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Interviews mit Thérèse Wincent und Robert Sellier

Bei diesen Interviews muss ich vorausschicken, dass es leider nicht möglich war, sie persönlich zu führen, da ich aus persönlichen Gründen verhindert war. Ich bedanke mich bei den Befragten für ihre Bereitschaft, die Fragen schriftlich oder telefonisch zu beantworten. Ausführliche Gespräche mit den einzelnen Solisten folgen dann in der nächsten Spielzeit.

Thérèse Wincent

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Erzählen Sie uns doch ganz kurz, wovon die Oper „Der geduldige Sokrates“ handelt.
Es ist eine Oper über den griechischen Philosophen Sokrates und seine zwei Ehefrauen, und zum anderen auch über den Prinzen Melito und seine zwei Verehrerinnen, die Prinzessinnen Rodisette und Edronica, es sind also tatsächlich zwei parallel geführte Geschichten. Dazu kommen noch die Schüler des Sokrates und der Chor von „Bewunderern“ sowie Nicia, Melitos Vater, der seinen Sohn gerne verheiratet sehen möchte, und Antippo, der ebenfalls unbedingt eine der Prinzessinnen ehelichen möchte.

Erzählen Sie uns von Ihrer Partie.
Meine Partie ist die der Amitta, die Zweitfrau des Sokrates. Sie streitet sich die ganze Zeit mit der anderen Ehefrau, Xanthippe!

Welche Freiheiten haben Sie bei der Interpretation dieser Rolle?
Es ist eine tolle Erfahrung, mit dem Regisseur Axel Köhler zusammenzuarbeiten. Er hat uns dazu ermutigt, in die Rollen, die wir spielen, unsere eigenen Ideen einzubringen und hat dann Nuancen zu unseren Charakteren herausgearbeitet, die uns selbst möglicherweise nicht eingefallen wären. Natürlich darf man nicht vergessen, dass wir hier Stereotype darstellen!

Was gefällt Ihnen am besten an Ihrer Partie? Was ist das Schwierigste an Ihrer Partie?
Das Beste an meiner Rolle ist die Energie, die für jede Szene erforderlich ist. Amitta ist so überzogen dargestellt, das ist wundervoll! Ich würde sagen, dass das Schwierigste auch genau das ist: die Energie! Diese Partie fordert einem alles ab, obwohl die Rolle selbst gar nicht so groß ist.

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Zwei Frauen sind ja offensichtlich zu viel für einen Mann. Finden Sie, ein halber Mann ist zuwenig?
Amitta findet das auf jeden Fall, ja.

Sie sind doppelt besetzt und sicher privat völlig unterschiedliche Persönlichkeiten. Beeinflusst das die Herangehensweise an die Rolle?
Wir hatten und haben die Freiheit, ganz individuell an unsere Rolle heranzugehen, wenn es nötig ist.

Die Musik des „Sokrates“ wird ja hoch gelobt. Trotzdem: Muss man Barockmusik mögen, um diese Oper zu mögen?
Man muss keineswegs ein ausgesprochener Barockopern-Fan sein, um diese Oper zu mögen; sie ist sehr leicht und heiter. Ich hoffe also, dass die komischen Elemente, denen doch durchaus ernsthafte Themen zugrunde liegen, so klar herauskommen, dass unsere Zuschauer danach mit einem Lächeln auf den Lippen nach Hause gehen!

Robert Sellier

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Erzählen Sie ganz kurz, wovon die Oper „Der geduldige Sokrates“ handelt.
Nehmen wir an, jeder Mann müsste per Gesetz zwei Frauen heiraten… Sokrates macht es vor – er hat selbst zwei sehr temperamentvolle Frauen, die ihn und seine sprichwörtliche Geduld bis ins Letzte fordern. Neben seinem Hauptberuf als Betreiber einer Philosophenschule (seine Schüler sind noch nicht besonders fortgeschritten und eher mit irdischen Dingen beschäftigt) berät er noch den König Nicia bzw. dessen Sohn Melito, der mit dieser Doppel-Zwangs-Ehe zunächst völlig überfordert ist.

Erzählen Sie von Ihrer Partie.
Die Partie des Melito: Der überaus attraktive Prinz Melito hat mit Frauen noch keinerlei Erfahrung, aber großes Misstrauen. Und so wird die Aufgabe, zwei Frauen zu wählen, für ihn zur unlösbaren Qual. Seine Phobie löst sich sehr bald durch den direkten Körperkontakt zu beiden Frauen, und nun will er beide. Leider ist Platz eins aber schon von einer dritten besetzt… er muss sich also für eine der beiden entscheiden. Glücklicherweise hebt der Vater die erste Verlobung auf und Melito darf nun wirklich beide, die er will, heiraten. Doch wollen die zwei Frauen sich einen Mann teilen???

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Welche Freiheiten haben Sie bei der Interpretation dieser Rolle?
Die Interpretation dieser Rolle entsteht während der sieben Wochen Probenzeit in ständigem Austausch mit dem Regisseur und dem Dirigenten und auch den direkten Partnerinnen auf der Bühne. Da es eigentlich keine Interpretationsvorlage gibt, habe ich natürlich große Freiheit – aber auch Verantwortung für die Rolle.

Was gefällt Ihnen am besten an Ihrer Partie? Was ist das Schwierigste an Ihrer Partie?
Melito hat vier herrliche und sehr unterschiedliche Arien, erstaunlicherweise alle in Moll. Moll war aber in der Entstehungszeit der Oper durchaus nicht nur mit Trauer oder Trübsal konnotiert, eher mit Empfindsamkeit, Weichheit, Sinnlichkeit. Die Schwierigkeit dieser Partie (eigentlich aller Partien) liegt in der Gestaltung der Rezitative, die sprachlich sehr anspruchsvoll und komplex sind, die rhythmisch aber fast immer dem gleichen Duktus folgen. Das Ganze lebendig zu gestalten, ohne dabei das Continuo abzuhängen, war die schwierigste Aufgabe.

Die Musik des „Sokrates“ wird ja hoch gelobt, es ist die Rede von „leichten Verweisen auf Mozart“ oder „klingt so, als hätte Bach Opern geschrieben“. Da drängt sich fast die Frage auf: Muss man Barockmusik mögen, um diese Oper zu mögen?
Telemanns Musik war zu seiner Zeit gefragter als die seines Kollegen J.S. Bach. Das bedeutet aber für uns Aus- und Aufführende, dass man sich ziemlich intensiv mit den Hörgewohnheiten der Zeit, den stilistischen Manieren, der historischen Aufführungspraxis auseinandersetzen muss, um dieser Musik gerecht zu werden. Denn Telemanns Musik ist viel stärker vom barocken Zeitgeist und der barocken Ästhetik abhängig als J.S. Bachs Musik, ist in diesem Sinne auch „barocker“ als Bach. Daher sollte man auch als Zuhörer seine barocken Hör-Erwartungen nicht an Bach orientieren (vor allem nicht an Aufnahmen vor 1980).

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