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Kerstin Pflieger – Die Alchemie der Unsterblichkeit

Das Leben auf dem Dorf ist nicht ungefährlich, wie der Gelehrte und Inspektor Icherios Ceihn sehr bald erfahren muss, als den Auftrag annimmt, in einem kleinen Dorf im Schwarzwald eine Mordserie aufzuklären. Dass es sich bei den Mordopfern nicht um Menschen handelt, hat man ihm bei Auftragserteilung geflissentlich verschwiegen.
Ein bisschen geht es mir wie Icherios, bisher habe ich um Vampire, Werwölfe, Irrlichter und Ghoule immer einen weiten Bogen gemacht. Kerstin Pflieger hat es aber geschafft, mich mitten hineinzustoßen in die düstere Welt des dunklen Territoriums und mich darin mit einer packenden Story und urigen Gestalten festzuhalten. Icherios habe ich vom ersten Augenblick an ins Herz geschlossen, seine Unsicherheit, seine Selbstzweifel und seine Tollpatschigkeit machen ihn zu einem äußerst liebenswürdigen Helden. Er darf sich in dieser Geschichte entwickeln und kann nach etlichen Fehlversuchen am Ende doch den richtigen Weg einschlagen. Ich habe zwar relativ früh geahnt, wer der Täter ist, aber seine Motive blieben bis zum Schluss im Dunkeln. Die Autorin verknüpfte am Ende sehr geschickt alle losen Fäden.
neben Icherios gibt es noch jede Menge weitere interessante Figuren, egal, ob sie nun Menschen, Vampire oder Werwölfe sind. Jeder ist mit seinen Eigenarten sehr gut beschrieben, so dass sich eine glaubhafte Geschichte entspinnen konnte. Auch die Umgebung, Häuser, das Dorf, der Wald sind so hautnah, dass ich direkt in die Geschichte eintauchen konnte. Ein bisschen mehr Information hätte ich mir noch über die Alchemie und Icherios Experimente gewünscht, aber es war jetzt nicht so, dass mir etwas gefehlt hätte. Ich fand es so spannend, dass ich ab der Hälfte das Buch in einem Rutsch bis spät in die Nacht gelesen habe, weil es mich so sehr gefesselt hat. Ich freue mich schon darauf, den zweiten Band dieser originellen Serie zu lesen.

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Ben Aaronovitch – Die Flüsse von London (zweite Rezension)

Geister, Götter und Vampire – in Die Flüsse von London von Ben Aaronovitch gehören sie genauso zum Stadtbild wie die lebenden Statuen am Leicester Square und die Musiker in der Tube Station. Mit skurrilem Humor und satirischen Seitenhieben erzählt der Autor die Geschichte von Peter Grant – ein gerade eben mit der Ausbildung fertig gewordener Polizist, der unversehens zum Zauberlehrling wird.
Während sein Ausbilder, Inspector Nightingale noch zur alten Schule gehört und auf Lateinstunden setzt, forscht Peter mit modernen Methoden. Beide ergänzen sich dadurch und kommen einem Mörder auf die Spur, dessen Motive 200 Jahre zurückliegen. Ganz nebenbei müssen auch noch ein paar Vampire entsorgt und Frieden zwischen Mama und Papa Themse gestiftet werden. Ganz schön viel zu tun für einen Anfänger, aber Peter schlägt sich achtbar.
Die spannende Story ist schlüssig in einer etwas schnodderigen Sprache, die aber perfekt zur Geschichte passt, erzählt. Die Art von Humor ist vermutlich nicht jedermanns Sache, aber wer damit zurecht kommt wird sich hier prächtig amüsieren. Mir haben besonders gut die wunderbaren Schilderungen von London gefallen, ich hatte das Gefühl, mit Peter durch die Stadt zu spazieren. und ganz nebenbei erfährt man auch noch einiges über Geschichte und Geografie dieser faszinierenden Stadt.

Die Flüsse von London, Ben Aaronovitch, ISBN 3423213418, 480 Seiten

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Criminale, 27.04.2012, Kilianstollen Marsberg

Nachdem am Abend vorher das hübsche Städtchen Arnsberg Ziel meiner abendlichen Lesungsreise war, ging es diesmal von Olsberg aus in die andere Richtung, nach Marsberg. Diese Städtchen ist leider nicht ganz so hübsch, zumindest, der Teil, den ich auf meinem Weg zum Kilianstollen, dem Veranstaltungsort der abendlichen Lesung, zu sehen bekam. Der Fußweg führte hinter dem Gebäude für den Maßregelvollzug vorbei, da fürchtete ich mich schon auf dem Hinweg vor dem Rückweg im Dunkeln.

Die Lesung fand dann nicht direkt im Stollen, sondern in einem dazugehörigen Besucherzentrum statt. Der Stollen wäre zwar ein wirklich toller Schauplatz gewesen, aber vermutlich wären wir dort in den zwei Stunden der Lesung erfroren. Positiv empfand ich, dass es hier Getränke zu kaufen gab und der Büchertisch war sehr gut bestückt. Leider mussten die Autoren jedoch ohne Mikrofon auskommen.

Die Schriftstellerin Nina George moderierte den Abend, der unter der Überschrift „Der Reiz des Tötens“ stand und stellte ihre mitlesenden Autoren mit drei Wahrheiten und einer Lüge vor. Den Auftakt machte Andreas Gruber, seine vier Fakten waren: der Autor hat vier Katzen, arbeitet halbtags in einem Pharmaunternehmen, ist an der Entwicklung eines Medikamentes namens Zickosan beteiligt und könnte ein Teil aus einem bestimmten Automaten auf der Männertoilette des Tagungshotels vorführen. Das führte schon mal zu vielen Lachern und so war das Eis zwischen Autoren und Publikum ganz schnell gebrochen. Andreas Gruber las zwei Stellen aus seinem Roman Rachesommer, sehr pointiert und mit viel Ausdruck. Diese waren hochspannend und ich musste teilweise schlucken, weil die Szenen teilweise ganz schön „hart“ waren. Definitiv ein Buch, das ich im Auge behalten werde.

Den zweiten Teil des Lesungsabends bestritt Gina Greifenstein mit einem Auszug aus ihrem Roman Stirb noch einmal, Liebling, der mir persönlich ein bisschen zu lang war. Insgesamt ist es aber sicher eine witzige Story. Nach der Pause las dann Nina George selbst, Andreas Gruber übernahm ihre Vorstellung. Eine Wahrheit über sie ist die Tatsache, dass sie knapp 850000 Bücher verkauft hat. Als Lüge stellte sich hingegen heraus, dass sie mit der Crimelady Elizabeth George verwandt sei. Sie las ihre, in Marsberg spielende und in der Anthologie Tausend Berge, tausend Abgründe erschienene Kurzgeschichte Der Reiz des Tötens. Sie las ebenfalls sehr gut und hatte offensichtlich die Schauplätze und den Charakter des Ortes sehr genau getroffen, sie wurde mit sehr viel Applaus der Ortsansässigen bedacht. Am Ende gab es wie immer Zeit zum Fragen und zum Signieren. Ein sehr gelungener Abend!

 

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Anika Beer – Als die schwarzen Feen kamen

Ich habe Fantasy immer als ein sehr männlich und englisch sprachig dominiertes Genre gesehen, wenn man mal nur den Autor betrachtet. Aber spätestens nach diesem Buch muss ich meine Überzeugung relativieren. In den letzten zwei drei Jahren kamen einige sehr gute Fantasyromane von deutschen Autorinnen auf den Markt und Als die schwarzen Feen kamen gehört eindeutig dazu.
Marie ist eigentlich ein ganz normales Mädchen, streitet sich gelegentlich mit der Mutter und geht nur der besten Freundin zuliebe zur Tanzstunde. Vor dem Leser entfaltet sich ein ganz normales und realistisches Teenagerleben. Bis zu dem Zeitpunkt, als Gabriel, der Jungmädchenschwarm ihrer Schule, sie anspricht. Denn Gabriel hat eine besondere Fähigkeit: er kann die Schattenwesen der Menschen sehen. In diesen Schattenwesen manifestieren sich die negativen Eigenschaften eines Menschen. Jedes Wesen ist anders, und Marie wird von schwarzen Feen begleitet. Diese stellen schon sehr bald eine Bedrohung für Maries Umgebung dar und gemeinsam mit Gabriel muss sie versuchen, sie zu bekämpfen.
Ab zwölf Jahren wird dieser Roman empfohlen, aber auch als Erwachsenen im fortgeschrittenen Alter habe ich mich angesprochen gefühlt. Die Autorin erzählt Maries und Gabriels Geschichte von ersten Moment an sehr spannend, mit einigen überraschenden Wendungen bis zum fulminanten Schluss, der alle Handlungsfäden vereint. Ihre Fantasiewelt und die Wesen darin sind sehr gut beschrieben, ich finde die Idee innovativ. Die beiden Hauptfiguren sind mir ans Herz gewachsen und ihr Schicksal hat mich auch nachdem ich die letzte Seite umgeblättert hatte, nicht losgelassen.
Von Anika Beer würde ich gerne noch mehr lesen.

Anika Beer, Als die schwarzen Feen kamen, 448 Seiten, ISBN 3570401472

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Marc Ritter – Kreuzzug

Mich reizen Bücher, die in unmittelbarer Umgebung spielen, das macht es mir leichter, in eine Geschichte hineinzufinden. Wenn dann der Autor allerdings die gewohnte Umgebung seinem Roman anpasst, habe ich ein Problem damit.
Das war bei “Kreuzzug” absolut nicht der Fall. Man merkt beim Lesen, dass sich Marc Ritter vor Ort genau auskennt und darüber hinaus genauestens recherchiert hat. Die Schauplätzen sind authentisch, es wirkt alles sehr realistisch und ich könnte mir vorstellen, dass ich ein wenig ein ungutes Gefühl habe, wenn ich das nächste Mal mit der Zahnradbahn auf die Zugspitze fahre.
Der Roman unterteilt sich in viele kleine Kapitel, bei denen jeweils Perspektive und Zeitebene wechseln. Das macht es zum einen ein bisschen schwierig in die Geschichte hineinzukommen, entwickelt aber andererseits eine gewisse Sogwirkung, die einen das Buch kaum noch aus der Hand legen lässt. Die Handlung ist bis zur letzten Zeile spannend und gesellschaftskritisch. Manche Figuren sind satirisch überzeichnet und haben mir mehr als einen Lacher entlockt. Diesen comic relief braucht man aber auch, sonst müssten die Fingernägel dran glauben. Insgesamt hätte die Charakterisierung der einzelnen Beteiligten vielleicht noch etwas mehr in die Tiefe gehen können, aber dann wäre der Roman vermutlich doppelt so dick geworden. Ausgerechnet der im Klappentext erwähnte Thien ist mir am unsympathischsten von allen gewesen.
Marc Ritter ist ein Thriller gelungen, der spannende Unterhaltung mit einer glaubwürdigen Story verbindet.

Marc Ritter, Kreuzzug, Droemer, ISBN 3426226189

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Carmen Lobato – Im Land der gefiederten Schlange

Historische Romane, die in exotischen Ländern spielten, waren bis vor wenigen Jahren noch eine Seltenheit. Jetzt drängen immer mehr Autoren damit auf den Markt und wie in jedem Genre gibt es gute und weniger gute. Im Land der gefiederten Schlange gehört sicherlich zu den Besten.
Anders als in vielen mittelmäßigen Vertretern des Genres wird nicht die erste Auswanderergeneration in den Mittelpunkt gestellt. Katharina Lutenburg ist bereits in Veracruz/Mexiko geboren und fühlt sich dem Land verbundener als ihre Eltern, Onkel und Tanten. Diese sehen auf die Eingeborenen herab, bezeichnen sie als Affen und wollen eigentlich schnellstmöglich zurück nach Hamburg. Anstatt sich auf das Land, in dem sie leben, einzulassen, ziehen sie sich zurück in die Wagenburg, die sie Familie nennen und katapultieren sich so selbst ins Abseits. Schon als kleines Kind verstand sich Katharina mit Benito, einem Indio, der als Stallbursche bei ihrer Familie arbeitet, besonders gut und lernt durch ihn Mexiko mit mexikanischen Augen zu sehen. Als sie sich in ihn verliebt, muss sie diese Liebe geheimhalten, da Benito sonst mit dem Tode bedroht ist. Aber das ist nicht das einzige Geheimnis in diesem durchaus auch spannenden Roman. Die Familie ist auch deshalb so eng zusammengerückt, um eines zu bewahren. Dazu ist ihr jedes Mittel recht.
Die Figuren sind so plastisch und real, dass ich mich am Ende kaum von ihnen lösen konnte. Die Charaktereigenschaften eines jeden Einzelnen sind so gut herausgearbeitet, das gab mir das Gefühl, im Kreise meiner Familie zu sitzen. Man muss nicht jeden mögen, aber alle gehören dazu und haben ihren Anteil am Gesamtbild. Dabei zeigt jede Figur Licht- und Schattenseiten, am Ende ergibt es ein vielfarbiges Gemälde, das einem Sarape ähnelt.
Carmen Lobato erzählt aber nicht nur die Geschichte der Liebe zwischen Katharina und Benito, sie erzählt auch die Geschichte von Mexiko. Das Land stolpert von einem Bürgerkrieg in einem Krieg mit den Besatzern, die mit lauteren Absichten gekommen, aber nicht wirklich fähig sind, sich auf dieses Land einzulassen und es so zu lieben wie seine Bewohner es lieben. Dabei merkt man, dass auch die Autorin das Land liebt. Ihre Sprache spiegelt die Leidenschaft wieder, mit der die Menschen hier leben und lieben. Die für mich stärksten Szenen spielten dann auch in Querétaro, bei Benitos Familie.
Der Autorin ist ein Roman gelungen, der nie ins Kitschige oder Belehrende abrutscht, der die Wahrheit über ein Leben erzählt, die man als Leser meint, manchmal nicht aushalten zu können. Ich habe mich während und nach dem Lesen viel gedanklich mit den Figuren und der Geschichte Mexikos beschäftigt und das macht für mich einen guten Roman aus.

Carmen Lobato Im Land der gefiederten Schlange,  768 Seiten, ISBN 3426509792

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Nicola Förg – Mordsviecher

Dies war mein erster Krimi von Nicola Förg. Wenn man später in eine Serie einsteigt, hat man ja oft das Problem, dass manches vorausgesetzt wird oder Täter aus früheren Teilen verraten werden. Das war hier nicht der Fall. Ich hatte über weite Strecken sogar den Eindruck, den ersten Teil einer Serie zu lesen. Mir haben keine Informationen gefehlt.
Die Figuren wurden sorgsam eingeführt, die Kommissarin Irmi Mangold war mir von Anfang an sympathisch, sie hat eine sehr natürliche, ungekünstelte Art, die man gut mit dem Menschenschlag im Werdenfelser Land verbinden kann. Mit Kathi Reindl hatte ich eher so meine Probleme, das kann aber auch ein Generationending sein.
Der Fall war mitreißend und spannend und bis zum Schluss überraschend. Für Tierliebhaber waren die Szenen, in den die Zustände auf dem abgelegenen Hof beschrieben werden, schon ziemlich harter Tobak. Gleichzeitig wurde dabei aber auch das Problem des Tierhortens, also eine psychische Störung, die zum Sammeln von Tieren in nicht mehr überschaubarer Zahl führt, ins Blickfeld gerückt. Mir war diese Problematik bisher nicht bekannt und ich finde es gut, dass eine bekannte Krimiautorin dies zum Mittelpunkt eines Romans macht. Denn nur, wenn man davon schon einmal gehört hat, kann man vielleicht auch schon erste Anzeichen erkennen und gegen die Tierquälerei vorgehen. Demgegenüber standen absolut liebevoll beobachtete, realistische Szenen mit den beiden Katern der Kommissarin.
Der Spannungsbogen wurde bis zum Schluss aufrecht erhalten. Bei all den Grausamkeiten ergaben sich aber auch immer wieder humoristische, gelegentlich satirische Elemente, die sozusagen als comic relief dienten.
Mir hat der klare Stil von Frau Förg bestens gefallen. Ich werde das Experiment wagen und die vorhergehenden Bände sozusagen “nachlesen”.

Nicola Förg – Mordsviecher
Verlag: Pendo (März 2012)
ISBN-10: 3866123108

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Birand Bingül – Der Hodscha und die Piepenkötter

Ursel Piepenkötter ist Oberbürgermeisterin einer Stadt irgendwo in Deutschland. Sie kandidiert für eine konservative Partei und ihre Wiederwahl scheint in trockenen Tüchern zu sein – bis Nuri Hodscha auftaucht. Der islamische Religionsgelehrte kann seinen Jähzorn nicht zügeln und plaudert gerne mal mit Allah. Er ist schon öfter unangenehm aufgefallen und hat eine letzte Chance bekommen. Um sich bei seiner Gemeinde gut einzuführen, fordert er als allererste einen Moscheeneubau. Dass das in der Stadt von Ursel Piepenkötter nicht allzugut ankommt, ist klar und für sie beginnt eine heiße Wahlkampfphase.
Was dann folgt, ist eine Schlacht. Anders kann man das, was sich Hodscha und Piepenkötter antun, nicht bezeichnen. Jeder versucht sich mit cleveren Schachzügen, mal ist es ein Ausfallschritt, mal ein heimtückischer Dolch im Gewande, Vorteile zu verschaffen. Dabei wird mit harten Bandagen gekämpft und auch die eigenen Kinder müssen mitmachen und herhalten als Waffen.
Literarisches Vorbild ist hier ganz klar Don Camillo und Peppone. Und das funktioniert. Und man lernt so ganz nebenbei so einiges. Dass ich Allah und Jesus nicht so stark unterscheiden in ihrer Liebe zum Menschen und ihrem Verständnis für die kleinen Schwächen ihrer Schafe. Dass es innerhalb des Islams verschiedene Gruppen gibt, die mal mehr, mal weniger radikal sind. Dass man mit Klischees spielen kann, ohne das sie dem Leser zu den Ohren rauskommen.
Neben dem satirisch überzeichneten Zweikampf gibt es aber auch noch die zarte Liebesgeschichte von Hülya und Patrick. Auch an ihr zeigt der Autor Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Kulturen auf, dabei fühlt er sich unglaublich gut ein in die Gefühlswelt von Teenagern. Er spricht eine klare, leicht zu verstehende Sprache, die aber immer mit einem humorvollen Augenzwinkern versehen ist.
Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt und den ein oder anderen Denkanstoß mitgenommen. Lediglich ein Glossar wäre noch hilfreich gewesen.
Der Hodscha und die Piepenkötter
Birand Bingül
Broschierte Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: Rowohlt Polaris (2. Mai 2011)
ISBN-13: 978-3862520152

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Criminale, 26.04.2012, Arnsberg

[singlepic id=1168 w=320 h=240 float=left]Die Criminale ist ja zum einen das Treffen der Mitglieder des Syndikats, der größten deutschsprachigen Autorenvereinigung von Kriminalschriftstellern. Da gibt es Workshops, Tagungen und ganz viel Austausch. Auf der anderen Seite ist es aber auch das größte deutschsprachige Krimifestival. Über 250 Autoren lesen im gesamten Landkreis an gewöhnlichen und ungewöhnlichen Orten. Diese Lesungen stehen immer unter einen bestimmten Motto.

In der gemütlichen Buchhandlung Houtermanns in dem ansonsten eher beschaulichen Arnsberg hieß es an diesem Abend “Auf und davon”. Die Krimis, die an diesem Abend vorgestellt wurden, spielten alle nicht in Deutschland. Der erste, Die Moldau im Schrank von Nina Maria Marewski gar in einer Parallellwelt. Sie erhielt dafür den SERAPH-Preis der fantastischen Akademie in der Sparte Debüt. Sie las eine Szene aus dem Leben des 16-jährigen Mitja, die deutlich machte, dass sie den Preis zurecht bekommen hatte. Befragt, wie sie sich denn auf ihrer ersten Criminale fühlen würde, meinte sie, dass sie sich sehr gut aufgehoben fühle und sich freue dabei zu sein, weil ihr Buch ja nun kein lupenreiner Krimi, sondern auch Liebesroman und Phantastik wäre.

Der nächste an der Reihe war Viktor Iro mit seinem Roman Tödliche Rückkehr. Der sympathisch und offen wirkende Autor ging das Wagnis ein, eine Szene fast vom Schluß seines Romanes zu lesen, aber das hat wunderbar funktioniert. Er konnte Budapest mit seinen Worten vor meinen Augen entstehen lassen. Sein nächstes Projekt ist die Verarbeitung einer Forschungsarbeit über die Darstellung von Drehbuchautoren im Film. Die Beispiele, die er anführte, klangen sehr interessant.

Die dritte Lesung führte schließlich nach Österreich, genauer gesagt in die Steiermark. Nach eigener Aussage mordet sich die erfolgreiche Autorin Claudia Rossbacher durch dieses österreichische Bundesland. Steirerherz ist ihr zweiter Roman um die Abteilungsinspektorin Sandra Mohr und die beiden Abschnitte, die sie las, gaben einen guten Einblick. Ihre Protagonistin ginge ihr manchmal ein wenig auf die Nerven, meinte sie, weil sie das Gegenteil von ihr selbst sei, aber der Chefinspektor Sascha Bergmann sorgt für einen gewissen Ausgleich.

Die letzte Lesung an diesem Abend stammte von Claudio Michele Mancini, der mit La Nesa und seinen anderen Mafiaromanen, die alle auf wahren Geschichten beruhen sollen, angeblich seine Jugend aufarbeitet. Ob das stimmt, lasse ich mal dahingestellt sein, mir kamen jedenfalls eine Menge seiner Aussagen übertrieben und unglaubwürdig vor. So wird seiner Aussage nach, wenn man sich einen Organspenderausweis zulegt, in in riesigen Datenbanken abgeglichen, ob die Werte zu jemandem passen und wenn das zufällig ein Superreicher ist, kanns schon mal sein, dass der Spender vorzeitig ablebt. Dumm nur, dass man in Deutschland gar nicht registriert wird, wenn man einen Organspendeausweis hat und schon gar nicht irgendwelche Werte darin festgehalten sind und die meisten Länder ein Opt-Out-System haben. Es ist ja ok für mich, einen Thriller über das Thema zu schreiben, aber den Menschen Angst zu machen, in dem man ihnen suggeriert, dass es alles harte Fakten seien, halte ich für geschmacklos. Er schaffte es jedenfalls, sich in praktisch jedes Gespräch einzumischen und sein nächstes Woche erscheinendes Buch mehrfach anzupreisen. Am Ende gab es noch ein paar Publikumsfragen und natürlich standen alle Autoren zum Signieren zur Verfügung.

[singlepic id=1167 w=320 h=240 float=right]Der zweite Programmpunkt an diesem Abend versprach einen Höhepunkt der Criminale: die Weltpremiere der ersten Krimiautorenband Hands up and the Shooting Stars! Ich war ja schon seit ewigen Zeiten nicht mehr auf einem Rockkonzert, aber die Energie, die an diesem Abend von der Bühne ins Publikum sprang, war ganz, ganz großartig. Die erfolgreiche Krimiautorin Gisa Klönne gab an diesem Abend ihr Bühnendebüt, sollte sie einmal genug vom Schreiben haben, ist ihr eine zweite Karriere am Mikro sicher. Ihre Gesangkollegin Sandra Lüpkes, sang nicht nur hinreißend, sondern legte bei Every breath you take auch noch ein fetziges Trompetensolo hin. Oliver Buslau, nach eigener Aussage eher im Klassikbereich unterwegs, zeigte, dass auch die Bratsche im Rock’n’Roll ihre Berechtigung hat.  Heinrich-Stefan Noelke am Bass, Volker Bleek am Schlagzeug, Peter Demant am Keyboard, Jörg Schmitt-Kilian (Gesang, Gitarre), Arnold Küsters (Bluesharp) und Stephan Everling (Gitarre) komplettierten die Band. Jedes Lied hatte einen kriminalistischen Zug, von Killing me softly bis zu einem speziell auf das Autorenleben neu getexteten, alten Song. Ein tolles Konzert, ich hoffe, das Auftritte ein fester Bestandteil der Criminale werden.Dazwischen las Oliver Buslau aus seinem Kurzkrimi Im Keller, der in der Musikschule nebenan spielt. Dass er die Atmosphäre und die Typen von Arnsberg sehr gut eingefangen hat, zeigten die Reaktionen des örtlichen Publikums.

Ein toller Abend, danke an alle Beteiligten!

Und danke an Petra Busch für die Fotos!

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JA zum Urheberrecht!

[singlepic id=1164 w=240 h=320 float=left]Im Rahmen der Criminale 2012 im Hochsauerlandkreis wurden in einer Pressekonferenz am heutigen Welttag des geistigen Eigentums zwei hochinteressante Aktionen vorgestellt. Zum Einen ist das die Initiative JA zum Urheberrecht, die die Syndikats-Autorinnen Nina George und Angela Eßer ins Leben riefen, als unter anderem die Grünen in ihrem Grundsatzprogramm festlegen wollten, dass die Schutzfrist für Urheber auf fünf Jahre (derzeit 70) verkürzt werden solle. Es ist eine verbandsunabhängige Initiative, die sich als Fürsprecherin der UrheberInnen aller kulturschaffenden Sparten versteht. Bisher hatte die Initiative eine eigene Facebookseite, auf der Statements zum Urheberrecht gesammelt wurden und man brachte sich aktiv in Diskussionen ein, unter anderem mit den Piraten und den Grünen. Ein Pictbadge wurde entwickelt, der seit der Leipziger Buchmesse auch als Button erhältlich ist und dort dem Kulturstaatsminister Neumann angepinnt werden konnte, der sich darüber sehr erfreut zeigte.[singlepic id=1165 w=240 h=320 float=right] Seit heute hat die Initiative nun auch eine eigene Webseite. Dort gibt es Informationen über die Ziele, die Beteiligten, die Unterstützer und die Aktionen der Initiative. Aufgerufen zum Mitmachen sind alle Kulturschaffenden, aber auch Kulturgenießer, die für das Urheberrecht einsetzen wollen. Förderer sind bisher unter anderem namhafte AutorInnenverbände und -gruppen wie das Syndikat, die Mörderischen Schwestern, QuoVadis oder DeLiA sowie aus der Kreativwirtschaft große Verlage wie etwa BasteiLübbe, DroemerKnaur und rowohlt. Der Börsenverein des deutschen Buchhandels unterstützt die Initiative ebenfalls.
[singlepic id=1166 w=240 h=320 float=left]Eine Aktion zum Thema wurde ebenfalls vorgestellt: Hemd ab for your rights. Acht Autorinnen und Autoren des Syndikats (Guido M. Breuer, Oliver Buslau, Marcel Feige, Andreas Izquierdo, Susanne Kliem, Eva Lirot, Susanne Mischke, Sonja Ullrich) haben sich bis auf die nackte Haut ausgezogen unter dem Motto “Acht Krimischriftsteller ziehen blank – für die Rechte von Autorinnen und Autoren”. Herausgekommen bei der Fotosession in der Kölner Gerichtsmedizin sind die beigefügten drei Plakatmotive, die im Grunde für sich selbst sprechen.
Urheberrecht ist ein Menschenrecht und genauso wie alle anderen Menschenrechte muss es respektiert werden.

Alle Fotos © Das Syndikat / Armin Zedler

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