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To dream the impossible dream, 01.04.2012, Gärtnerplatztheater

Auf den Spuren des Don Quixote lautete der Untertitel dieser Matinee. Derrick Ballard, am Flügel begleitet von Anke Schwabe, präsentierte einen bunten Streifzug durch die Musikgeschichte mit Liedern, die sich sämtlich mit dem Ritter von der traurigen Gestalt beschäftigen.

Da gab es so unterschiedliche Sachen wie Canción de Dulcinea von Javier Jacinto, einem 1968 geborenen spanischen Komponisten, und den Zyklus Don Quichotte à Dulcinée von Maurice Ravel zu hören. Die Stücke wurden in meinen Ohren perfekt vorgetragen und Derrick Ballard konnte seinen kräftigen und umfangreichen Bass-Bariton sehr gut zur Geltung bringen.

Besonders gut haben mir die Quixote Meditations I., II., III. gefallen, von dem amerikanischen Komponisten Edward Ficklin wohl speziell für Derrick Ballard geschrieben. Er trug diese unglaublich gefühlvoll vor. Der absolute Höhepunkt war jedoch die Don Quixote: Charakterstücke für Klavier solo von Erich Wolfgang Korngold, der diese bereits im zarten Alter von 12 Jahren schrieb. Anke Schwabe zeigte ihr ganzes Können bei diesen Stücken, die sie wirklich hervorragend interpretierte.

Das begeisterte Publikum erklatschte sich am Ende noch das titelgebende Stück aus dem Mann von La Mancha als Zugabe. Besonders hervorzuheben ist auch noch das schön gestaltete Programmheft mit der Übersetzung von allen Liedern. Ein sehr schöner Nachmittag!

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Sergej Lukianenko – Trix Solier: Odyssee im Orient

Mit Trix Solier – Odyssee im Orient (im Original heißt der Roman übrigens übersetzt Zappelphillipp) ist es Sergej Lukianenko wiederum gelungen, sich als Stern am Himmel der All-Age-Fantasy-Romane zu positionieren.
Empfohlen wird das Buch ab 11 Jahren, ich bin mir auch sicher, dass diese Altersgruppe die spannenden und fantasiereich beschriebenen Abenteuer des Zauberlehrlings genießen kann. Geschrieben ist das Buch jedoch meiner Meinung nach für Erwachsene, denn es enthält so viele Anspielungen, Wortspiele, Seitenhiebe auf die Gesellschaft und Zitate, dass man schon über eine gewisse Erfahrung verfügen muss, um alles zu verstehen. Oder hätten Sie auf Anhieb den ersten Satz von Anna Karenina identifiziert? Ich nicht.
Der Roman behandelt aber auch philosophische Fragen. Heiligt der Zweck die Mittel? Ist es das Ende des Universums, wenn man sich während einer Zeitreise selbst begegnet? Wie überlistet man einen Dschinn? Warum haben weibliche Zwerge Bärte? Und wer zum Teufel ist der Mineralisierte Prophet?
Ähnlich wie bei Jasper Ffordes Tuesday Next-Romanen würde es sich hier auf alle Fälle lohnen, einen Leseführer anzulegen, um alle Anspielungen verständlich zu machen. Besonders hervorzuheben ist die herausragende Übersetzung von Christiane Pöhlmann, die es geschafft hat, das alles vom Russischen ins Deutsche zu transportieren. Ein herrlicher Lesespass von Jung bis Alt mit ein klein bisschen Tiefgang.

Sergej Lukianenko – Trix Solier: Odyssee im Orient
Gebundene Ausgabe: 588 Seiten
Verlag: Beltz; Auflage: 1., Deutsche Erstausgabe (7. März 2012)
ISBN-10: 340781108X
ISBN-13: 978-3407811080

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Interview mit Juan Fernando Gutiérrez

[singlepic id=1160 w=320 h=240 float=left]Sehr geehrter Herr Gutiérrez, herzlichen Dank, dass Sie sich bereiterklärt haben zu einem Interview auf unserem Blog “Nacht-Gedanken”. Erzählen Sie uns doch bitte etwas zu Ihrem Werdegang.

Ich komme ursprünglich aus Kolumbien. Dort begann ich mein Gesangsstudium, und in dieser Zeit wurde mir klar, dass ich diesen Beruf nicht nur erlernen, sondern auch ausüben möchte. In Kolumbien hätte ich als Opernsänger nicht so viele Möglichkeiten gehabt. Somit entschloss ich mich, nach Europa zu gehen. Ich bewarb mich in Wien und wurde aufgenommen. Daher begann ich dort mein Studium, das ich nach siebeneinhalb Jahren abschloss. In dieser Zeit machte ich verschiedene Produktionen: Neue Oper Wien in Wien und Holland, Haydn-Festspiele in Eisenstadt – eine schöne Produktion mit Adam Fischer – und andere. Nach meinem Universitätsabschluss kamen einige Wettbewerbe. Einer davon bereitete mir besonders viel Freude, das war der Wettbewerb in Osaka/Japan, den ich auch gewann, und unter den Preisen bekam ich von dem japanischen Publikum den Publikumspreis. In dieser Zeit bekam ich die Möglichkeit, im Gärtnerplatztheater vorzusingen. Es klappte, und so kam es zu meinem ersten großen Festengagement. Hier bekam ich die besten Partien, die man sich als junger lyrischer Bariton nur wünschen kann: Papageno in der Zauberflöte, Dr. Falke in der Fledermaus, Taddeo in L’Italiana in Algeri, Ottokar im Freischütz und so weiter.

Wie kam es dazu, dass Sie Sänger wurden?

Ich glaube, das hängt sehr stark damit zusammen, dass mein Vater auch singt, jedoch nicht professionell. Diese Liebe zur Musik, die Liebe zum Gesang ist ihm geblieben, und die vermittelte er meinem Bruder und mir. Wenn das in einem drin ist, kommt irgendwann der Moment, wo es erwacht. Bei mir war es so: Als ich 15 Jahre alt war, erwachte diese Neigung zur Musik, vor allem zum Gesang, ganz plötzlich. Damals begleitete ich mich sehr oft mit der Gitarre. Diese Liebe zu Musik und Gesang fing da an und entwickelte sich immer mehr, so wie auch mein Interesse für die Oper, bis ich mich entschloss: “Okay, ich möchte aus meiner Stimme alle Möglichkeiten herausholen, die sie zur Verfügung hat; da wäre die Oper oder auch das Konzertfach genau das Richtige.” Ich glaube, deswegen wurde ich Opernsänger. – Mein Vater war immer so ein Leitmotiv für uns. Mein Bruder ist auch Sänger. Er ist ein Jahr älter als ich, auch er hat eine lyrische Ausbildung, aber entschied sich für die Volksmusik, das ist mehr so seine Sparte. Jedes Mal, wenn wir uns treffen, sind zuhause also drei Baritöne zu hören.

Gab es irgendwann einmal eine Alternative beim Berufswunsch?

Ich glaube nicht. Nachdem ich angefangen hatte zu studieren, vor allem in Wien, gab es keine zweite Option. Zwar leidet man ein bisschen, wenn man es nicht so leicht hat – sprich: gute Kontakte, oder gute Möglichkeiten, oft auf der Bühne zu stehen. Denn es kommen immer wieder Gelegenheiten als Chorsänger, oder – weil ich aus Südamerika stamme – mit Volksmusik wie Tangos oder Boleros einfach Geld zu verdienen. Aber wenn man es wirklich als Ziel hat, auf der Bühne zu stehen, dann möchte man sich einen Weg schaffen, als Solist zu agieren – ohne Alternative.

Welche Musik haben Sie als Kind gehört?

Ich glaube, wir – nicht nur in Kolumbien, sondern in ganz Lateinamerika – sind sehr geprägt von mexikanischer Musik, argentinischer Musik, kubanischer Musik und selbstverständlich kolumbianischer Musik. Bei uns hört man jeden Tag zuhause noch Tangos, Boleros, Rancheras – das ist die Volksmusik aus Mexiko – und auch ich bin mit dieser Musik aufgewachsen und davon geprägt worden. Ich glaube, daraus habe ich auch viel gelernt, weil die Interpreten dieser Musikgattungen auch sehr gute Sänger waren und sind. Heutzutage kann man von vielen bekannten Künstlern wie Placido Domingo oder Juan Diego Flórez einige CDs hören, die ausschließlich für diese Musik aufgenommen wurden.

Welche Musik hören Sie heute?

Zu Hause wenig Oper, denn da versuche ich immer abzuschalten. Ich glaube, jede Art von Musik, die gut gemacht wurde. Ein gut gemachtes Werk bedeutet für mich im Fall von vokaler Musik, dass der Text gut ist, Sinn ergibt und dazu eine gute Begleitung hat – egal in welcher Form: entweder mit Kammerorchester, mit Tango- bzw. Boleroorchester oder Sinfonieorchester. Auf meinem i-Pod sind Rancheras, bekannte Tangos, spanische Zarzuelas – ich würde sagen: alles, was schön und gut ist.

Haben Sie das absolute Gehör?

Ich kann ein “La” ohne Stimmgabel singen: Laaaa. (Lacht.) Aber das absolute Gehör habe ich nicht. Ich habe ein gutes Gehör.

Sie haben vorhin gesagt, Sie haben sich mit der Gitarre begleitet. Spielen Sie noch andere Instrumente?

Leider nicht. Ich würde mich gerne mit dem Piano begleiten, aber ich konnte mit diesem Instrument nicht früh genug anfangen, und ich fand nie wirklich die Zeit, mich diesem Instrument zu widmen. Aber ich finde es toll, wenn ich sehe, dass jemand singt und sich mit dem Klavier begleiten kann. Ich kann mich wirklich nur mit der Gitarre begleiten, und das allerdings nicht profimäßig, sondern elementar.

Welche Sprachen sprechen Sie, und in welchen Sprachen singen Sie?

Ich spreche Deutsch, weil ich mein Studium im deutschsprachigen Raum absolviert habe. Ich spreche Spanisch, das ist meine Muttersprache. In meiner Ausbildungszeit habe ich auch sehr oft in Italien studiert, dadurch kann ich auch einiges auf Italienisch. Englisch verstehe ich gut. Ich singe hauptsächlich in den Sprachen Französisch, Italienisch, Spanisch, Deutsch und Englisch.

Haben Sie musikalische oder szenische Vorbilder?

Vorbilder habe ich auf jeden Fall, und zwar Künstler, die sich jahrelang diesem Beruf gewidmet haben. Man bewundert die Qualität, die immer im Vordergrund stand. Placido Domingo ist für mich eines der besten Beispiele – nicht nur als Sänger, sondern auch als Künstler. Ich hatte auch das Glück, bei sehr guten Sängern gelernt zu haben, zum Beispiel Margareta Lilowa oder Franco Pagliazzi. Diese Künstler waren auch sehr wichtige “Standpunkte” für meine Entwicklung. Dadurch ist die Bewunderung für sie mit der Zeit immer weiter gewachsen.

Hatten Sie internationale Auftritte, abgesehen von Deutschland und Österreich?

Ich war als Gast in Holland mit einem Werk von Christoph Cech, eine moderne Version von Monteverdis Orfeo. Danach folgte ein Engagement in Bulgarien, wo ich mit dem Plovdiv Philharmonic Orchestra die Sinfonie von Zemlinsky sang; eine Konzerttournee in Ungarn folgte. Dann kamen Auftritte in Japan, unter anderem mit dem Hiroshima Sinfonieorchester, um Beethovens Neunte aufzunehmen. Es war ein unglaubliches Gefühl für mich, den Klang von über eintausendfünfhundert Choristen und das riesige Orchester auf der Bühne zu erleben – und wir, die Solisten, waren in der Mitte.
Die Japaner in Hiroshima haben sich dieses Werk ausgewählt und führen es traditionell jedes Jahr auf um der Atomkatastrophe zu gedenken. Als das Werk zu Ende war, bekam ich ein Geschenk von ihnen, eine Tasche, auf der stand: „Alle Menschen werden Brüder.“ Das fand ich besonders schön.
Ich bin auch Solist der Kolumbianischen Oper; voriges Jahr trat ich als Dr. Malatesta in Don Pasquale auf, und dieses Jahr werde ich mein Debüt als Leskaut in Massenets Manon geben.

Gibt es Komplikationen, die sich aus dem besonderen Lebensrhythmus und Arbeitsrhythmus eines Opernsängers ergeben?

Ja, ich glaube, ein Sänger, der ausschließlich vom Singen lebt, hat es nicht leicht. Jeder Ortswechsel, vor allem, wenn man Familie hat, ist schwer. Wenn die Kinder krank werden, dann leidet man auch mit. Wenn man sich für einen Gastvertrag irgendwo anders entscheidet, dann geht man von zuhause weg, vier bis sechs Wochen, und in dieser Zeit sieht man die Familie nicht, sieht man die Kinder nicht aufwachsen. Diese Dinge treffen einen Sänger auch. Der Stress, immer fit zu sein, der Stress vor allem heutzutage, wo alles immer perfekt aussehen muss. Ich glaube, das ist ein Druck, den jeder Sänger in sich trägt. Es gibt auch die Gefahr, dass man zuviel auf einmal macht, um keine Chance zu verpassen, aber das ist eine große Gefahr. Ich finde, ein Sänger hat vor allem eine große Belastung damit, einen echten Rhythmus zu haben. Wenn man sich entscheidet, ein Gastengagement woanders anzunehmen, dann muss man beispielsweise bei Kolumbien oder Japan mit einem Zeitunterschied von 6 oder 7 Stunden rechnen. Dieser ständige Wechsel belastet nicht nur die Stimme, sondern auch die Nerven. Also, ein Sänger hat es in dem Sinne nicht leicht.

Was tut Ihrer Stimme gut, und was mag die Stimme überhaupt nicht?

Es tut mir gut, wenn ich Werke zu singen habe, mit denen ich mich wohlfühle; nicht nur stimmlich, sondern auch, dass ich mich in dieser Partie oder dieser Rolle wiederfinde.
Ich finde es vor allem wichtig, die Möglichkeit zu haben, nach einer Vorstellung oder nach einer langen Probezeit immer wieder zur Ruhe zu kommen. Das ist aber nicht immer selbstverständlich. Und das, glaube ich, tut mir nicht gut.

Tun Sie etwas für Ihre Kondition?

Das Minimum, denke ich. Ich versuche zumindest, jeden Tag ein wenig Sport zu machen. Für meine Kondition versuche ich außerdem, auf meine Ernährung zu achten, so gut es geht. Ich gehe mit meiner Stimme sehr bewusst um, ich bereite mich für Partien gut vor, aber ich singe wenig, wenn ich zuhause bin. Es ist sehr oft mehr als genug, was man im Theater schon probt. Außerdem rauche ich nicht und trinke nur gelegentlich Alkohol, insofern sollte das schon ein Beitrag zur Schonung der Stimme und des Körpers sein.

Haben Sie das Gefühl, dass Sie sehr diszipliniert leben müssen?

Es hat sich schon einiges geändert, wenn ich mein heutiges Leben vergleiche damit, wie ich als Student gelebt habe. Also, der Beruf verlangt auf jeden Fall mehr Diziplin: einen anderen Rhythmus zu haben, auf so viele Dinge achten zu müssen, die einem als junger Sänger fremd sind. Zum Beispiel: Wie komme ich mit einem Orchester zusammen, wenn man die Erfahrung nicht hat oder nicht ausreichend gemacht hat? Als Berufsanfänger war man ja noch nicht so oft oder nicht so regelmäßig auf der Bühne, dass man das alles selbstverständlich kann. Wie klingt meine Stimme auf der Bühne? Kann ich mit dem Gefühl gut umgehen, oder brauche ich ein bisschen Zeit dafür? Für all diese Dinge, die nur in der Praxis zu lernen sind, braucht man konsequente Arbeit, dafür braucht man natürlich ein bisschen mehr Disziplin. Wenn man schon im Beruf ist, sind zusätzliche Herausforderungen da, und ich glaube, um diese mit Erfolg zu erreichen, lebt man auf jeden Fall ein bisschen anders.

Wie bereiten Sie sich auf eine neue Rolle vor?

Zuerst lese ich das Libretto und erkundige mich, was für meine Partie geschrieben ist. Daraus ergeben sich Fragen wie: Was ist von meinem Charakter in dieser Rolle, die ich spiele, und was nicht? Was muss ich zusätzlich lernen? Ich glaube, ganz grundsätzlich gehe ich erst mal den Gedanken an: Wie bewegt sich diese Figur auf der Bühne, die ich jetzt darstellen werde? Welche Gestensprache verwendet sie, mit den Händen? Oder: Wie schaut die Figur, vom Blick her? Das sind die grundsätzlichen Ideen.
Danach kommt die Musik, auf die man besonders achten soll. Natürlich, je nach Komponist, ist die Musik ein zusätzliches Gewürz darin, das diese Figur formt. Ich versuche zuerst, diese beiden Punkte zu klären.
Dann kommt das dritte und Wichtigste für mich, und das ist die Technik dabei. Also: Wie singe ich diese Partie schön, echt, und für mich auch ökonomisch?
Diese drei Punkte zusammengenommen, das umfasst für mich in erster Linie die Vorbereitung auf eine Partie. Der Rest kommt mit der Erfahrung. Wenn man eine Partie gespielt hat, lernt man jedes Mal mehr davon.

Ihr letztes Rollendebüt hier am Gärtnerplatztheater war der Magus in Joseph Süß. Wie haben Sie sich auf diese Rolle vorbereitet?

Ich habe sehr intensiv die jüdische Kultur recherchiert, um mir ein Bild zu machen, wie eine Person aus dem Judentum zum Beispiel sich beim Beten ausdrücken könnte. Da die Musik nicht leicht zu lernen war, habe ich ein wenig mehr Zeit gebraucht als sonst, bis ich die Partie im Körper gespürt habe. Es war auch nicht leicht, die Partie auswendig zu lernen. Ich lerne immer noch Neues darüber. Wenn Sie mich in einigen Wochen fragen, werde ich von den Erfahrungen berichten; die Partie ist immer noch frisch für mich.

Als Nächstes kommt bei Ihnen eine Lieder-Soiree. Erzählen Sie uns doch ein bisschen dazu, was da geplant ist.

Die Besucher unseres Konzerts werden sich unter anderem an wunderschönen, spanischen Melodien erfreuen, es sind Melodien aus Zarzuelas. Die Zarzuela “Luisa Fernanda” ist unser Schwerpunkt im ersten Teil.
Es kommen auch Melodien, die nicht zur Zarzuela gehören, aber die traditionell aus der spanischen Kultur stammen. Das Konzert heißt: “Das kommt mir spanisch vor”. Als Hauptspeise bringen wir spanische Lieder in allen Spielarten, gemischt mit Liedern, die aus den romanischen Sprachen stammen. Im zweiten Teil kommen verschiedene Rhythmen, die auch auf spanisch gesungen werden, aber die nicht unbedingt zu einer klassischen Gattung gehören, wie zum Beispiel Tango. Da haben wir auch eine kleine Portion von dieser schönen südländischen Identität in Südamerika: Die argentinische Musik. Komponisten wie Astor Piazzolla, einer der bedeutendsten Exponenten dieser Art von Musik, werden zu hören sein. Wir haben auch Boleros, Musik auf portugiesisch und französisch.
Ich werde das Konzert zusammen mit der Sopranistin Elaine Ortiz Arandes singen, eine lateinamerikanische Kollegin, die eine wunderschöne Stimme hat. Am Flügel wird uns Liviu Petcu begleiten. Es wird ein vielfältiges Programm sein. Mir persönlich macht es sehr viel Freude, den Kollegen, die mitwirken, genauso. Ich hoffe, die Zuhörer werden es auch genießen.

Das hört sich nach einem sehr spannenden Programm an. –
Haben Sie Lampenfieber, und wenn ja, was tun Sie dagegen?

Unkontrolliertes Lampenfieber in dem Sinn habe ich jetzt nicht mehr. Das habe ich aber bei meinen ersten Bühnenauftritten erlebt: Diese extreme Nervosität, diese tausend Fragen: Schaffe ich es? Werde ich zufrieden sein? Wird das Publikum zufrieden sein? Dieser ganze Druck, den man sich selbst aufbaut, produziert dieses Lampenfieber. Wenn ich jetzt auf die Bühne gehe, ist eine Aufregung da, die aber, glaube ich, mir auch hilft, mehr dabei zu sein, aktiver auf der Bühne zu wirken. Ein bisschen dieser Aufregung, glaube ich, ist auch notwendig. Es hilft mir zumindest, die Einstellung zu haben, den Abend zu erleben und zu akzeptieren, so wie er kommt.

Was ist das Beste an Ihrem Beruf, und was ist das Nervigste?

Das Beste für mich sind die unendlichen Gefühle, die man von der Musik mitbekommt, sich wachsen zu sehen in dieser Art von Leben. Sänger zu sein, ist eine bestimmte Art, das Leben zu leben. – Das Nervigste? Ich würde sagen, diese Ungewissheit, die man manchmal hat, wenn man im Beruf anfängt. Ich musste sehr oft umziehen, und um an die ersten Verträge zu kommen, musste ich sehr oft Vorsingen absolvieren; manchmal machte die Stimme oder die Gesundheit nicht mit, und somit war dann alles umsonst. Mit Familie sehnt man sich noch mehr nach Stabilität, sprich: dauerhaften Wohnort und fixen Arbeitsplatz. Das nicht immer zu haben, ist das Nervigste für mich, würde ich sagen.

Haben Sie eine Wunschpartie?

Eine Wunschpartie derzeit habe ich, ja. Ich würde sagen, es gibt keine Partie, die mir persönlich im italienischen Fach in dem, was wir Opera Buffa nennen, mehr Vergnügen bereitet als die Partie des Figaro in Il Barbiere di Siviglia. Die habe ich glücklicherweise erhalten. In dieser Rolle werde ich in Münster kommenden September debütieren.

Dann herzlichen Dank für dieses Interview, und alles Gute für die Zukunft!

Vielen Dank!

(Das Interview wurde geführt am 30. März 2012 in München.)

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Interview mit Franziska Rabl

[singlepic id=1158 w=240 h=320 float=left]Sehr geehrte Frau Rabl, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview genommen haben. Würden Sie uns als Erstes einen Einblick in Ihren Lebenslauf geben?

Ich habe ja schon als Kind angefangen, Musik zu machen, und das hat ganz klar mein Leben geprägt: Im Jugendorchester spielen, im Schulchor singen. Ich war mit den Orchestern unterwegs, bin gereist, habe eigentlich meinen kompletten Freundeskreis dort rekrutiert. Das war schon eine eigene Welt. Irgendwie war auch ziemlich früh klar: Ich werde Musikerin. Das ist zwar in unserer Familie nicht üblich, aber bei mir war es so eindeutig, dass es nie in Frage gestellt wurde. Da meine Eltern auch gerne Musik hören und selber machen, hatten sie nichts gegen meinen Berufswunsch –  dass es dann das Singen wurde, kam für sie dann aber doch überraschend.

Welche Instrumente spielen Sie?

Ich habe angefangen mit Geige. Dann kam irgendwann mal die Bratsche dazu, aus dem ganz einfachen Grund, dass ich so große Hände habe und die Mensur der Bratsche weiter ist, mir quasi auf den Leib geschneidert ist. Die Geige blieb mein Hauptinstrument, ich habe auch Abitur damit gemacht. Aber die Bratsche war eine Bereicherung, z.B. im Streichquartett. Mit elf Jahren habe ich angefangen, Horn zu spielen und bin im Orchester darauf umgestiegen, weil es das viel schönere Orchesterinstrument ist. Man spielt solistisch, und der Klang im Orchester ist einfach großartig.

Wie kam es dazu, dass Sie sich für den Gesang entschieden haben, als Berufswunsch?

Meine Mutter ist auch mit Oper großgeworden, und da liefen bei uns gerne mal Don Giovanni oder  die Fledermaus. Schon als Kinder haben wir die Adele mitgeträllert und Rosalindes „Damenührschenmacherschen“ mitgesprochen. Wir hatten auch sehr gute Chöre an meiner Schule. Dadurch habe ich das Chorsingen kennengelernt und gemerkt, dass es nicht unbedingt meins ist, aber dass Singen Spass macht. Dann gab es einmal, als wir mit der Klasse in Griechenland waren, den Besuch in dem antiken Theater Epidauros, das eine fantastische Akustik hat. Da habe ich etwas gesungen, und das war wirklich ein Schlüsselerlebnis, so dass ich mir dachte: „Ja, genau DAS ist es, und dafür möchte ich arbeiten.“ Danach habe ich mir eine Gesangslehrerin gesucht und das erst einmal heimlich betrieben, weil meine Eltern schon den Unterricht für die Instrumente finanzierten.

Und das Studium?

Das Studium ging nicht gleich nahtlos nach dem Abitur los, weil ich noch Zeit brauchte. Dadurch, dass ich relativ spät den Wunsch entdeckt habe zu singen, fehlte mir noch Gesangstechnik für das Studium an einer Musikhochschule. Um die Zeit zu überbrücken und  eine wirtschaftliche Sicherheit zu haben, habe ich eine Dolmetscher-Ausbildung gemacht. Das hat sich in doppelter Hinsicht gelohnt, denn dort habe ich Freunde gefunden, die mir den Kontakt zu Pamela Coburn hergestellt haben, die mir eine wunderbare Gesangslehrerin wurde.

Sie haben hier in München studiert?

Ja.

Wo haben Sie dann Ihre ersten Opernerfahrungen gemacht?

In der Pasinger Fabrik, Münchens kleinster Oper, schon während des Studiums.

Das war dann Kammeroper?

Ja, mit sehr kleinem Orchester, ganz nah am Publikum! Ich bin dort eingesprungen als Orlofsky in der Fledermaus, das war mein erster solistischer Auftritt. Dadurch habe ich Dominik Wilgenbus kennengelernt, der damals dort inszenierte, und dann sang ich auch in seinen nächsten Stücken immer mit: Hänsel und Gretel, Cenerentola, Die Welt auf dem Mond.

Wie kam dann der Wechsel zum Opernstudio des Opernhauses Zürich?

Ganz einfach durch ein Vorsingen gegen Ende des Studiums. Ich wurde glücklicherweise genommen, und dann bin ich nach Zürich gezogen.

Wie war das an diesem Haus? Wie lange waren Sie in Zürich?

Ich war ein Jahr dort. Das war ein schönes Jahr, und ich würde es wirklich immer wieder machen. Aber das Tollste war, alle Proben anschauen zu können im großen Haus und auch die Vorstellungen besuchen zu können, kostenlos auf einem Klappsitz. Die Großen beim Arbeiten zu beobachten, eben zu sehen: Wie singt eine Vesselina Kasarova, wie teilt die sich eine Probe ein, wenn sie Rosina singt? Oder Cecilia Bartoli zuzuschauen, wenn die in eine Probe kommt. Wie geht die mit dem Dirigenten um, wenn ihr etwas nicht so zusagt? Wie macht sie diese Rolle musikalisch? Das war schon ein Privileg.

Wie ging es dann weiter?

Dann kam relativ überraschend gegen Ende meines Zürich-Jahres das Engagement in Dortmund. Ich hatte mich eigentlich schon darauf eingestellt, wieder nach Hause nach München zu gehen, mit meinem Gesangslehrer zu arbeiten und vorsingen zu gehen. Ich hatte auch schon eine Wohnung in München gefunden, und auf einmal, schwupp, war Dortmund da. Ich bin dann nach zwei Monaten in München umgezogen nach Dortmund, wo ich drei Jahre im Ensemble war.

Da kamen dann auch direkt größere Rollen?

Stimmt, da kamen schöne Rollen. Gleich am Anfang meines zweiten Jahres habe ich dort Carmen gesungen. Mit 29 Jahren die erste Carmen, das war schon gewagt, aber es hat gut funktioniert. Und es hat Spaß gemacht. Hänsel war ja schon aus Pasing meine Leib- und Magen-Partie, und es waren noch viele andere schöne Partien dabei.

Dann kam 2010 doch wieder München.

Ja. Da war ich Freiberuflerin und wohnte in München. Das Angebot vom Gärtnerplatz kam, und ich habe mir gedacht: „Wie toll! Zuhause arbeiten! Kann ja nicht schöner sein.“

Welche Erinnerungen haben Sie jetzt an diese zwei Jahre, die Sie hier am Gärtnerplatztheater verbracht haben? Da waren ja doch einige Produktionen … oder Erlebnisse mit Kollegen?

Für mich war wunderbar … das muss ich jetzt einfach so sagen: die Zusammenarbeit mit meiner Freundin Heike Susanne Daum. Wir sind sehr gut befreundet, schon aus Dortmunder Tagen. Sie ist drei Jahre früher als ich an den Gärtnerplatz gekommen, und das gab einfach eine große Freude, als klar war, dass wir wieder an demselben Haus arbeiten würden. Fledermaus z.B. mit ihr zusammen zu singen macht soviel Spaß! Da hat man die Freundin mit auf der Bühne stehen, die man auch als Kollegin so sehr schätzt, und das macht richtig, richtig Laune. Auf Falstaff freue ich mich auch schon riesig! Ansonsten habe ich den Gärtnerplatz im Ganzen als sehr nett empfunden. Ich habe auch davor nie schlechte Erfahrungen gemacht und bin immer gut mit den Kollegen an den unterschiedlichsten Häusern klargekommen, aber die Stimmung hier am Haus war ab dem ersten Tag schon speziell: Speziell schön. Wirklich. Das hat etwas sehr Familiäres. Ab dem Moment, wo man durch die Tür kommt und vom Pförtner begrüßt wird, über die Ankleider, die Maske, die Kantine bis zu den Technikern. Jetzt hat die Stimmung leider sehr gelitten, mit dem Umbau und den ganzen Kündigungen, das ist deutlich spürbar. Aber gerade in meinem ersten Jahr war die Stimmung fantastisch.

Innerhalb der letzten Woche drei verschiedene Produktionen – L’Italiana in Algeri, Die Omama im Apfelbaum und jetzt das neue Musical Heimatlos. Wie bereitet man sich auf diese Abende dann vor, wenn man das in einer Woche zu singen hat?

Das sind nur die Abende, und dazwischen kommen noch die Proben, ich hatte gestern vormittag Falstaff-Probe. (Lacht.)  Ja, das ist ein echter Spagat. Ich kann für mich nur sagen: Ich bin regelmäßig bei meinem Gesangslehrer, Dietrich Schneider. Ich bin auch sehr froh, dass der in der Nähe wohnt, und dass er Zeit für mich hat. Bei der Italienerin letzte Woche habe ich mir wirklich den Luxus gegönnt, mittags rauszufahren, mich mit ihm einzusingen und abends dann die Vorstellung zu singen. Weil eben am Vorabend Heimatlos war, und das ist Musical, und stimmlich weiter weg als vom Musical kann Rossini-Gesang eigentlich gar nicht sein. Ich habe auch Heimatlos, obwohl es „nur“ Jugendtheater war, regelmäßig zu meinem Lehrer getragen und habe gesagt: „O Gott, Musical, was mache ich damit?“ Und dann hat er mir gezeigt, wie ich es zu singen habe.

Dann zu dem Musical Heimatlos: Eine Aufführung mit Solisten vom Haus, mit dem Jugendtheater und dem Seniorentheater. Wie gestalten sich denn da die Proben?

Wir proben normalerweise sechs Wochen szenisch, und diese Proben gingen viel früher los. Ich glaube, Mario Podrečnik hat schon zu Beginn der Spielzeit die ersten Proben mit dem Jugendtheater gehabt, weil er Szenen mit den Jugendlichen zusammen hat, die Krämerhalle und Harrys Traum. Meine Rolle ist jetzt nicht so viel mit jugendlichen Massen umgeben, sondern ich habe meine zwei Söhne Remi und Arthur, die um mich herum sind, und ansonsten ein paar von meinen Profi-Kollegen. Insofern haben sich die Proben für mich in Grenzen gehalten. Ich fand die Jugendlichen erstaunlich diszipliniert und gut vorbereitet. Da habe ich gar nicht so den Unterschied zu uns bemerkt. Zum Teil war es wirklich so, dass wir Profis noch mit den Noten in der Hand dastanden, weil wir so wahnsinnig viel Arbeit drumherum hatten, dass wir uns einfach nicht perfekt vorbereiten konnten im Vorfeld, und die Kids konnten alles. – Ja. Ehem. (Lacht.) Aber es waren schöne Proben. Klar, ein bisschen anders, als man es sonst gewöhnt ist, aber sehr schön, und eine echte Bereicherung.

Erzählen Sie uns doch noch etwas über das Stück.

Es ist ein buntes Stück, es hat wirklich von allem etwas, sowohl musikalisch als auch szenisch. Mir gefallen die Bilder sehr gut. Holger Seitz nimmt uns da sehr schön auch optisch auf eine Reise mit. Tolle Kostüme. Meine Kleider sind der Wahnsinn. Ich hatte zum Glück ganz früh Anproben, das heißt, ich wusste, als ich zu den szenischen Proben kam, was für eine elegante Erscheinung diese Lady Milligan ist. Ich wusste zum Beispiel, in dem Bootskleid kann ich mich eigentlich nicht bewegen, weil der Rock so lang und schmal ist, da kann ich nur klitzekleine Trippelschrittchen machen. So etwas hilft einem natürlich dann auch für die szenischen Proben, zu wissen: aha, so wird die Körperlichkeit angelegt sein müssen, weil die Kostüme das einfach bedingen.

Lady Milligan. Wer ist Lady Milligan? Gibt es Besonderheiten in dieser Partie?

Lady Milligan ist eine sehr edle, nette, unsagbar gute Frau. Ich komme manchmal von der Bühne, und unser Inspizient grinst mich an und sagt: „Du bist ja so gut, es ist kaum zu ertragen.“ Ich sage: „Ja, stimmt.“ Und ich hatte auch ein bisschen Schwierigkeiten, wenn ich während der Proben Milica Jovanovic gesehen habe oder Daniel Fiolka, die diese lustigen oder gemeinen Rollen haben, und es ist so toll und so unterhaltsam, und dann komme ich auf die Bühne, und ich bin einfach nur gut. (Lacht.) Also auch da muss man natürlich irgendwie verschiedene Schattierungen finden, trotz der ganzen Güte. Ich versuche über die Liebe zu meinen Söhnen oder auch ein bisschen mit Ekel dem Scheusal von Schwager gegenüber,  kleine Farben zu finden. Die Lady ist eine junge Witwe, sie hat einen behinderten Sohn und den als Baby entführten Sohn, dem sie nachtrauert. Also gibt es da eine grundlegende Traurigkeit, aber sie ist trotzdem eine Frau mit Freude am Leben. Auf der Bootsfahrt zum Beispiel genießt sie das schöne Leben, flirtet auch durchaus mal mit dem schmucken Captain. Dann kommen die Tiere an Bord, Holger Seitz hat mich viel mit ihnen spielen lassen, was mir  sehr entgegenkommt. Ich habe „in echt“ auch zwei sehr nette Hunde. (Lacht.) Die Lady ist eine sehr nette Figur, stimmlich aber sehr tief, und das in einem Musical, sonst nicht so meinem Genre. Ich habe die Noten studiert, nachdem Holger Seitz mich gefragt hatte, ob ich mitmache, und habe erst mal einen Schreck bekommen und gesagt: „Das ist ja barbarisch tief, ich weiß gar nicht, ob ich das singen kann.“ Dann bin ich es mit dem musikalischen Leiter Liviu Petcu durchgegangen, und wir haben gesehen, daß es doch geht… Die Rolle hat wirklich eine sehr große Tessitur, von ganz tief bis mittelhoch, eben musicaltechnisch zu singen. Das war für mich spannend zu erarbeiten.

[singlepic id=1159 w=240 h=320 float=right]Die Vorbereitungen auf eine neue Rolle, wie sehen die aus? Sie haben das mit dem Gesangslehrer schon erwähnt, aber da ist ja noch einiges zusätzlich, wahrscheinlich.

Ja. Ich bin gesegnet und geschlagen mit einem absoluten Gehör, und dadurch, dass ich so lange instrumental Musik gemacht habe, lerne ich sehr schnell, sowohl vom Notenbild als auch vom Hören her. Deshalb muss ich mich umso mehr mit der Gesangstechnik und dem Klangempfinden befassen, damit ich technisch „auf der Spur“ bleibe und nicht nachlässig werde.

Das Verhältnis zwischen Singen und Schauspiel auf der Bühne – wie sehen Sie das?

Da ich von der Instrumentalmusik herkomme, war Singen anfangs für mich eine hehre Kunst. Ich wollte auch gar nicht Oper machen, sondern sah mich in schönen, schlichten Kleidern auf der Bühne stehen und Konzerte geben. Meine Liebe zur Oper habe ich nach und nach entdeckt, dachte aber immer noch: „Prima la musica.“ Inzwischen –  da hat die Arbeit am Gärtnerplatz natürlich auch ihre Spuren hinterlassen – ist mir das Schauspielerische auch sehr wichtig geworden. Denn man muss die Leute einfach mitnehmen, und es gibt Menschen, die erreicht man eher über die Musik, und andere, die erreicht man eher über das Schauspiel. Dafür gibt es die Oper!

Haben Sie musikalische Vorbilder?

Es gibt Sänger, die ich gerne höre, richtige Vorbilder habe ich nicht. Eine der beeindruckendsten Opernaufführungen war für mich Lucia di Lammermoor in den neunziger Jahren hier in München mit Edita Gruberova. Als die ihre Wahnsinns-Arie anfing, hatte ich am ganzen Körper Gänsehaut und dachte: „O wie großartig!“ Ich weiß noch, dass ich mit Zuhörern diskutiert habe, die sagten: „Aber sie bewegt sich doch kaum, und sie macht doch nichts, und sie spielt doch nicht!“ Und ich sagte: „Aber es ist doch alles in der Stimme!“ Das hat mich wirklich sehr stark beeindruckt: Tolle Technik, ganz perfektionistisch, jeder Ton sitzt, ist ausgefeilt, kommt mit Emotion rüber.

Neben der Oper singen Sie regelmäßig Lied- und Oratorienkonzerte. Welchen Stellenwert hat das für Sie?

Das hat emotional einen hohen Stellenwert für mich. Während meiner Gärtnerplatz-Zeit bin ich leider nicht so viel dazugekommen. Das wird aber hoffentlich in Zukunft auch wieder mehr werden. Ich merke, wenn ich z.B. ein Weihnachtsoratorium singe, und das Orchester fängt an zu spielen, dass es innerlich bei mir „Aaah“ macht, und ich mir denke: „Oh wie schön, auch das ist meine Musik.“ Ich liebe die komplette Bandbreite von Oper, aber konzertante Musik ist wichtig und schön.

Gibt es eine Wunschpartie, die noch auf Sie wartet?

Wagner und Strauss auf jeden Fall, dieses deutsche, schwerere Repertoire. Absolut. Ich will unbedingt Fricka, Waltraute und Brangäne singen. Octavian und Komponist, ganz klar. Aber was ich hier am Gärtnerplatz durch L’Italiana in Algeri gelernt habe, ist, dass es mir Spaß macht, Rossini zu singen. Das heißt, wenn jetzt eine Cenerentola kommt oder eine Rosina im Barbier von Sevilla, dann freue ich mich sehr. Das tut mir stimmlich gut, und ich mache es inzwischen sehr gerne.

Können Sie uns zum Ende unseres Gesprächs noch einen kurzen Ausblick auf die Zukunft geben? Was kommt nach dem Gärtnerplatztheater?

Ich werde freiberuflich arbeiten und weiter den Weg in Richtung „dramatischer Mezzo“ gehen. Ich habe ja schon Fricka gesungen im Rheingold. Jetzt arbeite ich gerade an der Walküren-Fricka, und Brangäne und Waltraute stehen als nächstes auf der Liste. Es gibt einen Wagner-Wettbewerb in New York, den ich nächstes Jahr machen möchte.

Dann sage ich herzlichen Dank für dieses Interview!

Sehr gerne!

(Das Interview wurde geführt am 21. März 2012 in München.)

 

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Der Kaiser von Atlantis, 31.03.2012, St. Thomas Augsburg

Oper und Kirche, geht das zusammen? Im Falle der Aufführung von Der Kaiser von Atlantis von Viktor Ullmann kann ich das mit ganzem Herzen bejahen. Oper und Location wirkten perfekt miteinander, ohne dass das eine das andere dominierte. Das Werk entstand 1943 in Theresienstadt, kam dort allerdings nur bis zur Generalprobe und wurde erst 1975 in Amsterdam uraufgeführt. Seitdem wird es überall auf der Welt gespielt, meist an kleineren Häusern, da es sich eher um eine Kammeroper handelt. Trotz seiner tragischen Entstehungsgeschichte, Ullmann, sein Librettist Petr Kien und ein großer Teil des Ensembles wurden nach Auschwitz deportiert und dort ermordet, ist das Werk nicht auf den Holocaust fixiert, sondern allgemeingültig, denn Diktatoren gibt es auch heute noch. So spielt diese Inszenierung der Greek National Opera von 2008 wohl eher im Müll einer modernen Konsumgesellschaft:

Der Kaiser Overall lässt durch seinen Trommler verkünden, dass alle Menschen in seinem Reich bewaffnet werden und in den Krieg ziehen müssen, um den Gegner bis aufs Blut zu bekämpfen. Das missfällt dem Tod, der sich zur Maschine degradiert sieht. Er tritt in einen Streik und fortan sterben keine Menschen mehr. Verwundete und Kranke ringen mit dem Leben (eine sehr schöne Formulierung aus dem Libretto), aber die erhoffte Erlösung tritt nicht ein. Kaiser Overall nützt die Situation vermeintlich aus und verspricht seinen Untertanen ewiges Leben, aber das Land versinkt im Chaos. Er bittet den Tod, sein Handwerk wieder aufzunehmen, der fordert allerdings, dass der Kaiser sein erstes Opfer sein soll. In einem zweiten Strang treffen ein Mädchen und ein Soldat, die auf unterschiedlichen Seiten kämpfen, aufeinander. Weil sie sich nicht töten können, verlieben sie sich ineinander und selbst der Trommler kann sie nicht trennen. Auch das ist eine sehr schöne Parabel für sich.

Der Abend begann mit Selig sind, die da Leid tragen aus dem Deutschen Requiem von Johannes Brahms. Der Chor der Kirchengemeinde St. Thomas, die Chaplains, wies damit den Weg zu einer sehr berührenden Aufführung. Währenddessen irrte ein Scheinwerfer durch den Raum und erinnerte an den Wachturm eines Konzentrationslagers. Judensterne an der Kleidung wiesen die Beteiligten als Insassen aus, so dass trotz einer spärlich bestückten Bühne der Kontext klar wurde. Spätestens bei der schnarrenden Stimme aus dem Lautsprecher (Hanspeter Plocher), der die Protagonisten vorstellte und die Handlung kommentierte, war sich jeder Zuschauer bewusst, zu welcher Zeit das Stück spielt. Der Kirchenraum wurde in seiner Gänze genutzt, vor dem Altar diente ein Podest als Bühne, die mit einem Vorhang abgetrennt war. Die szenische Umsetzung unterstützte die berührende Musik sehr, so dass der Abend ein, leider einmaliges, Erlebnis war.

Musikalisch war es ganz wunderbar. Tobias Peschanel am Klavier und Walter Freyn an der Orgel ließen durch ihre einfühlsame Begleitung andere Instrumente nicht vermissen. Eva Maria Amman als Mädchen, Cornel Frey als Soldat, Daniel Fiolka als Kaiser, Stefan Sevenich als Tod gefielen mir alle ausgezeichnet in der musikalischen und szenischen Umsetzung. Edda Sevenich als Trommler beeindruckte mich mit ihrem dramatischen Mezzosopran, ihre Stimme gefiel mir vom ersten Moment an.

Ein wirklich in jeder Hinsicht fantastischer Abend, vielen Dank an alle Beteiligten auf und hinter der Bühne, die ihn möglich gemacht haben.

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