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Dantons Tod, 13.10.2018, Gärtnerplatztheater

Mittlerweile ist der Wahlkampf in Bayern ja beendet, doch man konnte in den letzten Wochen und Monaten wohl mehr als zuvor sehen, wie sehr Politik nicht nur von Inhalten, sondern auch von Emotionalität und Rhetorik beeinflusst wird. Mit dem Hintergrund des harten Duells der Parteien passt Günter Krämers Inszenierung von Dantons Tod zum 100-jährigen Geburtstag des Schweizer Komponisten Gottfried von Einem sehr gut in die aktuelle Zeit.

Foto: Christian POGO Zach

Nach der Französischen Revolution versinkt das Land in Chaos und Gewalt, angestachelt durch Robespierre und Saint-Just. Die alten Helden der Revolution, unter ihnen Danton, haben sich hingegen aus der Politik zurückgezogen und geben sich einem genussvollen Leben hin. Einzig der junge Camille Demoulins versucht noch mithilfe seiner Frau Lucile die Ordnung wiederherzustellen. Doch – wie so oft in der Politik – macht Robespierre seine Konkurrenten zu Feinbildern für das Volk und Danton mit seinen Unterstützern verantwortlich für die schlechte Situation Frankreichs.
Die Inszenierung Krämers steht ganz im Zeichen der Politik und lässt unweigerlich Parallelen zur aktuellen Situation in Deutschland erkennen, indem er den Chor als Menschenmob zeigt, der auf die Straße geht und angestaute Wut und Unzufriedenheit an Unschuldigen auslässt. Die geballte Stimmgewalt und Präsenz des Chores samt Extra-Chor sind definitiv das Highlight dieser Inszenierung. Vor allem, wenn sie bei der Gerichtsverhandlung gegen Danton von den Rängen als zwei Lager in den Zuschauerraum hinab singen. Ein echtes akustisches Erlebnis! Allgemein ist die Grenze zwischen Zuschauer und Bühne sehr fließend in dieser Produktion. Schon vor Beginn der Vorstellung hängen junge Männer rote Flugblätter an den Türen des Theatersaals auf und rattern dabei in einer Endlosschleife politische Parolen herunter, während Lucile Demoulins auf der Bühne weitere Flugblätter druckt. Auch Camille bewegt sich anfangs im Zuschauerraum, während er Danton und de Séchelles dazu auffordert, sich lieber wieder dem Volk zu widmen als körperlichen Genüssen. Eigentlich sind Camille und Lucile auch die einzigen moralisch korrekt handelnden Charaktere in dieser Inszenierung. Danton ist vom Volkshelden zum Lebemann geworden, seine Frau Julie scheint sich nicht daran zu stören, dass er sich mit anderen Frauen vergnügt, sondern vergöttert ihn nach wie vor. Auch der nach außen hin korrekt wirkende Robespierre, der mit weißem Hemd und Käppi aussieht, als würde er für die Security eines Einkaufszentrums arbeiten, lässt sehr schnell blicken, dass ihm in Wahrheit rein gar nichts an Deeskalation liegt. Dem jungen Edelmann, den er vor der wütenden Meute „rettet“, schneidet er später heimlich die Kehle durch.

Foto: Christian POGO Zach

Der Titelheld Danton wird bei der zweiten Aufführung von Bariton Matija Meić großartig verkörpert. Anfangs als lässiger Lebemann, der die Situation nicht mehr ernst zu nehmen scheint. Als er und seine Kameraden jedoch nach der Pause vor Gericht stehen, erwacht in ihm doch noch der mutige Anführer, der seinen Mitgefangenen und sich selbst Stolz und Hoffnung geben möchte, obwohl sie alle in Unterwäsche auf einem Tisch zusammengepfercht sind. Trotzdem wirkt er zeitweise ebenso geschlagen, wie die anderen Gefangenen. Als sein Widersacher Robespierre zeigt Daniel Prohaska, der dem Publikum des Gärtnerplatztheaters doch meistens als sympathischer Held bekannt ist, dass er auch den schleimigen, falschen Bösewicht darstellerisch und stimmlich mehr als überzeugend beherrscht. Er lässt sich vom Volk wie der Messias persönlich vergöttern und intrigiert eiskalt zusammen mit Saint-Just (Holger Ohlmann) gegen die ehemaligen Kameraden, um sie für ihre Propaganda zu opfern.
Die österreichische Schauspielerin Sona MacDonald ist als Dantons Frau Julie in dieser Inszenierung vor allem für die gesprochenen Passagen aus Georg Büchners Drama zuständig, das als Vorlage für von Einems Oper diente. In meinen Augen haben diese Passagen die Oper manchmal etwas an den falschen Stellen gebremst, jedoch von MacDonald sehr mitreißend gespielt. Auch war es interessant zu sehen, dass ihre Figur weniger an ihrem Partner als Mensch Interesse hat als an den Idealen, für die er steht. Vor Gericht versucht sie alle Gefangenen gleichermaßen zu unterstützen und jubelt tatkräftig zu Dantons Reden. Viel persönlicher und liebevoller wirkt hier die Beziehung zwischen Camille und Lucile, dargestellt von Alexandros Tsilogiannis und Mária Celeng. die sich von Anfang am dem Kampf gegen das Terrorregime widmen, ohne sich vielleicht der Gefahr wirklich bewusst zu sein. Beide zeigen in ihren Figuren großen Idealismus und Energie, die den anderen Figuren der Inszenierung bereits verloren gegangen scheinen. Die Szene, in der Camille vor Sorge um seine Frau verzweifelt und Lucile angesichts des bevorstehenden Todes ihres Liebsten den Verstand verliert ist der emotionale Höhepunkt dieses Opernabends.

Foto: Christian POGO Zach

Neben dem Chor sorgt auch das Orchester unter der Leitung von Chefdirigent Anthony Bramall für einen klanglichen Hochgenuss. Moderne Opernmusik wie die von Einems ist natürlich im Gärtnerplatztheater natürlich eher selten zu hören und, trotzdem ist diese Inszenierung durchaus sehr mitreißend und großartig besetzt! Noch dreimal ist sie im November zu sehen (1., 4. und 15.).

Dirigat: Anthony Bramall
Regie: Günter Krämer
Bühne: Herbert Schäfer
Kostüme: Isabel Glathar
Licht: Michael Heidinger
Video: Thomas Mahnecke, Raphael Kurig
Choreinstudierung: Felix Meybier
Dramaturgie: David Treffinger

Georges Danton: Matija Meić
Camille Desmoulins: Alexandros Tsilogiannis
Hérault de Séchelles: Juan Carlos Falcón
Robespierre: Daniel Prohaska
Saint-Just: Holger Ohlmann
Herrmann: Liviu Holender
Simon: Christoph Seidl
Ein junger Mensch: Stefan Thomas
Julie: Sona MacDonald
Lucile Desmoulins: Mária Celeng
Eine Dame: Frances Lucey
Simons Weib: Ann-Katrin Naidu
Chor, Extrachor und Statisterie des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz

https://www.gaertnerplatztheater.de/de/produktionen/dantons-tod.html?m=362

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La Traviata, 26.02.2012, BSO

In der Inzenierung von Günter Krämer haben in den letzten 19 Jahren viele Sänger ihr Rollenportrait gezeigt. Nun waren zwei neue an der Reihe, und ein Sänger, der über 20 Jahre nicht an der Bayerischen Staatsoper gesungen hatte. Der siebzigjährige Leo Nucci überzeugte in der Rolle des Vater Germont. Er stattete die Rolle mit Ausdruck und Klarheit seines Baritons aus, verlieh dem Vater die nötige Persönlichkeit und ein eigenes Profil. In der Rolle des Alfredos war der Tenor James Valenti zu hören, mit schöner Stimme, und er klang bis in die Höhen am ganzen Abend nicht einmal angestrengt. In der Darstellung hielt er sich an die Anweisungen des Regieassistenten, und das Publikum sah einige der alten Operngesten.

Die Sopranistin in der Titelrolle hatte es schwer bei so vielen und legendären Vorgängerinnen, wie z.B. Cristina Gallardo-Domas, Angela Gheorghiu und Anja Harteros. Ihre große und nicht gut sitzende Stimme hatte in ihrer Arie im ersten Akt Ungenauigkeiten und Intonationschwächen. In den Folgeakten wurde es etwas besser, vor allem im Duett mit Vater Germont. Diese Stimme ist zu groß, und es fehlt an Linie. Als Schauspielerin hatte die Dame mehr zu bieten. Nach dem etwas überdrehten ersten Akt gelang ihr der Wandel zur ehrlich Liebenden.

Bleibt noch der “Neuling” am Pult des Bayerischen Staatsorchesters. Der ungarische Dirigent Henrik Nánási führte das Orchester zu einer guten Abendleistung. Bei den zarten Vorspielen beeindruckten die Musiker mit hoher Klangkultur. Der Dirigent war immer bei den Sängern und unterstützte sie in den großen Ensembleszenen mit federnder Rhythmik. Leider konnte da der Chor der Staatsoper nicht immer in der Klangkultur mithalten. Dem Dirigenten alles Gute für seine Arbeit an der Komischen Oper Berlin, wo er ab der Saison 2012/13 Generalmusikdirektor sein wird. Ein Abend in der Bayerischen Staatsoper mit Höhen und Tiefen!

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