beenden, wenn man einfach auf dem Sofa liegt, und dann sagt die Erzählerin eine Dialogzeile, glaube ich, und dann: Auf! – Okay! Also muss ich das in meinem eigenen Kopf finden. In diesem Fall muss man einfach die Produktion anschauen und so nehmen, wie sie ist, und nicht darüber nachdenken, was fehlt. Man muss dann dafür sorgen, dass sie eben so funktioniert, wie der Regisseur sie inszeniert hat. Ich finde, sie hat nicht so viel Kraft. Ich spüre dieses Gefühl von Trotz nicht so stark, wenn ich Bassa Selim ansehe, und ich finde, die Gefühle sind zu allgemein: Okay? – Ja. – Also dachte ich in diesem Fall einfach: “Ich werde nur versuchen, das gut zu singen!” (lacht) Mit nur drei Probetagen kann man die Beziehung der einzelnen Figuren zueinander nicht so intensiv gestalten wie man das kann, wenn man sechs Wochen zur Verfügung hat. Ich bin mir sicher, dass diese Inszenierung anders war, als sie zum ersten Mal erarbeitet wurde. Es ist immer schwierig, das in einer Wiederaufnahme zu reproduzieren, wenn man nicht mit dem Regisseur arbeitet. Ich meine, du weißt, was für Bewegungen du machen musst, aber du weißt nicht, welcher Gedanke hinter der Bewegung steckte. Also muss man die Kreativität einfach in die eigenen Hände nehmen und sagen: Okay, ich werde das so machen, dass es für mich funktioniert. Tut mir leid, lieber Regisseur, wenn du dir das nicht so gedacht hattest, aber ich weiß nicht, was du gedacht hattest, also: Hier ist es!
Was sind die Charakterunterschiede zwischen Konstanze und Blonde?
So, wie Blonde geschrieben ist – “Welche Wonne, welche Lust”, lalala, ist sie leichter abzulenken und zu begeistern. Ich glaube nicht, dass sie so viel nachdenkt. Nicht so viel wie Konstanze. Blonde ist sehr praktisch veranlagt: “Nun, das ist eben mein Schicksal.”
Haben Sie Vorbilder, oder gibt es Künstler, die Sie besonders inspiriert haben?
Mal sehen. Welche Sängerin ich als Vorbild habe? Das ist eigentlich – ich sollte das wahrscheinlich gar nicht sagen, weil sie teilweise Probleme mit der Stimme hatte, aber: Anna Moffo. Als ich anfing, mir Belcanto-Musik anzuhören, hatte ich eine CD, die sie aufgenommen hatte, als sie sehr jung war, zwischen 22 und 25 Jahre alt, glaube ich. Es war die La Bellissima CD, und darauf waren Ausschnitte aus Lucia, Rigoletto, Traviata, Puritani, glaube ich, auch ein bisschen Mozart, und Boheme. Ich habe ihre Stimme geliebt. Sie hatte so eine wunderschöne Stimme, als sie jünger war. Da gab es ein paar Probleme, aber trotzdem: Manchmal, wenn im Studium Schwierigkeiten auftraten, und ich nicht wusste, wie ich sie lösen sollte, hörte ich mir nur für eine kurze Weile Anna Moffo an, und dann ging es besser: „Okay. In Ordnung. Das ist gut so. Denke daran, schön zu singen.”
Vorbilder allgemein? Hmm. Ich war immer schon ziemlich individualistisch. Ich möchte ich selbst sein. Ich mag es eigentlich nicht so gerne, wenn man mich mit anderen vergleicht. Auch nicht, wenn es ein großes Kompliment ist. Wenn jemand mir sagt: “Oh, Sie sind die nächste Soundso!”, dann sage ich: “Danke vielmals, aber – ich möchte einfach Brenda Rae sein.” Einmal sagte – ich meine, ich singe natürlich viele derselben Rollen, die Diana Damrau singt, und sie ist eine fantastische Sängerin. Und einmal sagte eine Freundin, eine Gesangslehrerin, zu mir: “Oh, du bist die nächste Diana Damrau!” Und ich sagte: “Nein, das bin ich überhaupt nicht!” Meine Stimme ist nicht wie ihre, finde ich, und so großartig wie sie ist, ich möchte nicht wie sie sein, ich möchte ich selbst sein. Ich bewundere viele meiner Kolleginnen, die mehr oder weniger so weit sind wie ich, deren Karriere auch gerade am Anfang steht, und ich finde es superspannend, zu sehen, was aus ihnen wird. Da ist beispielsweise die Sopranistin Elza van den Heever. Ich weiß nicht, ob Sie sie in Frankfurt gesehen haben. Sie hat in einigen Hoffmann-Vorstellungen die Antonia gesungen. Ich hörte sie vor ein paar Jahren in Frankfurt, wo sie Anna Bolena konzertant sang. Und wenn man sich das anhört, dann ist es – also, ich will jetzt keine Vergleiche anstellen, aber sie singt wie die nächste Joan Sutherland. Sie hat eine sehr kraftvolle Stimme, aber sie kann auch ganz zartes Pianissimo singen, und sie ist eine sehr gute Koloratursängerin, das ist wirklich toll. Sie ist eine gute Freundin von mir. Es ist wirklich aufregend, wenn man einfach andere Sänger um sich hat, die so tolle und gute Kollegen sind. Ich denke, wir sind alle stolz darauf, dass wir mit beiden Beinen auf dem Boden stehen, als Menschen, nicht nur als Sänger. Ich weiß es wirklich zu schätzen, wenn ich Sängern begegne, die menschlich ein Vorbild sind. Das ist mir wichtig: Charakter und Menschlichkeit.
Sie haben einen vollen Terminplan. Wo können wir Sie in diesem Jahr singen hören, und in welchen Rollen?
Wo singe ich dieses Jahr? Ich singe oft in Frankfurt. In dieser Spielzeit habe ich schon – was habe ich gesungen? Traviata war in dieser Spielzeit meine erste Rolle in Frankfurt, und dann habe ich wieder Olympia gesungen, und Giunone in La Calisto. Hier in München also jetzt Konstanze. Ich singe die Sopransolos in Mendelssohns Elias, in Verona. Dann bin ich wieder in Frankfurt, um Pamina zu singen, und Ann Trulove in einer Neuinszenierung von The Rake’s Progress. Ich singe in Die Walküre, da singe ich Helmwige. Ich wollte diese Partie eigentlich nicht singen, aber ich habe doch zugesagt, weil ich Frankfurt liebe, und sie brauchten eine Sängerin. Ich sagte: “Okay, das wird gleichzeitig mein Debüt und mein Abschied von dieser Rolle.” Ich denke, einmal in meinem Leben wird es wohl ganz lustig sein, das zu singen – hoiateho! (lacht). Ich sehe mich nicht als Wagner-Sängerin. In der letzten Spielzeit habe ich Lora in Die Feen gesungen, eine frühe Wagner-Oper. Es gibt ein paar nette Momente darin, ein paar sehr schöne Momente. Es wird eine Aufnahme davon veröffentlicht, glaube ich, das wird interessant. Ich weiß aber nicht, wann. Ich denke, in dieser Spielzeit werde ich nicht so viel unterwegs sein. Nächstes Jahr werde ich mit einer Händel-Oper auf Konzertreise gehen. Dann geht es zurück nach Bordeaux, und ich werde in Santa Fe in Amerika singen.
Makropulos?
Nein. Christiane Karg singt das. Sie ist auch toll. Alle denken immer, dass wir verfeindet sein müßten, weil wir beide Soprane sind. Nein, wir sind Freundinnen. Ich finde sie großartig. Wir haben ein wirklich tolles Ensemble in Frankfurt, das muss ich sagen. Die Kollegen sind wirklich große Klasse, und wir konkurrieren eigentlich nicht miteinander. Ich finde, unser Boss ist auch ziemlich gut darin, die Rollen zu verteilen. Die meisten von uns haben wirklich gute Partien zu singen. Das ist gut.
Welche Rollen würden Sie gerne noch singen?
Ich habe schon so viele Partien gesungen. Was möchte ich noch singen? Eigentlich alle Belcanto-Partien. Ich möchte wirklich sehr gerne Amina in La Sonnambula singen, und das werde ich auch, in der Zukunft. Ich sage jetzt nicht, wo oder wann, aber – (lacht). Oh! Ich würde wirklich gerne Manon singen. Massenets Manon. Das ist definitiv eine Rolle, die ich gerne einmal singen möchte. Ich mag das französische Repertoire, aber das wird anscheinend in Deutschland nicht so oft aufgeführt … Noch eine Belcanto-Rolle: Elvira in I Puritani, das ist eine schöne Partie. – Ich gehe gerade alle Arien durch, die ich im Studium gesungen habe. Ja. Bleiben wir einfach bei Manon. Ich würde wirklich gerne Manon singen. – In Rossinis Barbier von Sevilla gibt es die Rolle der Rosina. Die würde mir großen Spass machen. Aber ich möchte den Mezzosopranen diese Rolle nicht wegnehmen, weil ich viele Freundinnen habe, die wunderbare Mezzosoprane sind und die diese Partie wirklich gut singen. Also lasse ich ihnen diese Rolle, ich singe dann die höheren Partien, das ist okay. – Aber Rosina ist eine lebhafte Frau, das würde mir schon Spaß machen, diese Rolle zu singen. Meine Freundin Isabel Leonard hat gerade Rosina an der Met gesungen. Ich bin aber nicht dazugekommen, diese Inszenierung zu sehen. Oh, Isabel hat übrigens auch hier gesungen, sie sang Cherubino in Le Nozze di Figaro. Kennen Sie Isabel Leonard? Wir haben zusammen studiert. Wir sind gute Freundinnen, sie ist toll. Jetzt ist sie gerade in Wien, an der Wiener Staatsoper, um Rosina zu singen.
Ich möchte eigentlich alles singen, was interessant ist. Ich liebe es, neues Repertoire zu lernen. Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn nicht viele moderne Opern gesungen. Im Studium habe ich viel moderne Musik gesungen. Aber jetzt singe ich hauptsächlich die “Opernhits”, gewissermaßen. Ich muss sagen, es gefällt mir, was man mit moderner Musik in einer Produktion machen kann. Normalerweise sehe ich mir das gerne an, aber ehrlich gesagt bin ich nicht immer ein Fan der Musik. Sie muss gut sein. Ich arbeite mit einem Komponisten in New York zusammen, Lowell Liebermann. Ich liebe seine Musik. Er hat eine interessante – ich mag einfach die Art, wie er komponiert. Die Musik hat immer noch etwas Schönes an sich. Es ist nicht nur – wissen Sie, viele moderne Musikstücke sind oft zu ungefällig und fast … ich will jetzt nichts sagen, aber … (lacht). Oh, und ich freue mich wirklich schon darauf, eines Tages Fiordiligi zu singen. Vielleicht in ein paar Jahren. Vielleicht singe ich in ein paar Jahren auch Donna Anna; damit hätte ich dann noch mehr Mozart auf meiner Liste. Wenn ich Mozart höre, habe ich das Gefühl: Das ist perfekt. Es klingt einfach wie perfekte Musik, ich weiß auch nicht. Wenn man Mozart hört, ist die Welt in Ordnung.
Vielen Dank für dieses Interview! Ich wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft!
Danke schön!
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NachtMusik am 1. Februar 2012 13:43 [singlepic id=1120 w=240 h=320 float=left] Liebe Frau Nelsen, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, uns ein Interview zu geben. Könnten Sie uns zu Beginn einen Einblick in Ihren Werdegang geben?
Ich habe Gesang und Oper zuerst an der Texas Tech Universität in Lubbock, Texas, studiert. Danach ging ich nach Wien, mit einem Fulbright-Stipendium, um mein Studium dort an der Universität für Musik und Darstellende Kunst fortzusetzen. Noch während der Studienzeit habe ich mein erstes professionelles Vorsingen für die Neue Oper Wien absolviert und habe die weibliche Hauptrolle in der Oper God’s Liar von John Casken gewonnen. Die Oper war ein Erfolg, und es folgten viele weitere Engagements an der Neuen Oper Wien. Im Jahr 2007 wechselte ich ins Ensemble des Staatstheaters Braunschweig als festes Ensemblemitgleid, wo ich viele unterschiedliche Partien singen durfte, unter anderem Gilda (Rigoletto), Musetta (La Boheme), Sophie (Der Rosenkavalier), Blondchen (Die Entführung aus dem Serail), Komtesse Stasi (Die Csárdásfürstin), die Tochter (Cardillac) und Eurilla (Orlando Paladino), sowie die Hosenrolle des Ippolito in der deutschen Erstaufführung von Johann Simon Mayrs Fedra.
Auf diesem guten Fundament gelang es mir, meine Gast-Karierre aufzubauen. Bisher habe ich Violetta (La Traviata) gesungen, am Teatro La Fenice in Venedig, dann Adele (Die Fledermaus), Sophie, Susanna (Le Nozze di Figaro), Blondchen und Violetta an der Semperoper Dresden; Olympia (Les Contes d’Hoffmann) und Sophie am Aalto Theater Essen, Blondchen an der Oper Köln, Fiorilla (Il Turco in Italia) beim Garsington Opera Festival in London, Julia de Weert (Der Vetter aus Dingsda) und Gretel (Hänsel und Gretel) an der Volksoper Wien, und jetzt auch Blondchen an der Bayerischen Staatsoper München. Ich habe auch ein Konzert mit dem Pittsburgh Symphonieorchester in Heinz Hall, Pittsburgh, gesungen.
Sind Aufnahmen von Ihnen erhältlich?
Ja, ich bin auf verschiedenen kommerziellen Aufnahmen zu hören: als die Engel in Radek von Richard Dünser (ORF: Mitschnitt von den Bregenzer Festspielen), als Ippolito in Fedra von Johann Simon Mayr (Oehms Classics), als Mary in The Brothers von Georg Antheil (CPO), als Solistin in Es geht wohl anders – Kunstlieder von Walter Arlen (Gramola) und als Solistin in Creation – ein Crossover Album von MOMO mit Erfolgskomponist Toni Castells (Itunes).
Was gab den Ausschlag, Opernsängerin zu werden?
Also, ich bin in New Mexico geboren und in Texas aufgewachsen; dort ist Oper eher ein Fremdwort. Es gibt zwar eine sehr gute Oper in Santa Fe, New Mexico, und auch eine in Houston, Texas, aber im Großen und Ganzen gibt es sehr wenige Möglichkeiten, in die Oper zu gehen, besonders als Kind oder Student. Ich bin über meine Trompete zur klassischen Musik gekommen. Ich bin eines von sieben Kindern – meine Zwillingsschwester und ich waren das fünfte und das sechste Kind. Als wir acht Jahre alt waren, kamen unsere Eltern nach Hause mit einer Trompete und einer Klarinette und haben uns die einfach ausgehändigt. Wir haben dann begonnen, unsere neuen Instrumente kennenzulernen, und über die Jahre sind wir beide wirklich gut geworden: als wir am Gymnasium waren, saßen wir beide am ersten Pult im großen Jugendorchester in Texas. Das Orchester veranstaltete jedes Jahr einen Konzert-Wettbewerb, dessen Hauptpreis ein Auftritt als Solist mit dem Orchester war. Weil ich am ersten Pult saß, wurde es von mir erwartet, dass ich vorspielen würde. Ich hatte mir aber etwas anderes einfallen lassen: Ich dachte mir, dass es ein großer Gag wäre, wenn ich statt einem Konzert für die Trompete eine Opernarie darbieten würde. Ich habe also, nach der ersten Gesangsstunde meines Lebens als Achtzehnjährige, die Arie “O mio babbino caro” aus Gianni Schicchi gesungen und damit den Wettbewerb gewonnen. Das Preisträgerkonzert fand im großen Konzertsaal der Texas Tech Universität statt. Nach dem Konzert kam der Gesangsprofessor der Universität zu mir und sagte: “Ich weiß, du denkst, dass du Trompeterin bist, aber du bist eigentlich eine Opernsängerin.” Er hat mir auf der Stelle ein Stipendium angeboten und mich überzeugt, Gesang an der Uni zu studieren. Das war der unwahrscheinliche Anfang meiner Gesangskarriere.
Sie sind freischaffende Sängerin. An welchen Opernhäusern haben Sie schon gesungen?
Bisher habe ich am Staatstheater Braunschweig gesungen, an der Semperoper Dresden, an der Oper Köln, an der Volksoper Wien, am Teatro La Fenice in Venedig, beim Garsington Opera Festival, und jetzt auch an der Bayerischen Staatsoper in München.
Gibt es für Sie schöne Erlebnisse (Produktionen, Dirigenten, Kollegen), von denen Sie berichten möchten?
Eine der schönsten Erinnerungen, die ich bisher sammeln konnte, kommt aus meiner Braunschweig-Zeit. Ich habe im ersten Jahr meines Festvertrags in Braunschweig die Musetta in einer Neuproduktion von La Boheme gesungen. Damals war der Großteil des Ensembles neu am Haus und wir sind alle während dieser Produktion sehr gute Freunde geworden. Wir haben fast jeden Tag zusammen gegessen und haben sogar inoffiziell einen Club ,,La Boheme” begründet. Es war eine sehr schöne Zeit und die Freundschaften, die in dieser Zeit entstanden, zählen immer noch zu den wichtigsten meines Lebens.
Nun Ihr Debüt an der Bayerischen Staatstoper in der Entführung aus dem Serail. – Es ist aber nicht ihre erste Blonde?
Meine erste Blonde war in Braunschweig während meines Festengagements. Es ist wunderbar, wie viele schöne Seiten von dieser facettenreichen Figur ich in Produktionen in Dresden, Köln und jetzt in München kennengelernt habe.
In der Münchner Inszenierung von Martin Duncan wurden die Dialoge durch eine Erzählerin ersetzt. Macht es das schwierig, eine Beziehung zum Partner auf der Bühne aufzubauen? Vermissen Sie die Dialoge?
Ich habe mit Martin Duncan in London gearbeitet, bei seiner wunderbaren Produktion von Il Turco in Italia für das Garsington Opera Festival. Er ist ein toller, phantasievoller Regisseur, und seine Produktion der Entführung finde ich wirklich einfallsreich. Die Figur der Erzählerin verwandelt die Oper fast in eine Gute-Nacht-Geschichte und hat einen echten Reiz an sich. Ich habe, natürlich, die schönen Dialoge vermisst, besonders diejenigen mit Osmin, aber ich hatte in München solche wunderbaren Kollegen, dass es mir sehr leicht fiel, eine Beziehung zu ihnen im Rahmen der Oper aufzubauen.
Wie sehen Sie die Figur der Blonde? In welchen Momenten liegen die musikalischen Besonderheiten?
Ich sehe Blonde als eine starke Frau, die sich in einer furchtbaren Situation befindet und es trotzdem schafft, positiv zu bleiben. Sie glaubt an die Liebe und an die unveräußerliche Freiheit, die das Geburtsrecht jedes Menschen ist. Sie ist stolz auf ihre englische Herkunft und gibt nie die Hoffnung auf. Sie ist oft ein wenig leichtsinnig dargestellt, aber ihre Fähigkeit, nach zwei Jahren Gefangenschaft die Freude zu empfinden, die man in “Welche Wonne, welche Lust” hört, sehe ich als eine wahre Stärke.
Wo liegen die Charakterunterschiede zwischen Blonde und Konstanze?
Ich glaube, der größte Unterschied zwischen den beiden liegt in ihrer Art, mit der Situation im Serail umzugehen. In seinem Paradise Lost schrieb John Milton: “The mind is its own place, and in itself can make a heaven of hell, a hell of heaven.” (“Der Geist ist eine Welt für sich, in der die Hölle zum Himmel und der Himmel zur Hölle werden kann.”) Konstanze leidet viel in ihrer Gefangenschaft und ist bereit, für ihre Liebe und für ihre Treue zu sterben. Blondchen versucht, das Beste aus einer furchtbaren Situation zu machen und bleibt eher auf der sonnigen Seite des Lebens. Beide Frauen behalten souverän ihre Würde, sie gehen nur sehr verschieden damit um.
Gibt es für Sie musikalische Vorbilder?
Ja, natürlich! Für mich sind Beverly Sills, Joan Sutherland, Maria Callas und Edita Gruberova die ganz Großen. Es gibt auch heute wirklich sagenhafte Sängerinnen, die ich unglaublich toll finde, wie Renée Fleming, Natalie Dessay, Anja Harteros und Diana Damrau.
Gibt es Wunschrollen und Lieblingskomponisten?
Ich würde wahnsinnig gerne eine Trompete-spielende Marie in La Fille du Régiment singen! Ich würde auch sehr gerne die Lucia singen … also, es kommt mir sicher Donizetti auf die Liste von Lieblingskomponisten! Ich liebe Strauss und hoffe, dass ich irgendwann die Chance haben werde, Zerbinetta zu singen. Verdi zählt ja auch zu meinen Lieblingskomponisten, weil seine Opern so leidenschaftlich musikalisch gestaltet sind. [singlepic id=1121 w=240 h=320 float=right]
Sie haben einen vollen Terminkalender! Wo und mit welchen Partien kann man Sie in der nächsten Zeit hören?
Meine weiteren Engagements in dieser Spielzeit werden mich wieder nach Dresden führen, als die Tochter in Cardillac und wieder als Violetta. Dann singe ich in München die Hauptrolle in einer Uraufführung der modernen Oper Mutter Dolorosa für die Münchener Biennale. Des weiteren werde ich in nächster Zeit die Susanna, Violetta und Gretel singen, außerdem Lauretta in Gianni Schicchi sowie meine erste Konstanze.
Dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg und sage vielen Dank für dieses Interview!
Danke schön!
(Interview vom Januar 2012)
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