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L’Italiana in Algeri, 21.01.2011, Gärtnerplatztheater

Mich hat mal jemand darauf angesprochen, dass ich immer nur meckern würde. Wenn ich mir meine letzten Posts so ansehe, stimmt das bis zu einem gewissen Grad. Deshalb gibt es auch mal eine positive Rückmeldung: das Publikum verhielt sich an diesem Abend einwandfrei 🙂 es kann ja wirklich nichts dafür, dass es durch die Gags zum Lachen gereizt wird, egal ob es musikalisch grad passt oder nicht. So stört die Verwandlung der Sklaven während Isabellas Schlussarie erheblich, aber ich muss ja selbst schmunzeln. Überhaupt hatte ich den Eindruck, dass sich das Publikum noch besser amüsierte als am Montag, vielleicht liegt es an der Aussicht aufs Wochenende, denn szenisch waren beide in etwa gleich.

Musikalisch war fast alles vom Feinsten, mit dem armen Lindoro komme ich immer noch nicht zu Recht, aber das ist nach der Reaktion des Publikums zu schließen ganz allein mein Problem. Das Orchester unter Lukas Beikircher spielte hervorragend und der Herrenchor zeigte sich von seiner besten Seite. Carolin Neukamm überzeugt als Zulma und es wundert niemanden, dass sie und Haly sich zusammen tun. Der wird von Sebastian Campione aufs beste interpretiert, sein  “Le femmine d’Italia” wurde heftig beklatscht. Herr Beikircher meinte ja in der Einführung, dass man sich nicht sicher sei, sie wirklich aus der Feder Rossinis stamme und sie klingt tatsächlich etwas anders, nach den ersten Tönen erwarte ich eher eine Mozart-Arie. Stefanie Kunschke hat mir sogar noch besser gefallen als in der Premiere und Juan Fernando Gutiérrez ist ein überzeugender Taddeo  mit sehr schönem Bariton.

Eine Klasse für sich sind die beiden “Gegenspieler” Isabella und Mustafà. Von dem Moment an, in dem sie auf der Bühne landet, hat Rita Kapfhammer alles im Griff, wickelt die Männer um den kleinen Finger und verbündet sich mit den Frauen. Dabei hat sie eine enorme Bühnenpräsenz, es ist ein Genuß, ihr zuzusehen und die kleinen Gesten und die Mimik zu beobachten, die so viel ausmachen. Dabei singt sie herrlich, als ob Rossini die Partie nur für sie geschrieben hat. Dasselbe kann man auch von Stefan Sevenich sagen, der sich leichtfüßig durch die Rolle bewegt und neben einem samtigen Bass auch noch exzellente szenische Darstellung zeigt.

Musikalisch und szenisch macht diese Inszenierung einfach Spaß, kein Wunder, dass die nächsten Vorstellungen schon so gut wie ausverkauft sind. Als kleinen Appetithappen hier der offizielle Trailer, aber Vorsicht, NSFW 😉

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Urlaub 2011, Teneriffa Tag 2

Das Hotel erweist sich als Glücksgriff. Nicht nur das Zimmer ist schön, nach einigem Bohren funktioniert jetzt auch das WLAN auf dem Zimmer und die zwei Sachen, die ich heute morgen an der Rezeption vorgebracht habe (ein kaputter Bügel, an dessen spitzem Nagel ich mir fast den Finger aufgerissen habe und eine kaputte Lampe) wurden zumindest versucht zu erledigen. Die Vorhänge schließen absolut dicht und man hört nichts aus den Nachbarzimmern. Zudem war das Rührei beim Frühstück fast sensationell gut und auch der Kaffee ist genau nach meinem Geschmack. Das Personal ist sehr freundlich und bemüht, manchmal nur leider etwas überfordert.

Da mittags die Begrüßung durch die Reiseleitung stattfinden sollte, bummelte ich am Vormittag durch die nahe gelegene Altstadt. Es regnete immer mal wieder, war ansonsten aber so warm, dass ich mit einem langärmeligen T-Shirt ohne Jacke gehen konnte. Auffällig ist, dass man sich hauptsächlich auf deutsche Touristen eingestellt hat. Das ist auch die vorherrschende Sprache in den Straßen, nur hin und wieder hört man Englisch oder gar Spanisch. Ich kann mir aber auch sehr gut vorstellen, warum es so viele hier her zieht: das Klima ist trotz Regens sehr mild, Oleander und Hibiskus blühen bereits und die Vögel zwitschern. Wenn man mal die Hausmannskost bei Moni und Gert hinter sich gelassen hat und in die Nebenstraßen eintaucht, hat die Stadt einen sehr eigenen Charme. Ich kann mir gut vorstellen, hier noch einmal her zukommen. Ein Wanderurlaub müsste traumhaft sein.

Mittags erzählte uns dann die Reiseleiterin ein paar ganz interessante Sachen, aber der einzige Ausflug, den ich gerne gemacht hätte, morgen auf den Teide, war schon ausgebucht und findet möglicherweise gar nicht statt, weil die Straßen hinauf wegen des gestrigen Sturmes noch gesperrt sind. So werde ich komplett mit Öffentlichen unterwegs sein, auch auf den Berg hinauf fährt eine Linie. Das habe ich heute schon ausgekundschaftet, nach der Begrüßung bin ich zum Busbahnhof gelaufen und habe mir die Örtlichkeiten angesehen.

Nach einer kurzen Siesta bin ich dann in den Stadtteil La Paz hinaufgestiegen, von hier hat man eine gute Aussicht auf die Stadt, auch den Teide würde man von dort sehen, wenn er nicht dauernd durch die Wolken verborgen wäre. Nachmittags war es trocken und so setzte ich mich noch eine Weile ans Meer, durch die ziemlich hohen Wellen lag fast so etwas wie ein Dunst in der Luft, das war sehr angenehm nach den ganzen Autoabgasen. Auch das Abendessen war wieder in Ordnung, ich habe aber für mich beschlossen, am letzten Abend noch mal möglichst authentisch Essen zu gehen, so weit das hier möglich ist.

Die Bilder des heutigen Tages:

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Urlaub 2011, Teneriffa Tag 1

Die Anreise begann unerfreulich.“Wegen hoher Streckenauslastung“ war die S1 mal wieder mehr als unpünktlich. Ich stand bereits 25 Minuten in der Heimatgemeinde am Bahnsteig, dann durfte ich vier Stationen fahren, dann wieder aussteigen und auf die nächste S-Bahn warten. Gesamtverspätung am Ende ca. 30 Minuten, gut, dass ich nie knapp zum Flughafen fahre. Da sind bei der Ankunft schon einige gesprintet. Einchecken ging flott und an der Sicherheitskontrolle musste ich das erste Mal seit vielen Jahren die Kamera nicht auspacken. Das Flugzeug stand auch schon da, aber bis die zwei Rollstuhlfahrer, vier Säuglinge, zwei Hunde und die restlichen Passagiere mit Durchschnittsalter 65 verstaut waren, verging einige Zeit. Der Flug selbst war schön, teils freie Sicht auf die Landschaft und über dem Meer gigantische Wolkenformationen. So ragten aus dem weißen Wattemeer immer wieder wolkenkratzerhohe Türme hervor. Der Landeanflug war sehr unruhig, es stürmte ziemlich, dafür habe ich noch nie so viele Regenbogen gesehen wie an diesem Tag. Ein Regenbogen begleitet uns auch die gesamte Fahrt die Ostküste entlang. Als wir auf der Anhöhe über Puerto de la Cruz waren, bot sich uns ein fantastischer Anblick: durch die tiefgrauen, dicken Regenwolken bahnte sich ein Sonnenstrahl seinen Weg genau auf den Stadtteil von Puerto, in dem ich wohne. Na wenn das kein gutes Omen ist!

Das Hotelzimmer ist gut ausgestattet, alles ist sehr sauber, leider gab es anfangs Schwierigkeiten mit dem angebotenen WLAN. Ich wohne im zweiten (eigentlich dritten, weil die Eingangshalle so hoch ist) Stock, was mir hilft, meinen guten Vorsatz, mich hier mehr zu bewegen, umzusetzen, denn so kann ich gut auf den Aufzug verzichten. Ich schaue aufs Meer, ja, es ist ganz schön laut, aber so lange ich nicht schlafen will, habe ich immer die Tür offen, das Geräusch beruhigt mich. Das Essen ist soweit ok, ich musste mich halt erst zu Recht finden und habe leider erst nach dem Hauptgang entdeckt, dass es auch kurz gebratenes Fleisch gibt. Allerdings war das Obst danach wirklich schlecht, ich habe es noch nie erlebt, dass drei verschiedene Sorten Melonen so schrecklich schmecken können, von ganz fad bis zu matschig-schleimig.

Den Abschluss dieses ersten Urlaubstages bildete ein kleiner Rundgang um die Häuser, leider machte der Supermarkt, in dem ich mir noch etwas Wasser besorgen wollte, gerade zu.

Im Anschluss noch ein paar Bilder des ersten Tages, das Zimmer und Bad sowie der Ausblick vom Balkon.

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Gräfin Mariza, 20.01.2011, Gärtnerplatztheater

“Kommt alle her zur Mariza!” hallte es an diesem Abend zum letzten Mal durch das schönste Theater Münchens. Nicht nur ich hatte mich zum Abschied nehmen eingefunden, das Haus war praktisch ausverkauft. Leider zog es auch allerhand seltsames Volk an, da wurde nach der Pause weiter geredet, schon bei der Ouvertüre mitgesungen, SMS beantwortet (ja, das Tippen auf einer normalen Handytastatur macht störende Geräusche, wenn man direkt daneben sitzt!) und die beiden Männer auf den anderen Plätzen der Loge brachten sich nach der Pause ihren Sekt mit. Ich konnte es mir nicht verkneifen, sie darauf hinzuweisen, dass sie nicht im Kino seien, was keine Reaktion hervorrief, Unrechtsbewusstsein gab es hier gar nicht. Fehlte eigentlich nur noch das Popcorn. Eine entsprechende Bemerkung meinerseits brachte eine schnippische Antwort. Nicht zuletzt sind überall im Haus abgestellte Gläser und Flaschen auch ein Sicherheitsrisiko, ich hab es selbst bereits erlebt, dass auf den Innentreppen zur Klenzestraße abgestellte Flaschen von gehenden Besuchern regelrecht hinuntergekickt wurden. Was passiert, wenn jemand in diese Scherben stürzt, male ich mir lieber nicht aus.

Ich freue mich sehr für das Theater, dass in letzter Zeit so ziemlich alle Vorstellungen ausverkauft sind, aber leider ist das Publikum teilweise so, dass es mir meinen Besuch verleidet. Ich hoffe, das ist nur eine vorübergehende Erscheinung (nicht der Besucherzustrom!), denn wenn der Ärger den Genuss überwiegt, ist es Zeit zu gehen.

Genug der Ärgernisse, kommen wir zum erfreulichen Teil. Dem sehr erfreulichen Teil. Der eigentlichen Vorstellung. Und die war klasse wie immer. Ein letztes Mal bekam Franz Wyzner spontanen Szenenapplaus als Penizek, sagte Dieter Kettenbach ganz exakt “Gräfin”, war Thomas Peters ein trotz seiner nationalistischen Tendenzen sympathischer Liebenberg. Auch Florian Wolf überzeugte als griesgrämiger Vorarbeiter Berko und seine Chorkolleginnen und -kollegen spielten und sangen mal wieder in Höchstform. Besonders gut hat mir an diesem Abend die erste Arie von Frances Lucey als Zigeunerin gefallen, sie war sehr textverständlich und bewegend. Das erste und leider das letzte Mal habe ich an diesem Abend Rotraut Arnold als Susetta gesehen, die Rolle ist ihr wirklich auf den Leib geschrieben. Als Bozena konnte Susanne Heyng immer ihr ganzes darstellerisches Können zeigen und auch die Arie hat mir an diesem Abend sehr gut gefallen. Mario Podrečnik lieferte wie eigentlich immer ein sehr bewegendes Rollenporträt eines verzweifelten, aber auch eines verliebten Mannes und seine Partnerin Christina Gerstberger als Lisa stand ihm in nichts nach. Tilmann Unger und Dirk Lohr überzeugten in ihren Partien und Thérèse Wincent machte den Abschied von Mariza extrem schwer. Das Orchester unter dem jungen Talent Benjamin Reiners, der entgegen der Ankündigung auf dem Besetzungszettel der Fledermaus vom Tag vorher dann doch dirigierte, spielte eine sehr schöne letzte Vorstellung.

Ich habe diese Inszenierung der Mariza gemocht, seitdem ich sie das erste Mal gesehen habe. Die Neueinrichtung der Dialoge durch Regisseur Josef Köpplinger hat mir immer einer sehr kritische Auseinandersetzung mit dem Werk vermittelt. Es gab nur wenig Walzerseeligkeit und viel Gesellschaftskritik. Ich finde es ausgesprochen schade, dass es wirklich die allerletzte Vorstellung war. Vielleicht kann ich ja mal beim Theaterflohmarkt ein Souvenir ergattern.

Danke an alle Beteiligten!

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Die Fledermaus, 19.01.2011, Gärtnerplatztheater

Wenn auf dem Besetzungszettel ein Sternchen hinter dem Namen ist, bedeutet ist meistens “zum ersten Mal”. Bei dieser Vorstellung war es kein Sänger, der sein Debüt gab, sondern das jüngste Mitglied in der Riege der musikalischen Leitung Benjamin Reiners. Treuen Fans des schönsten Theater Münchens ist er sicher noch in bester Erinnerung durch seine wundervollen Dirigate des Sommersinfoniekonzerts in der letzten Spielzeit und der sicher nicht ganz einfachen Kinderoper “Die Omama im Apfelbaum”.

Und auch an diesem Abend zeigte er wieder, dass ein Stück bei ihm in sehr guten Händen ist. Spritzig, mitreißend, schwungvoll, eben wie die Fledermaus sein muss, klang es aus dem Orchestergraben, dabei immer mit gebotener Rücksicht auf die Sänger und den wie immer spiel- und sangesfreudigen Chor. Bravo!

Ihm stand eine ausgezeichnete Sängerriege zur Seite, die fabelhafte Heike Susanne Daum, deren Rosalinde durch die perfekte Ergänzung von Schauspiel und Gesang zum Erlebnis wird. Das trifft auch auf Daniel Fiolka zu. Durch seinen angenehmen Bariton klingt das Terzett im dritten Akt immer besonders schön. Auch Robert Sellier verkörpert seine Rolle als Alfred nahezu perfekt, während Juan Fernando Gutiérrez zwar sehr schön singt, sein Falke aber doch eher ein halcón ist. Der dritte Akt war wieder ein Paradestück von Thomas Peters als Frosch. Er brachte einen neuen absoluten Knaller (das letzte Mal war es das Dioxin), den ich aber leider schon wieder vergessen habe. Mein Siebhirn merkt sich so was erst beim dritten Mal. Aber ich habe ja noch ein paar Vorstellungen Zeit 🙂

Danke an alle für diesen tollen Abend!

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L’Italiana in Algeri, 17.01.2011, Gärtnerplatztheater

Um den größtmöglichen Gegensatz zu haben, sitze ich bei der zweiten Vorstellung im Parkett vorne, so auch diesmal. Leider scheinen immer mehr meiner Mitzuschauer der Auffassung zu sein, sie würden mit ihrer Karte das Recht erwerben, sich wie zu Hause vor dem Fernseher zu fühlen. Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man mal herzlich und situationsbezogen lacht oder ob man wirklich alles, was einem gerade durch den Kopf geht, herausblökt. Neben mir saß ein älteres Paar, man kam vor der Vorstellung ins Gespräch, der Mann sagt,e es fiele ihm schwer, das gesungene Wort zu verstehen und es wäre ihm unangenehm, wenn er dann an den falschen Stellen lachen würde. Hinterher hätte ich ihm sagen können, dass es mit dem Verständnis besser geht, wenn man zuhört statt sich zu unterhalten. Ich belies es dann doch bei einem mörderischen Blick und und einem unmissverständlichen Zischlaut. Von dieser Seite war fortan Ruhe, aber leider bei weitem nicht von allen Seiten. Bin ich empfindlicher geworden oder hat die Rücksichtslosigkeit zugenommen?

Und dabei hätten sie so viel entdecken können an diesem Abend. Gut, auch einen bis zur Lächerlichkeit geschminkten Herrenchor, der aber, anders als ich es in der Premiere empfunden habe, vor allem gegen Schluss seine enorme Spielfreude zeigt, der die mitreißende Choreographie von Vera Würfl präzise umsetzte. Sie hätten eine Ella Tyran als Elvira entdecken können, die mit schöner Stimme und einem bezaubernden Lächeln ihren Mustafà zurückerobert. Sie hätten einen mehr als soliden Taddeo von Manuel Wiencke entdecken können oder den schönen Mezzo von Franziska Rabl. Sie hätten einen Sebastian Campione entdecken können, der als Haly stimmlich und szenisch überzeugte. Sie hätten alle die kleinen, feinen, leisen Stellen des hervorragenden Orchesters unter Lukas Beikircher entdecken können.

Die Gags zündeten übrigens auch beim zweiten Mal und Stefan Sevenich zog wieder alle Register seines gesanglichen und szenischen Könnens, so dass am Ende die Freude überwog. Auch diesmal wieder ausgiebiger Jubel für alle Beteiligten.

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Lohengrin, 16.01.2011, Bayerische Staatsoper

Lange Zeit habe ich um Richard Wagner einen großen Bogen gemacht. Ich hatte das Gefühl, noch nicht weit genug, seiner Musik nicht würdig genug zu sein. Lediglich den Holländer habe ich mir schon zweimal angesehen, und eigentlich hätte ich mir ja denken können, dass mir andere Stücke von ihm auch so gut gefallen könnten. Vielleicht ist es auch die Länge, von der ich mich überfordert fühlte.

Bis ich letzten Sommer das Vorspiel zum ersten Akt von Lohengrin im schönsten Theater Münchens erlebte. So etwas ätherisches, leichtes, schwebendes hatte ich noch nie erlebt. Und so fasste ich den Entschluss, es einfach mal zu probieren. Gesagt, getan, eine relativ günstige Karte an der BSO erstanden, falls es mir nicht gefallen sollte, wäre nicht zuviel Geld verloren.

Was soll ich sagen? Kann ich das Glücksgefühl, dass mich in diesen knapp fünf Stunden, die viel zu schnell vorbei waren, schwindeln lies, in Worte fassen? Es war für mich eine Offenbarung und alles in mir schreit nach mehr. Fürs erste muss allerdings eine Aufnahme reichen, leider, leider, leider, habe ich an keinem anderen Termin Zeit.

Für meinen ersten Lohengrin hätte ich mir schon eine etwas klassischere Inszenierung gewünscht, schließlich ist die Oper an sich gerade im bayerischen Raum oft zum Greifen nah, ich denke da zum Beispiel an die Grotte in Linderhof. Und welcher operaphile Mensch kennt nicht die Anekdote in der der Tenor fragt, wann denn der nächste Schwan ginge.  Insofern war diese Inszenierung natürlich eine Enttäuschung, aber sie hatte auch ihre guten Seiten: sie stört nicht weiter.  Kein misstönendes Rumgehampel außerhalb jeden Taktgefühls, kein Getrampel, niemand war auch nur annähernd nackt oder zur Fratze geschminkt. Keine Gewaltverherrlichung, keine Psychotherapie des Regisseurs. Insofern alles paletti. Und kann man, wenn man seinen Schwan schon selber tragen muss statt von ihm gezogen zu werden, das würdevoller machen als Ben Heppner?

Und ahhhh, diese Musik! Diese Stimmen! Allein die Erinnerung daran bereitet mir eine Gänsehaut des Glücks. Für eine erste Begegnung kann es eigentlich kaum perfekter sein. Ben Heppners Stimme liegt mir, in ihr konnte ich schwelgen und minimale Patzer, mein Gott, es ist live. Bei der Gralserzählung hätte ich beinahe vergessen zu atmen, so sehr hat sie mich in ihren Bann geschlagen. Und Elza van den Heever als Elsa war einfach unglaublich. Nie scharf oder spitz, klang ihre Stimme auch in der Höhe sehr natürlich, als ob die Partie eine ihrer leichtesten Übungen wäre. Fantastisch fand ich auch Markus Eiche als Heerrufer und Christoph Fischesser als König Heinrich. Ein ganz klein wenig fielen dagegen Evgeny Nikitin als Telramund und Janina Baechle als Ortrud ab, aber das lag nur daran, dass die anderen meiner bescheidenen Meinung nach überdurchschnittlich gut waren. Auch der Chorgesang war fast überirdisch schön. Ich kann natürlich nicht beurteilen, ob das Orchester unter Kent Nagano  gut gespielt hat oder nicht, aber nach meinem Gefühl war alles – richtig. Es war ein so schöner Klang, das muss gut gewesen sein. Ich kann noch ganze Passagen mühelos in meinem Kopf abrufen, das passiert mir eher selten, wenn ich ein Stück erst einmal gehört habe.

Von nun an wird es heißen: Wagner – ja bitte!

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Lesestoff Belletristik 2011/03 – Sabine Weigand: Die silberne Burg

Gebundene Ausgabe: 572 Seiten
Verlag: Krüger, Frankfurt; Auflage: 2 (1. September 2010)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3810526649
ISBN-13: 978-3810526649

Kurzbeschreibung (von amazon)

Sie ist Ärztin, sie ist Jüdin, und sie ist auf der Flucht vor ihrem brutalen Ehemann: Sara hat viele Geheimnisse, die sie vor den Gauklern verbirgt, mit denen sie 1415 den Rhein entlang zieht. Auch der junge Ritter Ezzo schweigt über den Auftrag der ungarischen Königin, der ihn zu den Gauklern geführt hat. Und der irische Mönch Ciaran bewahrt in seiner Harfe das Vermächtnis des Ketzers John Wyclif, das die Kirche unbedingt vernichten will.
Alle drei geraten auf dem Konzil von Konstanz in Machtintrigen, die sie in große Gefahr stürzen. Denn sie hüten ein Geheimnis, das die Welt von Kaiser und Papst erschüttern kann.

Über die Autorin

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Meine Meinung:

Geschichte lebendig zu machen, den Leser eintauchen zu lassen in die Lebens- und Gefühlswelt ihrer Protagonisten, das ist die Spezialität von Sabine Weigand. In ihrem neuen Roman ist ihr das wieder hervorragend gelungen und zwar gleich auf vielen verschiedenen Gebieten: den jüdischen Gebräuchen, den Abläufen in einem Kloster, das Leben eines Ritters, die Medizingeschichte und schließlich das Leben von Gauklern im Mittelalter. Und alles ist so miteinander verwoben, dass nichts aufgesetzt wirkt, niemals belehrend, sondern immer stimmig und informativ. Die Themen werden nicht nur angerissen, sondern anschaulich dargestellt und mit historischen Dokumenten belegt. Die Charaktere sind gut herausgearbeitet, ihre Entwicklung ist nachvollziehbar. Selbst die “Bösen”, Chajim und Barbara, sind so gezeichnet, dass man ihre Motivation verstehen kann. Der Wechsel der Erzählstränge und der Perspektive ist perfekt gelungen und lässt einem das Buch kaum noch aus der Hand legen.

Mein Fazit:
Starke Charaktere, eine fein erzählte Geschichte, Geschichtsunterricht quasi nebenbei – Leserherz, was willst Du mehr!

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Premiere L’Italiana in Algeri, 14.01.2011, Gärtnerplatztheater

In meinem Post zur Einführung schrieb ich, dass ein Stück in Originalsprache idealerweise auch ohne Übertitel auskommt. Die schlechte Nachricht ist: man muss fast zwangsläufig, wenn man im Halbdunkel so schlecht lesen kann wie ich. Dadurch, dass die Bühne zu 90 % hell erleuchtet ist, ist der Kontrast der Übertitel nicht sehr groß und meine Bemühungen, dort hin und wieder etwas zu entziffern, haben mir ziemlich schmerzende Augen eingebracht.

Aber es gibt auch eine gute Nachricht: die Inszenierung ermöglicht es einem, der Handlung auch ohne Übertitel zu folgen. Sie ist fast schon wie aus einem Comic entsprungen, plakativ, immer sehr sprechend. Nie habe ich mich gefragt, was mir der Regisseur jetzt damit sagen will, dafür habe ich und meine Mitzuschauer umso öfter herzlich gelacht. Und das, wie gesagt, ganz ohne Übertitel. Es sind so viele witzige Kleinigkeiten, die das Betrachten zum reinen Vergnügen machen. Mit Humor ist es ja immer ein bisschen schwierig, nicht jeder versteht das Gleiche darunter, aber Regisseur Thomas Enzinger hat es geschafft, den Nerv mindestens des überwiegenden Teils des Publikums zu treffen. Er hat die Charaktere der Figuren herausgearbeitet und überhöht und ihnen genau passende Attribute und Gesten gegeben. Und der Schluss ist im besten Sinn des Wortes ein echter Knaller. Ich  möchte keine Details verraten, ich kann nur sagen, hingehen und selbst lachen.

Die Bühne ist eine Art Luxusjacht, sehr wandelbar und immer passend. Begeistert haben mich die verschiedenen Lichtstimmungen, das war wirklich sehr gut ausgeleuchtet. Nicht sooo passend finde ich die Kostüme. Der Männerchor wirkt mit seinen roten Pluderhosen und der schusssicheren Weste über Muskelpaketen von Popey’schen Ausmassen unproportioniert und auch die anderen Kostüme sind nicht immer vorteilhaft, nicht zuletzt im praktischen Sinn.

Das ist aber auch einer der wenigen Kritikpunkte, die ich habe und er fällt auch nicht weiter ins Gewicht. Musikalisch war es ein wunderbarer Abend, bis auf eine Ausnahme, die aber allein in meinem subjektiven Empfinden liegt: es gibt eine gewisse Stimmlage bei Tenören, die mir nicht liegt und der Sänger des Lindoro hat sie. Das ist aber wie gesagt, ganz allein in mir begründet und es kann jeder anders empfinden. Ansonsten ist musikalisch alles top und auch die schauspielerische Leistung von allen Akteuren kann ich nur in den höchsten Tönen loben. Der Herrenchor darf hier leider nur zum Teil seine unglaubliche Spielfreude zeigen, aber singen tun sie in gewohnter Qualität. Das Orchester unter Lukas Beikircher spielte wunderbar diesen zumindest in meinem begrenzten Musikverständnis charakteristischen Rossiniklang. Carolin Neukamm überzeugte als Zulma und Stefanie Kunschke in der etwas undankbaren, weil ziemlich weinerlichen Rolle der Elvira, war in den Ensembles immer sehr gut hörbar. Absolut fantastisch war, wie schon so oft, Rita Kapfhammer. Ihr Stimmumfang ist unglaublich, absolut sicher und sehr schön ihre Koloraturen. Dazu kommt erotische Ausstrahlung und Charme, dass sie Taddeo, Lindoro und Mustafa um den kleinen Finger wickelt, ist absolut nachvollziehbar. Sehr gut gefallen haben mir auch Derrick Ballard als Haly und Juan Fernando Gutiérrez als Taddeo, die sowohl stimmlich wie auch schauspielerisch glänzten. Die Rolle des Bey Mustafà ist Stefan Sevenich auf den Leib geschrieben. Er verlieh ihm nicht nur eine ausgezeichnete Stimme, sondern auch eine schier unglaubliche Präsenz, bei der er alle Facetten seines schauspielerischen und tänzerischen Könnens zeigte.

Ein fulminanter Abend, der mit lautem, einhelligem Jubel für Produktionsteam und Akteure belohnt wurde. Am Montag folgt die zweite Vorstellung, in der einige Rollen alternativ besetzt sind, das wird auch noch einmal spannend.

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Die Fledermaus, 13.01.2011, Gärtnerplatztheater

Also die Akustik des Theaters verwundert mich immer wieder. Ich habe in drei Aufführungen an drei verschiedenen Plätzen (3. Rang, Seitenloge, Balkon) nie etwas gehört, wenn die Treppe im 2. Akt benutzt wurde, im 2. Rang Mitte links war es sehr deutlich zu hören. Aber dieser Platz scheint akustisch eh ziemlich empfindlich zu sein, hörte ich doch die ganze Zeit vor der Pause ein Paar mit ca. zehnjährigem Kind, die sieben Plätze und zwei Gänge von mir weg saßen, sich unterhalten. Als ich sie am Ende der Pause darauf hingewiesen habe, haben sie sich immerhin entschuldigt und hielten fortan den Mund. Leider sprangen dafür andere, unter anderem meine direkten Nachbarn rechts und links in die Bresche und reicherten den zweiten Akt nach der Pause mit ständigem Geplapper an. Man könnte fast auf die Idee kommen, das dem ein oder anderen das Pausengetränk zu Kopf gestiegen ist. Und das schlimmste ist, wenn ich jemanden darauf hinweise, dass mich sein Verhalten stört, dann fühle ich mich, als ob ich etwas unrechtes tun würde und mein Herz klopft und die Stimme wird piepsig. Ich hasse das!

So weit es ging, habe ich diese wirklich schöne Vorstellung dennoch genossen. Heike Susanne Daum gefällt mir als Rosalinde ausgesprochen gut, sie hat nicht nur die Stimme, sondern auch die Ausstrahlung für diese Rolle. Welcher Mann könnte ihr widerstehen? Auch Sibylla Duffe macht als Adele eine sehr gute Figur, im wahrsten Sinne des Wortes 😉 Der Rest des Ensembles spielt und singt auf ebenfalls hohem Niveau. Herausragend an diesem Abend war für mich der dritte Akt, meiner Meinung nach der stärkste Auftritt von Thomas Peters als Frosch von den vier Vorstellungen, die ich bisher gesehen habe. Immer wieder witzige tagesaktuelle Kommentare einzuflechten stelle ich mir ziemlich schwierig vor. Das Publikum ging gut mit und lachte an Stellen, an denen ich es bisher noch nicht gehört habe. Nur den Witz mit dem Zahnarzt versteht so ziemlich keiner. Interessant auch, dass ich zum ersten Mal darauf geachtet habe, dass sich in den Spiegeln am Ende nicht nur der Dirigent Andreas Kowalewitz spiegelt, sondern auch das Publikum in den Rängen. Ich interpretiere das so, dass uns das ganze Stück einen Spiegel vorhalten soll. Leider geht das, ebenso wie die Geste, die Frosch’ wahres Ich zeigt und ebenso wie die letzten Takte des Orchester im Beifallssturm unter.

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