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Lesestoff Belletristik 2010/01 – Tereza Vanek: Chinatown

Broschiert: 348 Seiten
Verlag: Helmer (September 2009)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3897412861
ISBN-13: 978-3897412866
Größe: 20,8 x 12,8 x 2,8 cm

Kurzbeschreibung (von amazon)
Ende der Zwanziger Jahre begegnen sich in Hamburgs Chinesenviertel fremde Welten: Zwei schrille junge Frauen schlendern Arm in Arm durch St. Pauli. Die eine trägt kurzes, kupferrotes Haar und einen kurzen Rock, die andere gar Männerkleider. Staunend schaut ihnen die Prostituierte Mai Ling nach: Diese Frauen benehmen sich wie ein Liebespaar! Besonders die aufgeweckte Rothaarige hat es Mai Ling angetan. Eigentlich kann Mai Ling kaum noch etwas zum Staunen bringen. Elend kennt sie schon aus Shanghai gut genug. Ihre Familie verarmte, weil der Vater wegen politischer Aktivitäten verfolgt wurde. So war das Leben als wohlbehütete Tochter aus gutem Hause schon vorbei, ehe der Zuhälter Deng Wu sie nach Deutschland schmuggelte. Der geldgierige Chinese betreibt von Hamburg aus nicht nur Frauenhandel, er schreckt auch vor Kokaingeschäften mit Rechtsradikalen nicht zurück. Seine Dealerei hat schlimme Folgen für Mai Ling, die von den Männern brutal misshandelt wird. Als Retterin in der Not erweist sich ausgerechnet Deng Wus Schwägerin, eine »Langnase«. Die Deutsche versteckt Mai Ling bei einer Freundin, die die Schwerverletzte eher ungern aufnimmt: Die hübsche Alexandra mit dem kupferroten Haar zöge lieber weiterhin mit ihrer Anzüge tragenden Freundin Sarah durch die Bars. Sie liebt das Leben, hasst ihren Sekretärinnenjob und träumt von Erfolgen als Jazzsängerin. Doch mehr und mehr schließt sie ihren Schützling ins Herz. Die Ereignisse spitzen sich zu. Sarah, eine Jüdin, wird von Rechtsradikalen zusammengeschlagen, und Mai Lings Versteck fliegt auf. Erst als sie verschwunden ist, merkt Alexandra, dass sie sich längst in die Chinesin verliebt hat. Sie macht sich auf die Suche und kämpft für einen Ausweg für sich und Mai Ling…

Über die Autorin
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Meine Meinung:
Ich finde es sehr schade, dass das Buch in den Buchhandlungen und bei amazon nicht dort steht, wo es hingehört: bei den historischen Romanen. Scheinbar kann, wenn es sich um eine lesbische Beziehung handelt, nur diese im Vordergrund stehen. Dabei ist dieser Roman in erster Linie eins: ein Roman über Menschen, seien sie nun weiblich oder männlich. Der Schauplatz Hamburg ist mir durch meine Familie wohlvertraut und auch durch das Interesse an China passt dieser Roman ganz genau in mein Beuteschema. Er ist wunderbar erzählt, mit tollen Milieuschilderungen, feinen Charakterisierungen der Protagonisten, genialem Einfangen der Atmosphäre der Zwanziger Jahre. Ich habe die zweite Hälfte mehr oder weniger in einem Rutsch gelesen, so gefesselt war ich davon. Als ich es aus der Hand legen musste, habe ich von Mai Ling und Alexandra erst einmal Abschied nehmen müssen, so sehr hat mich ihr Schicksal mitgenommen. Das erste Buch im Jahr gleich ein absolutes Highlight!

Mein Fazit:
Absolute Leseempfehlung!

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Lesung Tereza Vanek aus “Chinatown”, 18.02.2010, Hamburg

An diesem Abend fand im Kölibri, das Stadtteilkulturzentrum von St. Pauli,  eine Lesung aus Terezas neuestem Buch “Chinatown” statt. Der Veranstalter war die Organisation “DENKtRÄUME” und so war es nicht weiter verwunderlich, dass sich unter den ca. 40 Anwesenden nur ein Mann befand.

Zu Beginn der Lesung stellte eine Dame von  DENKtRÄUME Tereza vor. Es war vorgesehen, dass sie erst einmal über ihre Recherchen berichtet bevor sie drei Stellen aus dem Buch lesen würde.
Tereza begann damit, wie sie auf die Geschichte gestoßen ist und mit welchen Schwierigkeiten sie bei der Recherche zu kämpfen hatte. So ist die Zeit in Hamburg noch kaum erforscht und entsprechend wenig Material gibt es dazu. Sie stellte die Bücher vor, die sie benützt hatte und lies sie auch durch die Reihen zum Ansehen wandern. Weitere Bereiche waren die damalige Mode, das Frauenbild im allgemeinen und die “Flapper” im besonderen. Auch das alltägliche Leben spielte eine große Rolle, so gab es zu der Zeit zwar schon Radios, aber keine oder nur wenige Kühlschränke. Das alles muss beim Schreiben bedacht werden. Zuletzt kam sie noch auf die Teile zu sprechen, die in China spielen und ihre Nachforschungen dazu. Hierzu stelle sie ein Buch über die Lotusfüße vor.
Nach einem musikalischen Beispiel beantwortete sie noch Fragen aus dem Publikum, bevor sie drei Stellen aus dem Buch vorlas. Sie las sehr gut, klar verständlich und akzentuiert. Zum Abschluss beantwortete sie weitere Fragen aus dem Publikum und signierte noch fleißig.
Eine rundherum gelungene Veranstaltung am Ort des Geschehens!

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Lesestoff Belletristik 2009/01 – Steffanie Burow: Das Jadepferd

Gebundene Ausgabe: 472 Seiten
Verlag: Knaur (6. September 2008)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3426662973
ISBN-13: 978-3426662977
Größe:21,8 x 15,2 x 3,8 cm

Kurzbeschreibung (von amazon)

Marion reist allein entlang der legendären Seidenstraße, als sie in eine Baugrube fällt und neben der Leiche eines jungen Mannes landet. Der Tote hält ein kleines Kästchen umklammert, das Marion an sich nimmt – doch dieses Kästchen hat noch jedem seiner Besitzer Unglück gebracht … Kommissar Li Yandao wird zum Tatort gerufen und übernimmt die Ermittlungen. Schon während des ersten Verhörs knistert es zwischen ihm und der deutschen Touristin, aber er spürt auch, dass sie ihm etwas verheimlicht. Als Marion endlich in ihrem Hotel ankommt, öffnet sie das Kästchen und findet darin neben einer Reihe beschrifteter Bambustäfelchen die vordere Hälfte einer zerbrochenen, kunstvoll gearbeiteten Pferdefigur aus Jade. Die kleine Figur übt eine magische Wirkung auf sie aus, daher verschweigt sie weiterhin beharrlich deren Existenz gegenüber Li Yandao – selbst dann noch, als ihr Hotelzimmer durchwühlt und sie offenkundig verfolgt wird.

Über die Autorin

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Meine Meinung:

Kaum angelesen, hatte mich die Geschichte schon voll in ihren Bann gezogen. Sehr anschaulich und einfühlsam erzählt Steffanie Burow von Marion, einer deutschen Touristin, Li Yandao, einem chinesischen Kommissar, von den Uighuren, dem muslimischen Bevölkerungsteil und deren Zusammenleben mit den Chinesen. Spannend entfaltet sich der Handlungsstrang um das gefundenen Kästchen mit seinem Inhalt in der Gegenwart, genauso spannend ist aber auch die zweite Erzählebene, in der die Geschichte des Kästchens von Übergabe an den Boten zweitausend Jahre zuvor bis in die gegenwart zu dem Zeitpunkt, an dem Marion es findet. Die Autorin zeichnet ihre Figuren sehr genau, aber auch die Landschaftsbeschreibungen erzählen von der genauen Kenntnis der Gegend. Ich konnte mir diese für mich fremdartige Kultur und Landschaft mit ihren Menschen darin sehr gut vorstellen. Ein rundherum gelungener Debutroman, der mich schon gespannt auf das nächste Buch dieser sympathischen Autorin warten lässt.

Mein Fazit:

Dieses Buch ist als Wanderbuch bei mir gelandet, wird aber sicher demnächst seinen Weg in meinen Bücherschrank finden.


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