Kategorien

Premiere Lust auf Mord, 10.06.2017, Blutenburg-Theater

Foto: Volker Derlath

Foto: Volker Derlath

Der Sommer gilt ja nicht unbedingt als Theaterzeit. Man will sich in den Biergarten setzen oder dem Balkon ein Eis löffeln. Dabei sollte man aber definitiv auch in den warmen Monaten ab und zu ein Theater besuchen.
Im Blutenburg-Theater kann man sich mit der Krimikomödie Lust auf Mord des erfolgreichen Autoren Jack Jaquine sogar in kühlere Gefilde versetzen: im seit Wochen verregneten Frankreich langweilen sich nämlich die beiden Schwestern Hélène und Clarisse zu Tode. Während Clarisse ihre große Puppensammlung hegt und pflegt, legt ihre Schwester Karten und kaut falsch verbundenen Anrufern das Ohr ab.
Endlich gibt es Licht am Ende des tristen Tunnels, in der Nachbarschaft ist nämlich eine Dame verschwunden. Auf der Suche nach Unterhaltung schreiben die Schwestern einen anonymen Brief an die örtliche Polizei und tatsächlich schneit endlich mit Inspektor Spingeot männlicher Besuch ins Haus.
Die Geschichte an sich klingt ja schon mal recht schräg, was Regisseurin Miriam Gniwotta jedoch daraus gezaubert hat ein Meisterwerk des Slapstick und des Absurden. Die nicht mehr ganz blutjungen Schwestern kommen angesichts des männlichen Gastes in Wallung und stellen sich zu französischer Musik amouröse Abenteuer mit dem Inspektor vor. Hélène scheint absichtlich den Verdacht auf ihre Schwester zu lenken und Clarisse schleppt eine mysteriöse Kiste an, in der Spingeot die Überreste der verschwundenen Nachbarin vermutet.

Foto: Volker Derlath

Foto: Volker Derlath

Auch, wenn die Besetzung mit nur drei Schauspielern recht klein ist, wuseln diese jedoch so über die Bühne, dass es dem Zuschauer garantiert nicht langweilig wird. Sonja Reichelt zeigt Clarisse wie ein großes Kind: mit Schleifen im Haar und immer einer ihrer unzähligen Puppen auf dem Arm, die dem Bühnenbild einen -in meinen Augen- etwas gruseligen Touch verleihen, weil man sich unweigerlich von den vielen Augen beobachtet fühlt. Es kann sein, dass es nur mir so geht, weil ich Puppen tatsächlich unheimlich finde. Clarisse jedenfalls scheint sich daran nicht zu stören, tatsächlich scheint auch mehr hinter ihrer naiven Fassade zu sein, als man zunächst annimmt.
Ihre Schwester Hélène, gespielt von Shirin Lotze scheint da ein ganz anderes Kaliber zu sein. Sie wirkt selbstbewusst, wenn auch ein klein wenig verrückt und hat vor allem eine ausgeprägte Fantasie, sei es für Kriminalfälle oder für oben genannte Abenteuer mit Inspektor Spingeot.
Uwe Kosubek zeigt mal wieder sein großes komödiantisches Talent. Spingeot ist ein quirliger, übermotivierter Polizist, der erstaunlich wenig Probleme damit zu haben scheint, bei den Schwestern zu übernachten, die er doch des Mordes verdächtigt und die ihn in ein rosa Nachthemd stopfen.
Auch wenn man zwischenzeitlich definitiv verwirrt sie Stirn runzelt, klärt sich jedoch am Ende alles auf und vor allem hat man in der Zwischenzeit jede Menge zu Lachen. Wenn das mal kein Abschluss für einen Sommertag ist!
Besonders hervorzuheben ist dieses mal das Bühnenbild. Axel Ploch hat auf der kleinen Bühne einen altbackenen, heruntergekommenen Raum geschaffen, der mit der gemusterten Tapete wirkt wie ein Puppenhaus. Ob jetzt der Umbau von Wohn- zum Esszimmer wirklich nötig ist, hat sich mir jetzt nicht ganz erschlossen und die erotischen Tagträume der Damen wirkten auf mich zum Teil ein bisschen lang. Aber das sind wirklich nur kleine Kritikpunkte bei einer ansonsten sehr gelungenen und vor allem unterhaltsamen Inszenierung!
Regie & Ton: Miriam Gniwotta
Kostüm & Ausstattung: Nathalie Seitz
Bühne: Axel Ploch
Licht: Tom Kovacs
Abendspielleitung: Melanie Kisslinger & Thomas Brückner

Vorstellungstermine: bis 22. Juli & 22. August bis 30. September, Dienstag bis Samstag, 20 Uhr

http://www.blutenburg-theater.de

Ähnliche Artikel

Jesus Christ Superstar, Gärtnerplatztheater (in der Reithalle)

 

© Christian POGO Zach

© Christian POGO Zach

Manch einer, der meine Theaterleidenschaft nicht teilt, hat mich schon gefragt, warum ich mir ein Stück mehrfach ansehe. Meine Standardgegenfrage ist dann, wie oft sie oder er den Lieblingsfilm schon gesehen hat. Und im Gegensatz zum Film, der statisch ist, ist eine Vorstellung etwas Lebendiges, die jedes Mal anders ist.

Warum habe ich mir Jesus Christ Superstar in der Inszenierung von Staatsintendant Josef E. Köpplinger sieben Mal angesehen? Zugegebenermaßen hat es mich selbst überrascht, wie stark ich auf das Stück reagiert habe. Das war nach der halbszenischen Aufführung im Cirkus Krone im Juli 2014 nicht zu erwarten. Ich denke, ich war damals zu sehr mit mir selbst beschäftigt, schließlich hatte ich davor und danach selbst Vorstellungen mit der Zirkusprinzessin.

Es berührt mich. Wenn Jesus seinen Vater anfleht Take this cup away from me oder wenn Maria Magdalena singt Could We Start Again, Please?, schießen mir die Tränen in die Augen. Das liegt nicht nur an der sehr ergreifenden Musik, sondern zum sehr großen Teil auch an den fantastischen Darstellern Armin Kahl und Bettina Mönch.

Überhaupt ist ein Glück, so viel Talent auf der Bühne erleben zu dürfen. Neben den genannten ist auch David Jakobs ein Glücksfall, der die innere Zerrissenheit des Judas in jeder Geste und in jeder Note grandios darstellt. Aber auch die Mitglieder des Ensembles des Theaters zeigen, dass sie an einem Haus, das sowohl Oper wie auch Operette und Musical spielt, bestens aufgehoben sind. So überrascht der junge Tenor Maximilian Mayer (Simon Zelotes) mit einer großartigen Rocknummer, nachdem er in dieser Spielzeit schon an zwei Opern-Uraufführungen, einem Purcell, der Dreigroschenoper und einer Operette mitgewirkt hat. Auch Erwin Windegger, der in dieser und vorangegangen Spielzeiten seine Vielseitigkeit unter Beweis gestellt, erreicht mit der Rolle des Pontius Pilates einen neuen Höhepunkt. Eigentlich könnte man wirklich jeden Einzelnen der Mitwirkenden bis hin zu den Statisten namentlich benennen, weil sie alle so großartig sind. Obwohl ich ja sonst eher sparsam mit Standing Ovation bin, hat es mich bei keiner Vorstellung auf dem Sitz gehalten. Auch der wie immer äußerst spielfreudige Chor und das fantastische Orchester unter Jeff Frohner bzw. Andreas Partilla tragen zu diesen sehr emotionalen und erfüllenden Abenden bei.

© Christian POGO Zach

© Christian POGO Zach

Es sind starke Bilder. Egal ob wütender Mob, das letzte Abendmahl oder der Selbstmord von Judas, Josef E. Köpplinger erzählt die letzten sieben Tage von Jesus in der Jetztzeit stringent und aufregend. Wie immer ist es eigentlich mit einmal Ansehen nicht getan, selbst in der siebten Vorstellung habe ich noch Neues entdeckt. Die Bühne von Rainer Sinell ist minimalistisch und unterstützt die Übertragung in die Gegenwart ebenso wie die Kostüme von Anja Lichtenegger. Die Choreografie von Ricarda Regina Ludigkeit ergänzt das Team großartig.

Mir wurde vorgeworfen, ich wäre unkritisch. Tatsächlich hat mich in dieser Spielzeit praktisch jedes Stück von der Opernuraufführung über die Operette bis zum Ballett fasziniert. Aber ok, die Herodesszene gefällt mir nicht ganz so gut. Aber wie sagt Previn Moore als König Herodes so schön: This is my Song und so dominiert er mit seiner groovigen Soulstimme die Szene und drängt die etwas schrägen weiteren Beteiligten in den Hintergrund.

Ich hätte es gerne öfter gesehen als sieben Mal. Ich bin kein religiöser Mensch, meine Entwicklung diesbezüglich reicht von der katholischen Taufe erst mit zehn Jahren über den Übertritt in die evangelische Kirche als junge Erwachsene zum jetzigen pragmatischen Atheismus, aber trotzdem berührt mich diese Darstellung der letzten sieben Tage von Jesus Christus. Weil er ein Mensch ist, mit Zweifeln, mit Hoffnung, mit Liebe. Ich habe es aus verschiedenen Perspektiven gesehen, von ganz nah bis ganz weit weg, von rechts oder von links. So sehr ich mich freue, dass das Stück nächstes Jahr in meiner Herzensheimat, dem Stammhaus wieder gespielt wird, so sehr bedauere ich es, dass es manche Perspektiven wohl nicht mehr geben wird. Ansehen werde ich es mir trotzdem, so oft es geht.

PS: erwähnte ich das Licht schon? Das ist einfach großartig!

Musikalische Leitung Jeff Frohner
Regie Josef E. Köpplinger
Choreografie Ricarda Regina Ludigkeit
Bühne Rainer Sinell
Kostüme Anja Lichtenegger
Licht Michael Heidinger / Josef E. Köpplinger
Videodesign Meike Ebert / Raphael Kurig
Choreinstudierung Felix Meybier
Dramaturgie Daniel C. Schindler

Jesus von Nazareth Armin Kahl
Judas Ischariot David Jakobs
Maria Magdalena Bettina Mönch
Pontius Pilatus Erwin Windegger
Herodes Previn Moore
Kaiphas Holger Ohlmann / Levente Páll
Annas Juan Carlos Falcón
Simon Zelotes Maximilian Mayer
Petrus Benjamin Oeser
Johannes / Soldat Jens Olsen
Judas Thaddäus Nicola Gravante
Jakobus der Jüngere Lars Schmidt
Bartholomäus Christian Schleinzer
Andreas Michael B. Sattler
Matthäus Alexander Moitzi
Jakobus der Ältere Claus Opitz
Philippus Peter Neustifter
Thomas Carl van Wegberg
1. Priester Dirk Lüdemann
2. Priester Martin Hausberg / Holger Ohlmann
3. Priester Frank Berg
Soul-Girl / Frau am Feuer Dionne Wudu
Soul-Girl Joana Henrique, Susanne Seimel
Girls Katharina Lochmann, Evita Komp, Leoni Kristin Oeffinger, Valerie Luksch, Lisandra Bardél, Lisa Rothhardt
Ein Soldat Maximilian Berling
Chor des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz

Ähnliche Artikel

Vorschau: Premiere Blut an der Tapete und draußen scheint die Sonne, 03.05.2017, Theater Blaue Maus

Blut an der Tapete und draußen scheint die Sonne

Eine absurd-komische Stückentwicklung über die Einfachheit der Ding

Warum ist das Leben immer so kompliziert? Darf man denn nicht einfach mal Spaß haben? Ständig überfordert von der Komplexität der Dinge wünschen wir uns Kitsch und Klischee: Auf der Bühne macht ihr Flori vor Tausenden einen Antrag und Helene haucht „Ja“!

Bekanntlich ist nicht nur die große Politik undurchschaubar, selbst der Alltag ist durchzogen von Verwicklungen und Überforderungen. Da spielen die Gefühle der Freundin, die Meinung der Schwiegermutter und die Durchfallerkrankung des Hundes mit hinein. Deshalb: Simplify your Live. Trump, AfD und zahlreiche Ratgeber bieten einfache Antworten!

Ausgangspunkt der Recherche ist die häufig belächelte, sogenannte Trivialliteratur. Gibt es die denn noch? Arztromane, Abenteuergeschichten, Liebesschmonzetten? Klarheit und Gerechtigkeit gemischt mit Sehnsucht, Nostalgie und schwerem Schicksal. Auf der Suche nach der liebsten trivialen Figur, eigenen Tagträumen und den Leichen im Keller, die wir versunken in leichter Lektüre und exzessiver Passivität zu vergessen hoffen, begegnen wir Serienjunkies, Krimitanten und unrettbaren Romantikern.

mit: Carola Beil, Irene Rovan, Peter Papakostidis

Regie:                                      Klaudia Schmidt

Musik:                                      Christofer Varner

Bühne und Kostüme:                  Claudia Karpfinger

Dramaturgie:                             Barbara Kastner

Regie-
und Dramaturgieassistenz:          Sabrina Kanthak

Licht & Technik:                        Uwe Hinsche

Öffentlichkeitsarbeit/Plakat:        Arik Seils

Fotos:                                      Volker Derlath

Produktion: Theater Blaue Maus

Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferates der Landeshauptstadt München

Vorstellungen:

MAI 2017

Premiere: Mittwoch, 03.05.2017 / 20:00 Uhr

jeweils Mi bis Sa, bis 27.05.2017

Beginn: Mi bis Fr 20:00 Uhr, Sa 19:00 Uhr

Letzte Vorstellung: Sa 27.05.2017 19:00 Uhr

Zusatzvorstellung  am 28.06.2017 im Rahmen der Stadteilwoche

Theater Blaue Maus

Elvirastr. 17 a

80636 München

www.TheaterBlaueMaus.de

U1 Maillingerstraße

Karten und Reservierungen unter 089 / 18 26 94

Eintrittspreise: 18,00 Euro und 12,00 €

Ähnliche Artikel

Bericht von der Leipziger Buchmesse 2017

Ein schönes Motto

Ich erreichte mein Hotel am späten Nachmittag, bezog mein Zimmer, warf allen überflüssigen Ballast ab und bergab mich zurück in die Stadt, die in den nächsten paar Tagen für alle Arten von Literaten zur ganzen Welt werden sollte.

Ein Ort, wie geschaffen für eine Kriminacht, wo heruntergekommen aussehen zum Stilmittel erhoben wurde, ein Platz zum Wohlfühlen und ein weiteres Bier bestellend den Abend um weitere mit anregenden Gesprächen gefüllten Minuten und Stunden zu verlängern.
Das ist für mich die Essenz der Buchmesse! Das gemütliche Zusammensitzen mit Autoren, Verlegern und all den anderen, die ihren Anteil am Buchmarkt haben, die meinen Job erst möglich machen, die ihn auch nach mehr als 20 Jahren noch aufregend und interessant gestalten.

Taxifahrt ins Hotel, die erste von mehreren kurzen Nächten. Zum Frühstück esse ich vier hartgekochte Eier.

Tag 1 der Messe. Sieht aus wie immer.

Das Jenseits ist in praktisch allen Religionen ein Idealbild der Lebenswirklichkeit des gläubigen Volkes. Die Indianer idealisierten ihre “Ewigen Jagdgründe”, ohne Weiße und mit vielen Büffeln, und so scheint es mir nur konsequent zu sein meine Idealvorstellung des Paradieses meiner Lebenswirklichkeit anzupassen.
Eine Buchmesse, ähnlich jener, welche mich die nächsten Tage in ihren Bann schlagen wird, nur mit weniger Dummdödeln mit Trolli, aber der gleichen Anzahl an Crossplayern!

Ich habe mir einige Termine notiert, Auftritte von Autoren vor Allem, aber kein wirkliches Konzept, Ich lasse mich treiben.

Als erstes treffe ich zufällig Hardy Ketliz, den ich bei einer Grillparty beim Golkonda Verlag kennengelernt habe und der jetzt für Festa arbeitet. Er ist geeignet eine Haufen Buchhändler zu Teilen der Einrichtung zu degradieren, und so sehr ich es bedaure von seiner Art nicht mehr bei uns zu haben hat er anderseits für die Verlagswelt einen unschätzbarem Wert, seine Begeisterung ist ansteckend – man hat nie des Eindruck er würde hier nur einen Brotjob für die Miete machen, er lebt seinen Job!
Und durch ihn lerne ich Frank Festa kennen, unter all den Schlips-und-Kragen-Verlegern, den Kaufmännern und Erbsenzählern einer jener Idealisten, die immer schon wichtig waren, weil die wahren Impulse, die echte Substanz unserer Branche von ihnen ausgeht. Mag auch ein guter Teil des Verlagsprogramms nicht meinem Geschmack entsprechen so muß doch jeder Verlegern wie Frank Festa seinen Respekt zollen.

Weiter, an Verlagsständen vorbei, bis zur Verlagsentsprechung von Sun Records aus Memphis, dem in Bielefeld heimischen Verlags Pendragon, während der Messe immer wieder einer meiner Anlaufpunkte.
Hier treffe ich nicht nur David Gray alias Ulf Torreck, sondern einen weiteren von mit sehr bewunderten Schriftsteller, Willi Achten, dessen “Nichts Bleibt” zu den Höhepunkten der Thrillerliteratur zählt, weil er alle Genrekonventionen unterläuft und ignoriert und Literatur erschafft, die sich einer eindeutigen Kategorisierung konsequent verweigert.

Am Abend dann eine Buch-Release-Party von Rowohlt. Das Buffet ist sagenhaft…….

Eine neue Nacht und ein nicht erquickender Schlaf. Drei hartgekochte Eier und Kaffee…..

Um auf die Messe zu gelangen müssen wir an Halle 1 vorbei, der Comic.- und Manga-Halle – wo ich nicht sicher bin ob ich die kunstvoll und mit viel liebe zum Detail gefertigten Kostüme bewundern soll oder dem nächstbesten orkigen Troll die Axt entreißen und mein Leben so teuer wie möglich verkaufen soll….
Ich tue so als sei ich als Buchhändler verkleidet, direkt dem Manga “書店” entsprungen…… Und ich komme durch.

Jenny Benkau stellt ihr Buch und ihre Arbeit als Deutschlehrerin im Flüchtlingsheim vor

Weiter in Halle 2, wo Jennifer Benkau ihre Erfahrungen als freiwillige Deutschlehrerin in einem Flüchtlingsheim mit dem Publikum teilt, womit sie unser aller Respekt verdient! Ihre Einblicke aus erster Hand empfinde ich persönlich als ungeheuer bereichernd.

Random House ist heute noch nicht so überlaufen, so bleibt Zeit für ein schönes Gespräch, weiter zu Rowohlt, ein zufälliges Treffen mit meiner ehemaligen und meiner aktuellen Vertreterin. Seit 7 Tagen habe ich nicht mehr gearbeitet, und ich kann kaum der Versuchung widerstehen irgendwas zu bestellen….. Man sollte in diesem Zustand nicht gerade bei Rowohlt stranden!

Zum ersten Mal hörte ich den Begriff “Lieblingsmensch” von Sarah Kuttner, die ihn vermutlich erfunden hat. Ich denke wenn sie die beiden Cass-Verlagslinge kennengelernt hätte würde sie meiner Verwendung dieses Begriffs nicht widersprechen!

Wir trafen und schon letztes Jahr auf der Messe, vorgestellt wurde ich von Günther Butkus, damals noch am Nachbarstand angesiedelt.
Nur etwa fünf Sekunden nach der Vorstellung hatte ich das Gefühl alte Freunde, die ich bisher nicht kannte, getroffen zu haben.

Die Tabledance-Bar in der die Cassverlagsler ihre Lesung abgehalten haben

An diesem Freitagabend bescherten sie uns eine Lesung der besonderen Art! Das Buch “Der Schlüssel” des japanischen Autoren Junichiro Tanizaki, welches aufgrund seines erotischen Inhalts in Japan für eine Skandal sorgte wurde für ihre Ausgabe neu übersetzt, wobei sich Katja Cassing des weiblichen und Jürgen Stalph des männlichen Part annahm.
Ort der Lesung: Das Metropolis, eine Tabledance-Bar am Fuße eines Burgerladens, der Rockabilly in die leipziger Nacht herausbläst.
Ich hatte das Vergnügen schon zahlreiche originelle Lesungen an sehr kreativ ausgewählten Orten erleben zu dürfen, doch diese Lesung muß als Höhepunkt meiner Lesungsbesuchskarriere in zumindest meine Annalen eingehen. Kaum jemals war eine Umgebung passender für eine Lesung.
Leider musste ich nach dem Ende der Lesung aufbrechen, um mir von einem lustlosen italienischen Kellner einen Campari servieren zu lassen…..

Wieder vier hartgekochte Eier……

Am Samstag dann das von mir lang ersehnte Treffen mit Michelle Raven, dem ich sehnsuchtsvoll entgegengeblickt hatte, da mit ihr Roman “Tödliche Verfolgung” seltsamer Weise wirklich gefallen hatte.
Wow! Was für eine Frau! Ich hatte auf einmal das Bedürfnis irgend einem orkischen Elfenmonster das Beil zu entreißen und sie, unter Einsatz meines eigenen Lebens vor allen Gefahren zu beschützen, nur um am Ende des Gemetzels festzustellen, das sie mit Hilfe ihres Degens mein Leben dutzende male gerettet hatte….

In einer Verfilmung ihrer Werke kann sie problemlos jederzeit die Hauptrolle spielen, und auch wenn ich in ihrer Entourage etwas herausstach (Ich war etwa 20 Jahre älter als der Rest und der einzige Mann – was sie allerdings nicht im Mindesten irritierte. Keine Ahnung was sie nach meinen Facebook-Posts erwartete…. Augenscheinlich: Mich….)

Den Rest des Tages ließ ich mich eher treiben, bis zum Stand des Unionsverlages, den ich schon einige Male passiert hatte.
Matthias Gräzer ist ein langjähriger Messerfreund, dh. wir sehen und zweimal im Jahr auf den Buchmessen, und dann ist das halbe Jahr dazwischen quasi nicht mehr existent.

Seit ich vor Jahren einmal eine Reisebuchaktion mit ihm geplant habe ist zumindest ein Besuch am Stand ein fester Bestandteil meiner Messerunden. Gleichzeitig sind die Bücher des Unionsverlags nicht nur eine Bereicherung meiner Lesezeit, sie bereichern auch unsere Buchhandlung in jeder denkbaren Weise.

Abends dann der Pendragon-Krimiabend mit Willi Achten – der “linken Faust des Thrillers” und Gudrun Lerchbaum, der Olivia de Haviland des politischen Thrillers. Sie ist weiß Gott keine Frasu die man je wieder vergisst, sie führt ihren Witz wie D’Artagnan seine Klinge, sie pariert jeden Verbalstoß in ihre Richtung mit einer unnachahmlichen Eloquenz – eine Unterhaltung mit ihr ist eben so vergnüglich wie herausfordernt.

Das Lokal “Kune” ist einer jener Orte der heruntergekommenes Aussehen als Teil des Ambiente begreift und zeigt, das kein Putz an den Wänden auch Gemütlichkeit ausstrahlen kann!

Kennt ihr die III-Musketiere-Verfilmung mit Gene Kelly? Die erste große Fechtszene mit den Kardinalsleuten? So ungefähr fühlt es sich an neben Gudrun Lerchbaum an der Theke zu stehen! (Wobei wir abwechselnd Gene Kelly oder Jackie Chan sind……) Diese Frau ist eine Naturgewalt an Witz und Charme – sie ist eine jener Personen bei denen man schon fünf Minuten nach dem Kennenlernen froh ist, sie getroffen zu haben!

Sonntag Abend. Alles ist vorbei….. Gerade noch habe ich bei Pendragon gestanden, die restlichen Werbe-Giveaways eingesackt….. Für den Laden….

Langsam durchquere ich die Messehallen, einige Stände schon vollständig demontiert….

Eine leise Wehmut steigt in mir auf… Ich gehe weiter und sie tritt mir mit aller Kraft in die Eier…..
Es ist vorbei…….

Ich habe viele alte Freunde getroffen….

Neue Freunde gefunden…..

Tolle Menschen allesamt………. Viel zu kurz war unser Zusammentreffen!

Doch spätestens wenn nächstes Jahr das Scheißwetter vom Frühling in den Arsch getreten wird

Sehen wir und wieder!

Ähnliche Artikel

Interview mit Kerstin Gier im Kölner Stadtanzeiger: „Die Texte bringen mich zum Heulen”

In diesem schönen Interview spricht Kerstin Gier über ihre Arbeit als Jurorin für den Care-Schreibwettbewerb und ihr neues Buch Wolkenschloss, das im Oktober erscheint.

Kerstin Gier (50) lebt mit Mann und Sohn in der Nähe von Bergisch Gladbach. Sie schreibt Frauenromane und Jugendbücher und wurde vor allem durch die Trilogien „Rubinrot“ und „Silber“ bekannt. Im Herbst erscheint ihr neues Jugendbuch, „Wolkenschloss“.

Beim Care-Schreibwettbewerb ist Kerstin Gier eine von vier Juroren. Care ist eine internationale, private Hilfsorganisation. Mit dem Wettbewerb will sie junge Talente fördern. Teilnehmen konnten Jugendliche zwischen 14 bis 18 sowie 19 bis 25 Jahren. Im Rahmen der lit.Cologne lesen die drei Bestplatzierten aus jeder Altersgruppe.

– Quelle: http://www.ksta.de/26145520 ©2017

Ähnliche Artikel

Probenblog zur Uraufführung von FRAU SCHINDLER am Gärtnerplatztheater

Komponist Thomas Morse beschreibt im Probenblog zur Uraufführung der Oper Frau Schindler den Entstehungsprozeß einer Neuproduktion. Interessante Details finden sich auch auf der Facebook-Seite zur Oper.

Ein Gespräch mit dem Komponisten steht ebenfalls zur Verfügung

Ähnliche Artikel

Schnurren und Späße – Werke bayerischer Autoren gelesen von Erwin Brantl und Robert Ludewig, 29.01.2017, Karl-Valentin-Haus

Robert Ludewig und Erwin Brantl

Robert Ludewig und Erwin Brantl, Foto Marina

Drunt in der grünen Au… fand am vergangenen Sonntag eine äußerst kurzweilige Lesung für alle Fans der bairischen Literatur statt. Robert Ludewig und Erwin Brantl, ihres Zeichens Mitglieder der bayerischen Theatergruppe Südsehen, bescherten uns einen lustigen Abend mit den Spitzen der bayerischen Humors. Los ging es mit dem wohl berühmtesten Münchner Komiker: Karl Valentin und einem düsteren Sketch… Düster natürlich nicht im Sinne der Stimmung; Brantl und Ludewig forderten ihr Publikum auf, die Augen zu schließen, der Sketch spielte nämlich in einem finsteren Raum. Der Ort der Lesung war dabei ebenfalls mehr als passend gewählt, in dem Gebäude in der Zeppelinstraße 41 wurde Karl Valentin im Jahr 1882 geboren. Aber auch andere Urgesteine kamen nicht zu kurz: ob nun Georg Queris kurze Geschichten mit überraschenden Pointen oder Ludwig Thomas Beobachtungen der echten Bayern. So verschieden der Humor der Autoren auch ist, dank der lebhaften und passenden Vorträge unserer beiden Vorleser blieb kein Auge trocken und man konnte vielleicht sogar den ein oder anderen Autoren kennen lernen. Ein Highlight war sicher die berühmte Geschichte des grantigen Engel Aloisius, herrlich vorgetragen von Brantl und inklusive passender Schirmmütze und Harfe zum Frohlocken. Wem der Sinn nun auch nach diesen bayrischen Schmankerln steht, der hat am 11. Februar nochmals die Chance, dieser Lesung selbst zu lauschen. Um 19 Uhr in der bereits genannten Zeppelinstraße 41. Der Eintritt ist frei.

Ähnliche Artikel

Vorschau: Die Fledermaus, Premiere 02.02.2017, Hofspielhaus

Download (PDF, 565KB)

Ähnliche Artikel

In Memoriam René Siegel-Sorell

©Blutenburg-Theater

Am 5. Januar 2016 ist mit René Siegel-Sorell eine besondere Persönlichkeit der Münchner Theaterlandschaft von uns gegangen. Der Schauspieler und Regisseur gründete im Jahr 1983 das  Blutenburg-Theater in einem ehemaligen Kino, zusammen mit seiner Frau Betty. Es war das erste Theater in Deutschland, das sich ausschließlich Krimis und Thrillern widmete, viele Schauspieler und Regisseure arbeiteten seitdem auf der kleinen Bühne und schenken seit mehr als 30 Jahren den Zuschauern Abend für Abend beste Unterhaltung und Gänsehaut. Andere Theater nahmen sich das Blutenburg-Theater zum Vorbild und so gibt es mittlerweile auch in anderen Städten wie Berlin oder Hamburg Kriminalbühnen, doch noch heute pilgern nicht nur Münchner zu den jährlich drei Inszenierungen in Sorells Theater. Ich selbst durfte 2009 ein Teil dieses besonderen Hauses werden. Damals begann ich gerade mit meinem Studium in München und fand in dem kleinen Theater mehr als nur einen Job. In den mehr als sieben Jahren durfte ich wundervolle Künstler kennen lernen, viel über die Welt des Theater erfahren und habe Freunde für’s Leben gefunden. Es ist eine unvergleichliche Institution, die René und Betty mit Herzblut und Liebe zum Theater auf die Beine gestellt haben. Die Zeit, in der der Chef noch selbst auf der Bühne stand, habe ich selbst nicht mehr erlebt. Aber immer wieder erzählen mir treue Besucher mit einem Lächeln, wie wundervoll er doch als seine Heiligkeit in „Der Tag an dem der Papst gekidnappt wurde“ oder als Teddy in „Arsen und Spitzenhäubchen“ war. Ich selbst erinnere mich gerne daran, wie er mehrmals die Woche Abends vor der Vorstellung bei dem verstimmtem Klavier neben der Theaterbar saß und zufrieden die Zuschauer beobachtete, die voller Vorfreude auf einen unterhaltsamen Abend in den Raum strömten. Immer wieder erzählte er mir von seinem Leben als Schauspieler, von den großen Künstlern mit denen er hatte arbeiten dürfen. Und alles klang nach einem spannenden und erfüllten Leben, das sich jeder der in der Theaterwelt arbeitet nur wünschen kann. Nicht nur die Mitglieder des Blutenburg-Theaters trauern um einen großen Mann, der nun die Bühne des Lebens verlassen musste. Meine Gedanken sind bei seiner Familie, allen voran seiner Frau Betty, die ihn aufopferungsvoll durch die langen Monate seiner Krankheit begleitet hat und die nun das Theater im Sinne ihres Mannes weiterführen wird.

Danke für alles, René!

Ähnliche Artikel

Premiere: Die Zauberflöte, Sarré Musikprojekte, 21.12.2016, Alte Kongresshalle

Seit einigen Jahren sind die Produktionen der Sarré Musikprojekte bekannt für ihre einzigartige Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Musiktheaterbereich. Mit der diesjährigen Weihnachtsproduktion Zauberflöte für Familien übertreffen sie jedoch alles bisher dagewesene.

Eine Oper, die nicht für Kinderstimmen geschrieben ist, nur mit Kindern und Jugendlichen aufzuführen, geht das überhaupt? Verena Sarré und Regisseurin Julia Riegel haben es gewagt und herausgekommen ist eine phänomenale Produktion, bei der selbst gestandene Opernbesucher eine Gänsehaut bekommen haben, weil sie diesen Moment erleben durften. Oder wie soll man es anders beschreiben, wenn eine Jugendliche eine fast perfekte erste Arie der Königin der Nacht singt, verstärkt zwar, aber ansonsten absolut großartig.

Die technische Seite war zwar noch etwas ausbaufähig, aber das wurde durch die Spielfreude der jungen Darsteller und die entzückende Inszenierung wieder wettgemacht. Man merkt dass sowohl Frau Sarré wie auch Julia Riegel gerne mit jungen Menschen arbeiten und sich voll auf sie einlassen können. Das Stück wurde leicht gekürzt und behutsam modernisiert, um es der heutigen Lebenswelt der jungen Generation anzupassen. Da sieht ein Prinz Tamino dann aus, als ob er gerade dem nächsten Manga entstiegen wäre und ein Monostatos hat etwas gollumhaftes an sich. Beides passt aber hervorragend ins Stück. Überhaupt sind die Kostüme von Eva-Maria Beldig sehr schön und passend, genau wie das einfache, aber wandlungsfähige Bühnenbild von Caroline Neven Du Mont.

Regisseurin Julia Riegel machte aus einem (wenn wir ehrlich sind) manchmal etwas langatmigen Stück einen kurzweiligen Abend, der aber trotzdem zum Nachdenken anregte. Jung und alt wurden gleichermaßen angesprochen und schon allein das ist eine sehr schwierige Aufgabe.

Eine sehr gute Idee fand ich, die Rollen der Damen, Sklaven, Priester und Knaben mit mehreren Kindern zu besetzen, so hatte man einerseits mehr Tiefe und andererseits konnte man mehr Kinder in die Produktion einbinden. Die Hauptrollen waren durchweg gut bis sehr gut besetzt. Allen gemeinsam war, dass sie sehr gut darstellten und auch wussten was sie darstellten. Insofern kann man die Vorbereitung dieser außergewöhnlichen Produktion gar nicht hoch genug loben.

Man kann nur hoffen, dass die fünf Vorstellungen vor Weihnachten nicht die Einzigen bleiben, denn diese zauberhafte Zauberflöte hat große Aufmerksamkeit verdient.

Mitwirkende:

Sarastro Simon Riegel

Königin Arabella Wäscher

Tamino Stefan Genevaux

Pamina Laetitia Stemp

Papageno Jonas Schleuning

Papagena Rosalie Zwenzner

Monostatos Lorin Wäscher

Sprecher Leonard Dick

Damen, Sklaven und Priester, Knaben und Knäbinnen: Kinder und Jugendliche der Sarré Musikprojekte & Akademie

Musikalische Einstudierung Verena Sarré

Regie Julia Riegel

Orchesterleitung Liviu Petcu

Bühnenbild Caroline Neven Du Mont

Kostüme Eva-Maria Beldig

Orchester Musiker der bayerischen Staatstheater

 

Ähnliche Artikel