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Feuer und Steine – I Capuleti e i Montecchi an der Staatsoper München

[singlepic id=1464 w=320 h=240 float=left]Zwischen Hitze und Kälte sind sie hin- und hergerissen. Bellinis Varianten des berühmtesten aller Liebespaare. Romeo zwischen kalter Rache und heißer Liebe, Giulietta zwischen kühlem Ehrbegriff und warmem Gefühl. Ebenso warm der Bellinisound, der selbst die dramatischste Phrase mit bezauberndem Belcanto überzieht. Schöngesang und Schönklang in der Einigkeit, die dem Paar nur sehr kurz und in dieser Inszenierung (Vincent Boussard) gar nicht gegönnt ist. Nicht nur einmal lässt er seine Soli wahrlich zu Stein werden, zu Statuetten, die auch im Bühnenhimmel erscheinen. Bewusst leblos und erst behaucht bewegt. So tritt das sterbende Paar am Ende dann auch aus der Handlung und auf das vertraute Im-Grabe-Vereint-Bild wird verzichtet.

Überhaupt passiert wenig. Passend zum gerade wieder gefeierten Minimalismus vergeht dieser Abend semikonzertant mit nur szenischen Ansätzen. Statisch stehen und singen die geteilten Chöre, nichts bewegt sich wirklich – allein Romeo und Giulietta. Ein Regieansatz? Oftmals scheint es Einfallslosigkeit und nur ein kleiner Skandal tritt auf: Statt einem Balkon – ein weißes Waschbecken, an das sich Giulietta klammert, und aus dem sie singt. Die Bühne minimaler, leerer Raum mit groben Marmorprojektionen, die an die Medicikapellen in Florenz erinnern (Bühne: Vincent Lemaire). AZ-gossip zur Premiere war die Zusammenarbeit der Netrebko mit Christian Lacroix, der zeitlose, unaufgeregte Kostüme beisteuert. Allein die farbenprächtigen Damen der Hochzeit erzeugen, über eine riesige Bühnentreppe wackelnd, Kostümzauber. Alles in allem eine konzentrierte, minimale Szenenarbeit. Jedoch die Sänger:

Wunderschön und gesanglich hervorragend begeistert Joyce DiDonato als inhaltliches wie stimmliches Zentrum des Werks das Publikum. An ihrem präzisen, maskulinen Spiel können sich durchaus noch einige schmachtende Jungs ein Beispiel nehmen. Mit guter Maske, ohne peinliche Hosenrolle, in dunkler Mähne hängt ihr das Publikum an den Lippen und an ihrem überirdischen Mezzo. An ihrer Seite Ekaterina Siurina als Giulietta, die verspricht, was die Netrebko zur Premiere sicher gehalten hat. Etwas abseits der Handlung, doch mit zwei wunderschönen Arien im 1. Akt der starke Joseph Calleja mit klingendem, klarem Tenor. Der wie immer hochwertige Chor gibt hier den geteilten Schillerauftritt als Gefolge der jeweiligen Parteien. Das in kleiner Besetzung präzise und auf vertrautem Niveau spielenden Opernorchester folgt dem anscheinend innig mit Bellini vertrauten Yves Abel.

Hätte sich diese hitzige Kühle im Gasteig ebenso produziert? Wahrscheinlich, doch dann hätten wir auf die hervorragende szenische und charakterliche Arbeit der DiDonato verzichten müssen. Denn da wird dem Zuschauer  und Zuhörer heißkalt.

Musikalische Leitung Yves Abel; Inszenierung Vincent Boussard; Bühne Vincent Lemaire; Kostüme Christian Lacroix; Licht Guido Levi; Dramaturgie Rainer Karlitschek; Chor Sören Eckhoff; Romeo Joyce DiDonato; Giulietta Ekaterina Siurina; Tebaldo Joseph Calleja; Capellio Goran Jurić; Lorenzo Andrea Borghini; Bayerisches Staatsorchester; Chor der Bayerischen Staatsoper

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