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Interview mit Ella Tyran

[singlepic id=1154 w=240 h=320 float=left]Sehr geehrte Frau Tyran, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben für dieses Interview. Können Sie uns bitte zu Beginn des Gesprächs einen Einblick in ihren Lebenslauf geben?

Zunächst habe ich bei der amerikanischen Sopranistin Carol Byers privat studiert und ging dann an das Konservatorium der Stadt Wien. Danach nahm ich wiederum Privatunterricht bei dem rumänischen Tenor Constantin Zaharia. Wie die meisten Sänger habe ich selbstverständlich auch an Meisterklassen verschiedener Sänger teilgenommen, unter anderem bei Mirella Freni, welche großen Wert darauf legte, dass die Stimme nach außen geht und nicht innen festgehalten wird. Patricia Wise dagegen war sehr auf Interpretation und Stilistik bedacht. Mit Raul Gimenez habe ich stark am Belcanto-Stil gearbeitet.

Was gab bei Ihnen den Ausschlag, Sängerin zu werden?

Um ehrlich zu sein, habe ich bereits als kleines Kind gesungen. Meine Mutter ist selbst ein sehr großer Opernfan und so lief bei uns zu Hause im Hintergrund ständig Oper – aber auch Operette. Aber ich war und bin auch noch immer sehr an Soulmusic interessiert. Zunächst wollte ich auch Soulsängerin werden, aber als ich zum ersten Mal Puccini gesungen habe, war es um mich geschehen und die Oper hatte mich nun gänzlich in ihren Bann gezogen. Das Wunderbare an diesem Beruf ist nämlich, dass es nicht nur um das Singen geht – obwohl die Stimme für mich immer an erster Stelle steht – sondern auch darum, einen Charakter darzustellen, eine Rolle zu interpretieren, mit allen Nuancen. Von glücklich bis zu Tode betrübt.

Wo haben Sie Ihre ersten Erfahrungen auf der Bühne gesammelt?

Ich habe Gilda im Teatro Pergolesi in Jesi gesungen. Zuvor hatte ich eine große Tournee mit der Pamina gemacht. In Indiana sang ich dann Traviata. Wichtig war für mich auch die Adina in Dresden.

Dann der Sprung an das Gärtnerplatztheater München?

Das war schon eine große Möglichkeit für mich, weitere Erfahrungen zu sammeln. Vor allem im letzten Jahr.

Geben Sie uns doch ein paar Einblicke in die Produktionen, die Sie am Gärtnerplatztheater singen und gesungen haben. Welche Produktionen haben besonderen Spaß gemacht?

Ein großes Vergnügen war und ist auf jeden Fall, die Adele zu singen, da ich vom Chef persönlich die Erlaubnis bekam, meinen Wiener Charme etwas einzubringen. L’Italiana in Algeri ist natürlich auch eine wunderbar farbenfrohe und heitere Inszenierung. Stimmlich auch eine Herausforderung, da die Tessitura vor allem in den schnellen Ensembles für die Sopranstimme ziemlich hoch liegt, sich aber hauptsächlich auf parlando beschränkt. Die Telemann-Oper Der geduldige Sokrates war auch eine sehr interessante Produktion, vor allem durch die Inszenierung von Axel Köhler, welche dem Stück einen wunderbaren Charme verlieh. Es war auch eine besondere Freude, in solch wunderbar glanzvollen Kostümen zu spielen. Mein Lieblingsstück war die Produktion der Philip-Glass-Oper Der Untergang des Hauses Usher. Die Zusammenarbeit mit Carlos Wagner war eine grossartige Erfahrung. In einem Workshop mit dem Butoh-Tänzer Tadashi Endo hatten alle Beteiligten zuvor Gelegenheit, zu lernen, den Körper auf eine ganz besondere Weise zu bewegen. Der Charakter der Madeleine gefällt mir auch sehr gut, da sie eine sehr düstere Erscheinung ist, die ziemlich viel durchmachen musste. Solche dunklen abgründigen Figuren faszinieren mich besonders.

Momentan sind Sie in vier Produktionen zu hören, Die verkaufte Braut von Smetana, L’Italiana in Algeri von Rossini, Der Untergang des Hauses Usher und Die Fledermaus. Viele Musikstile in kürzester Zeit, ein schwieriges Unterfangen, oder?

Um ehrlich zu sein, versuche ich nicht, meine Stimme dem Musikstil anzupassen. Das passiert ganz von selbst. Durch die Musik.

In der Rolle der Madeleine in Der Untergang des Hauses Usher von Philip Glass haben Sie keinen Text, nur Vocalisen zu singen. Wie haben Sie sich auf diese Rolle vorbereitet?

Ich ging Mitternachts auf Friedhöfe und legte mich zwischen die Gräber. – Kleiner Scherz. Nun, musikalisch gab es zunächst nur eine Möglichkeit: Zählen. Und sich an den Stimmen der Kollegen zu orientieren, da ich ja selbst keinen Text zu singen hatte, und die Musik ziemlich repetitiv ist. Um so wichtiger war es, jeder Phrase emotionale und ausdrucksmäßige Bedeutung zu geben. Emotional ist es natürlich nicht so einfach, sich vorzustellen, wie sich so eine gequälte Seele wie die der Madeleine fühlen muss, nachdem sie wiederholt von ihrem Bruder zum Sex gezwungen wird und immer wieder aufs Neue miterleben muss, wie ihr missgebildeter Nachwuchs vor ihren Augen getötet wird.

Gibt es für Sie einen Lieblingskomponisten oder ein Lieblingsstück?

Verdi gehört auf jeden Fall dazu, vor allem die Traviata. Aber auch Massenets Manon und die wunderbare Musik von Gounods Romeo et Juliette sowie Faust liegen mir sehr am Herzen. Wenn sich die Stimme in die Richtung entwickelt, vielleicht einmal in ferner Zukunft Leonora in Trovatore. Puccinis Rondine liebe ich auch sehr. Dieses Stück wird leider viel zu selten aufgeführt. Im Grunde lege ich aber immer mein ganzes Herzblut in jene Rolle, die ich aktuell singe. Nur so ist es mir auch möglich, alles zu geben.

Was ist das Schwierigste und was das Schönste an Ihrer Arbeit?

Das Schwierige an diesem Beruf ist, dass man von zu Hause weg ist und ein “normales Familienleben” nur schwer realisierbar ist. Aber zugleich ist es auch faszinierend, immer wieder neue Orte und Menschen kennenzulernen, neue Rollen zu singen und sich dadurch als Künstler und Mensch weiterzuentwickeln.

[singlepic id=1155 w=240 h=320 float=right]Haben Sie musikalische Vorbilder?

Maria Callas, Luciano Pavarotti, Mirella Freni, Placido Domingo.

Hören Sie in Ihrer Freizeit noch Musik?

Ja, aber eher Soulmusic und R&B, aber auch klassische Instrumentalmusik. Sehr gerne zum Beispiel Chopin und Bruckner.

Geben Sie uns noch einen Ausblick in die Zukunft. Wo können wir Sie in Zukunft im Konzert oder auf der Opernbühne erleben?

Es kommen einige Konzerte in Wien auf mich zu. Diesen Sommer im Juli auch zwei Gala-Konzerte in München im Herkulessaal. Eine Traviata in den USA, sowie auch in Rumänien. Einige weitere Projekte sind geplant, aber noch geheim.

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