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Gräfin Mariza, 20.01.2011, Gärtnerplatztheater

“Kommt alle her zur Mariza!” hallte es an diesem Abend zum letzten Mal durch das schönste Theater Münchens. Nicht nur ich hatte mich zum Abschied nehmen eingefunden, das Haus war praktisch ausverkauft. Leider zog es auch allerhand seltsames Volk an, da wurde nach der Pause weiter geredet, schon bei der Ouvertüre mitgesungen, SMS beantwortet (ja, das Tippen auf einer normalen Handytastatur macht störende Geräusche, wenn man direkt daneben sitzt!) und die beiden Männer auf den anderen Plätzen der Loge brachten sich nach der Pause ihren Sekt mit. Ich konnte es mir nicht verkneifen, sie darauf hinzuweisen, dass sie nicht im Kino seien, was keine Reaktion hervorrief, Unrechtsbewusstsein gab es hier gar nicht. Fehlte eigentlich nur noch das Popcorn. Eine entsprechende Bemerkung meinerseits brachte eine schnippische Antwort. Nicht zuletzt sind überall im Haus abgestellte Gläser und Flaschen auch ein Sicherheitsrisiko, ich hab es selbst bereits erlebt, dass auf den Innentreppen zur Klenzestraße abgestellte Flaschen von gehenden Besuchern regelrecht hinuntergekickt wurden. Was passiert, wenn jemand in diese Scherben stürzt, male ich mir lieber nicht aus.

Ich freue mich sehr für das Theater, dass in letzter Zeit so ziemlich alle Vorstellungen ausverkauft sind, aber leider ist das Publikum teilweise so, dass es mir meinen Besuch verleidet. Ich hoffe, das ist nur eine vorübergehende Erscheinung (nicht der Besucherzustrom!), denn wenn der Ärger den Genuss überwiegt, ist es Zeit zu gehen.

Genug der Ärgernisse, kommen wir zum erfreulichen Teil. Dem sehr erfreulichen Teil. Der eigentlichen Vorstellung. Und die war klasse wie immer. Ein letztes Mal bekam Franz Wyzner spontanen Szenenapplaus als Penizek, sagte Dieter Kettenbach ganz exakt “Gräfin”, war Thomas Peters ein trotz seiner nationalistischen Tendenzen sympathischer Liebenberg. Auch Florian Wolf überzeugte als griesgrämiger Vorarbeiter Berko und seine Chorkolleginnen und -kollegen spielten und sangen mal wieder in Höchstform. Besonders gut hat mir an diesem Abend die erste Arie von Frances Lucey als Zigeunerin gefallen, sie war sehr textverständlich und bewegend. Das erste und leider das letzte Mal habe ich an diesem Abend Rotraut Arnold als Susetta gesehen, die Rolle ist ihr wirklich auf den Leib geschrieben. Als Bozena konnte Susanne Heyng immer ihr ganzes darstellerisches Können zeigen und auch die Arie hat mir an diesem Abend sehr gut gefallen. Mario Podrečnik lieferte wie eigentlich immer ein sehr bewegendes Rollenporträt eines verzweifelten, aber auch eines verliebten Mannes und seine Partnerin Christina Gerstberger als Lisa stand ihm in nichts nach. Tilmann Unger und Dirk Lohr überzeugten in ihren Partien und Thérèse Wincent machte den Abschied von Mariza extrem schwer. Das Orchester unter dem jungen Talent Benjamin Reiners, der entgegen der Ankündigung auf dem Besetzungszettel der Fledermaus vom Tag vorher dann doch dirigierte, spielte eine sehr schöne letzte Vorstellung.

Ich habe diese Inszenierung der Mariza gemocht, seitdem ich sie das erste Mal gesehen habe. Die Neueinrichtung der Dialoge durch Regisseur Josef Köpplinger hat mir immer einer sehr kritische Auseinandersetzung mit dem Werk vermittelt. Es gab nur wenig Walzerseeligkeit und viel Gesellschaftskritik. Ich finde es ausgesprochen schade, dass es wirklich die allerletzte Vorstellung war. Vielleicht kann ich ja mal beim Theaterflohmarkt ein Souvenir ergattern.

Danke an alle Beteiligten!

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