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Franz fischt frische Fische – ein gelungenes Experiment

© Christian POGO Zach

© Christian POGO Zach

Zum Kammerkonzert am 13. Mai lud das Gärtnerplatztheater an einen besonderen Ort und öffnete den futuristischen Orchesterprobensaal für die Konzertbesucher.

Johannes Overbeck, Fagottist des Gärtnerplatzorchesters und Organisator der Kammerkonzerte begrüßte das Publikum und wies auf den experimentellen Charakter des Konzerts hin. An der Akustik des Saales werde noch getüftelt und er würde sich über Feedback freuen. Gerne, lieber Herr Overbeck!

Als erfahrene Konzertbesucherin aber Nicht-Profi kann ich nur sehr subjektiv urteilen, aber ist nicht Akustik überhaupt großenteils Geschmackssache? Kurz: Mir haben Atmosphäre und Akustik hervorragend gefallen! Im Foyer war die Akustik schon immer recht “hallig”, aber seit keine Vorhänge mehr da sind überschlägt sich der Klang geradezu, insbesondere wenn ein Flügel oder Bläser beteiligt sind. Der Teppich unter den Musikern hat da nicht viel verbessert. Nun, man mag einwenden, dass Komponisten wie Mozart oder Schubert genau für solche Räume komponiert haben (Kirchen, Säle in Adelspalästen), aber wir haben heute auch andere Hörgewohnheiten.

So konnte ich von meinem Platz (in der momentan üblichen Orchesteraufstellung dürfen da die Hörner sitzen…) hervorragend und transparent die einzelnen Stimmen hören. Ein wenig “gnadenlos” ist die Akustik schon, das gebe ich zu – auch jede winzige Ungenauigkeit kommt glasklar beim Zuhörer an. Ich persönlich mag das – für mich gehört es dazu, wenn Menschen und nicht Maschinen am Werk sind. Nicht nur, es gehört dazu, nein, das macht für mich den Reiz von Konzerten aus! Ich weiß, das hören Musiker, die alten Perfektionisten, nicht gern… aber sonst könnte ich mir ja auch gleich eine CD-Einspielung anhören, da ist alles perfekt. Bloß halt steril und unpersönlich und damit irgendwie tot. Ich liebe sozusagen kleine Schönheitsfehler!

Als erstes auf dem Programm stand Mozarts Divertimento Es-Dur KV 563. Ein spätes Werk, das – anders als die Bezeichnung Divertimento vermuten lässt – überaus komplex ist. Da werden – wie so oft bei Mozart – kleine volksliedhafte Melodien kunstvoll zu einem großen Klangteppich gewoben und sind dann auf einmal gar nicht mehr so banal wie es anfangs scheint. Ich habe es genossen, die einzelnen Stimmen diesmal so transparent zu erleben. Danke an die spielfreudigen Kollegen vom Orchester, denen man anmerkt, dass sie im wahrsten Sinn des Wortes seit langem aufeinander “eingespielt” sind.

Auf Wunsch des Kontrabassisten, Thomas Hille, kam als zweites Werk das Forellenquintett von Franz Schubert zu Gehör – kein Wunder, ist es das wohl berühmteste Klavierquintett, bei dem zugunsten einer Violine ein Kontrabass mitspielen darf 🙂 Der Funke der Begeisterung sprang auch hier sofort über, es sprudelte nur so vor Spielfreude. Das ist für mich das Schönste an Kammermusik: Dass man so nah dran und quasi mittendrin ist statt als distanziertes Publikum auf eine entfernte Bühne zu schauen.

Ich freue mich auf weitere Kammerkonzerte – hoffentlich weiterhin im Orchesterprobensaal!

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Kaspar Hauser, 03.09.2014, Kammeroper München im Hubertussaal

[singlepic id=1972 w=320 h=240 float=left]Die Kammeroper München legt mit Kaspar Hauser bereits das vierte Opernpasticcio vor, allerdings hat man sich hier von der Komödie verabschiedet. Wie Regisseur Dominik Wilgenbus und Arrangeur Alexander Krampe bei der Einführung verdeutlichten, ging das Thema von der Musik aus. Schubert hat durchaus Opern geschaffen, 17 Bühnenwerke inklusive Schauspielmusik finden sich in seinem Werk. Allerdings sind diese, wenn man als Maßstab die Lieder von Schubert nimmt, nicht wirklich inspiriert, was an der mangelnden Aufführungspraxis von Schubert gelegen haben könnte. Auch heute findet man die Werke nur selten auf dem Spielplan der deutschen Theater, sie sind deshalb auch weitgehend unbekannt.

[singlepic id=1971 w=320 h=240 float=right]Bei dem Traumspiel genannten Werk der Kammeroper handelt es sich um keine Rekonstruktion einer historischen Wahrheit mit Hilfe der Oper, sondern vielmehr um eine Abfolge von Episoden, die aus Kaspar Hausers Leben bekannt sind. Interessant hierbei ist die Verwendung von Stücken aus dem Lazarus-Fragment, einem unvollendeten Oratorium von Schubert. Die Geschichte Kaspar Hausers ist nicht nur sehr plakativ verwandt mit der von Lazarus, der Todestag Hausers, der 17.12., ist gleichzeitig auch der Lazarustag. So viele Zufälle kann es gar nicht geben, und so identifiziert sich Hauser in Wilgenbusch’ Fassung auch mit Lazarus, aber gleichzeitig auch mit dem Froschkönig.

[singlepic id=1970 w=320 h=240 float=left]Das klingt absurd? Ist es aber nicht. Der rote Faden ist Kaspar Hauser selbst, an ihm entspinnt sich eine Geschichte aus Rückblenden, Traumbildern und Märchensequenzen.  Dominik Wilgenbus hat ein feines Gespür für das, was er dem Publikum zumuten kann, wo es noch mitgeht, mithalten kann. Es wird eingehüllt in diese Lebensgeschichte dieses außergewöhnlichen Mannes, dessen Geheimnis bis heute nicht ergründet ist. Er spielt perfekt mit dem Bühnenbild von Udo Vollmer, das eigentlich nur aus ein paar Stangen auf Rädern besteht, an die ab und zu mal etwas hingehängt wird oder die Sänger drin herumklettern, das aber doch so vielschichtig ist wie zehn Prospekte. Sehr gut in die Zeit passend waren die Kostüme von Katharina Raif.

[singlepic id=1969 w=320 h=240 float=right]Die Kammeroper München hat, wie immer eigentlich, exzellente junge Sänger für diese Produktion engagiert, allen voran der junge portugiesische Bariton André Baleiro, der die Titelrolle mit starker Bühnenpräsenz und großem Einfühlungsvermögen zeigte. Die anderen Sänger übernehmen jeweils mehrere Rollen, stark Katherina Konradi als Daumers Katze und Florence Lousseau als Hausers Mutter. Altistin Aline Kostrewa war an diesem Abend etwas gehandicapt, so dass sie nur Singen (was sie ausgezeichnet tat), aber nicht spielen konnte. Der Regieassistentin Franziska Reng ist es zu verdanken, dass der Abend nicht ausfallen musste, sie spielte die Rollen, als hätte sie die ganze Zeit nichts anderes getan. Thomas Huber, Philipp Jekal und Clemens Joswig ergänzten das prächtige Ensemble.

Ich gestehe, weder die Winterreise noch die schöne Müllerin geben mir besonders viel. Ich bin kein großer Fan von Schuberts Liedzyklen, aber die Musik an diesem Abend war einfach traumhaft. Die Ensembles so ätherisch-schön, die Arien nicht minder. Da hat Arrangeur Alexander Krampe ganze Arbeit geleistet. Das Orchester der  Kammeroper München unter Nabil Shehata musizierte sehr klar und rein und machte den Abend zu einem vollkommenen Vergnügen.

Regie Dominik Wilgenbus, Arrangement Alexander Krampe, Musikalische Leitung Nabil Shehata, Bühne Udo Vollmer, Kostüme Katharina Raif, Choreographie Bettina Fritsche, Maske Tatjana Bösch, Licht Wolfgang Förster, Regiesassistenz Franziska Reng, Dramaturgie Karoline Wernicke, Musikalische Assistenz Andreas Partilla, Requisite Helmut Eiler
Kaspar Hauser André Baleiro, Das “Du” Philipp Jekal, Gerichtspräsident Feuerbach Clemens Joswig, Professor Daumer Thomas Huber, Daumers Katze Katharina Konradi, Lord Stanhope Aline Kostrewa, Kaspars Mutter Florence Losseau, Flöte Christiane Steffens, Klarinette Christophe Gördes, Fagott Ruth Gimpel, Violinen Anton Roters Senta Kraemer, Viola Georg Roters, Violoncello Thomas Wollenweber, Akkordeon Alexander Kuralionok, Kontrabass Ronald Schweppe, Gitarre Iva Nezic

Weitere Vorstellungen am  6., 7., 10., 11. und 13. September im Hubertussaal

Fotos ©Sabina Tuscany

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