
Falstaff, Foto Bernd Schuller
Über die neue Produktion der Kammeroper München habe ich drüben bei mucbook geschrieben.
|
||
![]() Falstaff, Foto Bernd Schuller Über die neue Produktion der Kammeroper München habe ich drüben bei mucbook geschrieben. Ähnliche Artikel![]() Beinarbeit Natürlich will da nicht umsonst jeder hin. Die Musicaljünger von überall, um die besten Shows der Welt zu sehen, die dann oft abgespeckt eine Welttournee mit schwächeren Zwillingen antreten. Mehr noch will jeder Tänzer, Sänger, Musicalist und Künstler einmal am Broadway eine Show geben. Die wenigsten schaffen es und die meisten Theater sind und bleiben in amerikanischer Hand. Der Autor durfte nun seine erste Show im alteingesessenen Ambassador Theatre sehen und war gespannt wie skeptisch. Zu oft leidet für ihn das Musicalgenre an Blutleere, Taktsucht und Überperfektion, die wohl oft genug auch von überspielten Tourneen herrührt, bei denen die meist läppischen Stories zum Geht-nicht-mehr aufgekocht und Abend für Abend neu heruntergespult werden. Hunderte von Repertoirevorstellungen abzuspielen ist schließlich kein Zuckerschlecken. Und selten liefert dieses Genre außer drei Ohrwürmern und ein wenig Bühnenbudenzauber das, was die Oper bietet: Emotion via Musik mit Qualität. Eine der Topshows der wichtigsten Amüsiermeile der Welt ist im Augenblick „Chicago“ – eine Revue und weniger Musical mit mehr Vaudeville denn Handlung und altmodischer, verjazzter Musik sowie dem Primat der Choreographie. Nach der beachtlichen Hollywoodglitzertorte des jüngeren Kinos wieder im Spotlight gibt der Broadway diese Show erneut und mit altbekannter Besetzung. Das Ergebnis? Eine Schulstunde an Professionalität, Perfektion, Herzblut und der einen großen US-Gabe: Entertainment. Keine Rolle unterbesetzt, kein Tänzer nicht im Takt und die Solos alle dermaßen grandios, dass Premierengefühl aufkommt bei der lässig coolen und dabei frischen Performance – zum xten Mal perfekt sozusagen. All that Jazz eben. ![]() NY,NY,Broadway und Chicago Die glatte und energische Amra-Faye Wright lebt wohl seit Jahren ihre Velma und liefert eine Tanzperformance voller unangestrengter Bravour, ohne eine Bewegung zu viel zu machen und routiniert das Publikum mit den gedehnten Beinen dirigierend. Gesanglich besser, tänzerisch etwas schwächer Amy Spanger als quirlige Roxie, die mit ihrer präsenten Energie durch die Decke geht. Diese beiden Ladies würdigen sich dabei auf der Bühne keines Blickes, harmonieren dafür in den Tanznummern auf die Sekunde. Hier sieht man einen Divenwettkampf, dessen Ausgang egal ist, solange sie dermaßen unterhalten. Unprätentiöser doch geliebter Sidekick ist der Edna-Turnblad-erfahrene Wuchtling Paul C. Vogt, der bei „Mister Cellophane“ beweist, wie wenig auf der Bühne bei einer großen Begabung und gescheiter Regie für eine gute Nummer von Nöten ist. Alexander Gemignani gibt einen schleimig schiagelnden Billy und liefert mit der Marionettennummer die beste Stelle des Abends. Selbst die Minirollen wie die sensationelle Travestie von R. Lowe als kolotarierende YellowPressNymphe lassen die internationale Audience schreien und jubeln. Zu Recht und ansteckend. Alleiniger Aussetzer des Abends ist der Namedrop Wendy Williams, die als bekannte Radiomoderatorin ihre Vorschusslorbeeren verschießt und weder gesanglich noch spielerisch überzeugen kann. Aber auch so funktioniert der Broadway – she has the name! Fazit? Dieser Bombencast, eine sichtbare Bombenband, faktisch kein Bühnenbild, keine Handlung außer Jazz und Chicks und Crime und eine Bombencompany verzaubern zwei Stunden bis zum durchexerzierten Applaus das alte Artdeco-Theater und entführen mit ihrer Mitreißfähigkeit in eine ferne Welt nur bestehend aus Glamour, fliegenden Beinen, wackelnden Hüften und perfektem Entertainment voller Jazz – man sind die gut… Ähnliche ArtikelDie Wichtigkeit dieser kleinen Münchner Keller- und Privatbühnen steht ohne Zweifel. Doch den Abend den drei Vollblut- und sicherlich unkommerziell motivierten Bühnentiere mit ihren Präsidentinnen hingestellt haben, beweist erneut, das Qualität nicht vom Kapital abhängt und Großes auch im kleinen, armen Theater geschaffen werden kann. Nicht gerade leicht haben es die dreisten Drei sich dabei gemacht, indem sie Werner Schwabs schweren Brocken auf die Pepperbühne gehievt haben. Denn wenig passiert bei dem großen Textstück einer Sezierung dreier großer Frauenfiguren der Theaterbühne. Dialog und Monolog entschlüsseln langsam und grausam zynisch die Schicksale dieser kaputten Personen zwischen Geschlecht, Erinnerung und Lebensentwurf. Das braucht spielen und eine Distanz wie Nähe zu diesen kalten Karikaturen, diesen gebrochenen Menschen voller Leere und Boshaftigkeit und unendlicher Traurigkeit. Drei etablierte Bühnenfrauen haben sich diesem Schwab angenommen und bringen ihn brillant und pointiert auf die Bühne ohne dabei den Fehler zu machen, diesen Brocken als etwas anderes zu nehmen, als er ist – ein theatraler Seidlfilm, noch überzeichneter und in seiner Eindeutigkeit große Karikatur der modernen Vorstadt und der gebrochenen Frau. Manfred Lorenz Sandmeier nimmt sich in seiner Regie zurück, stellt die Frauen sparsam und auf den Text konzentriert im angedeuteten Wohnzimmer nebeneinander und lässt sie agieren, arbeitet die Rollen präzis heraus und lässt den Text sprechen. Mehr braucht es nicht. Julia Mann gibt die Erna als verkapptes, spleeniges Wrack mit übermenschlichem Sohnkomplex. Mutig, sicher und mit Gespür für Komik gehört ihr die erste Hälfte mit manchmal etwas Hang zur Attitüde. Diese Ticks verträgt das Stück zu Auflockerung der harten Realität. Die macht die Enthaltsamkeit und Lebensverneinung von Erna spürbar, die sich alles spart, vom Gefühl zu Nähe zum Leben. Präsent und bühnenwohl und übersteigert authentisch in jeder Sekunde. Kongenial daneben die Spiegelfigur Grete von Raphaela Zick. Die regelmäßige Pepperdienerin und Bühnenliebling bekannt auch als Mephisto und Elisabeth aus Maria Stuart zeigt hier ihre beste Leistung auf hohem Niveau in der chargierenden, dem Wahn verfallenen Grete. Diese Frau ist zu bemitleiden und offenbart einen tiefen, grausamen Kern hinter der herzigen, schlampigen Oberfläche, den Zick auslotet und tief in die Figur blicken lässt. Mit jeder Träne über dem überzogenen Kajal überzeugt Zick vor allem in der zweiten Hälfte, die sie dominiert. Mann macht es ihr dabei nicht leicht, man sieht großen Akteurinnen immer dabei zu, wie sie miteinander ringen, die Figuren auf die Spitze treiben und sich immer auch einen gelungenen Darstellerwettbewerb liefern. Durch ihr junges Alter wird Schwabs Distanziertheit zu seinen Figuren, die gerne in der dritten Person von sich fabulieren nur noch deutlicher. Dazwischen und witzigerweise alterstechnisch umgedeutet Waltraut Borchmann als rührenden, naive Mariedl. Zurückhaltend in der ersten Hälfte brilliert sie in ihrer großen Schlusserzählung ebenso wie in ihrer physischen Darstellung, die dem Zuschauer Mitleid für diese entrückte, alte Mariedl erzeugt, die wahrlich nichts trübt, bis sie an ihrer Zurückhaltung und dem Ausnutzen zerbricht. Sie komplettiert das Trio der verlorenen Seelen, die sich aneinander abarbeiten, da Hoffnung, Glück und Zukunft fehlen. Darum gehen sie aufeinander los, verachten sich und demütigen ihre gegenseitigen Schicksale. Der böse Witz funktioniert auch in der kühlen Lösung, die den Glauben an das Gute endgültig zu Grabe trägt. Hoffentlich aber arbeiten diese grandiosen Drei noch regelmäßig und auf diesem Niveau miteinander. München braucht diese Präsidentinnen.
Ähnliche Artikel[singlepic id=1570 w=320 h=240 float=left]10.6.2013
Die tragische Erleuchtung kam diesmal nicht erst am Ende, sondern bereits zu Beginn des mit großer Anstrengung und Aufwand unternommenen Konzertunterfangens von Chor und Orchester der Hochschule München. Süffig und informativ nämlich führte Grandseigneur und Dirigent Professor Doktor Theodor Schmitt zu Beginn halbstündig in das, nun ja sperrige Werk Strawinskys ein. Unterstützt von den durchwegs ordentlichen Solisten wurde das geliefert, was mehr Konzertantes und Symphonisches benötigt: Ein Heranführen, Annähern und Handhabbarmachen für den Nicht-Musikologen. Gerade im komplex orchestrierten und durchwegs Gattungsgrenzen sprengenden ‚Opern-Oratorium‘ samt Chor und Sprecher war dies von Nöten. Wenngleich Schmitt ein wenig übers Ziel hinausschoss in dem Anspruch gleich eine dramaturgische Interpretation und allumfassende Poetologie jenseits von Strawinsky zu liefern, gefiel die Einführung und machte Lust auf den verdichteten Tragödienmarsch. Ein seltsamer Zwitter begegnet Einem da. Auf wenige knappe, redundante Textstellen destilliert und dramaturgisch von einem Sprecher unterbrochen, spielt sich ein Wechselspiel aus Chor und 5(6) Solisten ab. Rufus Beck mimte als Eyecatcher den Sprecher und gab dem knappen Text – teils etwas unterfordert – seinen typischen, treffsicheren Erzählton und wippte dabei amüsiert zum Takt des Chores mit. Diese kurzen Passagen lassen dann auch allein das dramaturgische Genie Jean Cocteaus durchscheinen, auf dessen Libretto der Oratorientext fußt. Durch die Rückübersetzung ins Lateinische und die knappen (übertitelten) wie wiederholenden Arienpartien muss der Anteil Cocteau wohl in der Verdichtung und Verknappung hin auf eine musikalische Essenz gesehen werden, die Strawinsky dann pointiert auskomponierte. Diese Eindampfung, Übersetzung und Verengung gelingt grandios. Ein präzises und sichtbar begeistertes Orchester ist dem komplizierten Material gut gewachsen, die kleinen Unsicherheiten in den instrumentalen Solopartien werden durch den starken und ebenso enthusiastischen Chor (Einstudierung Johannes Steinbüchler) wettgemacht. Dieser als personifizierter Mob, Mahner und Menge aufschreiende Gruppenruf nach Pest, Tod und Verdammnis macht das effektvolle Highlight dieses Oedipus als Angeklagten seines Volkes aus. Nicht zu Unrecht erinnerte Schmitt an Orffs Chorsound mit satter Orchestrierung als Vorbild. Vergessen hat er allerdings den sanft durchscheinenden, sakralen Mozart, auf dessen Woge gerade die tragischen Chor-Momente deutlich dahinscheinen. [singlepic id=1569 w=320 h=240 float=right]Die Arien ein Touch von Verdi. Und das wirkt. Der erwachsene, würdevolle und wohldosierte Tenor von Bernhard Schneider führt uns einen königlichen Oedipus vor, der nur noch vom musikalischen Glanzstück des Abends mit dem warmen, vollen Mezzo von Kerstin Descher als Iokaste übertroffen wird. Nach deren Arie ist ein kein Fürstenstreit mehr möglich und die Handlung vollführt einen erneuten adramatischen Stop. Stephan Lin bringt mit seinem hellen Tenor als Hirte sprichwörtlich Licht ins Dunkle und überstrahlt ein wenig Jussi Jarvenpää als Bote und Kreon. Benedikt Göbel als Theiresias wäre auch eine szenische Freude gewesen.Mit perfider Fröhlichkeit, Flöte und leiser Begleitung unterlegt Strawinsky seine Arien und konterkariert auch hier die Tragödie des Inhalts. Dagegen setzt er dann seine „Todestarantella“ als obszöne Mauerschau des Chores über die finale Katastrophe. Oedipus ist hier bereits lange nach seinem Lux facta est! verstummt. Gebetsmühlenartigen Wiederholungen seiner Taten der (reinen) Vergangenheit nützen nichts. Er erkennt in einem entscheiden Moment seine Schuld, seinen Fluch und die Unentrinnbarkeit der von Iokaste geschmähten, lügenden Orakelsprüche. Strawinskys ‚Oper‘ arbeitet exakt diesen Moment aus und auf ihn zu. Orchester und Chor folgen Schmitt willig bei dieser Mammutaufgabe, die älteste und größte Tragödie der Dramengeschichte pointiert und lange nachhallend ins Publikum zu transportieren. Gerade dieses schwierige und sperrige Werk auf die Agenda zu setzen, ist eine Entdeckung, der gelungene Abend eine große Belohnung, Erleuchtung: Lux facta est.
Chor und Symphonieorchester der Hochschule München
Prof. Dr. Theodor Schmitt
Sprecher: Rufus Beck
Solisten: Ähnliche Artikel[singlepic id=1568 w=320 h=240 float=left]Ein Stück von Shakespeare, das ich nicht kenne? Kein Wunder, handelt es sich bei Das Leben des Timon doch um das am wenigsten gespielte Stück des großen englischen Dichters. Dem Theaterensemble “Viel Lärm um Nichts” ist es gelungen, es aus der Versenkung zu holen, aufzupolieren und es zu einem brandaktuellen Stück zu machen. Geld regiert die Welt, und die Freundschaften. Timon ist sehr freizügig und gibt sein Geld mit vollen Händen aus. Er ist ein Kunstmäzen, er greift Freunden, die in Not sind, unter die Arme, er schmeißt rauschende Partys, bei denen sich zwielichtige Gestalten auf seine Kosten bestens amüsieren. Apemantus ätzt als einziger gegen ihn, während alle anderen ihm förmlich in den Hintern kriechen. Sein Verwalter Flavius warnt vor dem drohenden Ruin, aber Timon will nicht hören. Und im übrigen würden sich seine Freunde ja um ihn kümmern, wenn es ihm schlecht ginge. Denkt er. Und dann ist es passiert, Geld alle, Kreditwürdigkeit dahin, Freunde weg. Timon wird vom Menschenfreund zum Menschenfeind und verbarrikadiert sich im Wald. Dort findet er per Zufall Gold und schon stehen alle wieder auf der Matte. Diesmal durchschaut Timon sie aber und rächt sich mit Hilfe des Feldherren Alkibiades an den Athenern. Die Neuübersetzung von Regisseurin Margrit Carls bringt Aktualität ins Stück, ohne die elisabethianischen Bezüge zu verlieren. Ihre Regie ist sehr personenfokussiert und so gelingt es spielend, dass Daniel Pietzuch, Sven Schöcker, Catalina Navarro Kirner und Alexander Wagner ohne große Kostümwechsel 26 verschiedene Personen darstellen und diese auch authentisch und glaubhaft rüberbringen. Besonders eindringlich ist das Spiel von Andreas Seyferth in der Rolle des Timon, er zieht alle Register und schlägt das Publikum in seinen Bann. Astrid Polak als Flavius besticht mit ruhigem, intensiven Spiel. Die Figuren sind in graue Einheitsanzüge gekleidet, und unterscheiden sich nur durch verschiedenfarbig geschminkte Gesichtsmasken, mit Ausnahme von Timon und Flavius. Das bewirkt, dass auch vier Personen eine Masse darstellen. Das ist wirklich sehr geschickt gemacht, ebenso wie das zwar spartanische aber durch seine Wandlungsfähigkeit trotzdem ausdrucksstarke Bühnenbild. Ein Theaterabend auf sehr hohem Niveau. Weitere Vorstellungen jeweils Donnerstag bis Samstag um 20 Uhr, Karten von 10€ bis 18€ (Donnerstag 7€ bis 15€) können hier vorbestellt werden oder sind an der Abendkasse erhältlich. Ähnliche Artikel[singlepic id=1536 w=320 h=240 float=left]Nach Boccaccio in 2009 und Viva la Mamma! in 2011 war das die dritte konzertante Aufführung eines Gärtnerplatz-Stückes, das ich in der Philharmonie Köln erlebt habe. Wieder gelang es allen Beteiligten, die Atmosphäre des Stückes einzufangen und auch bei einer konzertanten Aufführung das Schauspielerische nicht zu kurz kommen zu lassen.
Dazu genügten die Kostüme und ein Möbelstück. Und ein Ensemble, das mit Lust dabei war. Ich gestehe, mir hat Der Bettelstudent anfangs nicht gefallen, ich fand die Melodien irgendwie doof und bis auf den Schulterkuss kannte ich nichts. Das hat sich nach dem zweiten Mal sehen und hören aber schon geändert und nun haben sich die Melodien in meinem Kopf festgesetzt und spuken da von Zeit zu Zeit rum. Musikalisch war es sehr schön und durch den weitgehenden Wegfall des Szenischen (lediglich die Auftritte und Abgänge und, soweit es die Platzverhältnisse zuließen, choreographische Elemente wurden gespielt) konnte ich mich ganz auf den Text konzentrieren und habe diesmal wirklich alles bis ins kleinste verstanden 😉 Elvira Hasanagic ist wirklich eine ganz fantastische Laura. Ihr glockenheller Sopran überstrahlte bereits im Prinzregententheater mit Leichtigkeit auch große Ensembles, hoffentlich gibt es ein Wiedersehen mit der talentierten jungen Sängerin. Zusammen mit ihrem Bühnenpartner Daniel Prohaska, der wieder dem Symon Symonowicz sehr schön Stimme und Gestalt verlieh, sang sie das Liebesduett Ich setz den Fall ausgesprochend berührend. Auch das zweite Paar, Simona Eisinger als Bronislava und Mathias Hausmann als Jan Janicki, glänzten in ihrem Duett besonders, beide sind wirklich hervorragende Sänger und Darsteller. Besonders gut gefallen hat mir übrigens die Kombination von Tenor mit Bariton; die eigentlich vorgeschriebene Tenor/Tenor-Variante kann ich mir insbesondere in den Duetten von Symon und Jan gar nicht richtig vorstellen. Köstlich auch wieder die vier sächsischen Offiziere, angeführt von Holger Ohlmann. Der Ollendorf bekam für die extra für Köln gedichtete Strophe des Couplets rauschenden Applaus. Torsten Frisch sächselte den Enterich akustisch sehr verständlich und machte die Rolle damit zu einem kleinen Höhepunkt. Susanne Heyng bei ihrem wirklich letzten Auftritt für das Gärtnerplatztheater vor dem Ruhestand, Franz Wyzner, Frances Lucey und Martin Hausmann komplettierten das bestens aufgelegte Ensemble. Der Chor zeigte, dass er auch singen kann, wenn er nicht spielt, und Florian Wolf, Stefan Thomas und Marcus Wandl erfüllten ihre kleinen Soli mit Leben. Ähnliche Artikel[singlepic id=1534 w=320 h=240 float=left]Gelangweiltes Luxusweibchen möchte zur Abwechslung mal leben wie die gemeine Dienerschaft und lässt sich als Magd anheuern. Einer ihrer Chefs gefällt ihr zwar, aber ihr Standesdünkel gewinnt die Oberhand. Sie haut kurzerhand ab, ohne die Kündigungsfrist einzuhalten, und macht sich über ihren Chef noch lustig. Als dieser sie entdeckt und sie an ihre vertragliche Verpflichtung erinnert, lässt sie ihn sogar ins Gefängnis werfen. Erst als sich rausstellt, dass er ihr sozial und finanziell ebenbürtig ist, macht sie sich an ihn ran und kann schließlich den dicken Fisch an Land ziehen.
Eigentlich eine ziemlich blöde Kuh, die Lady Harriet Durham, aber Friedrich von Flotow hat ihr so schöne Melodien auf den Leib geschrieben, dass man ihr verzeihen kann. Auch ihre Gesellschafterin Nancy, die ebenso snobistisch ist und sich am Ende den Ziehbruder des Adeligen in disguise angelt, ist keine sympathische Figur. Außerdem finde ich die Inszenierung von Loriot zwar ganz nett, viktorianisch angehaucht mit schönen choreografischen Elementen. An einigen Stellen übertreibt er es aber ein bisschen, so zum Beispiel mit diesen doofen Pferdchen, die nichts anderes machen als einmal über die Bühne zu hüpfen und damit einen Riesenapplaus einsacken. Hier wird die Manipulation des Zuschauers zu offensichtlich, um noch Spass zu machen. Oder wenn der Kellner (in diesen beiden Vorstellungen wirklich hinreißend gespielt) hinten Krach und Spässchen macht, während der Tenor vorne eine wirklich zauberhafte und sicher nicht ganz einfache Arie singt. Ich mag es nicht, wenn man Musik vorsätzlich stört, und auf ironische Brechungen kann ich gerne verzichten. [singlepic id=1535 w=320 h=240 float=right]Warum ich dann bis nach Heilbronn reise, um mir die vorerst letzten beiden Vorstellungen anzusehen? Weil ich die Musik unglaublich gerne mag. Und ich die Chorszenen liebe. Ich kann nähen, ich kann mähen, ich kann säen…, neben dem Mondlied aus Die Lustigen Weiber von Windsor, ist mein Favorit. Und wenn der hervorragende Chor und Extrachor des Gärtnerplatztheaters auf der Bühne steht, ist es eine Lust und eine Freude, zuzusehen und zuzuhören. Chormitglied Marcus Wandl sang sogar den Richter, von ganz hinten auf der Bühne füllte er das Theater bis in den letzten Winkel, in dem ich saß, mit seinem kräftigen Bass. Glänzend auch wieder Christian Schwabe als Diener des Lord Tristan sowie Annette Müller, Isabella Chamier und Simone Stäger als Mägde.Neben meinem Lieblingschor war es natürlich auch wieder schön, einige bekannte Gesichter zu sehen. So gefiel mir Martin Hausberg als besagter Lord Tristan an diesen beiden Abenden wirklich ganz ausgezeichnet, und auch Holger Ohlmann war als Plumkett szenisch und musikalisch bestens disponiert. Die Gäste Johannes Chum als Lyonel und Inga-Britt Andersson ergänzten die beiden sehr gut. Ähnliche Artikel[singlepic id=1528 w=320 h=240 float=left]Eine skurrile Ausgangslage ist Teil des Grundrezepts einer guten Boulevardkomödie. Diese hier ist sehr gut. Mann A bittet Mann B netter zu seiner Frau zu seiner, damit diese dank ihrer erfüllten Affäre eine bessere und glücklichere Ehefrau wird. Dem Gesetz des Screwball folgend befindet sich natürlich Mann A ebenfalls in einer außerehelichen Beziehung mit der Frau von Mann B. Knoten gewickelt und bereit zu reißen. Jeder schläft mit der Anderen, die Frauen lernen sich kennen, alle landen in einem Hotel, kreuzen sich auf der Terrasse und das Chaos nimmt seinen Lauf. René Heinersdorff spielt mit der altbekannten Konstellation und inszeniert sich und einige Promis in diesen Wer-mit-wem-Strudel. Er variiert dabei den temporeichen Klassiker dieser Genres „Madame es ist angerichtet“ von Marc Camoletti. Dabei fehlt Heinersdorff allerdings gerade in der ersten Hälfte das Tempo, der Querwitz und der berühmte Sinn für irres Verwirrspiel und skurrile Situationen, die die französische Komödie auszeichnet. Die deutsche Variante holpert ein wenig, wiederholt frech die Konstellationen mit dem Zweitpaar, doppelt Scherze und verlässt sich auf Grimasse und Gesicht. Die typische komische Figur spart er sich dabei und inszeniert nur parallel und analog seine beiden Pärchen miteinander, nacheinander, aneinander… [singlepic id=1529 w=320 h=240 float=right]Die zweite Hälfte in Istanbul zieht an und steigert die Pointendichte nach einigen verqueren Fetzenszenen der ersten Hälfte zur überfälligen Konfrontation der untreuen Doppelpärchen. Gleichzeitig allerdings verstrickt er sich in Logiklöcher der Erkennung, Deckung, um den untreuen Altjungs die Schlusspointe zu schenken und weiterhin ohne Moral und Sorge lieb zueinander sein zu könne. Dabei spickt er seine guten Dialoge mit allerhand gescheiten Sätzchen und scharfem Spott. „Wir verwechseln Luxus mit Romantik“ beschwert sich Sabrina über ihre Affäre mit dem ältlichen Lover. Darin liegt das Problem dieser Boulevardkomödie. Die Affäre birgt keine Liebe, keine Erfüllung, nur Leere, Sex und Selbstbestätigung. Wo interessanterweise auf großer Bühne der Moralismus zurückkehrt und das große Drama wieder zu Werten zurückkehrt, da feiert die kleine Komödie das lustige Bäumchen-Wechsel-Dich ohne schlechtes Gewissen und im Grunde ohne Happy-End. Das hätten die Großmeister der Liebe, die Franzosen eleganter gelöst! Schade wenn die Geschichte und die Charaktere der Pointe geopfert werden. Beworben wird das Ding mit TV-Rumpelstilzchen Hugo Egon Balder, der wohl durchgebräunt Grimassenbauerntheater macht und mit seinem bekannten Staungesicht aus „Genial Daneben“ sich selbst gibt. Aalglatt und ordentlich daneben Dorkas Kiefer als Wirbelwind. Heimersdorff selber schreibt sich die schönsten Pointen selbst ein und gibt den soften Softsoftie. Den Abend rettet und erobert Maike Bollow, die problemlos das Promiensemble an die Wand putzt, einen Sinn für Stimme, Dosierung, Pointe und Charakter zeigt. Ihr Haspeln, ihre Weiblichkeit und ihre Ehrlichkeit selbst im größten Irrsinn erlauben die witzigsten, schönsten und stärksten Momente dieser Frauen-liebelei. Davon mehr! Weniger von Anderem. Wie schöne wäre es beispielsweise Maike Borrow einmal in der „Madame“ zu bestaunen.
Ähnliche Artikel[singlepic id=1527 w=320 h=240 float=left]Nun auch das Plagiat an den Kammerspielen! Und zwar gewollt, transparent, als Stilmittel und geglückt. Theater plagiiert nämlich durchsichtigsterweise Film durch Film, filmisch und gefilmt. Nach Schiller beobachtet dabei das Publikum eine Ochsentour von Nachahmung zur Manier zum Stil, indem Nachahmung an diesem manierierten Abend stilbildend ist. Als goldenen Ochsen hat man dazu Rainer Werner Fassbinder, das schwierige, komische, geniale Theater- und Filmtier geschlachtet und die Obduktion auf die Bühne erhoben. [singlepic id=1526 w=320 h=240 float=right]Regisseur Stefan Pucher macht es sich dabei einfach und schwer zugleich – und überzeugt; das sei vorweggenommen. Mit großem Aufwand nämlich rekonstruiert er Bild für Bild, Szene für Szene mit wenig Abwandlung des Films für die Bühne nach. Selbiges Experiment scheiterte unter Gus van Sant‘s Anspruch „Psycho“ nach Hitchcock eins zu eins nachzudrehen. Wär er nur auf die Bühne der Kammerspiele gegangen, denn der Medienwechsel von der Linse ins Theater machts. Dabei wählt Pucher zudem einen unbekannteren Titel, der dem Zuschauer – selbst beim g‘scheiten Einführungspublikum – praktisch unbekannt ist. Doch youtube ermöglicht es; der Vergleich ist verblüffend. Ausstattung, Kulisse, Kostüm, Text und vor allem – und vor allem chapeau – das „mimische Material“ wird erschreckend und grandios imitiert. Dazu später. Filmisch macht man das ganze nach neuer Regiemode durch die Kamera auf der Bühne. Mit Handgerät abgefilmt und live auf diverse Leinwände und Untergründe projiziert entsteht eine dreidimensionale Theateroptik, die den Bühnenrahmen sprengen und erweitern kann. Gleichzeitig von hinten persönlich sichtbar, teils abgefilmt und von vorn beobachtbar, dabei lautverstärkt im Ohr dröhnend und von allen Seiten bei der Kunst bespiegelt, leisten die Akteure hier Großes und multiplizieren Bühnen- und Kameraspieltechnik zum einem großen Ganzen. Das kumuliert dann irgendwann darin, das der Schauspieler mit seiner eigenen Einblendung einen Dialog führt zwischen Konserve, Bühnensprechen, dabei eine seltsame wie passende Metaebene aus filmischer Bühne, Bühnenfilm oder Filmbühne produziert. [singlepic id=1525 w=320 h=240 float=left]Schön dabei zu sehen, dass nach dem innovativ Minimalismus all überall die Theatermache noch knarzt, Wände verschoben werden, Frauen samt Bädern von der Decke schweben und Bühne wieder Bild sein darf. Der Clou dabei in Tapete, Intarsie und kameradurchsichtiger vierter Wand das Interieur der Kammerspiele perfekt zu kopieren (Cheffälscherin: Stéphanie Laimé), multipliziert das Spiel mit der Kopie und zieht eine schöne neue Ebene ein, die uns unsicher macht, wer hier spielt, wo sitzt und was sieht. Kino macht Theater. Sinnvoll, wenn diverse Tatörter sich ja auch frech von den Bühnentieren Münchens bedienen. [singlepic id=1524 w=320 h=240 float=right]RDas muss man erst einmal stemmen. Ohne Nachlasser und in einem Kostüm- und Rollenwust arbeiten sich die Mimen an Fassbinders irren Dialogen ab. Sie folgen dem Theaterethos der gesteigerten Wirklichkeit, überziehen die Originale ein wenig mehr, legen eine Schippe nach um das, was vor der Kamera besteht auf der Bühne gelingen zu lassen. Wolfgang Pregler imitiert nicht nur, sondern macht sich den Filmkranz dermaßen zu eigen, dass ein Eindruck zwischen staunendem Erschrecken und Respekt zurückbleibt. Pointensicher gibt er Autor, George, Egomanen und schafft es diese furchtbare Figur distanziert genug vorzuführen, damit das Lachen nicht im Halse stecken bleibt. Kongenial und Hit des Abends Brigitte Hobmeier zwischen überzogener Karikatur der femme fatale und laufende bebrillter Verklemmung mit einer staunenswerten Wandelbarkeit. Annette Paulmann erdet diesen guten Irrsinn und beweist, wie man mit wenig die Stimmung durch großes Können in Sekundenbruchteilen ins Tragische kippen lassen kann, was die wüste Revue braucht und von ihr geliefert wird. Sehr cool und gelackt Edmund Telgenkämper kroetziger als das Original, stark und abgründig Thomas Schmauser als Ernst im Methodmode und schön wie gut Genija Rykova trotz Lädierung grandios. Diese chargieren zwischen Linse und Rampe, geben alles, sparen wenig und tun das, was ein Fassbinder verlangt und die Bühne dankt: Sie gehen in die Vollen und zeigen, das gut kopiert eben immer noch besser ist als schlecht erfunden. Ähnliche Artikel |
||
Copyright © 2025 Nachtgedanken - All Rights Reserved
Header ©Traumstoff Buchdesign Motiv ©victor zastolskiy Fotolia.com ![]() ![]() Powered by WordPress & Atahualpa |
Letzte Kommentare