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Premiere “CHRIS Kolonko – So wie jetzt”, Hofspielhaus, 12.02.2020

Chris Kolonko
Foto ©Adrian Mußner

Ein Bericht von Marina Kolmeder und Adrian Mußner

 

MK: Wenn auch klein ist das Hofspielhaus wohl eine der vielfältigsten Kultureinrichtungen Münchens. Von Sprechtheater, Musicals, Poetry Slam bis Operetten – es gibt kaum etwas, das man nicht auf diese kleine Bühne bringen könnte. In der vergangenen Woche war schließlich etwas für mich völlig Neues auf dem Programm: die neue Show des bekannten Travestiekünstlers Chris Kolonko.

 

AM: Dieser ist Sänger, Entertainer, Travestiestar und Varietélegende. Vom gebürtigen Augsburger las man zuletzt in München von seiner Tributeshow „Marlene – The Concert of her Life“ in den Feuilletonspalten. Seitdem lag sein Fokus vermehrt auf dem Erstellen eigener Showkonzepte. So wurde schließlich der Augsburger Spiegelpalast ins Leben gerufen, der bereits in der zweiten Saison seine Gäste mit Dinner-Shows beglückt.

Aus meinen bisherigen Besuchen im Hofspielhaus weiß ich bereits: die Plätze sind begrenzt. Eine kleine Bühne, ein kleiner Zuschauerraum, ein noch kleinerer Innenhof für Inszenierungen im Sommer. Später erfahren wir, dass Chris wohl ähnliche Gedanken hatte, als er das erste Mal die Treppe hinunter zum rustikal bestückten Saal beschritt. Zitat: „Mein Keller ist größer – und hat mehr Charme.“

MK: Trotzdem lässt sich Kolonko von den beengten Verhältnissen nicht von einer großen Show abhalten. Die Bühne wurde kurzerhand zur Künstlergarderobe mit Schminkspiegel, Kleider- und Perückenständer umfunktioniert. Der Zuschauer kann vor der Vorstellung die Verwandlung aus nächster Nähe mitverfolgen und auch die zahlreichen Kostüm- und Perückenwechsel finden auf der Bühne statt – mit engagierter Hilfe von Klaus aus dem Publikum.

Chris Kolonko
Foto ©Adrian Mußner

AM: Ein Experiment sollte dies nun werden, betont Chris Kolonko bereits zu Anfang. Ein Rohdiamant, der bald vor mehr Publikum inszeniert wird. Und tatsächlich werden hier viele Barrieren überwunden. Bereits beim Einnehmen des Platzes offenbart sich das ganze Spektrum des heutigen Abends. Vorhang Fehlanzeige – man nimmt seinen Platz ein, vorzugsweise mit Aperitif, und sieht dabei zu wie Kolonko sich live auf der Bühne bereits in voller Montur schminkt. Die Bühne ist funktional, es gibt ein Klaver zur Begleitung durch den Pianisten

, einen Schminkplatz, der den Mittelpunkt darstellt, daneben noch eine Auswahl an Perücken und verschiedenen Kostümelementen, drapiert wie auf einer Garderobe. Kolonko sitzt vor seinem Spiegel auf einem Sattelhocker. Den Blick durch das Publikum schweifend, der Raum ist nun zum Bersten besetzt, erkenne ich ein paar Weggefährten Kolonkos sowie vorwiegend gut gekleidete Damen mit frechen, kurzen Haarschnitten, die wohl eine eingeschworene Fangemeinde von Kolonko sind. Der Blick geht wieder zurück zur Bühne. Huch, die Lippen sind ja schon fertig.

Und tatsächlich, Schlag 20 Uhr, das Licht verändert sich und wird wärmer. Kolonko trägt einen pudrigen Duft auf, der den Zuschauer schon kurz darauf erreicht. Das Experiment kann beginnen.

Die Show ist ein buntes Potpourri aus geschickt gewählten Chansons, die sowohl pure Lebensfreude versprühen als auch mit einem Augenzwinkern die Widrigkeiten des Lebens beleuchten. Kolonko wechselt zwischendurch die Kostüme ganz nonchalant in der Bühnenmitte, lediglich die Perückenwechsel finden blitzschnell und professionell statt. Quickchange oder gar ein kurzer Marlene-Auftritt kommen nicht vor. Warum auch? Der Abend ist eine Spielwiese für Neues – das wird auch durch den Textbuchständer verdeutlicht. Aufregend für Publikum und Künstler – das schafft Sympathie. Kurze Einlagen als Conférencière geben sich die Hand mit Gollwitzer-Federn. Chris beweist an diesem Abend, was alles möglich ist – Gesang, Moderation, Publikumsinteraktion, dabei gelingt auch noch die Illusion der Weiblichkeit – Kolonko ist ein Vollblut Maître de Plaisir.

Chris Kolonko
Foto ©Adrian Mußner

MK: Für mich, als Neuling in der Welt der Travestie war dieser Mix aus Verwandlung, Comedy und Musik ein großes Vergnügen. Besonders überrascht hat mich Kolonkos offener und humorvoller Umgang zum Thema Schönheits-Operationen, denen der Künstler alles andere als abgeneigt ist. Aber er stellt hierzu auch eine wichtige Aussage in den Raum: Man sollte solche Eingriffe für sich selbst machen, für die eigene Zufriedenheit. Und ja, man merkt, dass Chris Kolonko mit sich Selbst im Reinen ist und sein schillerndes Showleben geniesst. Ein unglaublich sympathischer und nahbarer Mensch, der es versteht zu begeistern.

AM: Wir wurden bestens unterhalten, wir empfehlen wärmstens einen Besuch. Mit „So wie jetzt“ bringt Chris Kolonko ein Programm auf die Bühne, das Grenzen sprengt und Einblicke liefert, die man nicht für möglich hält. Seien Sie experimentierfreudig!

Das Programm „CHRIS Kolonko – So wie jetzt“ ist in München bereits ausverkauft. Eventuelle Zusatztermine können Sie auf www.chris-kolonko.de einsehen. Für das Parktheater im Kurhaus Göggingen bei Augsburg sind noch Karten verfügbar.

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Premiere Rigoletto, Staatstheater am Gärtnerplatz, 30.01.2020

Foto: Christian POGO Zach

Es ist wieder Zeit für einen Opern-Klassiker im Gärtnerplatztheater. Mit Giuseppe Verdis Rigoletto feierte am vergangenen Donnerstag eine der meistgespielten Opern der letzten eineinhalb Jahrhunderte seine fulminante Premiere.

Regie führte Herbert Föttinger, von dem auch die Inszenierung von Don Giovanni stammt, die seit der Umbauzeit bereits im Repertoire des Theaters sehr erfolgreich verankert ist. Auf den ersten Blick fallen durchaus Parallelen auf: ein Mann außerhalb der gesellschaftlichen Gesetze, der sich gerne mit Frauen und Drogen vergnügt und dem die Frauen kaum Widerstand entgegen bringen; eine vielfach einsetzbare Drehbühne; Herren in schicken Anzügen und leicht bekleidete Damen. Natürlich bietet sich der Vergleich zwischen Don Giovanni und dem Herzog von Mantua durchaus an. Föttingers Inszenierung ist optisch und auch in den Übertiteln in die heutige Zeit geholt, die modernste Referenz an die Moderne ist jedoch wohl Rigolettos erstes Kostüm als der Comicschurke Joker. Zugegebenermaßen habe ich mit solch einem prägnanten Element der Popkultur, das man derzeit des Öfteren in Opern sieht (z.B. bei Fidelio in der Bayerischen

Staatsoper und Don Giovanni in der Komischen Oper), ein wenig meine Schwierigkeiten. Als begeisterter Comic-Leser verbinde ich den Joker mit einem gewissenlosen Psychopathen. Rigoletto ist zwar in Föttingers Inszenierung nicht unbedingt ein Sympathieträger, hält er doch seine Tochter durch Kontrollwahn und Grobheit klein, doch zum waschechten Bösewicht reicht es in meinen Augen trotzdem nicht ganz. Eher zum sozial ausgegrenzten Einzelgänger, der durch die gesellschaftliche Ablehnung aufgrund seiner körperlichen Beeinträchtigung auch zum sozialen Krüppel wurde. Natürlich basieren sowohl Rigoletto als auch der Joker auf Romanfiguren von Victor Hugo (aus Le roi s’amuse und L’homme qui rit) und beide finden in der Rolle des Clowns persönliche Freiheit. In dieser Hinsicht kann man also durchaus auch Parallelen ziehen.

Lucian Krasnec zeigt – stimmlich wie gewohnt stark und wunderbar – einen durchaus schwer zu durchschauenden Herzog. Bei seinen Parties tanzt er ausgelassen, scheint am nächsten Tag aber eher, als würde ihn dieser wohlhabender Lebensstil eher belasten. Auch meint man in seinen Szenen mit Gilda tatsächlich wo etwas wie wahre Liebe aufblitzen zu sehen, während er sich kurz darauf wieder fröhlich einer neuen Eroberung widmet. Sehr witzig ist die Szene, als er im Hintergrund seinen perfekten Auftritt für Rigolettos Tochter plant: mit Champagner, Blumen und Musikern, nur um in letzter Sekunde alles zu verwerfen und den riesigen Blumenstrauß auf die Seitenbühne zu schmeißen.

Foto: Christian POGO Zach

Zu Gast am Gärtnerplatztheater ist Aris Argiris als Titelheld Rigoletto. Er schafft den Wandel zwischen dem zynischen Entertainer und dem traurigen Einzelgänger perfekt und sprichwörtlich auf der Bühne, wenn er das schrille Kostüm verpackt und die Schminke aus dem Gesicht wischt. Den liebevollen Vater, den man bei Rigoletto oft erwartet, sucht man jedoch in Föttingers Inszenierung. Er durchwühlt Gildas Sachen und zerrt sie durch die Gegend, während sie ihm ihre töchterliche Liebe beteuert. Auch am Ende scheint er mehr sich selbst zu bemitleiden denn seine Tochter.

Jennifer O’Loughlin scheint als Gilda mit gedecktem Kleid und dicker Brille zwar wie ein echtes “Hascherl”, doch wird schon schnell klar, dass auch dies nur eine Rolle ist. Allein stimmlich steht diese Gilda schon alles andere als unbedarft und unschuldig da (und wer weiß, welches Büchlein sie panisch vor ihrem Vater versteckt). Im Gegensatz zu Rigoletto blüht sie gegenüber dem Herzog enorm auf und setzt sich mutig für ihn ein. Ihr selbstgewähltes Ende scheint sie kaum zu bedrücken, als sähe sie dadurch die Chance, der Herrschaft ihres Vaters zu entfliehen.

Foto: Christian POGO Zach

Spannend sind auch Anna-Katharina Tonauer und Levente Páll als dubioses Geschwisterpaar Maddalena und Sparafucile, die hier scheinbar in einer alten Tankstelle hausen. Während Maddalena die Opfer ihres Bruders anlockt und verführt putzt dieser derweil ausgiebig die verrostete Zapfsäule vor der Türe. Sparafucile scheint in dieser Inszenierung als eine der wenigen Charaktere, die mit ihrem Leben zufrieden sind und dem sein “Beruf” stolz zu machen scheint. Maddalena hingegen träumt eher von einem schöneren Leben, kann sich aber ebenso schwer gegen ihren Bruder behaupten, wie Gilda gegen ihren Vater. Vielleicht fühlen sie sich deshalb auch beide derart zu dem Herzog hingezogen, der ihnen nicht nur Kontrolle aufzwingen will.

Orchester und Solisten lassen dank der energievollen Leitung von Anthony Bramall musikalisch keine Sekunde Langweile aufkommen. Ohne Zögern steuert die Handlung so durch die gesellschaftlichen Missstände und dem tragischen Ende entgegen. Zurecht erhielten die Solisten neben dem vergrößerten Herrenchor minutenlangen, begeisterten Applaus.

 

Noch bis Anfang März ist Rigoletto im Staatstheater am Gärtnerplatz zu sehen. Alle Termine finden Sie im unten stehenden Link.

Dirigat: Anthony Bramall
Regie: Herbert Föttinger
Bühne: Walter Vogelweider
Kostüme: Alfred Mayerhofer
Licht: Michael Heidinger
Video: Raphael Kurig, Meike Ebert
Choreografische Beratung: Karl Alfred Schreiner
Choreinstudierung: Pietro Numico
Dramaturgie: Fedora Wesseler
Rigoletto: Aris Argiris
Herzog von Mantua: Lucian Krasznec
Gilda: Jennifer O’Loughlin
Sparafucile: Levente Páll
Maddalena: Anna-Katharina Tonauer
Graf von Monterone: Christoph Seidl
Giovanna: Ann-Katrin Naidu
Marullo: Ludwig Mittelhammer
Borsa Matteo: Gyula Rab
Graf von Ceprano: Holger Ohlmann
Gräfin von Ceprano: Elaine Ortiz Arandes
Ein Gerichtsdiener: Martin Hausberg
Page der Herzogin: Caroline Adler

Herrenchor, Orchester und Statisterie des Staatstheaters am Gärtnerplatz

https://www.gaertnerplatztheater.de/de/produktionen/rigoletto.html?m=410

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Don Giovanni, Landestheater Niederbayern, 03.01.2020

©Peter Litvai

Das neue Jahr hat begonnen, für mich in diesem Falle mit einer meiner liebsten Opern, die ich life und in Übertragungen schon in verschiedensten Inszenierungen sehen durfte. Nach der Premiere im Passauer Theater besuchte ich die erste Vorstellung im Landshuter Theaterzelt.
In den vergangenen Monaten gab es ja einige Diskussion um die Zukunft des Landshuter Stadttheaters und somit auch den Fortbestand des Landestheaters Niederbayern. Das bereits genannte Zelt droht länger als Spielort herhalten zu müssen, als ursprünglich geplant war. Trotz der schwierigen akustischen Verhältnisse lieferte das Opernensemble jedoch einen sehr unterhaltsamen und genussvollen Abend.
In Sachen Akustik hilft sicherlich das Bühnenbild des britischen Regisseurs ULTZ, denn er schafft mit einem schlichten weißen Raum eine Bühne auf der Bühne, die für die Sänger dadruch wie ein Schalltrichter wirkt. Singen die Darsteller abseits dieses Raums mit voller Orchesterbegleitung wie etwa bei Leporellos Arie zu Beginn geht der Sänger leider etwas unter. Doch die meiste Zeit ist der Klang dank des Bühnenbilds für die Verhältnisse im Zug durchaus gut abgestimmt.
Gesanglich sehr stark zeigt Kyung Chun Kim als Titel”held” in dieser Inszenierung einen selbstbewussten und kühlen Angeber im knalligen Designer-Jogginganzug. Dieser Don Giovanni pfeift nicht nur auf die gesellschaftlichen, sondern sogar auf die theatralen Regeln. Während alle anderen brav das den weißen Raum auf der Bühne durch die Türen betreten, hüpft er einfach durch die Vierte Wand und begutachtet während seiner Textpausen das Publikum.

©Peter Litvai

©Peter Litvai

Donna Elvira hat in Landshut ein viel größeres Problem, als nur verlassen worden zu sein. Sie erwartet von Giovanni ein Kind und scheint weniger an seine Liebe denn an sein Verantwortungsbewusstsein zu appellieren. Sabine Noack zeigt eine verletzte Frau, die Unterstützung bei einer Art Selbsthilfegruppe oder in einem Frauenhaus sucht (meist sind noch mehrere schwarz gekleidete Chordamen mit ihr auf der Bühne). Im Gegensatz zu ihr steht Kathryn J. Brown als rachsüchtige und wütende Donna Anna, zu der sich Giovanni anfangs maskiert ins Zimmer schleicht, um sie zu vergewaltigen. Während Noack als Elvira weitaus sanfter wirkt, kann Brown in ihrer Rolle viel Stimmgewalt. Als dritte Dame im Bunde gegen den Weiberhelden Giovanni zeigt Emiliy Fultz als Zerlina die buchstäbliche Unschuld vom Lande. Sie ist herrlich naiv und als ihre “Mädels” beim Jubggesellinnenabschied den Stripper feiern steht sie an der Seite und träumt von ihrer anstehenden Hochzeit, während der junge Heißsporn Masetto (Daniel Pannermayr) draußen mit den Freunden mit reichlich Bier und einem “Letzta Dog in Freiheit” auf dem T-Shirt die Sau rauslässt.
Der Publikumsliebling war Stefan Tilch als Leporello, der zwar mit schwarzer Security-Kluft sehr respekteinflößend wirken möchte, jedoch eigentlich ein Scherzkeks und Angsthase ist. Mark Watson Williams darf mit einer wundervollen Tenorstimme einen durchaus selbstbewussten Don Ottavio zeigen, der alles für seine Verlobte tun würde, jedoch auch ab und an ihrer Versessenheit auf Rache nichts entgegensetzen und sich nicht weiterhelfen kann. Heeyun Chois Komtur ist bei ULTZ als fast gebrechlicher, älterer Herr inszeniert, der Don Giovanni anfangs kaum etwas entgegenzusetzen hat. Umso verständlicher ist es deshalb, weshalb dieser am Ende die Gefahr nicht annähernd ernst nimmt und erst erkennt, als es zu spät ist.

©Peter Litvai

©Peter Litvai

Die Inszenierung des Landestheaters ist schlicht und modern, jedoch wenig provokant. Man muss auch nicht immer nackte Haut zeigen bei diesem Stück, die Provokation ist hier vielmehr die Lässigkeit, auf die Giovanni auf all den Schmerz reagiert, den er verursacht. Ein wenig “romantischer” hätte ich mir aber tatsächlich das berühmte Duett zwischen Zerlina und dem Titelhelden gewünscht. Dieser hat sie fast von der Bühne gezerrt, ich konnte jedoch nicht nachvollziehen, wieso sie auf das Werben des Fremden letztendlich eingeht. Allgemein hätte man die Beziehung zwischen manchen Figuren etwas tiefer gestalten können. Auch Leporello schien in der Inszenierung außer dem Geld nicht viel Motivation zu haben, sich mit seinem Herrn weiterhin abzugeben.
Großartig fand ich jedoch die Idee mit der bereits beschriebenen “Bühne auf der Bühne”. Es wirkt, als würde Don Giovanni die anderen Figuren nach seinen Plänen wie Puppen zu dirigieren, genussvoll zu beobachten und einfach in die Szene zu springen, wenn ihm danach ist. Das Bühnenportal mit Champagnervorrat und erotischen Kissen wirkt somit auch als von der Haupthandlung ausgeschlossener Rückzugsort für Giovanni und Leporello. Diese zwei Realitätsebenen erzeugen eine durchaus spannende Dynamik.
Gesanglich liefern die Darsteller allesamt eine sehr gute Leistung ab und Dirigent Basil H. E. Coleman lässt sein Orchester mit viel Schwung und Freude Mozarts Musik präsentieren.
Noch bis einschließlich April ist die Neuinszenierung abwechselnd in Landshut, Passau und Straubing zu sehen. Alle Termine kann man der Webseite des Landestheaters entnehmen.

https://www.landestheater-niederbayern.de/events/339

Musikalische Leitung: Basil H. E. Coleman
Regie / Ausstattung: ULTZ
Choreinstudierung: Eleni Papakyriakou

Don Giovanni: Kyung Chun Kim
Il Commendatore: Heeyun Choi
Donna Anna: Kathryn J. Brown
Don Ottavio: Mark Watson Williams
Donna Elvira: Sabine Noack
Leporello: Peter Tilch
Masetto: Daniel Pannermayr
Zerlina: Emily Fultz

Niederbayerische Philharmonie
Opernchor des Landestheaters Niederbayern
Statisterie des Landestheaters Niederbayern

 

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Medea, 05.10.2019, Kleines Theater – Kammerspiele Landshut

Am vergangenen Samstag schaffte ich es endlich wieder in das gemütliche Kleine Theater Landshut, auf dessen Bühne im Dachstuhl eines mittelalterlichen Hauses ich schon viele großartige Theaterabende erleben durfte. In einem Blog, für den ich zuvor geschrieben hatte, habe ich viele Male über dieses unscheinbare doch künstlerisch herausragende Haus berichtet.
Bereits am Freitag feierte das berühmte Werk “Medea” des antiken Dichters Euripides unter der Regie von Sven Grunert Premiere. Ich durfte die zweite Vorstellung besuchen und in der ersten Reihe ganz nah am Geschehen sein.
Das antike Drama folgt dem Abenteuer der Argonauten: Jason hat mit seiner Frau Medea, die aus Liebe zu ihm ihre Heimat und Familie verraten hat, in Korinth Zuflucht gefunden. Dort verlässt er Medea jedoch, um die Tochter des Königs Kreon zu heiraten. Er behauptet, dies nur zu tun, damit auch seine erste Frau und ihre gemeinsamen Kinder in ihrer neuen Heimat integriert werden. Dieses Argument ist jedoch nicht sehr überzeugend, die tief verletzte Medea schwört Rache und soll deshalb mitsamt ihrer Kinder verbannt werden. Durch List und falsche Unterwürfigkeit kann sie diese Strafe jedoch etwas hinauszögern und hat somit genug Zeit, die Prinzessin und Kreon zu vergiften. Auch tötet sie ihre Kinder und lässt Jason mit dem Schmerz zurück, alle die er liebte verloren zu haben.
Auf der kleinen Bühne wurde von Helmut Stürmer ein recht minimalistisches Bühnenbild entworfen. Große, graue

Foto: Gianmarco Bresadola

Papierquadrate an der Rückwand erinnern an Stadt- oder Palastmauern, die Darsteller sitzen auf schlichten, schwarzen Hockern und dazwischen verstreut symbolisieren Sand und Folien das Meer Korinths. Im Bühnenboden sind Glasplatten eingelassen, die mit Sand bedeckt sind und der Magierin Medea als eine Art Ritualplatz dienen, jedoch auch einen Geheimgang bedecken. Seitlich stehen rote, beschriftete Wände, deren Farbe an Blut erinnern und die die zentralen Motivationen Medeas wie Verrat und Rache präsent machen.
Die Kostüme von Irina Kollek sind modern, jedoch alle schwarz. Die meisten der Darsteller sind barfuß, nur die Amme und der Erzieher, die auch die Rolle des Chors übernehmen, tragen Schuhe. Sie kommentieren die Handlung und reden den Protagonisten ins Gewissen, können deren Verlauf jedoch nicht lenken. Dabei charakterisieren die Kostüme die Figuren durchaus gut. Medea etwa entfernt im Laufe des Stückes immer mehr Lagen ihrer Kleidung, was man vielleicht so interpretieren kann, dass sie sich durch ihre Handlungen immer verwundbarer macht. Jason trägt einen Anzug, jedoch ohne Hemd und mit einem dünnen Streifen einer Art Kriegsbemalung um den Kopf, als wolle der ehemalige Krieger sich in die neue Zivilisation integrieren, was ihm jedoch noch nicht ganz gelingt.
Wenn die Inszenierung auch nur etwa 80 Minuten dauert, so ist die angespannte Energie vom ersten Moment an groß, vor allem angesichts der Hauptdarstellerin Louisa Stroux, die anfangs würdevoll mit dem Goldenen Vlies über den Schultern auf die Bühne schreitet, die ganze Zeit jedoch den Anschein erweckt, als tobe in ihr ein emotionaler Kampf. Sie erklärt dem Publikum scheinbar kühl ihre grausamen Pläne, allein als der Mord an ihren Kindern bevorsteht bricht der innere Konflikt nach Außen. Stroux ist fast permanent auf der Bühne und bringt eine unglaubliche Spannung hervor, von der man als Zuschauer ebenfalls gepackt wird.
Ihr gegenüber steht Andreas Sigrist als Jason, der seinen Charakter extrem schwer durchschaubar macht. Seine wahren Motive werden nicht wirklich klar, er stürzt sich nach wie vor lüstern auf Medea – ob er dies aus Dominanz oder Gefühlen zu ihr tut wird nicht klar, was die Spannung zwischen den beiden Hauptfiguren nur noch erhöht. Seine scheinbar freundliche und überlegte Art trifft auf den blanken Hass Medeas. Seine Fassade bricht erst nach dem Mord an seinen Kindern, als er verzweifelt zusammenbricht.
Ergänzt werden die beiden Kontrahenten von vier weiteren Charakteren. Das langjährige Ensemblemitglied des Kleinen Theaters, Stefan Lehnen, spielt den würdevollen und gütigen König Kreon, der mit seiner ruhigen Art einen emotionalen Gegenpart zur aufgewühlten Medea darstellt und dadurch von ihr ausgenutzt wird. Allgemein verwendet Medea ihre Reize durchaus, um ihr Ziel zu erreichen. Ihrem Verbündeten Ägeus (Knud Fehlauer), der noch mit deutlicher „Kriegsbemalung“ auftritt und dem sein Darsteller einen kriecherischen und doch ehrlichen Charakter verleih, unterwirft sie sich scheinbar, lässt sich von ihm liebkosen und ringt ihm so einen Schwur für ihren Schutz ab.

Foto: Gianmarco Bresadola

Wie bereits erwähnt greifen Katja Amberger als Amme und Rudi Knauss als Erzieher nicht wirklich in die Handlung ein, sie versuchen eher zwischen den verfeindeten Fronten zu vermitteln, was ihnen jedoch nicht gelingt. Trotzdem sorgt vor allem Amberger zu Beginn des Stücks und in den Schilderungen des Mords an Kreon und seiner Tochter für Gänsehaut.
Tatsächlich bleibt es in dieser Inszenierung des Intendanten Sven Grunert bei Schilderungen, auf der Bühne wird keine körperliche Grausamkeit gezeigt. Die seelischen Leiden Medeas und zuletzt auch Jasons sowie ihr Konflikt werden dafür umso mehr in den Mittelpunkt gerückt. Der Regisseur zeigt die Titelheldin ganz klar als das Opfer der Umstände. In der griechischen Antike war das Werk Euripides’ ja bereits wegen seiner Thematik umstritten, Medea schien jedoch eher als die Böse gesehen zu werden. Hier werden die Figuren so charakterisiert, dass man Medeas extremes Handeln nachvollziehen – wenn auch nicht gutheißen – kann. Jason scheint hier vielmehr der rationale doch grausame Antagonist zu sein, der erst durch die grausamen Taten seiner ehemaligen Geliebten seine menschliche Seite zeigt. Als Medea flieht, bleibt er erstarrt von seinem und auch ihrem Schmerz zurück.
An folgenden Terminen wird “Medea” noch gezeigt: So 3.11., 19.00 Uhr / So 24.11., 19.00 Uhr / Sa 14.12., 20.00 Uhr

Regie: Sven Grunert
Bühne: Helmut Stürmer
Stückfassung / Dramaturgie: S. Grunert, G. Madiar
Assistenz: Maria Wimmer
Kostüme: Irina Kollek
Requisite: Linda Vankova
Technik: Jürgen Behl, Philipp Degünther, David Schreck

Medea: Louisa Stroux
Jason: Andreas Sigrist
Kreon: Stefan Lehnen
Ägeus / Chor: Knud Fehlauer
Erzieher / Chor: Rudi Knauss
Amme / Chor: Katja Amberger

https://www.kleinestheater-kammerspiele-landshut.de/spielzeit-20192020/spielzeitprogramm/repertoire/medea.html

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Premiere Der Glöckner von Notre Dame, 14.06.2019, Landestheater Niederbayern

Wo könnte man eine Theaterversion zu Victor Hugos berühmtesten Roman – der außerhalb Frankreichs wohl vor allem durch die Zeichentrick-Verfilmung von Disney berühmt wurde – wohl besser aufführen als zu Füßen der Burg Trausnitz, in der mittelalterlichen Altstadt Landshuts? Im Prantlgarten, einem rekonstruierten Stück Stadtmauer, hat das Ensemble des Landestheater Niedernbayern am vergangenen Freitag sein Quartier bezogen. Bestens ausgerüstet mit Deckenverleih und gratis Mückenspray für die zahlreichen Zuschauer wurden Bühnenbild und Tribünen inmitten des kleinen Skulpturenparks aufgebaut. Ein großes Glück, dass das Wetter uns hold blieb, denn diese Inszenierung hatte an diesem Ort eine ganz besondere Wirkung. Aber dazu später mehr.

Foto: Peter Litvai

Der Autor Matthias Hahn strickte aus dem Werk Hugos ein Stück, in dem die Charaktere im Mittelpunkt stehen. Dabei kann er natürlich nicht die gesamte Handlung des Romans einbringen, der ganz nebenbei bemerkt mein wohl liebstes literarisches Werk ist. Umso gespannter war ich auf diesen Theaterabend. Ein wenig mutet es wie die Darbietung einer mittelalterlichen Wanderbühne an, wenn auch in etwas größeren Dimensionen, wenn die Darsteller Kostüme und Rollen wechseln und durch rote Vorhänge auftreten. Durch die Inszenierung führt dabei Victor Hugo persönlich, beziehungsweise er schlüpft in die Rolle des erfolglosen Autoren Pierre Gringoires, der im Roman tatsächlich eine große Rolle spielt, in vielen Verfilmungen jedoch außer Acht gelassen wird. Auf der Suche nach einem Platz zum Essen und Schlafen landet Gringoire aus Versehen im Hof der Wunder, dem Reich der Zigeuner, Bettler und Gaukler. Er soll wegen seines unerlaubten Eindringens gehenkt werden, durch eine Hochzeit rettet ihn jedoch die schöne Tänzerin Esmeralda. Um diese Frau drehen sich auch die gesamte Handlung und vor allem die Interessen der männlichen Protagonisten. Der Priester Claude Frollo hatte eigentlich nur die Wissenschaft und den Glauben im Sinn, bis er durch den Tanz Esmeraldas so betört wird, dass er in einen Wahn verfällt. Er schickt seinen Schützling, den missgestalteten Außenseiter Quasimodo los, um die Schöne zu entführen. Dieser wird jedoch vom Hauptmann Phoebus davon abgehalten und an den Pranger gestellt. Die junge Frau aber verliebt sich in den Soldaten, der jedoch bereits verlobt ist und den eigentlich nur Esmeraldas jungfräulicher Körper reizt. Da Frollo sie nicht bekommen kann, ermordet er Phoebus scheinbar und schiebt der Zigeunerin die Schuld in die Schuhe, woraufhin diese gefoltert und zum Tode verurteilt wird. Quasimodo, der auch Gefallen an der gutmütigen Frau findet, rettet sie jedoch und versteckt sie in der Kathedrale Notre Dame. Durch eine List kann Frollo sie jedoch ihrem Henker ausliefern: Phoebus.

Foto: Peter Litvai

Tatsächlich habe ich die Gespräche ein paar Zuschauern belauschen können, die bisher wohl tatsächlich nur den Disneyfilm kannten und von der düsteren Originalhandlung durchaus überrascht waren. Dabei ist die Inszenierung selbst tatsächlich recht farbenfroh und fantasievoll. Die Wasserspeier Notre Dames wandern schon vor Beginn der Vorstellung schweigsam durch den Prantlgarten, posieren mit den Zuschauern für Fotos und sind auch während der Vorstellung auf der Bühne omnipräsent. Dies tut der Inszenierung optisch auch sehr gut, denn das Bühenbild von Philipp Kiefer fand ich mit den verschiedenen Ebenen, Winkeln, Vorhängen und Treppen zwar durchaus spannend, die Optik mit hellem Holz wollte jedoch für mich nicht so ganz zu dem Handlungsort passen: der Kathedrale Notre Dame und der mittelalterlichen Pariser Altstadt. Auch die Kostüme sind von den Epochen und Stilen her sehr durchmischt. Quasimodo etwa trägt mittelalterliche Leinengewänder, Phoebus’ Verlobte Gothic-Kleidung, Frollo eine moderne Soutane oder Hugo/Gringoire Kleidung des 19. Jahrhunderts. In dieser Hinsicht erinnert die Inszenierung also tatsächlich irgendwie an ein Wandertheater, in dem ja auch manchmal eine bunte Mischung an Kostümen herrschte. Da die Figuren in dieser Inszenierung auch alle der Fantasie Victor Hugos entspringen, störte mich der kunterbunte Kostümfundus auch tatsächlich weniger.
Die Handlung des Bühnenwerkes stellt die Geschichte der Romanvorlage sehr spannend und kompakt dar, vor allem zeigt das Ensemble eine große Leistung in der Darstellung der unterschiedlichen Charaktere. Der „Titelheld“ wird von David Lindermeier kindlich-sympathisch gezeigt. Er genießt die Aufmerksamkeit beim Narrenfest, wo sein Äußeres einmal nicht für Abscheu sondern für Ruhm sorgt. Sein eigener Wille ist jedoch seiner tiefen Treue gegenüber seinem Erzieher Frollo meist untergeordnet; ein Konflikt, den Lindermeier sehr rührend darstellt. Ella Schulz zeigt ihre Esmeralda äußerst facettenreich. Im einen Moment ist sie die selbstbewusste, verführerische Frau, angesichts ihres Helden Phoebus verliert sie diesen eisernen Willen jedoch und möchte sich diesem Mann entgegen all ihrer Ideale unterwerfen. Besonders zum Ende des Stückes, als Esmeralda gefoltert und gebrochen scheint, sorgte die Darstellerin bei mir für eine große Gänsehaut. Äußerst facettenreich zeigte auch Reinhard Peer den Widersacher Frollo, wobei dieser anfangs tatsächlich als unschuldiger Wissenschaftler und Beschützer von Quasimodo durchaus sympathisch wirkt. Erst als er durch Esmeralda seine männlichen Triebe entdeckt, verfällt er mehr und mehr seinem Wahnsinn. Besonders charismatisch zeigt Jochen Decker den Autoren Hugo als würdevollen Dreh- und Angelpunkt des Abends. Mit einem Schnipsen kann er die anderen Figuren erstarren lassen und die Handlung kommentieren. Der junge Hauptmann Phoebus ist mit Julian Ricker optisch durchaus ungewöhnlich besetzt, schlank und

Foto: Peter Litvai

jungenhaft. Trotz seinem Charisma gegenüber Frauen zeigt er gegenüber seiner engagierten zukünftigen Ehefrau Fleur eine gewisse Unsicherheit und Abneigung.
Zusammen mit den restlichen Kollegen, die ebenfalls in zahlreiche Rollen schlüpfen, zeigen die Schauspieler eine große darstellerische Leistung. Die Figuren des Stückes werden alles andere als typisiserend gezeigt, was dem Theaterabend extrem spannend und mitreißend macht. Auch die Regie-Arbeit von Markus Bartl zeigt ein klares Ziel: die Charaktere in den Mittelpunkt zu stellen und vor allem zu zeigen, dass man niemals eine Person nur eindimensional betrachten kann. Scheinbare Helden haben ihre dunklen Seiten und die Antagonisten können auch Menschlichkeit zeigen, so wie Frollo anfangs trotz aller Kritik von Außen zu Quasimodo steht. Immer wieder wird die doch recht tragische Handlung von komischen Situationen gebrochen, ohne die Grundstimmung ins Lächerliche zu ziehen. Etwa wenn der soeben niedergestochene Phoebus zum Umziehen in die Garderobe geschickt wird oder wenn Quasimodo die läutenden Glocken der nahen Martinskirche nachahmt. Überhaupt ist die Landshuter Umgebung mit ihrer Geräuschkulisse ein faszinierender Teil dieses Freilicht-Inszenierung. Durch die Geräusche von den Kirchen und Bäumen fühlt man sich in die Welt des Stücks versetzt. Ein unfreiwilliger Galgenhumor kommt schließlich auf, wenn Victor Hugo prophezeit, dass auch steinerne Monumente wie Notre Dame irgendwann verschwinden werden, denkt man an den kürzlichen Großbrand im französischen Gotteshaus.
Hoffen wir, dass das Wetter der Inszenierung auch weiterhin geneigt bleibt, denn die Wirkung des Glöckners von Notre Dame als Freilichtstück in einer mittelalterlichen Altstadt ist enorm. Die Darsteller zeigen überzeugende und spannende Charaktere und man hat mit dieser Inszenierung eine großartige Möglichkeit, den berühmten Roman jenseits von aller Disney-Verherrlichung kennen zu lernen.

Noch im Juni und Juli wird die Inszenierung unter freiem Himmel bzw. bei Regen in den Theatern gezeigt: In Landshut am 28./29./30.06. um 20 Uhr, in Passau am 22./23.06. und 5./6./7.07. um 20 Uhr sowie in Straubing am 18.06. um 19.30.

Regie: Markus Bartl
Ausstattung: Philipp Kiefer
Musik: Jürgen Heinmüller

Jochen Decker: Victor Hugo / Pierre Gringoire / Wasserspeier
Reinhard Peer: Claude Frollo / Wasserspeier
Alexander Nadler: Jacques Charmolue / Sieur Robert d’ Estouteville / Bettler / Wasserspeier
Julian Ricker: Phoebus de Chateaupers / Wache / Henker / Wasserspeier
Laura Puscheck: Fleur de Lys / Bettlerin / Wasserspeier
David Lindermeier: Quasimodo
Antonia Reidel: Einsiedlerin / Wirtin / Marktfrau / Bettlerin
Ella Schulz: Esmeralda
Joachim Vollrath: Clopin Trouillefou / Wache / Henker / Wasserspeier
Julian Niedermeier: Matthias Hungadi / Kanzlist / Wache / Wasserspeier
Mona Fischer: Eleanor Spicali / Wasserspeier

https://www.landestheater-niederbayern.de/events/291

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Premiere Fisch zu Viert, 08.06.2019, Blutenburg-Theater

Es ist wieder Krimizeit: Traditionell zeigt das Blutenburg-Theater im Sommer ein kleiner besetztes, jedoch nicht weniger spannendes und unterhaltsames Stück für die warmen Monate. Die kriminelle Komödie von Wolfgang Kohlhaase und Rita Zimmer handelt von den Schwestern und Brauerei-Erbinnen Charlotte, Cäcilie und Clementine, die wieder einmal ein paar ruhige Tage in ihrer Sommerresidenz verbringen wollen. Alles andere als entspannt ist das jedoch für den völlig überarbeiteten und kränkelnden Butler Rudolf, der die Damen nicht nur bedienen darf, sondern ihnen auch seit Jahren schon Liebesdienste erweist. Zwar haben ihm alle drei – ohne das Wissen der Schwestern – eine Erbschaft versprochen, sind jedoch nicht bereit, ihm diese für eine Weltreise und frühzeitige Rente auszuzahlen. Als er droht, mit seinen Affären an die Öffentlichkeit zu gehen, planen die Schwestern das Ableben des Erpressers.

Foto: Volker Derlath

Das Bühnenbild ist sehr ungewöhnlich für das kleine Krimitheater, es zeigt einen idyllischen Garten mit Rollrasen, Bäumen und Vogelhäuschen. Der blaue Himmel im Hintergrund wird dabei mithilfe von Lichteffekten nicht nur für die verschiedenen Tageszeiten sondern auch surrealistisch anmutende Szenen angepasst. Ein Augenschmaus sind auch die Kostüme der Schwestern: Andreas Haun hat aus demselben Stoff drei völlig unterschiedliche Outfits geschneidert. Ein enger Rock für die ernste Firmenchefin Charlotte, ein kindliches Kleid für die Jüngste Clementine und ein sexy Mieder mit Dreiviertelhose für die sportliche Cäcilie.
Regisseur Konrad Adams spielt gekonnt mit den Kontrasten zwischen den ungleichen Schwestern. Sacha Holzheimer spielt die Älteste und gibt die strenge Business-Frau, die sowohl die Brauerei als auch ihre Geschwister gut unter Kontrolle hat und sich vor allem um Clementine mütterlich kümmert. Bei dieser muss man sich natürlich in dieser Inszenierung auch wirklich in Erinnerung rufen, dass die Damen in diesem Krimi alle nicht mehr blutjung sind, denn Petra Wintersteller zeigt einen kindlichen Charakter, der aber offenbar auf sehr „erwachsene“ Spielchen mit dem Butler steht und diese gerne an ihrem Teddybär demonstriert. Ute Pauer darf das „Sandwichkind“ spielen, die

Foto: Volker Derlath

resolute und etwas verrückte Cäcilie, die den Butler gerne in die Rolle eines von ihr vergötterten Militärs schlüpfen lässt. Die drei ungleichen Liebhaberinnen verlangen Blutenburg-Neuzugang Markus Fisher viel an Wandlungsfähigkeit ab, was er mit Bravour meistert. Vor allen Dreien gibt er den unterwürfigen, schwächelnden Bediensteten, steht er den Schwestern einzeln gegenüber spielt er ihre Anziehung ihm gegenüber gekonnt gegen sie aus.
Adams’ Inszenierung ist gewohnt kurzweilig und wird vor allem immer wieder von ungewöhnlichen Elementen wie Gesang, Tanz und Surrealem gebrochen. Natürlich kommt auch in diesem Stück das Kriminelle nicht zu kurz, dazu wird aber nicht zu viel verraten. Für einen lauen Sommerabend ist diese kurzweilige Krimikomödie jedenfalls durchaus passend.

https://www.blutenburg-theater.de/willkommen.html

Regie/Sound: Konrad Adams
Kostüme: Andreas Haun
Bühne: Peter Schultze
Licht: Tom Kovacs
Regieassistenz: Renée Schöfer

Cäcilie: Ute Pauer
Charlotte: Sacha Holzheimer
Clementine: Petra Wintersteller
Rudolf: Markus Fisher

 

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Premiere Der junge Lord, 23.05.2019, Gärtnerplatztheater

Foto: Christian POGO Zach

An sich ist es ja kein Kompliment, wenn es in einer Oper affig zugeht. Bei dem modernen Werk von Hans Werner Henze und Ingeborg Bachmann aus dem Jahr 1965 ist genau das jedoch gewollt. Zu meinem Geburtstag durfte ich der Premiere der Regie-Legende Brigitte Fassbaender beiwohnen, deren Inszenierungen von Don Pasquale und La Cenerentola zu meinen Favoriten am Gärtnerplatztheater gehören. Musikalisch ist Der junge Lord selbstverständlich nicht so leicht verdaulich und verständlich, wie die beiden genannten Werke, was auch ein paar Zuschauer gestört zu haben scheint. Doch auch in der modernen Oper kann man eigentlich nach etwas Einhören erkennen, wie die Charaktere musikalisch gezeichnet werden, was dank dem Dirigenten Anthony Bramall und dem Orchester des Gärtnerplatztheaters gewohnt wundervoll und energiegeladen gelingt.
Der junge Lord stellt gekonnt das typisch deutsche Spießbürgertum an den Pranger. In einer Kleinstadt erwarten die High Society und die normalen Bürger ihren neuesten Bewohner: den wohlhabenden englischen Sir Edgar, von dem sie sich neuen Glanz in ihrer doch irgendwie tristen und langweiligen Heimat erhoffen. Diese Hoffnungen werden jedoch schnell zerstört, da sich Sir Edgar lieber in seinem neuen Haus zurückzieht und mit seinen – in den Augen der Deutschen – ungewöhnlichen Bediensteten umgibt, etwa der resoluten jamaikanischen Köchin Begonia oder seinem Sekretär, der mit seinem exzentrischen Auftreten einem Tim Burton-Film entsprungen scheint. Als er dann auch noch einen armen Wanderzirkus zu sich einlädt anstatt der Stadtväter und feinen Damen wendet sich der Frust der Bürger sehr schnell gegen den Engländer und vor allem seine Angestellten. So wird sein Haus beschmiert und sein dunkelhäutiger Diener von den Kindern verspottet und attackiert. Besonders wütend ist die einflussreiche Baronin Grünwiesel, die ihr Mündel Luise gerne mit dem Neuankömmling verheiratet hätte. Luise ist eigentlich in den armen Studenten Wilhelm verliebt, findet aber dann doch Interesse an Sir Edgars merkwürdigen Neffen Lord Barrat, den er urplötzlich den Städtern bei einem Empfang präsentiert. Schnell ist aller Zorn verflogen und die einfach gestrickten Bewohner der Stadt imitieren sogar die ungewöhnliche Kleidung und das Verhalten des Neuankömmlings. Plötzlich werden barocke Kniebundhosen, Masken, wilde „Tänze“ und Bananen als neuester Schrei angesehen. Und nicht einmal Luise, an der der junge Lord besonderes Interesse zeigt bemerkt, dass es sich bei ihm um den dressierten Affen des Zirkus handelt.

Foto: Christian POGO Zach

Das Bühnenbild und die Kostüme von Dietrich von Grebmer bilden einen interessanten Kontrast: während die Bürger ganz im Biedermeier-Stil gekleidet sind und die Damen allesamt in Grüntönen ist das Bühnenbild selbst etwas surrealistisch mit einem auf-den-Kopf-gestellten Stadtmodell, durch das in den Zwischensequenzen eine Kamera reist. Auch der Garten und das Haus Sir Edgars sind mit überdimensionalen Schneckenhäusern, exotischen Exponaten und schrillen Farben durchaus skurril und passen so gar nicht ins Weltbild der Spießer.
Brigitte Fassbaender zeigt in ihrer Inszenierung wieder einmal einen feinen Sinn für Humor. Schon in den Zwischensequenzen wird das Leben in der Kleinstadt karikiert. Der Diener Jeremy darf hier mit einem Schoßhund spazieren gehen, dessen Hinterlassenschaften er zumindest beim zweiten Spaziergang ganz brav mitnimmt. Die scheinbar gesitteten Bürger dagegen lassen dagegen nach dem Empfang bei Sir Edgar ihren Trieben freien Lauf. Herrlich zeigt sie, wie die beeinflussbaren Stadtbewohner auf den Scherz des englischen Adeligen hereinfallen.
Fast das gesamte Opernensemble des Gärtnerplatztheaters steht in Brigitte Fassbaenders Inszenierung auf der Bühne. Maximilian Mayer darf sich als Lord Barrat diesmal im wahrsten Sinne des Wortes zum Affen machen. Während seine Rolle relativ wenig zu Singen hat, kann er vor allem durch akrobatische Tanzeinlagen und wirklich überzeugendes Spiel auftrumpfen. Mária Celeng spielt die unschuldige Luise, die hin und her gerissen scheint zwischen ihrer Liebe zu Wilhelm und den Erwartungen der Baronin Grünwiesel. Die wird von Ann-Katrin Naidu wundervoll als eitle Furie gespielt, die sich und ihre Damengesellschaft für den Mittelpunkt der Stadt hält. Lucian

Foto: Christian POGO Zach

Krasnec ist als Wilhelm definitiv einer der großen Sympathieträher des Abends, er umsorgt Luise liebevoll, auch wenn diese wegen des Einflusses der Baronin zögerlich bleibt.
Wer moderne Musik nicht scheut und schräge Geschichten sowie humorvolle Inszenierungen schätzt ist beim Jungen Lord sehr gut aufgehoben.

weitere Termine: 8./14. Juni 2019 um 19.30 Uhr

Dirigent: Anthony Bramall
Regie: Brigitte Fassbaender
Choreografische Mitarbeit: Alessio Attanasio
Bühne / Kostüme: Dietrich von Grebmer
Licht: Wieland Müller-Haslinger
Video: Raphael Kurig, Thomas Mahnecke
Dramaturgie: David Treffinger

Sir Edgar: Dieter Fernengel
Sir Edgars Sekretär: Christoph Filler
Lord Barrat: Maximilian Mayer
Begonia: Bonita Hyman
Der Bürgermeister: Levente Páll
Oberjustizrat Hasentreffer: Liviu Holender
Ökonomierat Scharf: Holger Ohlmann
Professor von Mucker: Juan Carlos Falcón
Wilhelm, Student: Lucian Krasznec
Baronin Grünwiesel: Ann-Katrin Naidu
Luise, ihr Mündel: Mária Celeng
Frau Oberjustizrat Hasentreffer: Jennifer O’Loughlin
Ida, ihre Tochter: Ilia Staple
Frau von Hufnagel: Anna-Katharina Tonauer
Amintore La Rocca: Alexandros Tsilogiannis
Ein Kammermädchen: Elaine Ortiz Arandes
Ein Schneeschipper: Martin Hausberg
Jeremy: Deman Benifer / Marcell Johnson
Rosita, Tänzerin: Hedi Klauser / Ingrid König
Brimbilla, Jongleur: Alexander Merola
Vulcano, Zauberer: Florian Hüttner
Lakaien, Männer aus dem Volk: Udo Quast, Saeid Yazdani, Yegor Pogorilyy, Markus Hörl, Martin Bayer
Chor, Extrachor und Kinderchor des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz

https://www.gaertnerplatztheater.de/de/produktionen/junge-lord.html?ID_Vorstellung=1767&m=66

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Premiere Im Weissen Rössl am Starnberger See, 02.05.2019, Hofspielhaus München

Foto: Verena Gremmer

Foto: Verena Gremmer

Dem Münchner Operettenliebhaber ist das berühmte Stück von Ralph Benatzky vermutlich schon in den größeren Dimensionen des Gärtnerplatztheaters über den Weg gelaufen. Umso spannender ist es, wenn eine kleine Bühne wie das Hofspielhaus dieses Werk auf die Bühne bringt. Da hier kein Platz für viele Solisten, Chor oder Orchester ist, hat es mich im Vorfeld durchaus neugierig gemacht.
Das Schönste war zunächst mal, dass die Musikbegleitung – ganz minimalistisch – mit Klavier und Gitarre live gespielt wurde. Bei einer vergangen Musiktheater-Produktion hat mir das viel zu laute Playback nämlich nicht wirklich zugesagt. Aber die fünf Solisten und zwei Instrumente reichen völlig, um den Liedern (eine Mischung aus den originalen Songs und passenden Fremd-Werken) die passende Stimmung zu verleihen.
Die Geschichte des unglücklich verliebten Oberkellners Leopold und der schönen Rösslwirtin wurde im Hofspielhaus wurde weiter westlich an den Starnberger See verlegt. Wie im Original steht zwischen dem Liebesglück der Anwalt Doktor Siedler, auf den die Wirtin ein Auge geworfen hat. Doch von da an ändert sich das Personal etwas, denn zusätzlich taucht noch ein griechischer Olivenöl-Händler mit seiner Tochter auf. Die beiden machen eine typische Bayern-Reise auf den Spuren König Ludwigs und nächtigen im Rössl, wo ihnen Leopold das Zimmer Doktor Siedlers zuteilt. Der verliebt sich in die schöne Griechin, die passenderweise sowieso von ihrem Vater verheiratet werden soll.
Stimmlich und darstellerisch eine absolute Wucht ist Maria Helgath als bairisch sprechende Wirtin, sie gibt ihrer Rolle das nötige Selbstbewusstsein, das angesichts ihres Doktor Siedlers ganz schnell in mädchenhafte Schwärmerei umschlägt. Leopold ist auch in der bayerischen Version des Rössls Österreicher, sehr sympathisch gespielt von Christoph Theussl, der neben einer angenehm natürlichen Gesangsstimme vor allem auch großes komödiantisches Talent beweist. Sehr unterhaltsam ist auch Georg Roters als grantiger Grieche, der sich gerne über die bayerischen Eigenheiten ärgert und mit Sprichworten um sich wirft. Er ist auch – mit Pagenmütze auf dem Kopf – für die Klavierbegleitung zuständig. Die reizende Tochter Theodora wird von Marina Granchette gespielt, mit unschuldigem Charme und viel Energie. Burkhard Kosche schließlich komplettiert als selbstbewusster und redegewandter Doktor Siedler das kleine Ensemble.

Foto: Verena Gremmer

Foto: Verena Gremmer

Das Bühnenbild von Jonas Klein ist für das Hofspielhaus gewohnt minimalistisch, trotzdem fehlt weder das heiß umkämpfte Balkonzimmer noch ein idyllischer Hotelgarten. Regisseurin Franziska Reng gelingt in ihrem Debüt auf jeden Fall eine unterhaltsame Inszenierung, in der die bekannte Operette geschickt auf das Wesentliche reduziert und mit einer Prise Lokalkolorit gewürzt wird. In jedem Fall ist es spannend zu sehen, wie ein solches Werk auch auf einer kleinen Bühne gespielt wird und dank des wunderbaren Ensembles, dem guten Spielfluss und sogar der ein oder anderen fetzigen Choreographie auch wirklich funktioniert.Mitwirkende: Maria Helgath, Marina Granchette, Burkhard Kosche, Christoph Theussl und Georg Roters

Dramaturgie und Regie: Franziska Reng
Kostüme: Uschi Haug
Bühnenmalerei: Jonas Klein

weitere Termine: 30./31. Mai und 15./21. Juni 2019, 20 Uhr
2. Juni 2019, 18 Uhr

https://www.hofspielhaus.de/spielplan/detailansicht/im-weissen-roessl-am-starnberger-see-977.html

 

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Premiere L’Heure Espagnole, 28.04.2019, Gärtnerplatztheater

In der Kürze liegt die Würze. Dieses schöne Sprichwort trifft auf viele Lebenslagen zu, im Besonderen aber auf die absurd-lustige Kammeroper L’heure espagnole von Maurice Ravel und Franc-Nohain, die 1911 in Paris uraufgeführt wurde und am vergangenen Sonntag auf der Studiobühne des Gärtnerplatztheaters Premiere feiert.

Foto: Adrienne Meister

Zentrum dieses Stücks ist die schöne Concepción, Gattin des Uhrmachers Torquemada, der einmal in der Woche eine Stunde lang die Rathausuhren warten muss und ihr so Zeit gibt, abwechselnd einen ihrer Liebhaber im Laden zu empfangen. Dummerweise taucht an diesem Tag der Mauleseltreiber Ramiro auf, der seine Uhr reparieren lassen muss und will im Uhrmachergeschäft auf Torquemada warten. Als Concepcións Liebhaber, der Poet Gonzalvo auftaucht, bittet sie Ramiro eine schwere Uhr die Treppe hinauf in ihr Schlafzimmer zu schaffen. Als dummerweise auch noch ihr zweiter Verehrer Don Inigo erscheint, versteckt sie Gonzalvo in einer Standuhr und lässt Ramiro diese hinauf schleppen. So werden abwechselnd die beiden Liebhaber in das Schlafzimmer der Dame geschmuggelt, bis diese Gefallen an dem starken Ramiro findet und ihre beiden – noch immer in Uhren versteckten – Besucher alleine im Geschäft stehen lässt, wo sie von Torquemada entdeckt werden.

Foto: Adrienne Meister

Ich kannte ja das Stück bereits aus einer anderen Inszenierung und war sehr gespannt, wie Regisseur Lukas Wachernig dieses amouröse Verwirrspiel auf der kleinen Studiobühne inszenieren würde. Er setzt dabei vollkommen auf die Absurdität der Kurz-Oper, was optisch durch die Ausstattung von Stephanie Thurmair unterstützt wird. Die Bühne erinnert stark an die surrealistischen Gemälde des spanischen Künstlers Salvador Dalí, vor allem die schmelzenden Uhren, die die drei Liebhaber anfangs über einen dürren Baum hängen. Der Uhrmacher Torquemada selbst erinnert dabei mit dem ikonischen gezwirbelten Bart an den berühmten Künstler.

Die Kostüme der fünf Solisten passen perfekt in das bunte Bühnenbild. Concepción trägt ein rotes Kleid im Stil der 20er Jahre, passend dazu ist auch ihr zukünftiger Liebhaber Ramiro in Rot- und Orangetönen gekleidet und sieht aus wie ein Muskelmann, wie man ihn früher auf Jahrmärkten sehen konnte. Gonzalvo und Inigo sind dagegen vorwiegend in kühlem Blau gekleidet. Auch das Makeup passt bis ins kleinste Detail zu diesen Kostümen und den überspitzten Charakteren. Ramiro und Gonzalvo bekommen beide ein Brusthaar-Toupet verpasst und letzterer erinnert nicht nur durch das Makeup sondern auch in seinen selbstverliebten Reden an den aktuellen amerikanischen Präsidenten.
Wachernig setzt in seiner absurden Inszenierung vor allem auf Slapstick und eine eindeutige Zeichnung der Charaktere, was zu dem schrägen Stück durchaus passt und somit beim Publikum für viele Lacher sorgt.

Foto: Adrienne Meister

Valentina Stadler gibt als Concepción eine verwöhnte Zicke, die die Uhren ihres Gatten sabotiert und nur ihr persönliches Vergnügen im Sinn hat. Es macht großen Spaß zuzusehen, wie sie mit den vier Männern spielt und die Aufmerksamkeit genießt, die sie ihr entgegen bringen. Ramiro wird von Matija Meić wundervoll als „Poser“ verkörpert, der der schönen Frau vom ersten Moment an mit seinen Muskeln imponieren will. Er ist fast permanent auf der Bühne und kämpft im Hintergrund mit dem Transport der Standuhren – der in dieser Inszenierung sehr kreativ gelöst ist – oder muss sich am Erste-Hilfe-Kasten der Probebühne bedienen, um seine Rückenschmerzen zu kurieren. Juan Carlos Falcón als Torquemada scheint hier als typisch verpeilter Künstler, der offenbar mehr Liebkosungen für seine Uhren und sein Werkzeug übrig hat als für seine Frau. Dieser Ansatz macht es dann auch irgendwie verständlich, dass die junge Concepción bei anderen Männern ihr Liebesglück sucht. Gyula Rab darf als etwas egozentrischer Poet Gonzalvo alles an Schmalz auspacken, was eine Tenor-Rolle zu bieten hat und zeigt so vor allem eine schöne Parodie auf die typischen Frauenhelden in anderen Opern. Der reiche Geschäftsmann Don Inigo Gomez wird vom Bass Christoph Seidl gespielt. Er möchte für seine junge Geliebte auch etwas weniger ernst wirken und tarnt sich deshalb als eine Uhr, die aus einem überdimensionalen Auge besteht, mit seinem Gehstock als Pendel.

Der Spaß, den die Solisten angesichts ihrer Charaktere an den Tag legen, hat sich sehr schnell auf meine Begleiterin und mich übertragen. Auch gesanglich meistern sie die fließende, sicher nicht ganz einfache, Musik perfekt. Das kleine Orchester unter der Leitung von Kiril Stankow sitzt hinter dem leicht durchsichtigen Bühnenbild und auch sie lassen den Raum mit den Klängen Ravels schweben, sodass die fast einstündige Spielzeit wie im Flug vorüber geht.

Der große Applaus am Ende war für alle Beteiligten voll und ganz verdient, denn diese Inszenierung macht einfach großen Spaß. Die Tatsache, dass Publikum hier ganz nah am Geschehen ist und auch ab und an einbezogen wird, ist nach wie vor ein großer Pluspunkt der kleinen Studiobühne.

 

Musikalische Leitung: Kiril Stankow
Regie: Lukas Wachernig
Bühne / Kostüme: Stephanie Thurmair
Licht: Michael Heidinger
Dramaturgie: Daniel C. Schindler

Concepción: Valentina Stadler
Gonzalvo: Gyula Rab
Torquemada, Uhrmacher: Juan Carlos Falcón
Ramiro, Mauleseltreiber: Matija Meić
Don Inigo Gomez: Christoph Seidl

weitere Termine: 6. / 8. Mai / 19. Juni, 19.30 Uhr und 20. Juni, 18.00 Uhr

https://www.gaertnerplatztheater.de/de/produktionen/heure-espagnole.html?m=362

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Avenue Q, 20.04.2019, Landestheater Niederbayern

Dem Genre Musical haftet ja heute oftmals das Vorurteil an, dass es seichte Unterhaltung für die ganze Familie sei. Das liegt natürlich nicht zuletzt daran, dass die großen privaten Musicaltheater in Deutschland tatsächlich auch genau darauf setzen. Da ist es natürlich schön, dass vor allem die öffentlichen Theater durchaus immer häufiger Werke abseits des Mainstream auf den Spielplan setzen. Avenue Q ist eines dieser Stücke: im englischsprachigen Raum durchaus ein großer Erfolg wurde dieses Stück in Deutschland bisher eher selten gezeigt. Das Plakat des Landestheaters Niederbayern kommt dabei mit den bunten Puppen und grellen Farben durchaus anziehend für Kinder daher, würde nicht groß „FSK 18“ darauf prangen. Tatsächlich ist das Musical von Robert Lopez, Jeff Marx und Jeff Whitty nämlich alles andere als jugendfrei.

Foto: Peter Litvai

Auf den ersten Blick erinnert es dabei sehr an die Sesamstraße, mit der wohl die meisten auch bei uns in Deutschland aufgewachsen sind: In einer Nachbarschaft treffen menschliche Charaktere und Puppen aufeinander, es werden fröhliche Lieder gesungen… aber schnell stellt sich heraus, dass man in der Avenue Q weitab vom Idyll der Sesamstraße oder Muppets ist. Hier wohnen Menschen und Monster, die in New York durch das soziale Raster gefallen und vor allem pleite sind. Der frische Uni-Absolvent Princeton findet hier eine billige Bleibe und wird durchaus freundlich in die neue Nachbarschaft aufgenommen. Vor allem seine reizende Nachbarin, das Monster Kate, hat es ihm schnell angetan. Der Hausmeister ist der ehemalige Kinderstar Gary, dessen Eltern sein ganzes Geld verprasst haben. Dann gibt es noch eine ungleiche Männer-WG, die sehr an Ernie und Bert aus dem

Foto: Peter Litvai

Kinderfernsehen erinnern. Nicky und Rod sind jedoch weitaus weniger harmonisch, vor allem weil der gutmütige aber chaotische Nicky seinen peniblen Mitbewohner endlich dazu bringen will sich zu outen. Auch das beliebte Krümelmonster scheint hier einen Verwandten zu haben: der heißt Trekkie, hat aber anstatt einer Keks-Sucht eine Vorliebe für Internet-Pornos. Und dann sind da noch die beiden putzigen Bullshit-Bären, die die Bewohner der Avenue zu Alkoholismus, betrunkenem Sex und anderen fragwürdigen Aktionen verleiten wollen.
Stefan Tilch zeigt in seiner Regiearbeit angesichts dieser Voraussetzungen großen Mut zur Respektlosigkeit. Wie selbstverständlich werden rassistische Witze zum Besten gegeben und (Puppen-)Sex auf der Bühne gezeigt. Trotz der meist vorherrschenden guten Laune schafft der Regisseur es jedoch, bei den Charakteren eine tiefe Frustration angesichts ihrer Situation durchscheinen zu lassen. Und vor allem erinnert die Inszenierung trotz der erwachsenen Themen im Spiel der Darsteller noch immer an die Sesamstraße.
Die Bühne von Beate Kornatowska zeigt einen versifften Straßenabschnitt, in den man sich im wirklichen Leben nicht unbedingt verirren möchte. Im Laufe der Inszenierung wächst der Müllberg, für den sich keiner zuständig zu fühlen scheint und alles scheint, als könnte es einen neuen Anstrich gebrauchen. Die Band unter der Leitung von Basil Coleman ist hinter der Jalousie eines geschlossenen Ladens versteckt und so ab und an auch zu sehen. Die Band begleitet die Sänger mit viel Schwung und erfreulicherweise auch von den Lautstärken sehr gut abgestimmt, sodass man die Solisten gut verstehen kann. Ein kleiner Wehrmutstropfen war im Theaterzelt, dass die laute Musik vom Circus Krone, der gerade einige hundert Meter weiter seine Zelte aufgeschlagen hat manchmal in stilleren Szenen zu hören war. Da hätten die temporären Nachbarn etwas mehr Rücksicht auf das (im Moment wegen Renovierungsarbeiten ausquartierte) Stadttheater nehmen können.
Dass diese schrägen Charaktere eine unterhaltsame und spannende Geschichte erzählen ist fast klar und so düster wie es die heruntergekommene Umgebung vielleicht vermuten lässt ist es dann auch tatsächlich nicht. Einige Figuren wie der jüdische Möchtegern-Comedian und die japanische Therapeutin Christmas Eve finden trotz Streitereien schnell ihr Glück. Auch für Princeton und Kate sieht es anfangs nach einer heißen Liebesnacht gut aus, doch wird ersterer von der Torschlusspanik erfasst und lässt sich daraufhin mit der Pornodarstellerin Lucy ein. Doch trotz mancher Rückschläge zeigen alle Charaktere am Ende, dass sie doch zusammenhalten und so gibt es dann doch irgendwie für jeden ein Happy End.
Das Spiel mit den Handpuppen, die stilistisch Jim Henson nachempfunden sind (und der neben den Muppets unter anderem auch am Film Der kleine Horrorladen und der beliebten Serie Die Dinos beteiligt war) ist natürlich die größte Besonderheit dieses Stücks. Während man jedoch in der Regel in Film und Fernsehen die Puppenspieler nicht sieht stehen sie in diesem Musical ebenso im Zentrum wie ihre Charaktere. Manchmal kann man sich als Zuschauer gar nicht entscheiden, ob man jetzt die Puppen oder die Sänger beobachten, vor allem weil die Mimik dieser oftmals schlichtweg grandios ist! Am meisten zu tun hat dabei Reinhard Peer, der den chaotischen Nicky, das versaute Trekkie-Monster und einen der bösartig-niedlichen Bullshit-Bären spielt. Vor allem stimmlich sind diese drei Charaktere so grundverschieden, dass man zunächst vielleicht gar nicht merkt, dass es ein und derselbe Darsteller ist. Eine wundervolle, kraftvolle Gesangsstimme zeigt Catherine Chikosi sowohl als brave Kate als auch als frivole

Foto: Peter Litvai

Lucy, auch sie schafft es, den beiden Frauen nicht nur stimmlich sondern auch in ihrer Körperhaltung und Mimik eine ganz eigene Charakteristik zu geben. Hauptdarsteller Julian Ricker gibt neben dem sympathischen Idealisten Princeton auch den spießigen Rod. Durchaus spannend wird es, wenn mehrere Puppen desselben Darstellern auf der Bühne sind. Das Spiel übernimmt in diesem Fall ein anderes Ensemblemitglied, während die Stimme noch vom Darsteller kommt. Besonders interessant ist es hier etwa, wenn Stefan Sieh die Puppe von Lucy übernimmt und dann dazu passend laszive Mimik und Bewegungen zum Besten gibt.
Besonders spannend ist jedoch wirklich das Zusammenspiel der Protagonisten aus Plüsch mit ihren menschlichen „Nachbarn“. Sarah Est gibt mit Christmas Eve eine wundervoll unkorrekt Klischee-Asiatin, die vor allem ihrem Partner Brian gegenüber sehr herrschsüchtig ist und im nächsten Moment wieder engelsgleich die Therapeutin mimt. Zu dieser stereotypen Erscheinung trägt vor allem auch das Kostüm von Beate Kornatowska bei, die meines Wissens neben den „Großen“ auch die Puppen einkleidete. Dem Komiker Brian gibt David Lindermeier eine wundervoll entspannte und sympathische Ausstrahlung, die auch bei den Wutausbrüchen von Eve selten ins Wanken gerät. Mona Fischer zeigt als ehemaliger Kinderstar Gary Coleman eine rockige Gesangsstimme und vor allem eine unerschütterliche Lässigkeit und positive Grundeinstellung. Und das, obwohl die Bewohner der Avenue sich schon zu Beginn des Stückes einig sind, dass er das schlimmste Schicksal von allen hat.
Zusammenfassend muss man wirklich das gesamte Ensemble bewundern, das Zusammenspiel funktioniert wundervoll und so wurde es mir im Publikum keine Sekunde langweilig. Vor allem hat mich fasziniert, dass einige Handpuppen wie Nicky und Trekkie von zwei Darstellern gleichzeitig gespielt wurden. Dass sich die bei den Choreografien nicht gegenseitig auf die Füße treten ist bemerkenswert.
Wer erwachsenen Humor und ungewöhnliche Musicals mag wird an Avenue Q wahrscheinlich große Freude haben! Noch gibt es zwei Möglichkeiten, die schräge Inszenierung im Mai in Passau zu sehen, was ja vor allem von München aus auch bequem mit der Regionalbahn zu erreichen ist 😉

Weitere Termine:
3. und 4. Mai 2019, 19.30 Uhr im Stadttheater Passau

https://www.landestheater-niederbayern.de/events/285

Princeton / Rod: Julian Ricker
Brian: David Lindermeier
Nicky / Trekkie Monster / Bullshit-Bär: Reinhard Peer
Neuankömmling / Ensemble: Stefan Sieh
Gary Coleman: Mona Fischer
Christmas Eve: Sarah Est
Kate Monster / Lucy: Catherine Chikosi
Bullshit-Bär / Frau Semmelmöse / Ensemble: Elena Otten
Ensemble: Susanne Prasch

Regie: Stefan Tilch
Musikalische Leitung: Basil Coleman
Ausstattung: Beate Kornatowska
Choreografie: Susanne Prasch
Puppen: Birger Laube
Puppen-Coaching: Dennis M. Rudisch
Videos: Florian Rödl
Dramaturgie: Dana Dessau

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