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Liebe Claudia, stellst du dich kurz vor?
Hallo, ich bin Claudia, Claudia Toman. Ich habe bisher drei Bücher geschrieben, “Hexendreimaldrei”, “Jagdzeit”, “Goldprinz” im Diana-Verlag, und werde jetzt unter neuem Namen bei Droemer Knaur an neuen Werken arbeiten.
Wie alt bist du?
Ach so, wie alt ich bin, habe ich vergessen, ja.
Und was machst du?
Ich bin 32, 1978 geboren, also schon ein ganzes Stückchen alt (lacht) und arbeite nebenberuflich in der Wiener Staatsoper für die Kinderopern, Kinderopernzelt, mache dort Inspizienz und Regieassistenz für die Kinderopern.
Du schreibst an deinem vierten Roman. Wie vereinbarst du das mit deiner Arbeitszeit an der Staatsoper?
Nachdem es an der Staatsoper keine wirkliche Arbeitszeit für mich gibt beziehungsweise ich mir die Arbeitszeit selbst einteile, weil ich die Proben einteile, die ich brauche für eine Wiederaufnahme, oder für die aktuelle Produktion mit Neueinstudierungen mit neuen Sängern, ist es eigentlich sehr locker. Das heißt, meine Probentage sind meistens höchstens vier Stunden lang, zwei Stunden vormittags, zwei Stunden abends, und dazwischen, danach, davor kann ich immer schreiben. Also, es kommt sich überhaupt nicht in die Quere, es ist die perfekte Berufskombination.
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Zum Schreiben gekommen bin ich, indem ich gelernt habe, dass, wenn man Buchstaben aneinanderreiht, dass sie Worte ergeben, und wenn man die Worte wieder aneinanderreiht, dann werden Sätze daraus, das muss so mit drei, vier Jahren gewesen sein. Meine Mutti hat mir das damals noch beigebracht, und da habe ich so meine ersten Buchstaben geschrieben und meine ersten Wörter, und seitdem hat es mich eigentlich nicht mehr losgelassen. Ich war auch eine große Leserin, also ich habe Kinderbücher verschlungen. Mein Papa hat für einen Verlag gearbeitet, der Kinderbücher herausgegeben hat, da bin ich mit Christine Nöstlinger und ähnlichen Autoren aufgewachsen, habe immer schon gelesen und habe damals vielleicht noch nicht Geschichten aufgeschrieben, habe sie mir aber immer schon ausgedacht. Also ich hatte eine Freundin, ein Mädel, das gegenüber im Haus gewohnt hat, und wir haben uns halt immer unsere Fantasiegeschichten ausgedacht. Wir haben dann immer so kleine Figuren gezeichnet, wir haben uns immer gezeichnet, unsere Charaktere, also wir waren eigentlich, könnte man sagen, Comic-Autoren damals. Also wir haben so unsere Figuren immer mit so diesen großen Manga-Augen – komischerweise, die haben wir uns gar nicht angewöhnt, weil wir das gekannt hätten, sondern, weil wir es selber so gemacht hätten, und denen haben wir dann Namen gegeben, und dann sind wir rausgegangen zum Bach, da gab es Bäume und einen Bach und grünen Wald, und dort haben wir dann Rollen gespielt. Also über das kindliche Rollenspiel, kann man sagen, habe ich dann gelernt, mir Geschichten auszudenken, und hab dann einfach immer weitergemacht.
Na, dann ist ja die nächste Frage schon fast beantwortet: Findest du deine Geschichten, oder finden sie dich?
Wie finden mich meine Geschichten – oder, finde ich sie oder finden sie mich? Das ist eine gute Frage. Die Geschichten kommen immer aus den kleinen Dingen, das ist nie was Großes. Das kann sein, dass ich, wenn ich jetzt mit dir hier am Tisch sitze und wenn die Kellnerin kommt und irgendeine dumme Frage stellt oder es zu irgendeinem Missverständnis kommt, dass mir dazu eine Szene einfällt, und aus der Szene heraus dann vielleicht sich ein Charakter entwickelt, wo ich mir dann vorstelle: Ah, das wäre irgendwie ein gutes Thema, und aus dem heraus dann eine Geschichte entsteht, zum Beispiel, die Kellnerin arbeitet in dem Londoner Pub, und in Wirklichkeit würde sie lieber genau gegenüber im Covent Garden in der Oper singen, und sie lernt auch singen, es kann alles daraus entstehen, dass sie vielleicht hier einfach das Cider serviert hat, und dabei hat sie das halt singend serviert und nicht – egal, jedenfalls, die Idee, es ist eine Kleinigkeit, es kann ein Gegenstand sein, es kann ein Mensch sein, der einem begegnet, ein Satz, der gesagt wird, ein Satz, der in einem anderen Buch vorkommt. Irgendwas, was plötzlich so Kopfkino auslöst, und aus dem Kopfkino entsteht dann eine Geschichte.
Gibt es Adrian Alt wirklich?
Gibt es Adrian Alt wirklich? Es gibt sicher Vorlagen für Adrian Alt, wobei das in dem Fall nicht mal eine einzelne Person ist. Also, es ist nicht so, dass es einen Menschen gibt, der zu hundert Prozent Adrian Alt ist. Es gibt einige Menschen, die entweder durch ihr Aussehen oder durch ihren Charakter diese Figur beeinflusst haben. Und wenn man zum Beispiel wüsste, dass damals, als ich an der Idee gearbeitet habe, der Kinderring in der Staatsoper entstand, und wenn man dann sieht, dass ich den Wotan-Mythos doch in meine Geschichte hineingenommen habe, dann könnte man Rückschlüsse ziehen, zum Beispiel auf gewisse Darsteller des Wotan, die einen Einfluss darauf hatten, die das damals gespielt haben, und die vielleicht sowohl optisch als auch charakterlich Vorlage gebildet haben.
Genau. Da sind wir schon bei der nächsten Frage: Deine Romane bisher, also „Hexendreimaldrei“, „Jagdzeit“ und „Goldprinz“, sind ja durch Märchenmotive oder Mythen inspiriert. Liest du auch heute noch gerne Märchen?
Ich habe immer gerne Märchen gelesen und werde auch immer gerne Märchen lesen. Wobei ich jetzt merke, dass ich nach drei Büchern, die sich um das Thema Märchen drehen, mal vorläufig ein bisschen Abstand brauche zu den Märchen. Wobei, sie begegnen einem überall, also ich arbeite jetzt auch gerade an einer Geschichte, die gar nichts Märchenhaftes hat, die auch nicht auf Märchen basiert, und trotzdem ist mir dazu ein Märchen eingefallen, was genau dazu passt oder in dem es genau um das gleiche Thema geht. Also, es ist natürlich immer so. Ich glaube, die Märchen sind wirklich die Grundlage für alle unsere Geschichten, oder für alles, was uns so beschäftigt, weil da so viele Symbole und Motive darinstecken, denen wirst du immer begegnen im Leben, über die wirst du immer stolpern. Und dadurch gibt es wahrscheinlich keine Geschichte, die nicht irgendwo in den Märchen eine Basis hat. Die wir halt als Kinder erzählt bekommen haben oder gelesen haben. Logisch, weil was wir als Kinder zuerst erfahren, das bleibt irgendwie hängen, das bleibt in uns drinnen.
Das ist ja eine Art Trilogie, es sind zwar unabhängige Romane, aber sie gehören zusammen. Wusstest du bei der Arbeit am ersten Band schon, wie der letzte ausgeht?
Ich wusste ungefähr, als „Hexendreimaldrei“ so ins letzte Drittel ging oder gegen das Fertigwerden ging, dass ich weitererzählen möchte. Ich wusste, dass es in London weitergehen muss, eigentlich. Also eigentlich war – ist „Goldprinz“ das, was ich mir damals als Fortsetzung von „Hexendreimaldrei“ vorgestellt habe. Interessanterweise ist „Jagdzeit“ irgendwie dazugekommen, das entstand daraus, dass damals der Verlag einfach gleich eine zweite Geschichte wollte und ich eine Geschichte hatte, die unabhängig von „Hexendreimaldrei“ war. „Jagdzeit“ war eigentlich eine ganz andere Idee. Die aber dann natürlich mit der gleichen Protagonistin funktioniert hat, weil ich dafür noch gar keine Protagonistin im Kopf hatte. Und diese Idee von diesem kleinen Dorf und dem Wald und dem Rotkäppchen-Mythos, die kam dann halt als Olivias zweites Abenteuer rein. Dadurch ist sie wahrscheinlich auch sehr anders, sehr extra, sehr krimihaft, und für viele Leute vielleicht nicht so zu den anderen beiden passend. Während „Goldprinz“ sehr viel deutlicher die Fortsetzung ist, die ich ursprünglich schreiben wollte. Also ursprünglich, mein Gedanke war immer, dass nach den Ereignissen von „Hexendreimaldrei“ Olivia wieder nach London fliegt. Und dass sie sich dann damit auseinandersetzen muss, ob die Hexen jetzt Realität sind oder nicht, das war mir immer schon klar. Wie es dann wirklich am Ende ausgeht, das ist natürlich erst viel später entstanden. Ich wusste nur, dass es diese große Verschwörung von der Hexen-Organisation geben wird und dass Olivia dagegen gehen muss. Aber dass es dann nach New York geht und wie es dann endet, das wusste ich natürlich damals noch nicht.
Welches Genre liest du gerne selbst?
Ich lese sehr viele Genres gerne selbst, ich lese natürlich sehr gerne Thriller bis Horror. Wobei Horror wirklich nur auf Stephen King bezogen, also ich lese keine so extremen Monster-Romane oder sowas. Also, Psycho-Thriller, Thriller, Stephen King zum Beispiel. Dann lese ich sehr gerne – ich lese selber sehr gerne Frauenromane auch, wobei – gewisse. Also, immer dann, wenn ich das Gefühl habe, die Protagonisten sind sehr echt, sehr real. Christina Jones habe ich sehr geliebt. Die Conny Lubek habe ich sehr geliebt. Das sind so meine Heldinnen des Genres, die einfach Figuren erschaffen haben, die ich liebe. Ich bin ja auch ein großer „Sex in the City“-Fan, das Genre lese ich sehr gerne. Was lese ich – Krimis natürlich, Krimi mag ich immer, wobei ich da nicht so sehr up to date bin, dass ich wirklich alles lese, sondern ich habe meine Elizabeth George gelesen und lese immer wieder gerne auch Kolleginnen. Und dann natürlich die Fantasy darf man nicht vergessen. Also, man merkt, dass ich all die Genres, die dann bei mir auch Einfluss haben, auch selber lese. Fantasy natürlich immer, Harry Potter, Herr der Ringe, großer Fantasy-Fan. Ich picke mir aus jedem Genre so die Bücher raus, die ich gerne lesen mag. Es gibt eigentlich kaum ein Genre – vielleicht bis auf die historischen Romane, zu denen ich noch nicht den richtigen Zugang gefunden habe, gibt es kein Genre, wo ich sage, das lese ich gar nicht.
Und welche Musik hörst du gerne?
Bei der Musik bin ich genauso eigentlich wie bei den Genres sehr flexibel. Also, ich höre alles, die Ausnahmen sind so die ganz argen Extreme. Also den ganz argen Heavy Metal oder sowas. Oder Techno, wie das bei uns hieß, als wir in die Disco gegangen sind früher, so was höre ich nicht. Ich hör auch überhaupt keine Volksmusik, Schlager, ist für mich ebenso ein Extrem, das ich nicht höre. Dazwischen eigentlich alles, ich liebe auch aktuellen Rock und Pop. Ich liebe Jazz, Diana Krall zum Beispiel für mich große Heldin des Jazz. Natürlich, beruflich bedingt höre ich auch sehr viel Klassik. Privat weniger, eigentlich. Also, privat bin ich der grosse Musical-Fan, muss ich sagen. Also, im Musical höre ich eigentlich fast alles und permanent. Also, Musical ist schon meine Hauptrichtung, die dadurch entsteht, dass ich das schon als Kind geliebt habe. Klassik beruflich, und manches, und – nicht alles immer noch, also Verdi ist zum Beispiel immer noch etwas, wo ich nicht vorgedrungen bin.
Wie hoch ist dein aktueller SUB?
(lacht) Der SUB. Ja, da gibt es verschiedene SUBs, deswegen ist das schwer zu sagen. Da gibt es zum Beispiel den SUB der Bücher, die ich unbedingt dringend demnächst bald lesen möchte. Der ist ungefähr so – ja so brusthoch, könnte man sagen. Ich zähl die ja nie, weil ich bin im Zählen so schlecht, deswegen kann ich das nur stapeln vom Boden bis brusthoch, ungefähr. Das sind die, die jetzt mal ganz dringend sind. Dann gibt es den Kollegen-SUB, der ist dadurch entstanden, dass man halt, wenn man selber schreibt, jetzt auch sehr sehr viele Kollegen trifft. Ganz liebe Kollegen, von denen man alle Bücher auch unbedingt gerne lesen möchte. Der ist auch schon fast brusthoch, also, das ist jetzt- das sammelt sich an. Vor allem, das sind ganz lieb für mich signierte Exemplare von Menschen, die wirklich meine Freunde geworden sind. Was ganz schlimm ist, dass ich da nicht dazukomme. Und dann gibt es doch noch die vielen, vielen, vielen Bücher, die ich auch irgendwann mal lesen möchte, die ich entweder geschenkt bekommen habe oder mir mal gekauft habe, weil ich dachte, das sollte ich auch mal lesen. Das kann man eigentlich gar nicht sagen, weil das ist verteilt auf ein Haus und eine Wohnung und sehr verstreut. Aber das ist sicher mindestens ein halbes Regal, was da noch so ungelesen herumliegt.
In welcher Stadt möchtest du gerne leben?
Ich habe das Glück, ich lebe in der Stadt, in der ich am liebsten leben möchte, und das ist Wien. Würde man mir sagen, ich muss mich für eine andere entscheiden, dann wäre das London. Immer noch, und wird auch für immer die einzige Stadt sein, die ich mir als Alternative vorstellen könnte.
Was ist das Beste daran, eine erfolgreiche Autorin zu sein, und was ist das Nervigste?
Da müsste man mal erfolgreich definieren. Also, sagen wir mal, wenn erfolgreich ist, dass man veröffentlicht ist in einem Publikumsverlag, dann kann ich das so sagen. Das Beste daran ist sicher, dass man, wenn man die Chance hat, auch weiter zu veröffentlichen und Verträge kriegt, dass man eigentlich genau das macht, was man am liebsten macht, nämlich schreibt. Mein großer Traum war einfach immer, dass ich nichts arbeiten muss, was ich nicht will, also nicht in einem Büro sitzen muss, wenn ich das nicht möchte. Ich habe viel im Theater gearbeitet, und ich mag Theater sehr, aber ich mag nicht unbedingt den Regieassistenz-Job im Theater. Das ist absolut nicht mein Traumberuf gewesen. Wenn, dann selber kreativ sein. Aber Regieführen war auch nicht hundert Prozent meines, man kann das alles nicht so umsetzen, wie man sich’s im Kopf so schön vorstellt. Das Gute an Romanprotagonisten ist, dass sie im Gegensatz zu Sängern alles tun, was man ihnen sagt.
Wirklich?
Sie haben schon ein Eigenleben, aber sie lassen sich einfach sehr viel besser lenken. Sänger haben ihren eigenen Kopf und ihre eigenen Vorstellungen, logischerweise. Verständlicherweise. Also das Beste, würde ich auf jeden Fall sagen, an dem Job ist, dass ich das Schreiben am liebsten mache, und ich kann schreiben, wann ich will und wo ich will und wie viel ich pro Tag will, das ist meine Arbeit, und das ist einfach ein Traumjob. Das Nervigste daran – sagen wir so: Wie ich noch geschrieben habe, ohne veröffentlicht zu sein, ging es noch viel mehr um das Schreiben selbst. Wenn man mal veröffentlicht ist und in der Öffentlichkeit steht, ist man halt mit sehr vielen Dingen konfrontiert, die man vorher nicht hatte, eben zum Beispiel, man muss sehr viel selbst Werbung machen, was dann aber auch mit sehr viel Zeit verbunden ist, weil man einfach sehr, sehr viel mehr im Internet unterwegs ist als man das privat wäre. Man hat eine Homepage oder einen Blog, man hat eine Facebook-Seite, es gibt viel zu betreuen, man hat viele Leute, die einem Fragen stellen. Man hat Leserunden, die Leserunden, die ich gerne mache, die aber einfach Zeit in Anspruch nehmen, so eine Leserunde geht über eine Woche, mindestens, manchmal länger. Wenn noch Nachzügler kommen, geht das auch mal über zwei Wochen. Und wenn dann mal doch alle Stunde nur jemand einen Beitrag schreibt, man liest das ja alles, und man will das ja auch alles beantworten. Logischerweise, es geht um die eigene Arbeit, das ist ja das Schönste. Man redet ja gerne über das, was man macht. Aber es frisst alles sehr viel Zeit. Und das Nervige daran ist einfach, dass man sich das nicht mehr einteilen kann und aussuchen kann, sondern es frisst einen dann manchmal. Und das laugt einen auch aus. Der Kopf wird leer von diesem ganzen Internet. Dann schaut man wieder da und dort, schaut nach Rezensionen, liest dann wieder eine schlechte Rezension, dann braucht man wieder ein paar Stunden, bis man sich davon erholt hat, weil man sich immer denkt: Ja, hat der jetzt recht oder diejenige, und habe ich das wirklich so schlecht gemacht, oder ist meine Heldin wirklich so unsympathisch? Das quält einen dann wieder eine Zeitlang, und so geht das halt. Manche halten es besser aus, manche halten es schlechter aus. Bei mir geht es noch, aber ich merke schon sehr oft, dass ich eigentlich gern den Kopf zum Schreiben frei hätte und dann doch mich hinsetze und nur mal kurz ins Internet schauen will und Stunden später dann auftauche und mir denke: F**k. Zensur. (lacht)
Erzählst du uns eine Anekdote aus deinem Schriftstellerleben?
Anekdote? Muss ich jetzt nachdenken, weil, es gibt so vieles, eigentlich, was einem so passiert und was man aber gar nicht so anekdotenhaft sieht. Ich meine, was schön war, war ganz am Anfang, dass ich einfach gesucht habe nach Kollegen. Wie ich angefangen habe zu schreiben, kannte ich keine Autoren. Ich kannte nur Opernsänger und Opernleute und hatte so eine große Sehnsucht damals, mit anderen schreibenden Menschen zu reden. Auch, wenn es nur über das aktuelle Wetter ist. Einfach nur, weil das andere Autoren sind. Ich habe damals gegoogelt, ob es in Wien so etwas wie einen Autorenstammtisch oder Autorentreff gibt, und habe dann nichts gefunden, und habe dann einfach im Internet in Google „Autor“ und „Wien“ gesucht und bin da auf die Homepages von drei Menschen gestoßen. Weil, ich weiß nicht, entweder ich habe alle anderen nicht gefunden, oder die outen sich nicht so direkt auf ihren Homepages. Jedenfalls hat mir Google mal diese ausgespuckt. Und mit diesen dreien – das waren der Richard K. Breuer, Peter Bosch und die Sabine Dermann, habe ich mich dann getroffen, beziehungsweise sie sind zu einer Lesung von mir gekommen. Und dann haben wir vor Ort beschlossen, dass wir jetzt der Autorenstammtisch sind von Wien. Haben das dann gleich in dem Buchcafe gemacht, wo wir uns getroffen haben, und das Tolle daran ist, es hat sich so toll entwickelt. Es sind immer mehr Leute dazugestoßen, und es werden auch immer mehr. Nach jedem Treffen erzählt es wieder jemand jemandem. Mittlerweile sind es über dreißig Leute im Verteiler, und wir treffen uns wirklich seit damals regelmäßig einmal im Monat donnerstags. Und das macht Riesenspaß. Anekdote ist es vielleicht nicht. Aber eine schöne Sache, die ich selber ins Leben gerufen habe, worauf ich auch stolz bin, dass das so gut funktioniert. Und daraus sind wirklich enge Freundschaften entstanden. Manche davon, wie zum Beispiel die Viktoria Schlederer oder die Sabine Dermann, sind wirklich enge Freunde für mich geworden.
Kannst du uns schon etwas über dein nächstes Projekt sagen?
Das nächste Projekt? Was ich sagen kann, ist, weil das ist ja mittlerweile, glaube ich, im Internet schon recht bekannt – es wird bei einem anderen Verlag erscheinen, es wird bei Droemer Knaur erscheinen. Die Ursache dafür ist einfach, dass ich mit meiner Lektorin, die die ersten beiden Bücher, „Hexendreimaldrei“ und „Jagdzeit“ lektoriert hat, die Andrea Müller, so toll zusammengearbeitet habe, dass ich es mir einfach gar nicht mehr vorstellen kann, ein Buch ohne sie zu schreiben. „Goldprinz“ war schwierig. Wobei natürlich im Entstehungsprozess sie schon noch da war und da schon noch ich zumindest die Ur-Ideen schon noch mit ihr machen konnte. Aber trotzdem war es nicht das Gleiche, obwohl auch die beiden Lektorinnen, die „Goldprinz“ betreut haben, ganz toll waren. Aber es gibt einfach so Zusammenarbeiten, über die nichts drüber geht oder die ganz besonders sind, und so kann ich mit der Andrea Müller arbeiten. Und sie ging zu Droemer Knaur, und da ist es dann einfach entstanden, dass sich Droemer Knaur natürlich für das neue Projekt interessiert hat. Es wird allerdings unter einem Pseudonym erscheinen, allerdings unter einem offenen Pseudonym, also es wird nicht irgendwie versteckt oder so, sondern mein Name wird damit verbunden sein, und es werden auch beide Namen dann in meinem Blog zu finden sein. So ähnlich wie es bei der Gabriela Engelmann ist, die ja auch unter Gabriela Engelmann und Rebekka Fischer schreibt. Aber ganz offen, beide sind ja – auf ihrer Homepage hat, also so wird das dann sein. Den Namen kann ich noch nicht sagen, da muss man noch ein bisschen warten, bis zum Sommer oder so. Und zur Geschichte, es wird diesmal ein Frauenroman ohne den Märchenteil, mit einer neuen Protagonistin, wobei ich verraten kann, dass es auch Elemente aus Olivias Geschichten geben wird, die vorkommen. So einzelne, also Nebenfiguren und so werden schon auftreten. Weil bei mir immer die Geschichten miteinander zusammenhängen. Weil das – gerade wenn sie in einer Stadt spielen. Also, es wird auch in Wien spielen, die neue Geschichte, aber ein kleines englisches Element auch wieder drinnen haben. Wie das so ist, wenn man halt London und Wien liebt. Also, beide Städte haben ein bisschen einen Einfluss darauf.
Und die allerletzte Frage: Welche Frage wolltest du schon immer mal beantworten, und noch keiner hat sie gestellt?
Das ist schwierig, weil ich mittlerweile so viele Fragen schon gekriegt habe… eigentlich waren da immer schon alle dabei. Beziehungsweise, falls nicht, dann stelle ich sie mir selbst und beantworte sie in Youtube. Ich meine, die Frage eben nach Lieblingsautoren oder sowas, die haben mir viele schon gestellt, die kam auch immer wieder. Was letztens sehr nett war, bei der letzten Leserunde in der „Leserwelt“, was vielleicht nicht alle eben gelesen haben, deswegen kann ich die vielleicht nehmen, da hat mich nämlich jemand gefragt nach Stephen King, weil das ja mein Lieblingsautor ist, wie ich mir so ein Treffen mit Stephen King vorstellen würde. Und ich fand das eine sehr schöne Frage, die ich auch gerne beantwortet habe, weil das wirklich eine Sache ist, die ich mir schon oft überlegt habe: Wie könnte ich es anstellen, dass ich Stephen King treffe? Gar nicht so sehr, weil ich so ein Fangirl bin oder so was, sondern weil das einfach für mich ein Mensch wäre, mit dem ich wahnsinnig gern über das Schreiben reden würde. Ich meine, ich liebe andere Autoren und rede immer gerne mit anderen Autoren über das Schreiben. Also, es gibt nichts Schöneres, als mit anderen Autoren über das Schreiben zu reden. Und Stephen King wäre da sozusagen das ultimative Überdrüber-Treffen. Und das habe ich in der Richtung beantwortet, dass ich mir das eben nicht so bei einer Lesung oder so was vorstelle, soweit ich weiß, kommt er ja nicht nach Europa. Aber sogar, würde er nach Europa kommen, würde er wahrscheinlich irgendwo in Wien in der Stadthalle oder im Olympiastadion lesen müssen, damit alle Leute glücklich sind. Und so etwas stelle ich mir nicht vor. Ich stelle mir dann auch nicht vor, in einer ellenlangen Schlange irgendwo zu stehen und zwei Sekunden lang mir ein Buch signieren lassen zu können, weil das interessiert mich nicht. Ich bin kein Sammler. Ich bin jetzt nicht so jemand, der signierte Bücher sammelt, sondern ich mag die ganz gern von Kollegen, wo ich etwas Persönliches damit verbinde und den Menschen kenne und der mir etwas Persönliches reinschreibt, aber einfach nur von einem anderen Autor ein signiertes Buch ist jetzt nichts, was mich so wahnsinnig interessiert. Nicht mal von Stephen King. Aber ich habe mir immer vorgestellt, weil das überhaupt ein Traum von mir ist, mal durch Maine zu reisen. Einfach mir ein Mietauto zu nehmen und durch Maine zu fahren und diese Schauplätze aus seinen Romanen aufzusuchen beziehungsweise einfach auch die erfundenen Schauplätze mir dann vorzustellen: Das könnte in der oder der Stadt spielen. Und da habe ich mir immer vorgestellt – weil er lebt ja in Bangor, das heißt, sein Haus kann man dort auch sehen, also man kann daran wirklich vorbei laufen. Aber ich habe mir immer vorgestellt, dass ich da mit meinem Mietauto durch Maine fahre, und dann irgendwo bei einer Autobahnraststätte oder so was, so einer richtig amerikanischen Autobahnraststätte Halt mache und meinen Kaffee im Pappbecher trinke, und dass dann zufällig Stephen King hereinkommt und neben mir an der Theke sitzt, und dass ich sage „Ah! Sind Sie nicht Mr Stephen King?“ Und dann würde er sagen: „Ja, genau! Der bin ich!“ Und dann werden wir ins Gespräch kommen, und dann werde ich sagen, dass ich auch Autorin bin und dass ich ihn so bewundere, das stelle ich mir schön vor. So einen Kaffee mit Stephen King an einer Autobahnraststätte – die Frage zum Beispiel, die habe ich gerne beantwortet, die hat Spaß gemacht.
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Vielen Dank, dass Sie Zeit gefunden haben, uns dieses Interview zu geben, während Ihrer sehr anstrengenden Probephase für die Butterfly, die am Freitag, den 10.6.2011 Wiederaufnahme hat – nach zwei Jahren?
Ich glaube schon. Ja.
Würden Sie sich kurz vorstellen, uns ein wenig über Ihren Werdegang erzählen?
Ich bin in Puerto Rico geboren. Am Konservatorium meiner Heimat habe ich studiert. Dort gibt es alljährlich einen Nationalwettbewerb. Die Finalisten gehen im Anschluss weiter zu einem darauf folgenden Regionalwettbewerb und danach geht es für die Gewinner nach New York. In New York habe ich dann letztendlich den Bruno-Walter-Preis der Metropolitan Opera auch gewonnen. Danach bin ich nach Mönchengladbach gegangen, da die Tochter meiner Gesangslehrerin, die in Düsseldorf als Sängerin engagiert ist, mir erzählte, dass es eine freie Stelle in meinem Fach gäbe und mir vorschlug, dafür vorzusingen. … Und es hat geklappt! In Düsseldorf war ich drei Jahre engagiert. Als Herr Schwarz – der ehemalige Chefdirigent hier am Gärtnerplatztheater – damals nach München gezogen ist, bat ich ihn, mir mitzuteilen, falls sich die Möglichkeit eines Vorsingens ergeben sollte. Er hat mich angerufen: „Jemand hat für morgen abgesagt. Kommst du?“ Ich habe den Nachtzug genommen… es war Dezember und es lag so viel Schnee (deutet Hüfthöhe an). Ich bin um fünf Uhr angekommen und wusste nicht, was ich bis zum Vorsingen tun sollte, da es so kalt war. Ich bin schließlich im Rischart Cafe gelandet. Dort habe ich bis neun Uhr gewartet und ging dann zum vereinbarten Vorsingen. Und hier bin ich, seit damals. Meine Gesangstechnik hatte ich von zuhause. In Mönchengladbach habe ich eine Gesangspädagogin kennen gelernt, Ingeborg Müller, die leider dieses Jahr, im Alter von 97 Jahren, gestorben ist. Mit ihr habe ich die Technik erarbeitet, die ich jetzt habe.
Wie kamen Sie zum Singen?
Ich habe immer gesungen. Seit ich klein bin. Wirklich, seit ich klein bin. Mit vier Jahren habe ich im Kindergarten mein erstes Solo gehabt. Es war Muttertag. Seit je her habe ich gesungen, im Chor, in der Schule, überall. Ich spiele ein bisschen Gitarre, meist Folkloremusik und habe hierfür auch ein kleines Ensemble gehabt. Studiert habe ich aber eigentlich und ursprünglich Klavier. Nicht Gesang, sondern Klavier! Ich bin auf das Konservatorium gegangen, um Klavier zu studieren. Dabei musste ich “Gesang” als Nebenfach nehmen … Wobei für mich völlig klar war und zwar von Anfang an, dass Singen das war, was ich machen wollte. Auch von der schauspielerischen Seite her, weil ich immer gern ein Clown gewesen bin.
Da kommen wir gleich zur nächsten Frage: Haben Sie Vorbilder – musikalisch oder auch szenisch?
Nein, denn meine musikalische Ausbildung fand grundsätzlich im Lieder Bereich statt. Ich kann mich noch erinnern, als ich neunzehn war, da habe ich zum ersten Mal Elisabeth Schwarzkopf gehört. Auf einer ganz alten Schallplatte – das war noch die Schallplatten-Zeit (lacht). Sie hat die „Vier letzten Lieder“ von Richard Strauss gesungen. Mich hat die Musik von Strauss sehr beeindruckt … und die Worte. Ich kann mich noch genau erinnern, was für mich ein Ansporn war, Deutsch zu lernen: Es war das Wort “sonnenatmend”, in der Zeile “inmitten dieser sonnenatmenden Erde” aus dem Strauss-Lied “Morgen”. Ich fand diese Zusammensetzung so super, dass ich mich sofort an der Uni angemeldet habe, für einen Deutsch-Übersetzungskurs. Aber ich konnte kein Deutsch sprechen, als ich herkam.
Sie singen auf Deutsch, auf Italienisch …
Französisch. Sehr viel Französisch, bei meinen Liedern, denn ich singe sehr häufig Lieder.
Welche Sprachen sprechen Sie?
Spanisch ist meine Muttersprache. Englisch. Sonstiges. (lacht)
Hatten Sie in dieser Zeit auch internationale Auftritte?
Ich habe schon in Frankreich gesungen, ich habe in Holland Kammermusik gemacht. Wir waren in Japan, in USA, Österreich…. Aber hauptsächlich bin ich hier.
Wie bereiten Sie sich auf eine Rolle vor? Sie spielen ja auch immer sehr intensiv.
Ich bin sehr gründlich bei der Vorbereitung. Ich nehme mir so viel Zeit wie möglich, es kann vielleicht ein gutes Jahr sein, für die Vorbereitung – nicht für die Vorbereitung der Musik, sondern für die Vorbereitung der Rolle. Da lese ich wahnsinnig viel. Ich bewege mich gerne im Internet. Ich lese sehr viel über die Geschichte, über die jeweilige Zeit. Ich sehe Bilder an, ich höre Musik, ich schaue mir Vasen und Malerei an, sehr viel Malerei aus der Zeit… ich sehe Filme, ich suche wirklich gründlich ganz alte Filme. Für Giovanna d’Arco habe ich auf irgendeiner Internetseite wahrlich alte Filme gefunden…die ersten Filme waren von 1902, mit diesen ganz knappen Bewegungen … All die Sachen, die in dieser Zeit entstanden sind, interessieren mich. Und wie gesagt, ich lese viel, sehr viel!
Dann kommen wir zur Madame Butterfly. Wie haben Sie sich auf diese Rolle vorbereitet?
Ich habe mich zuerst mit Japan befasst, mit der Geschichte von Japan. Die Original-Geschichte von John Luther Long – das Libretto von Puccini basiert darauf. Sie ist wunderschön. Bei den Aufnahmen fand ich keine, die dem entsprochen hat, wie ich Cio-Cio San empfinde. Denn ich finde, sie ist fünfzehn, und viele von diesen Aufnahmen – zum Beispiel die sehr berühmte Renata Tebaldi, das sind irrsinnige Röhren. (lacht). Nun bin ich ein wirklich lyrischer Sopran, und es passte mir auch von der Rolle her nicht. Sie ist fünfzehn. Sie ist sehr jung. Und wenn man diese Geschichte liest, dann merkt man – sie ist eine Nudel. (lacht) Ja wirklich, so eine ganz spritzige, ganz ungeformte – doch dann habe ich eineAufnahme gefunden mit der chinesischen Sängerin, Ying Huang. Sie ist ganz leicht. Es ist eine Madame Butterfly, die von Scorsese verfilmt wurde. Und das entsprach meiner Vorstellung. Weil sie so eine leichte Stimme ist. Haben Sie den Film „Die Geisha“ gesehen?
Nein.
Diesen Film müssen Sie sehen. Das ist ein phänomenaler Film. Beim „Making-of“ zu diesem Film erfährt man sehr viel darüber, was sie alles gemacht haben. Die Bewegungen und dergleichen. Außerdem habe ich sehr viel über die japanische Tee-Zeremonie, die Rituale gelesen. Der Wert von Ehre in der japanischen Gesellschaft, das ist sehr, sehr wichtig! Dieser Wert ist vielleicht das Allerwichtigste. Wenn du dann zu den Proben kommst und alle diese Informationen in dir hast, dann brauchst du nicht viel zu tun. Dann brauchst du wirklich nicht viel zu tun. Denn alle diese Informationen haben in deinem Gehirn schon eine Figur gebildet. So funktioniert es jedenfalls bei mir.
Die Inszenierung von Doris Dörrie ist ja relativ modern. Passt Ihr Bild der Madame Butterfly dort hinein?
Ja. Ja, dazu erzähle ich eine Anekdote: Wir hatten ein kleines, junges Mädel als Assistentin. Sie war aus Japan und sollte uns helfen. Sie sagte immer zu uns: „Nein, ich bin total europäisiert. Ich bin schon lange in Europa.“ – Und irgendwann machte jemand einen Witz und sie kicherte so. (kichert und hält sich dabei in einer typisch japanischen Geste die Hand vor den Mund). Beim Japaner gibt es eine ganz bestimmte Körperkultur. So, wie sie sich bewegen. Die ist immer da und genau das hat Doris Dörrie beibehalten. Die äußeren Umstände, die haben sich geändert. Dafür hat sie uns Videos mitgebracht, um uns zu beweisen, was sie meinte. Sie hat ihr Regiekonzept keineswegs aus dem Ärmel geschüttelt. Es hatte ein Fundament. Das haben wir auch mit eigenen Augen gesehen – sie hat uns im Video alles gezeigt, was sie von uns verlangen wollte.
Und die Inszenierung gefällt Ihnen auch?
Super. Sie kam sehr gut vorbereitet. Ein Japaner – Tadashi Endo- er hat uns diese Körperbewegungen noch stärker verdeutlicht. Erster Probetag: Eine ganze Minute “Ja” sagen, das heißt unaufhörlich mit dem Kopf nicken. “Ja”… – eine ganze Minute lang. Das ist schon sehr viel Zeit. Dann eine volle Minute “Nein”. Kopfschütteln – Kopfschütteln – Kopfschütteln. Und schließlich: “Jein” (macht eine entsprechende Kopfbewegung dazu). Sie sagen immer “Jein”, denn sie dürfen ihr Gesicht nicht verlieren. Wenn sie “Jein” sagen und alles gut funktioniert, super! Wenn es hingegen nicht funktioniert, auch super!
Die Madame Butterfly ist eine sehr tragische Figur.
Finden Sie?
Ja. Sie ist stark, aber sie ist auch tragisch. Wie kommen Sie damit zurecht?
Ich denke, man muss sich auch in die Geschichte Japans hineinversetzen, in dieses Konzept der „Ehre“, was ich vorher erwähnt habe. Das Tragische ist, dass die Amerikaner dort sind, mit amerikanischen Gedanken. Eigentlich nimmt sie sich das Leben, weil das die ehrenvollste Geste ist. Allerdings tötet sie sich in der Originalgeschichte nicht. Im Original verschwindet sie. Sie, Suzuki und das Kind gehen weg. Und das ist ein sehr interessantes Detail.
Dann finden Sie das Ende der Oper stimmiger als die Geschichte?
Ich glaube, Puccini hat das sehr tragisch empfunden. Ich versuche, in der letzten Szene – ich muss dazu sagen, diese Idee habe ich im Gespräch mit meinem Mann entwickelt – nicht außergewöhnlich tragisch zu sein. Ich könnte sagen (energisch): Giocca, geh jetzt spielen! Also, dramatisch. Oder ich könnte sagen (sanft): Giocca, geh jetzt spielen. Also voller Sanftmut. Zu Beginn der Handlung ist sie fünfzehn, zum Ende etwa achtzehn. Da empfindet man den Tod – oder man empfindet das Leben – ganz anders. Das ist es. Natürlich kann niemand Madama Butterfly mit fünfzehn singen. (lacht). Aber man muss sich zurückversetzen können. Die Emotionen sind sehr leidenschaftlich. Deswegen kann sie das machen. Aber sie haben nicht das Gewicht, das eine Frau, die die Rolle mit Vierzig singt, bringen würde. Ich glaube, man muss immer zurückfühlen, genau wie bei Traviata. Wie habe ich mit fünfzehn geliebt? … Oder nehmen Sie Emilia Marty. Emilia Marty ist älter. Deswegen ist sie satt. Sie hat diese Haltung: „Ich will nichts mehr.“ Sie ist total satt vom Leben. Das Finale von Butterfly… ich finde, es ist wunderschön – wenn du zu einem Kind sprichst – es wird immer sehr dramatisch inszeniert. Aber ich finde, es sollte sein: „Ich will, dass du zu deinem Vater gehst.“ So, dass man es wirklich glaubt. Und dann kommt ein Pathos – warum muss ich noch eins draufsetzen? Ich denke, wenn du tragisch bist, dann brauchst du nicht noch einmal etwas draufzusetzen. Das Tragische entsteht aus der Situation.
Ich habe einmal eine italienische Fassung gesehen und bemerkt, dass genau dieser Satz in den Übertiteln nicht erschienen ist: Ich bin fünfzehn. Meinen Sie, dass der Zuschauer ein Problem damit haben könnte, dass sie so jung ist?
Darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht. Es ist eine Tatsache. (lacht) Es gibt eine japanische Sitte: wenn sie ihr Alter sagen, sagen sie immer mehr, also älter als sie sind. In der Geschichte fragt Cho-Cho San den Konsul: “Wie alt sind Sie?” – Und er antwortet: „Dreißig.“ Und sie denkt: „Ah. Er ist jünger. Also brauche ich nicht so vornehm mit ihm zu sein.“ Er denkt jedoch in seiner amerikanischen Mentalität genau das Gegenteil. Er hat sich als jünger ausgegeben als er wirklich ist.
Das sind sehr interessante Details.
Wissen Sie, mit welcher Geste Einsamkeit in Japan dargestellt wird? Wenn zwei Personen am Tisch sitzen und eine Person sich selbst Tee einschenken muss – das ist der Inbegriff der Untröstlichkeit. Wenn jemand sich selbst Tee einschenken muss – der ist der einsamste Mensch der Welt. Wenn man das alles im Gehirn hat, dann versteht man jede Geste während der Teezeremonie. Man hat sich die Mühe gemacht, einem anderen einen Tee zu machen. Dadurch haben viele Dinge eine größere Bedeutung. Das kann man natürlich immer in Körpersprache umsetzen.
Haben Sie eine Wunschpartie?
Nein. Die habe ich schon gesungen.
Was ist Ihre Lieblingsrolle?
Butterfly ist eine Lieblingsrolle. – Nuri war eine Lieblingsrolle von mir. Nuri aus Tiefland, Herr Winter hat es inszeniert, – er hat in seine Regiekonzepte immer ein wenig Kontroverses eingebracht – aber er hat eine wunderschöne Inszenierung gemacht. Nuri war ein behindertes Kind, autistisch. Ich habe mir diese Körperbewegungen angeschaut, stets unter dem Tisch, immer in Bewegung, das war sehr, sehr interessant…. Die Traviata natürlich. Alle Rollen, die ich zurzeit mache, sind eigentlich meine Wunschrollen. Ich dachte, ich könnte irgendwann „Elisabetta“ machen, in Don Carlo. Das wurde mir angeboten, aber dann hat es sich zerschlagen.
Können Sie uns schon verraten, was Sie in der nächsten Spielzeit singen werden?
Ich glaube, ich werde in Janaceks „Das schlaue Füchslein“ singen. Und ich glaube, es gibt ein Ballett mit Tschaikowski-Liedern.
Zum Abschluss: Welche Frage wollten Sie schon immer mal in einem Interview beantworten, aber es hat sie noch niemand gestellt?
Keine. (lacht) Keine. Ich bin sehr, sehr spontan. Wenn ich dieses Bedürfnis hätte, hätte ich es erfragt. Ich hätte gesagt: Fragen Sie mich dies.
Und wieder einmal hieß es “Zum letzten Mal” und diesmal war es besonders schade.
Neben einer sehr intelligenten und passenden Inszenierung hatte dieses Stück vor allem musikalisch unglaubliches zu bieten. Zu aller erst einmal zwei jede auf ihre Art fantastische Sängerinnen der Titelrolle. Einerseits Mezzosopran Rita Kapfhammer, deren vier Vorstellungen als Emilia Marty in dieser Spielzeit leider in die Zeit einer Schreibblockade bei mir gefallen sind, ansonsten hätte man hier Lobeshymnen über ihre scheinbar mühelose Höhe und bewegenden Ausdruck ohne Ende lesen können. Andererseits Sopran Elaine Ortiz Arandes, die die Rolle ein klein wenig anders, aber ebenso gut angelegt hat. Auch hier hatte ich eine extreme Gänsehaut während der Schlussszene.
Dazu kommen weitere exzellente Sänger, die diesen Abend und alle vorgehenden zum Erlebnis machten: Thérèse Wincent als Christa, die in den Kleidern von Talbot Runhof einfach hinreißend aussieht, berührend sowohl in ihrer Bewunderung der Diva als auch in ihrer Trauer um Janek, Gary Martin als stolzer Jaroslav Prus zwischen Verführung und Verzweiflung, Robert Sellier als vor Bewunderung stotternder Janek, Tilmann Unger als verschwendungssüchtiger Albert Gregor, der der Geliebten nicht geben kann, was sie sich am meisten wünscht, John Pickering als Vitek und last but not least Stefan Sevenich als Rechtsanwalt Kolenaty, der Skrupel hat und immer alles ganz genau wissen will. Sie alle sangen und spielten nicht nur an diesem Abend hervorragend.
Leider wusste das Münchner Publikum diese in meinen Augen beste Regiearbeit des scheidenden Staatsintendanten Dr. Ulrich Peters nicht ausreichend zu würdigen.
18 lange Monate musste ich auf die Rückkehr meines absoluten Lieblingsstück warten. Viel zu lange!
Hach, diese Melodien, diese Dialoge, diese Sänger, dieser Chor, dieses Orchester, diese Energie und diese gute Laune, die dieses Stück versprüht. erst als ich es wieder auf der Bühne gesehen habe, merkte ich, wie sehr ich es vermisst habe. Die Aufnahme der Premiere aus dem Radio hilft zwar über die piratenlose Zeit hinweg, ist aber kein adäquater Ersatz.
Ich bin ja normalerweise kein Freund der bespielten Ouvertüre, aber der Blick auf die Piraten bei ihrem Gentleman-Zeitvertreib zwischen zwei Raubzügen ist einfach zu köstlich. Und dieser heiter-ironische Blick inklusive exzellenter Choreografie von Fiona Copley zieht sich durch das ganze Stück und macht es zu einem einzigen Vergnügen.
Musikalisch war an diesem Abend alles von Feinsten: Jörn Andresen leitete das Orchester souverän und mit dem gewissen britischen Touch, den dieses Stück braucht. Gunter Sonneson ist zwar kaum zu erkennen als Generalmajor Stanley, lässt aber mit präziser Komik und einem Affentempo in seiner Arie keinen Zweifel daran, dass ihm die Rolle auf den Leib geschrieben ist. Frances Lucey und Neuzugang Carolin Neukamm führen die Töchterschar souverän und herzallerliebst an. Ein besonderes Highlight ist immer Ulrike Dostals Meerjungfrau, diese Szene muss man einfach gesehen haben.
Der Herrenchor, ob Piraten, an der Spitze Gregor Dalal als Samuel, oder Bobbies, die durch Martin Hausberg hervorragend angeführt wurden, besticht wie schon so oft durch enorme Spielfreude und präzisem Gesang, ob es sich nun um Branntwein oder Poesie handelt.
Holger Ohlmann singt und spielt den Piratenkönig, wie es kaum besser geht. Er darf zwar nicht an einem Seil über den Orchestergraben schwingen und auch den Säbel holt er nur selten hervor, aber er macht das Beste aus seiner Rolle. Seine Gesten sind auf den Punkt und es macht Spaß, ihm zuzuhören.
Rita Kapfhammer als Ruth mit dem perfekten th ist einfach eine Schau, sie muss man gesehen haben. Sicher nicht zu Unrecht bejubelt wurde das Liebespaar des Abends, Robert Sellier als naiv-pflichtbewusster Piratenlehrling Frederic und Thérèse Wincent als tatkräftige Mabel, die bereit ist, 63 Jahre auf ihn zu warten. Aber natürlich bekommt sie ihn früher, dass ist schließlich eine Operette 😉
Schon alleine wegen des Theaters hat sich dieser mehr als spontane Ausflug ins schwäbische Weißenhorn mehr als gelohnt. Das mit 142 Sitzplätzen kleinste öffentliche und bespielbare Theater Bayerns ist wirklich wunderhübsch. Die folgenden Bilder stammen von Andreas Praefcke, der sie freundlicherweise unter CC-Lizenz bei Wikimedia Commons zur Verfügung gestellt hat.
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Aber das war nur the Cherry on the Cake, der wirkliche Grund meines Daseins hieß Rita Kapfhammer. Die nicht nur im schönsten Theater Münchens äußerst beliebte Solistin hatte hier fast so etwas wie ein Heimspiel, war sie doch vor ihrer Zeit am Gärtnerplatz 10 Jahre in Ulm engagiert.
Es gab vor Beginn eine Einführung durch den Meininger Operndirektor Dr. Klaus Rak, die Soirée selbst moderierte Heinrich Graf, der musikalisch-künstlerische Leiter der Weissenhorner Kammeroper.
Als erstes sang sie im Duett mit Sybille Sachs vom Theater Meiningen “Geschwind zu meiner Nachbarin” aus “Den Lustigen Weibern von Windsor”, eines meiner frühen Lieblingsstücke, das in mir die Neugier auf mehr geweckt hat. Leider passten die zwei Stimmen nicht wirklich harmonisch zusammen, Rita Kapfhammers weiche Samtigkeit ist schwer zu übertreffen.
“Nun eilt herbei” aus der gleichen Oper von Otto Nicolai war das nächste Solostück der Sopranistin, gefolgt von der Arie der Magdalena “Johannes schläft” aus “Der Evangelimann”, wunderbar melancholisch vorgetragen von Rita Kapfhammer. Diese selten gespielte Oper von Wilhelm Kienzl ist noch bis 27.06.2011 an der Wiener Volksoper zu sehen.
Es folgte die Rosenübergabeszene aus dem Rosenkavalier, aber ich habs ja leider nicht so mit Strauß und kann das Stück deshalb nicht beurteilen. Danach sang Bariton Roland Hartmann, ebenfalls aus Meiningen, “Oh du mein holder Abendstern” aus dem Tannhäuser, dem Stück, dass auf meiner Wagner-To-Do-Liste ganz oben steht. Es fehlte zwar ein bisschen der Ausdruck, aber trotzdem hat er das Stück sehr gut gesungen.
Im nächsten Stück bewies Rita Kapfhammer, dass sie auch im dramatischen Fach sehr gut aufgehoben ist, in dem man sie am Gärtnerplatz leider noch nicht gehört hat. Die Arie der Fricka “Wo in den Bergen Du Dich birgst” aus der Walküre unterstrich diesen Anspruch auf dringlichste. Je mehr ich von Wagner höre, desto mehr schwindet meine Angst vor ihm und macht mir Lust auf seine Werke.
Den Abschluss bildeten zwei Stücke aus meiner Hass-Oper “Cosi fan tutte”, die mir aber so herausgelöst aus dem Opern-Kontext ausgesprochen gut gefallen haben. Vielleicht sollte ich mich wirklich nur auf den musikalischen Aspekt des Werkes konzentrieren und das superdoofe Libretto einfach vergessen.
Rita Kapfhammer richtete dann noch ein paar persönliche Worte an das Publikum, was ihr noch einige Sympathiepunkte einbrachte. Dann war es auch schon wieder Zeit, in Richtung Gärtnerplatz aufzubrechen, da am Abend die Wiederaufnahme meines Lieblingsstückes anstand. Den Teil nach der Pause diese interessanten Konzerts habe ich deshalb leider verpasst.
Nachdem der BR diesen Beitrag leider in der Sendung “Aus Schwaben und Altbayern” vom 01.06.2011 versteckt hat, erlaube ich mir einfach mal, ihn bei mir festzutackern.
Ich halte diese Entscheidung des designierten Intendanten Josef Köpplinger für falsch. Kultur lebt selbstverständlich vom neuen Inspirationen, braucht aber auch eine gewisse Konstanz. Natürlich gibt es bei einem Intendanzwechsel, der im Hinblick auf die Umbauzeit des schönsten Theater Münchens zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt kommt, auch immer einen Personalwechsel, das fängt beim Künstlerischen Betriebsbüro an und hört bei den Solisten nicht auf. Aber so einen radikalen Schnitt beim Front End, bei denjenigen, die die künstlerische Seite des Theaters nach außen, dem Publikum gegenüber vertreten, zu machen, ist unüblich und nicht nachvollziehbar. Herr Köpplinger gibt finanzielle Vorgaben als Grund für die Nichtverlängerung des gesamten Ensembles an. Wie er in diesem Interview sagt, rechnet er für sein bisheriges Haus, das Stadttheater Klagenfurt, mit einem Qualitätsverlust, weil man sich ein Ensemble nicht leisten könne.
Dazu muss man wissen, dass ein Ensemblemitglied mit einem Festvertrag eine gewisse Anzahl von Vorstellungen spielen, darüber hinaus für Proben praktisch rund um die Uhr zur Verfügung stehen, bei Vorstellungen der Doppelbesetzung am Ort sein muss, falls er einspringen muss oder eine Vorstellung geändert wird. Dafür erhält er einen festes monatliches Gehalt, von dem er alle Kosten selber trägt. Das bedeutet für Solisten, die ihren Lebensmittelpunkt nicht in München haben, doppelte Haushaltsführung und hohe Aufwendungen für Fahrtkosten, wenn sie kurzfristig eingesetzt werden.
Für das Haus bedeutet ein eingespieltes Ensemble eine gleichbleibend hohe künstlerische Qualität und Vermeidung von kompletten Vorstellungsausfällen, da entweder die Doppelbesetzung einspringen oder auch kurzfristig ein anderes Stück gespielt werden kann.
Für das Publikum sind Sänger, die man in verschiedenen Rollen an einem Haus erlebt, eine nicht zu unterschätzende Attraktion. Wenn man die Menschen, die das Theater am häufigsten besuchen, fragen würde, warum sie das tun, würde die überwiegende Mehrheit die Sänger als wesentlichen Grund angeben, da bin ich mir durch Pausengesprächen sicher. Gerade in einer Zeit, in der das Haus als Klammer wegfällt, braucht es Anknüpfungspunkte für die Stammbesucher. Das fällt bei einem Stück, das nur mit Gästen besetzt ist, weg. Das schaut man sich halt dann einmal oder vielleicht zweimal an, wenn die Inszenierung nett und die Musik ansprechend ist. Ob dann noch Leute, wie das derzeit der Fall ist, bis zu zweimal wöchentlich eine längere Anreise in Kauf nehmen, um einen bestimmten Sänger zu sehen, darf bezweifelt werden.
Ein Sänger, der als Gast an einem Theater eingesetzt wird, erhält neben einer Gage pro Vorstellung eine Probenpauschale und Reise- sowie Unterkunftskosten. Die Höhe der Gage richtet sich natürlich nach der “Qualität” des Sängers. “Junge Sänger”, wie in diesem Interview angesprochen, können natürlich noch nicht so viel verlangen. Wenn man gegenüber dem jetzigen Ensemble aber keinen Niveauverlust in Kauf nehmen will, wird man schon etwas tiefer in die Tasche greifen müssen. Und dabei ist sicher auch die Proben- und Aufführungssituation eines Theaters ohne festen Wohnsitz zu berücksichtigen, während ein festes Ensemblemitglied da spielen muss, wo es der Dienstherr will. Ob sich der ausschließliche Einsatz von Gästen wirklich immer rechnet und vor allem auch entsprechende Einnahmen generiert, bezweifle ich.
Sicher wird es in der Zeit des Umbaus nicht so viele Vorstellungen wie jetzt geben und für das En-Suite-Spielen, wie es ja in der nächsten Spielzeit schon bei Falstaff und Das schlaue Füchslein praktiziert wird, bedingt, dass man Solisten nicht durchgängig beschäftigen kann. Aber was hätte denn dagegen gesprochen, Verträge mit geringerer Vorstellungszahl bei entsprechend geringerem Festgehalt auszuhandeln? Die Solisten hätten zumindest eine Grundsicherung, die sie durch Gastverträge an anderen Häusern aufstocken können und das Theater eine verlässliche Sängerbasis, die ihre Kosten vor Ort selbst tragen und die bei Bedarf durch teurere Gäste ergänzt werden kann.
Eines sollte man bei seinen Entscheidungen immer bedenken: was in Klagenfurt funktioniert hat, muss nicht notwendigerweise in München funktionieren. Die Kulturlandschaft ist in dieser Stadt und dem Umland anders strukturiert. Es gibt hier zum Beispiel ein eigenes Musicalhaus, mit dem konkurriert werden muss. Natürlich ist die Umbauphase eine Ausnahmesituation, deshalb befindet sich Herr Köpplinger in der glücklichen Lage, keine quantitative Messlatte zu haben. Aber eine emotionale hat er, und die hat er zumindest bei mir schon gerissen. So sehr ich seine Regiearbeiten schätze, als Intendant ist er bei mir untendurch.
Schwer enttäuscht bin ich auch vom obersten Dienstherr der Bayerischen Staatstheater, Minister Heubisch. Noch während des Wirbels um die Ablösung des bisherigen Intendanten lies er versichern, dass es nicht um Kürzungen gehe. Die Aussagen von Herrn Köpplinger sprechen einen andere Sprache. Es läuft etwas falsch in diesem Land. Für Rettung von Banken stellt Bayern Milliarden zur Verfügung und setzt gleichzeitig Solisten auf die Straße. Ich kann nur für jeden einzelnen hoffen, dass er ab der Spielzeit 2012/2013 eine neue Festanstellung findet, wenn er das möchte.
Es liegt jetzt am Münchner Publikum, dem zukünftigen Intendanten und der Politik zu zeigen, dass es mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden ist.
Diese 1985 auf der großen Bühne des Hauses uraufgeführte Werk von Wilfried Hiller mit einem Libretto von Michael Ende kehrte Anfang April anlässlich des 70. Geburtstages des Komponisten an den Gärtnerplatz zurück, allerdings nur in einer verkürzten und szenisch vereinfachten Foyer-Version. Trotzdem entfaltete die Oper eine schon fast magische Wirkung, das Publikum war vom ersten bis zum letzten Ton gebannt.
Zu verdanken ist dies vor allem den Akteuren, die trotz Verschanzung hinter einer Art Tresen die Emotionen sehr gut transportieren konnten. Als Beispiel sei hier das letzte Duett von Zeipoth, herzzerreißend schön gesungen von Sibylla Duffe, und Aberwin, ebenfalls sehr gut repräsentiert von Thomas Peters, genannt, das mir die Tränen in die Augen getrieben hat. Aber auch der Goggolori von Gast Markus Herzog, die Weberin von der famosen Rita Kapfhammer, der Irwing von Gregor Dalal und die Ullerin von Sebastian Campione prägten dieses Stück sehr. Christoph Maier-Gehring ergänzte das Ensemble als Einsiedel bzw. Erzähler sehr gut. Begleitet wurden die Solisten von Albert Ginthör (Violine), Anke Schwabe (Flügel) und Matthias Kern (Percussion).
Leider ist nur noch eine Vorstellung vorgesehen, die aber in Bamberg bei den Theatertagen stattfindet. Deshalb heißt es am 11. Juni Daumen drücken, vielleicht kommt es ja wieder auf den Spielplan, wenn es ausgezeichnet wird. Denn auf den Spielplan gehört es unbedingt nochmal.
Es gibt Menschen, die behaupten, ich würde in der Nähe von Kindern meine Nasenflügel blähen und schnauben wie ein alter Drache. Alles Lüge! Immerhin bin ich freiwillig zu einem Kinderkonzert gegangen, jawoll. Und es hat Spaß gemacht.
Herzstück dieses Konzert ist das sogenannte audience participation piece, zu dem man bereits vor dem Konzert die Noten herunterladen konnte. So konnten die Nachwuchsmusiker schon daheim üben. Ab 90 Minuten vor dem Konzert stand dann ein Raum zur Verfügung, in dem die Kinder zusammen mit zwei Erwachsenen das Stück nochmals probten. Da gab es viel zu entdecken, mehrere Viertelgeigen und einen Achtjährigen, der super Trompete spielte. Außerdem konnten die Kinder auch verschiedenen Instrumente ausprobieren und Hütchen basteln.
Bereits zu Beginn saßen einige Kinder unter den Musikern des London Symphonie Orchestras, wahrscheinlich solche welcher. Das erste Stück war ein Arrangement der Titelmelodie von “The Incredibles” und mir daher unbekannt. Aber schon das zweite Stück, Brahms Ungarischer Tanz No. 5, hatte ich schon öfter mal gehört. Hier setzte die exzellente Moderation von Paul Rissmann an, der die Kinder Fragen zu den Stücken beantworten lies, bei denen auch die Erwachsenen noch was lernen konnten. Oder hätten Sie gewusst, dass in besagtem Stück das Tempo 17 Mal wechselt? Ich nicht.
Weiter ging es mit Stravinsky, Prokofiev und Bizet, bevor das audience participation piece angekündigt wurde. Wer ein Instrument dabei hatte, spielte mit, wer nicht, hat gesungen. Ein Riesenspaß war es jedenfalls für jung und alt. So kann man Kinder für klassische Musik begeistern, das hat man deutlich gemerkt. Eine sehr gelungene Veranstaltung, die es auch von den Eintrittspreisen her (Erwachsene 9 €, Kinder die Hälfte) ein richtiges Familienstück war.
Wenn das überhaupt geht, war diese Vorstellung noch besser als die am Dienstag. Das Publikum war irgendwie noch mehr in Stimmung, es wurde noch mehr gelacht und gejubelt.
Ich finde die Umsetzung sehr gelungen, Screwball ist der Begriff, der mir dazu einfällt, aber es ist wirklich interessant, dass Shakespeare so zeitlos geschrieben hat, dass die Menschen auch nach mehreren hundert Jahren noch darüber lachen können. Die Kabbeleien von Beatrice und Benedick sind wirklich zu köstlich und die beiden Rollen sind mit Eve Best und Charles Edwards bestens besetzt. Wobei es natürlich auch zu Herzen gehende Momente gibt, als Claudio seine geliebte Hero, getäuscht durch den Fiesling Don John, zurückweist.
Fünfzehn lange Jahre ist es her, dass ich in London zuletzt in einem Musical war und als ich das Theater verlassen hatte, wusste ich eigentlich auch nicht so genau warum. Es hat mich nie gereizt, zuletzt war ich nur im Globe oder im Royal Opera House. Aber auch das Musical hat einiges zu bieten, die Dramatik des Librettos würde jeder Oper gut stehen und musikalisch war es teilweise auch sehr schön. Die Musiknummern sind einprägsam (Dear Old Friend, The Beauty underneath, Devil takes the hindmost) und gefühlvoll (Once upon another time, Love never dies). Die Kostüme waren zeitgerecht und das Bühnenbild aufwendig.
Diese West-End-Show läuft seit März 2010 und wurde seit der Premiere etwas umgestaltet, weshalb auch der deutsche Wikipedia-Artikel dazu nicht mehr aktuell ist, im englischen wird die Story korrekt wiedergegeben.
Beeindruckend war die Leistung von Ramin Karimloo als das Phantom (im Foto unten mit der Autorin Claudia Toman), auch wenn ich fand, dass er in den Szenen ohne Maske irgendwie freier gesungen hat. Auch Celia Graham als Christine hat mir sehr gut gefallen und besonders hervorragend waren die Auftritte des Kinderdarstellers von Gustave. Leider lässt es sich nicht herausfinden, welcher der sechs Jungs es war, das Konzept des Besetzungszettels geht an diesem Theater spurlos vorüber. Es soll jedenfalls die 500. Vorstellung gewesen sein. Ich könnte mir durchaus vorstellen, außer im Globe und Covent Garden bei meinen nächsten London-Besuchen auch vermehrt im West End unterwegs zu sein.
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