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Mei Fähr Lady, 05.10.2017, Theater Viel Lärm um Nichts

Mei Fähr Lady Foto Helmut Koch

Mei Fähr Lady Foto Helmut Koch

Es grünt so grün wenn Spaniens Blüten blühen. Wer kennt ihn nicht, den berühmten Satz aus dem Musical/Film My Fair Lady, in dem Professor Higgins dem Blumenmädchen Eliza den Dialekt austreibt und sie zu einer echten Lady macht. In der deutschen Fassung ist dieser Dialekt klassischerweise das Berlinerische, im Gärtnerplatztheater demnächst Bairisch. Doch in der Pasinger Fabrik läuft es in dem Stück Mei Fähr Lady genau anders herum. Die Chinesin Mei Ding will ihrem tristen Berufsalltag als Putzfrau entkommen und bewirbt sich als Angestellte einer Donaufähre. Doch da gibt es nur ein Problem: sie muss innerhalb eines Jahres für ihren Traumjob perfektes Bairisch lernen. Dabei hilft ihr der Sprachprofessor Ludwig Zehetner, der sie und zwei weitere Schüler (einen schnöseligen Manager und ein französischer Rapper) in die Geheimnisse des bairischen Dialektes einweiht. Das Stück aus der Feder von Josef Berlinger wurde bereits vor einigen Jahren im Turmtheater Regensburg uraufgeführt. Was es jedoch vor allem von der Musical-Vorlage unterscheidet ist die Tatsache, dass der Darsteller von Mai Dings Lehrer ein tatsächlicher Professor ist: Prof. Ludwig Zehetner ist Dialektologe an der Universität Regensburg und ist mir schriftlich bereits im Rahmen meiner Masterarbeit schon des Öfteren über den Weg gelaufen. Er gilt als renomiertester Experte in der Erforschung des bairischen Dialektes und setzt sich sehr für dessen Förderung ein. Natürlich merkt man, dass Professor Zehetner kein Schauspieler ist, doch macht genau er diese Inszenierung zu einer spannenden Mischung zwischen Komödie und wissenschaftlichem Vortrag. Dass er manchmal nicht so flüssig im Text ist wie seine Kollegen und er im Gegensatz zu ihnen mit Mikrofon spielt stört keineswegs, kann er dies doch mit viel Humor und vor allem Fachwissen ausgleichen. Dabei ist es keine langweilige Aneinanderreihung von Fakten. Man lernt beispielsweise blumige Beschimpfungen, typische Sprichwörter für alle Lebenslagen und besondere sprachliche Eigenheiten, die das Bairische etwa mit dem Französischen oder Tschechischen verbinden. Auch als Bayer kann man so auf unterhaltsam Art und Weise viel Neues über den eigenen Dialekt lernen, aber auch für alle anderen ist es sicher ein interessanter Ausflug in das Fach der Dialektologie.

Mei Fähr Lady Foto Helmut Koch

Mei Fähr Lady Foto Helmut Koch

Eva Sixt zeigt als Mai Ding eine wundervolle Wandlung von der schüchternen Putzfrau zur selbstbewussten Frau. Dabei ist sie anfangs – ganz im Sinne der Komödie – die typische, übereifrige Klischee-Chinesin. Doch mit jeder neuen Sprachstunde entwickelt sie eine wundervolle Individualität, die zwei Kulturen in sich vereint. Vor allem ihr Zusammenspiel mit dem Professor ist sehr schön inszeniert und dargestellt, entwickelt sich doch eine Art Freundschaft zwischen den Figuren.

Klischeehafter bleiben da die Charaktere der beiden männlichen Schüler: der Manager Striede, der sich einen alten Bauernhof als Zweitwohnsitz gekauft hat und sich nun besser in das bayerische Dorf-Idyll einfügen möchte und der (junggebliebene) Franzose Jean Jacques, der sich in eine resolute Kellnerin verliebt hat und ihr näher kommen möchte, indem er ihren Dialekt lernt. Beide Rollen werden von Titus Horst gespielt, der damit definitiv die meisten Lacher auf seiner Seite hat, vor allem als der “Preiss” (Preuße) Striede, der übereifrig mit dem Tablet daher kommt und trotzdem nicht so wirklich etwas zu lernen scheint. Für Abwechslung sorgen die Szenen, die nur unter den Schauspielern stattfanden, wenn etwa der Professor seiner Sektretärin alias der Stimme aus dem Off beim Papierstau helfen musste. Mei Ding lernt etwa ihren Mitschülern absichtlich falsche Begriffe, wenn sie ihnen zu sehr auf die Nerven gehen.
Eine klassische Theaterinszenierung findet man in “Mei Fähr Lady” tatsächlich trotzdem nicht. Man sollte sich schon für den bairischen Dialekt begeistern können, um Spaß an diesem außergewöhnlichen Projekt zu haben. Bairisch verstehen muss man tatsächlich nicht, da Professor Zehetner alles wunderbar erklärt. Ich habe mich in jedem Fall sehr amüsiert und zugleich viel Neues über meine eigene Kultur und Sprache lernen können. Und etwas für die Lachmuskeln ist natürlich trotzdem geboten. Noch am 8., 12., 13. und 14. Oktober ist “Mei Fähr Lady” in Pasing zu sehen und ich kann abschließend nur empfehlen: Gehts eini!
Der Dialekt-Professor: Ludwig Zehetner
Mei Ding, Putzfrau: Eva Sixt
Striede, Manager: Titus Horst
Boulanger, Rapper: Titus Horst
Anna Albertini, Sekretärin: Alba Falchi
Text, Regie und Bühnenbild: Joseph Berlinger
Sounds: Adrian Bernhard, Sepp Frank, Anka Draugelates
Fotos: Helmut Koch
Ein Gastspiel des TURMTHEATER REGENSBURG

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